Thesen zur Forstwirtschaft und Konsequenzen für die forstlichen Zusammenschlüsse

Forst- und Holzwirtschaft erleben gegenwärtig einen drastischen Wandel. Der Konzentration und Erweiterung der Holz- und Papierindustrie stehen Forstbetriebe gegenüber, die versuchen, mittels Kosten- und Personaleinsparung niedrige Holzpreise zu kompensieren. Gleichzeitig steigen die Ansprüche an die Güte und Bereitstellung des Rohstoffes. Der Staat bewirtschaftet seine Wälder gewinnorientiert und zieht sich aus der Beratung schrittweise zurück. Als Folge des Strukturwandels in der Landwirtschaft wird sich auch die Zusammensetzung der Waldbesitzer verändern. Mit drei Thesen zur Zukunft der Forstwirtschaft versuchen wir die Konsequenzen für die Selbst-hilfeeinrichtungen des privaten und kommunalen Waldbesitzes aufzuzeigen.

Die Bundeswaldinventur hat einmal mehr gezeigt, dass in den Privatwäldern enorme Holzvorräte schlummern. Der Kleinprivatwald entwickelte sich in kurzer Zeit zur begehrten Unbekannten. Der Zuwachs wird nur teilweise genutzt. Enorme Vorräte liegen vor allem in Wäldern von Waldbesitzern, die weniger als 20 ha ihr Eigen nennen. Waldbesitzer dieser Größenklassen sind, sollten sie am Holzmarkt Interesse zeigen, nur bedingt in der Lage, den gestiegenen Anforderungen des Käufermarktes gerecht zu werden.

These 1: Die Holznachfrage steigt.

In den nächsten 25 Jahren wird der Rohstoff Holz weiter an Bedeutung gewinnen. Innovative Produkte werden Ausdruck einer vielfältigen Verwendung. Die Wertschöpfung wird in die Fabrik verlagert.

Die forstlichen Zusammenschlüsse nehmen als Organisation zwischen Waldbesitz und Holzindustrie gerade für diese Waldbesitzer eine Schlüsselstellung ein. Werden die hohen Vorräte durch Waldinventuren ins Bewußtsein gerückt, so treffen wir immer häufiger in Diskussionen auf das Zauberwort "Mobilisierung". Ziel ist, Holz der Industrie möglichst nachhaltig, planbar und kontinuierlich zu liefern. Investitionsentscheidungen sollen angeregt, Standortfragen beantwortet werden. Eine Reihe von Studien weist darauf hin, dass die Kommunikation - das Sprechen - mit den Waldbesitzern den Schlüssel zur Mobilisierung der Vorräte darstellt.

Nicht Holz - Menschen wollen mobilisiert werden

Für die Vereinigungen gilt es, die Mitglieder an die Organisation zu binden. Es geht darum, sie davon zu überzeugen, dass die Strategie "gemeinsam mit dem Zusammenschluss" langfristig den größten Gewinn verspricht. Die Waldbesitzer sind untrennbar mit ihrem Eigentum verbunden, sei dies ökonomisch, emotional, rational oder nur noch formal. In Foren, die konkrete Projekte ausarbeiten, lassen sich Waldbesitzer, die spüren, dass die Selbsthilfeeinrichtung auch ihre Vorstellungen vertritt, für ihren Wald begeistern und mobilisieren. Die statistische Zusammenstellung von Holzvorräten ist interessant, jedoch mangelt es diesen Inventuren an konkreten Anweisungen, wie die Zusammenschlüsse auf diese Situation reagieren sollen.

These 2: Der Waldbesitzer verliert zunehmend den Kontakt zu seinem Wald.

In Bayern sind rund 52 % der Waldfläche in privater Hand. Ursprünglich war Waldbesitz eng mit landwirtschaftlichen Betrieben verbunden. Bäuerliche Land- und Forstwirtschaft prägten das Gesicht unserer Kulturlandschaft. In den nächsten 25 Jahren wird sich der Anteil nichtbäuerlicher und urbaner Waldbesitzer auf Grund des Agrarstrukturwandels deutlich erhöhen. Die Waldfläche, die sich im Eigentum dieser Waldbesitzer befindet, wird den überwiegenden Teil des Privatwaldes einnehmen.

Das Wissen über den Wald und die Fähigkeiten zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung nimmt in Zukunft innerhalb der Wald- besitzerschaft deutlich ab. Zudem sind die nichtbäuerlichen Waldbesitzer über klassische Informationskanäle immer schwieriger oder nicht mehr zu erreichen. Die Bereitschaft, Kompetenzen in der Waldbewirtschaftung abzugeben (z. B. Waldpflegeverträge), ist bisher eher gering, ist doch die emotionale Bindung an das Eigentum das kennzeichnende Element aller Waldbesitzer. Ein Problembewusstsein entwickelt sich in aller Regel erst bei konkreten Sorgen und Belastungen im Zuge von Katastrophen. Zentrale Voraussetzung für die Übergabe von Kompetenz ist die Glaubwürdigkeit von Personen, die dafür entsprechende Angebote im Sinne der Waldbesitzer unterbreiten, und hier steht künftig nicht zwangsläufig die Holzproduktion im Vordergrund.

