Privatwald ist wichtige Waldbesitzart

Baden- Württemberg gilt mit 293 Einwohnern je km2 im Vergleich zum Bundesgebiet (230 Einw./ km2) oder zur EU (117 Einw./ km2) als ein dicht besiedeltes Land. Mit einem Waldanteil von 38 % (ca. 1,38 Mio. ha) ist es aber auch ein sehr waldreiches Land. Im Eigentum des Landes befinden sich 24 % des Waldes, der durch die Landkreise bewirtschaftet wird. Über 38 % befindet sich im Besitz von Kommunen. Der Anteil der Privatwaldfläche beträgt ebenfalls ca. 38% (513.000 ha). Der Kleinprivatwald, definiert als Wald in privater Hand bis 200 ha, stellt mit 341.000 den Löwenanteil des gesamten Privatwaldes.

Typisch für Baden-Württemberg ist die innig durchmischte räumliche Verteilung der Waldbesitzarten. Das Land trägt dieser Besonderheit durch Beratung und Betreuung innerhalb eines Kreisforstamtes (zuständig für alle Waldbesitzarten) Rechnung.

Eine besondere Ausprägung des Privatwaldbesitzes stellen die Hofwälder der Mittelgebirge dar. Seit Beginn der "Inneren Kolonisation" der Mittelgebirgsräume durch die Landesherren oder Klöster lebten die Besitzerfamilien in enger Wechselbeziehung mit ihrem Wald. Die Stämme liefern den Werkstoff für die Hofgebäude, in denen über 500 m3 Nadel-Stammholz verbaut wurden (Abb.1). Der Bedarf an Brennholz für den Kachelofen, Küchenherd und Backhaus lag bei rund 50 m3 je Jahr. Bei 5 m3 je ha jährlichem Einschlag ergab sich für eine ausreichende Eigenversorgung mit Bau- und Brennholz eine rechnerische Mindestwaldfläche von ca.10 ha Hofwald.

Auch heute werden diese Wälder oft im Verbund mit der Landwirtschaft genutzt. Schwerpunkte dieser Kleinprivatwaldgebiete sind der Schwarzwald, das württembergische Allgäu und die Ostalb, der Schwäbisch- Fränkische Wald und der Odenwald.

Die Rolle des Kleinprivatwaldes im ländlichen Raum

Die Waldbauernhöfe unterliegen seit jeher einem ständigen Wandel. Zu Beginn war die Ursache für deren Ansiedlung das starke Bevölkerungswachstum und der Ernäherungsmangel. In den im Laufe der Geschichte immer wieder eintretenden Notzeiten war nicht nur die örtliche Bevölkerung auf ihre Nahrungsproduktion angewiesen.

Mit dem rapiden Strukturwandel nach dem 2. Weltkrieg und der darauf folgenden europaweiten Überproduktion traten immer mehr der Tourismus und die Landschaftspflege in den Vordergrund. Die Politik erkannte recht schnell die Gefahr, die durch weiträumige Betriebsaufgaben ausging (Abb. 2). Die Kulturlandschaften samt aufstrebendem Tourismus waren gefährdet. Resultate waren z.B. das Alb- und Schwarzwaldprogramm, baden-württembergische Programme wie das MEKA I und II oder das "Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR)". Speziell für Kleinprivatwaldbesitzer gewährt das Land eine "Ausgleichszulage Wald" in Gebieten mit erschwerter Bewirtschaftung.

Dass all diese Programme sinnvoll waren, zeigen Vergleiche mit Ländern, die keine oder wenige strukturfördernde Maßnahmen ergriffen haben und bis heute massive Probleme mit Abwanderung der Bevölkerung haben.

In Baden-Württemberg konnte auch in abgelegenen Gebieten ein Netzwerk an Infrastrukturelementen erhalten und ausgebaut werden. Die Betriebe konnten in ausreichender Zahl erhalten bleiben und bis dato die örtlichen Sägewerke mit nennenswerten Mengen des umweltfreundlichen Rohstoffes Holz versorgen.

Letztlich lebt auch der Tourismus, oft einziger nennenswerter "Industriezweig" der ländlichen Räume, von dieser Wechselbeziehung von Waldbauernbetrieben, intaktem Gewerbe und Handwerk.

