Zur zoologisch systematischen Stellung unseres Wildschweins

Die Ordnung der Paarhufer stellt mit 9 Familien, 81 Gattungen und 154 Arten die Hauptmasse der heutigen Großsäugerarten überhaupt. Sieben Gattungen davon zählen zu den Schweineartigen. Zusammen mit den Flusspferden zählen die Schweineartigen zu den Nichtwiederkäuern. Schweine sind die ursprünglichsten und urtümlichsten aller Paarhufer. Sie sind sehr anpassungsfähige, gesellige Allesfresser, deren Jungenzahl bedeutend größer ist als die anderer Paarhufer.

Wildschweine kommen in verschiedensten Landschaften mit unterschiedlichen klimatischen Bedingungen zurecht und können sich gut anpassen. Wichtig für alle Schweine sind jedoch Lachen oder Tümpel, da ein Schlammbad, die Suhle, für ihr Wohlbefinden von großer Bedeutung ist.

Allen Schweinen ist auch der Rüssel mit fast haarloser, drüsenreicher Rüsselscheibe eigen, mit der sie im Boden nach Nahrung wühlen.

Die Überfamilie der Schweineartigen trennt man in die Familie der Echten Schweine oder Altweltschweine, die sechs Gattungen enthält, darunter auch die Gattung Sus zu der unser Wildschwein zählt, und die Familie der Nabel- oder Neuweltschweine mit einer Gattung und zwei Arten, dem Halsband- und dem Weißbartpekari.

Altweltschweine

Zur Gattung der Wildschweine (Sus) zählt neben unserem Wildschwein (Sus scrofa) auch das Pustelschwein (Sus verrucosus) und das Bartschwein (Sus barbatus).

Das Pustelschwein besitzt als auffälliges Merkmal drei Warzen auf jeder Kopfseite. Es bewohnt sumpfiges Gelände des indonesischen Archipels. Es fehlt aber auf den großen Inseln Sumatra und Borneo. Dort wird das Pustelschwein durch das nahe verwandte Bartschwein, das einen hellen Backenbart trägt, ersetzt. Wie bei allen Schweinen unterscheidet man auch hier eine Reihe von Unterarten. Unser Wildschwein besitzt von allen Schweinen die weiteste Verbreitung. Keine andere Schweineart hat ein so weit ausgedehntes Verbreitungsgebiet wie das europäische-asiatische Wildschwein. Europa, Nordafrika, Klein-, Mittel- und Ostasien bis hin zur ostasiatischen Inselwelt wird vom Wildschwein in einer Vielzahl von Unterarten besiedelt. Der Erfolg des Wildschweins liegt, wie bei den anderen Schweinearten, in der relativ geringen Spezialisierung und großen Anpassungsfähigkeit.

Das in den südlichen Himalaja-Staaten vorkommende, sehr seltene Zwergwildschwein (Porcula salvania) ist die kleinste Wildschweinart und erreicht nur eine Kopf-Rumpf-Länge von 50-65 cm und eine Körperhöhe von 25-30 cm.

Typische afrikanische Schweinearten sind die Busch- oder Flussschweine (Gattung Potamochoerus), die sich in zahlreichen Unterarten aufspalten. Das Kamerun-Pinsel-Ohrschwein (Potamochoerus porcus pictus) stellt eine besonders farbenprächtige Unterart dar.

Das Riesenwaldschwein (Hylochoerus meinertzhageni) stellt mit einer Länge von bis zu 180 cm, einer Körperhöhe von bis zu 110 cm und einem Gewicht von 70 kg bis 250 kg eine der größten Schweinearten dar. Trotzdem wurde es erst 1904 in Kenia entdeckt. Besonders bemerkenswert ist seine riesige Rüsselscheibe, die bis zu 16 cm Durchmesser erreicht. Über Verbreitung und Lebensweise des Riesenwaldschweins ist man wegen seines heimlichen versteckten Verhaltens in undurchdringlichen Wäldern Zentralafrikas wenig unterrichtet.

Durch die vielen Fernsehsendungen aus afrikanischen Savannen und Steppen sind Warzenschweine (Phacochoerus aethiopicus) wohl bekannt. Sie führen ihren Namen wegen der zwei Paare auffälliger Gesichtswarzen, die besonders beim Eber zapfenartig verlängert sind. Das Warzenschwein kommt in weiten Teilen Afrikas in sieben Unterarten vor und ist überwiegend tagaktiv. Im Gegensatz zu anderen Schweinearten "kniet" es auf den Handgelenken bei der Nahrungssuche und hält den Kopf gesenkt.

Ein wenig bekannter und eigentümlicher Vertreter der echten Schweine aus Südost-Asien ist der Hirscheber oder Babirusa (Babyrousa babyrussa). Auffälligstes Merkmal sind die oberen Eckzähne beim Eber, die meistens sehr lang sind und oftmals den Oberkiefer durchbrechen und sich dann bogenförmig nach hinten krümmen. Hirscheber sind sehr urtümliche Schweine, die mit keiner Art der heute lebenden echten Schweine näher verwandt sind.

Neuweltschweine

Zur Familie der Neuweltschweine oder Nabelschweine zählen die beiden Arten Halsband- und Weißbartpekari. Der Name Nabelschweine rührt von der nabelartig versenkten Rückendrüse her. Das Halsbandpekari kommt dabei weiter nach Norden bis in die südlichen USA vor. Angeblich sind die Weißbartpekaris angriffslustiger als die Halsbandpekaris. Beide Arten können sich durch gezielte Bisse sehr gut verteidigen. Vor dem Zubeißen drohen sie sehr deutlich, indem sie ihre Zahnwaffen zur Schau stellen und deutlich hörbar mit den Zähnen und Kiefern klappern. In ihrer Lebensweise gleichen sie ihren altweltlichen Verwandten.