Geht man von einer zunehmenden Bedeutung der in diesen Wäldern gebundenen Ressourcen aus, entsteht Handlungsbedarf in mehrfacher Hinsicht:

Erstens können auf Grund der erwarteten Zunahme klimatischer Extreme und der Entfernung der neuen Waldbesitzer zu ihrem Wald Forstschutz- und Verwertungsprobleme (Käfer, Sturm etc.) ein bis jetzt noch unbekanntes Ausmaß annehmen. Zweitens werden diese Wälder nur bedingt planvoll und nachhaltig genutzt. Drittens steht der Holzindustrie ein nutzbares Potenzial nicht bzw. im Katastrophen- fall nicht steuerbar zur Verfügung.

Die forstliche Kompetenz der Zusammenschlüsse ist unverzichtbar

Eine zentrale Rolle werden daher die Selbsthilfeeinrichtungen der Waldbesitzer übernehmen müssen. Kommunikation sowie vertrauenswürdige Persönlichkeiten und Institutionen spielen die zentrale Rolle im Zugang zu den Waldbesitzern. Selbsthilfe-einrichtungen werden dieser Anforderung auf Grund ihrer Nähe zu den unterschied-lichen Waldbesitzerinteressen gerecht. Wollen die Selbsthilfeeinrichtungen diese Aufgabe auch wirtschaftlich erfolgreich "unternehmen", so werden sie neben Kompetenzen in der Holzvermarktung auch Kompetenzen in der Waldbewirtschaftung übernehmen und damit forstfachliche Qualifikation bereitstellen müssen.

Bislang waren die Waldbesitzer mit der Beratung durch die Forstbeamten in hohem Maße (>90 %) zufrieden. Diese Zufriedenheit ergibt sich einerseits aus der wahr- genommenen fachlichen Kompetenz, andererseits aus der empfundenen Neutralität der Berater. Die Reorganisation der Beratung und die Übernahme durch die Vereinigungen wird dann erfolgreich sein, wenn sowohl die fachliche Kompetenz als auch das Wohl des Waldbesitzers gewährleistet wird. Dies trifft im besonderen Maße auf die Mehrheit der "neuen" Waldbesitzer zu. Staatliche Beratung und ihr Image bei den Waldbesitzern wird stärker auf die Selbsthilfeeinrichtungen zu fokussieren sein.

Der staatliche Beratungsförster - Hilfe zur Selbsthilfe

These 3: Die staatliche Beratung und Förderung befindet sich auf dem Rückzug.

In den nächsten 25 Jahren wird sich der Staat noch weiter zurückziehen. Personal wird weiter abgebaut, Fördermittel werden in geringerem Umfang zur Verfügung gestellt. In allen Bundesländern werden die Forstverwaltungen umstrukturiert. Im Mittelpunkt steht das Ziel, Personalkosten einzusparen. "Maßstab für staatliche Betätigung wird künftig nicht mehr die Nützlichkeit oder Wünschbarkeit sein, sondern die strikte Notwendigkeit und Unerlässlichkeit" (Entwurf des bayerischen Verwaltungsmodernisierungsgesetzes VerwModG).

Die forstlichen Zusammenschlüsse werden in Bayern die betriebsbezogene Beratung ihrer Mitglieder übernehmen. Als Konsequenz daraus werden die Vereinigungen für die fachliche Beratung auf forstlich ausgebildetes Personal zurückgreifen. Ein Schwerpunkt dieser Beratungsförster wird jedoch sein, ihr Wissen an Personen innerhalb des Zusammenschlusses weiterzugeben, die die notwendigen Beratungsaufgaben mit schultern. Dieses System wird dann erfolgreich sein, wenn das breite Aufgabenfeld zwischen den beteiligten staatlichen (Forstverwaltung, Landesanstalten, Universität, Fachhochschule) und nichtstaatlichen Organisationen (Zusammenschlüsse, Waldbauernschule, Verbände) zielgerichtet aufgeteilt wird. Maßstab für eine erfolgreiche Beratung ist vordergründig die Zufriedenheit der Waldbesitzer. Aber auch der Waldzustand und seine künftige Entwicklung hinsichtlich der drei Nachhaltigkeitsdimensionen wird einen Erfolgsmaßstab darstellen.

Prof. Dr. Michael Suda leitet den Lehrstuhl für Forstpolitik und Forstgeschichte der Technischen Universität München.

Dr. Stefan Schaffner war Mitarbeiter am selben Lehrstuhl.