Einkommen aus dem Betriebszweig Wald: Ergebnisse aus dem Testbetriebsnetz Kleinprivatwald

Die landwirtschaftliche Gesamtrechnung in Baden-Württemberg beruht auf Daten des landwirtschaftlichen Testbetriebsnetzes und der Agrarstrukturerhebung (2003). Der Betriebszweig Wald war in diesem Erhebungsmodell nicht oder nur teilweise abgebildet. Somit fehlten besonders für Bergbauernbetriebe wichtige Informationen für die Beratung und Betreuung. Immerhin trägt der Hofwald z. B. nach Untersuchungen von MIHAJC und SCHOCKEMÖHLE im Südschwarzwald mit einem Anteil von 30% wesentlich zum Gesamtbetriebseinkommen bei.

Das Bundesministerium finanzierte aufgrund des Informationsdefizits 1960 eine erste Studie über die wirtschaftliche Situation gemischter land- und forstwirtschaftlicher Betriebe. Mit der Methodik der doppelten Buchführung wurden die Daten von 70 gemischten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ausgewertet. Ab 1972 begann eine Untersuchung mit 182 Betrieben und einem Erhebungsmodell "Testbetriebsnetz Bauernwald", dessen Methodik auf die speziellen Anforderungen der Waldwirtschaft abgestimmt war. Die positiven Erfahrungen hinsichtlich Machbarkeit und Aussagekraft führten dann ab 1979 zur Einrichtung eines ständigen Testbetriebsnetzes Kleinprivatwald 5-200 ha für Baden-Württemberg (Abb. 3).

Wie bekommt man unterschiedlichste Betriebe "unter einen Hut"

Im Gegensatz zum Testbetriebsnetz Forstwirtschaft des BMVEL des Bundes geschieht die Außenerhebung der Daten mit Hilfe von Papierformularen. Bei den Erhebungen im Kleinprivatwald haben sich grob gegliederte Erhebungslisten über Einnahmen/Erträge und Ausgaben/Aufwand bewährt, welche die Betriebsleiter selbst führen. Der Einsatz von Tabellen- oder Datenbankprogrammen direkt bei den Betrieben wie im größeren Testbetriebsnetz des Bundes brächte eine ungewollte Einengung des Teilnehmerkreises mit sich. Für die zentrale Auswertung an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt werden jedoch moderne Datenbanksysteme eingesetzt.

Mitarbeiter der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt und eine Forstfirma suchen die ca. 160 Testbetriebe nach Ende des Wirtschaftsjahres auf und bereiten die Dateneingabeformulare vor. Eine Besonderheit bei Waldbauernbetrieben ist es, dass üblicherweise die anfallenden Arbeiten in Eigenregie erledigt werden, also kaum bezahlte Löhne anfallen. Aus diesem Grunde führen die Betriebsleiter einen Kalender über die geleisteten Arbeits- und Schlepperstunden.

Was wird erfasst?

Nimmt ein Testbetrieb teil, wird zunächst ein Betriebsgutachten erstellt. In einem weiteren Schritt werden daraus seine Waldflächen in der Datenbank erfasst und die Zuwachsverhältnisse eingegeben. Im Datenmodell ist jeder ha Holzbodenfläche einer Baumart, ein Bestandesalter, ein Vorrat und ein Zuwachs usw. zugewiesen (Abb. 4). Anschließend folgt die Aufstellung des Anlagenbestandes nach Art und Anschaffungskosten. Dies sind üblicherweise die im Wald eingesetzten Maschinen und Geräte wie Schlepper, Seilwinden, Forstausrüstung, Motorsägen oder Freischneidegeräte. Es werden aber auch Forststraßen und Maschinenwege erfasst, die mit ihrer jeweiligen Laufzeit automatisch abgeschrieben werden. Im Verlauf eines Forstwirtschaftsjahres führt der Betriebsleiter einen Kalender über den Einsatz von Arbeitskräften und Maschinen. Die Verkäufe und der Eigenverbrauch an Holz werden in Listenform nach Sorte, Baumart, Menge und Verkaufserlös dokumentiert. Der wichtige Bereich der Fördermittel (z.B. Transport und Nasslagerung von Holz, Ausgleichszulage Wald, Walddüngungen) wird laufend detailliert erfasst. Die Ausgaben für Kleinwerkzeuge, Material, Betriebsstoffe und Schutzausrüstung werden ebenfalls fortlaufend notiert.

Mit dem Testbetriebsnetz Kleinprivatwald stehen sämtliche mit der Waldbewirtschaftung zusammenhängende Einnahmen/Erträge und Ausgaben/Aufwendungen seit 1979 zur Verfügung.

Eine Erkenntnis aus dem Datenbestand: das Dilemma des Waldbesitzers

Jeder Forstfachmann weiß, dass die Einkommenssituation der Privatwaldbetriebe im Zuge der Sturmereignisse schlechter geworden ist. Aber ohne geeignete Instrumente lässt sich diese Entwicklung nicht quantifizieren. Ein einprägsames Bild dieser Entwicklung lässt sich mit Hilfe des Datenbestandes am Austauschwert von Nadelstammholz nachzeichnen.

Im Jahr 1979 wurden im Kleinprivatwald für einen Festmeter Nadel-Stammholz umgerechnet ca. 80 € erlöst (Abb. 5). Rechnet man die jährlichen Inflationsraten (Quelle: Statistisches Bundesamt) ein, entsprechen diese 80 € heute einer Kaufkraft von etwa 20 €.

Der durchschnittliche Nadel- Stammholzerlös betrug 2003 lediglich 50 €/Fm. Verglichen mit der Kaufkraft von 1979, entsprächen diese 50 € gerade 12,50 €!

Dagegen ist der Sachaufwand stetig angestiegen. Anschaulich lässt sich dies anhand eines Vergleiches der Schlepperkäufe von 1980 und 2000 darstellen. Nach dem Datenbestand im Testbetriebsnetz hatte damals der durchschnittliche im Wald eingesetzte Schlepper 62 PS und kostete 20.000 € (im Wald werden oft Gebrauchtschlepper eingesetzt). Bei 80 €/Fm Fichten- Stammholzerlös konnte dieser Schlepper damals mit 250 Fm Fichtenholz "bezahlt" werden.

Heute liegen die Anschaffungskosten der eingesetzten Schlepper im Schnitt bei 45.000 €. Für den Kauf müsste der Waldbauer bei einem derzeitigen durchschnittlichen Stammholzerlös von 55 €/Fm über 800 Fm einschlagen (Gegenwert von 2 ha hiebsreifem Wald).

Die Betriebe reagieren auf den Holzpreisverfall, indem sie die Holzerntearbeiten zügiger erledigen und Arbeiten außerhalb der Holzernte auf ein Minimum beschränken (Abb. 6). Der Maschinenbestand muss jedoch laufend erneuert werden und die Kosten für Material und Betriebsstoffe steigen ständig.

Bauernwaldwirtschaft ist wichtiger "Zusatzjob"

Trotz dieser Misere konnten die Betriebe 2003 ein Roheinkommen von 30 €/Std. oder 330 €/ha erwirtschaften (Abb. 7). Setzt man für die eigene Arbeit einen durchschnittlichen "Lohn" inkl. Nebenkosten in Höhe von 23€/Std. an, wurde im Forstwirtschaftsjahr 2003 ein positives Betriebsergebnis in Höhe von 80 €/ha erreicht. Dies jedoch nur mit Hilfe der Fördermittel, die 83 €/ha betrugen.

Daten des Testbetriebsnetzes weisen auf stärkere Nutzung von Energieholz hin

Eine Chance für die längerfristigen Perspektiven der Waldbauern liegt nach Meinung vieler Experten in der sich anbahnenden Verknappung der Energieressourcen und ihrer Verteuerung. An den Betriebszweig Grünlandwirtschaft haben einige Teilnehmer des Testbetriebsnetzes bereits eine Biogasanlage angegliedert. Auf den Betriebsgebäuden liefern schon einige Photovoltaik-Anlagen einen Deckungsbeitrag zu deren Unterhaltung.

Der Eigenverbrauch von Brennholz verringert durch die Einsparung von Heizöl die Betriebsausgaben der Höfe. Etliche Hofbesitzer beabsichtigen in Zukunft die Umstellung der Heizungsanlagen von Öl auf Hackschnitzel oder Stückgut.

Laut jüngster Ergebnisse der BWI II (Bundeswaldinventur) befinden sich im Kleinprivatwald mit 435 Vorratsfestmetern je Hektar noch große Holzpotentiale. Holz aus dem Kleinprivatwald wird im Energie-Mix besonders im ländlichen Raum eine zunehmend wichtigere Rolle spielen und den Betrieben vielleicht zusätzliche Einkommensmöglichkeiten bieten.