Mäuse beeinflussen als einer von zahlreichen Faktoren das Aufwachsen junger Waldbäume. In manchen Fällen sind Mäuse als gegebener Standortsfaktor hinzunehmen, gegen den man wenig unternehmen kann. Viele Mäuseprobleme lassen sich aber durch die Gestaltung des Lebensraumes vermeiden.

Mäuse spielen im Ökosystem eine eminent wichtige Rolle. Sie stellen die Nahrung für viele "Raubtiere" wie Greifvögel, Eulen, Fuchs, Marder, Iltis, Wiesel oder Schlangen dar. Ausserdem tragen sie zur Verbreitung von Samen bei. Verluste durch Feinde machen Mäuse mit einer phänomenalen Reproduktionsfähigkeit wett. Mit fünf Wochen sind die Tiere geschlechtsreif. Im Verlaufe eines Sommers können sich 4 bis 5 Generationen entwickeln. Bei einem Wurf von bis zu 10 Jungtieren könnte ein weibliches Tier in einem Sommer theoretisch mehrere Tausend Nachkommen haben.

Nicht alle Mäuse gehören zu den Mäusen

In der Schweiz kommen 83 wildlebende Säugetierarten vor, darunter 26 Fledermausarten, 10 Spitzmausarten, 2 Maulwurfarten, 4 Schlafmausarten (Schläfer), 8 Wühlmausarten und 7 Langschwanzmausarten. Zu den Mäusen im engeren Sinn gehören jedoch nur die Wühl- und Langschwanzmäuse. Die Spitzmäuse sind wie Maulwürfe und Igel keine Nagetiere (Rodentia), sondern Insektenfresser (Eulipotyphla). Fledermäuse gehören zu den Fledertieren (Chiroptera). Die Schlafmäuse (Gliridae) sind zwar Nagetiere, jedoch näher mit den Eichhörnchen verwandt.

Bedeutsam für den Wald sind folgende 6 Mausarten: Erdmaus, Feldmaus, Rötelmaus (Abb. 1) und Schermaus als Vertreter der Wühlmäuse sowie Wald- und Gelbhalsmaus (Abb. 2) als Vertreter der Langschwanzmäuse.

Tabelle 1 - Mäusearten in der Schweiz. * = Arten mit forstlicher Bedeutung

Langschwanzmäuse
  • Alpenwaldmaus (Apodemus alpicola)
  • Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis)*
  • Waldmaus (Apodemus sylvaticus)*
  • Zwergmaus (Micromys minutus)
  • Hausmaus (Mus domesticus)
  • Wanderratte (Rattus norvegicus)
  • Hausratte (Rattus rattus)
Wühlmäuse
  • Schermaus (Arvicola terrestris)*
  • Schneemaus (Chionomys nivalis)
  • Erdmaus (Microtus agrestis)*
  • Feldmaus (Microtus arvalis)*
  • Fatio-Kleinwühlmaus (Microtus multiplex)
  • Savi-Kleinwühlmaus (Microtus savii)
  • Kleinwühlmaus (Microtus subterraneus)
  • Rötelmaus (Myodes glareolus)*

Mäusejahre

Im Landwirtschaftsgebiet stellt man bei Feldmäusen alle 3-4 Jahre und bei den Schermäusen alle 6 Jahre einigermassen regelmässige Massenvermehrungen fest. Jahre mit ausgesprochen hohen Mäusebeständen nennt man "Mäusejahre". Im Wald sind die Populationsschwankungen weniger regelmässig, sondern hängen stärker von der Witterung und von Mastjahren der Eiche und der Buche ab. Warme, niederschlagsarme Winter- und Frühjahresmonate scheinen eine besondere Bedeutung für das Überleben und die Fortpflanzungsrate der Mäuse zu haben. Gute Witterungsbedingungen können sich bis in den Sommer hinein positiv auf den Mäusebestand auswirken.

Nahrungsspektrum: Wurzeln, Rinde, Triebe, Keimlinge und Samen

Die Schermaus lebt hauptsächlich unterirdisch, wo sie sich von Wurzeln und Knollen ernährt. Sie nagt gelegentlich an Wurzeln von Eichen, Pappeln, Buchen, Lärchen, Eschen oder Ahornen und bedient sich auch grüner Pflanzenteile, die sie in die Gänge hinunterzieht. Alle andern Mäusearten leben mehrheitlich an der Erdoberfläche und verzehren hier unter anderem Samen und Keimlinge. Der Konsum kann sich auf ein Kilogramm Samen und auf bis zu 400 Keimlinge pro Maus und Jahr belaufen.

Die Vertreter der Wühlmäuse benagen auch die Rinde von jungen Bäumen, welche bei starkem Befall absterben. Pflanzungen sind von der Nagetätigkeit der Mäuse besonders betroffen, insbesondere Erstaufforstungen von Wiesen oder Ackerland sind gefährdet. Dichter Grasfilz, Brombeeregestrüpp oder fuchsdichte Einzäunungen bieten günstige Lebensbedingungen für Mäuse. Oft entdeckt man Mäuseschäden erst dann, wenn sich die Jungbäume im Sommer plötzlich gelb oder braun verfärben.

Erdmäuse bevorzugen Laubholz, Rötelmäuse Nadelholz

Erdmäuse besiedeln gerne feuchte und staunasse Böden. Sie nagen vor allem die Rinde von Laubholz ab. Die Hagebuche steht dabei an erster Stelle, gefolgt von Buche, Kirsche und Ulme. Die Esche wird dem Ahorn vorgezogen, Nadelholz weitgehend verschont. Stämmchen bis 2 cm Durchmesser kann die Erdmaus ganz durchnagen. Baumrinde wird hauptsächlich im Winter geschält ab dem Eintritt der ersten Fröste und dem Abwelken der Bodenvegetation. Die Hagebuche erträgt die Benagung von Erdmäusen weniger gut als die Buche, bei der sich Nagestellen bis zur Hälfte des Stammumfanges kaum auswirken. Wird die Rinde hingegen stammumfassend abgenagt, so sterben auch die jungen Buchen meist ab (Abb. 3).

Schäden durch Rötelmäuse sind hingegen vorwiegend am Nadelholz zu beobachten, wobei die Lärche zuoberst auf der Prioritätenliste steht. Die Rötelmaus klettert auch auf die Bäume und frisst dort Rinde, Triebe und Knospen von Tanne, Fichte und Föhre. Bei den Sträuchern hat die Rötelmaus eine besondere Vorliebe für Schwarzen Holunder. Es sind oft die vollständig weiss geschälten Holunderstämmchen, die die Anwesenheit von Rötelmäusen verraten (Abb. 4). Rindenbenagung durch Rötelmäuse hat am Laubholz ansonsten keine grosse Auswirkung, denn bei dieser Art dringen die Zähne normalerweise nicht wie bei der Erdmaus bis in das Kambium oder gar in das Holz ein. Die Benagung bleibt meist oberflächlich und es bildet sich eine sekundäre Rinde. Allerdings führt die Entrindung der Lärche gelegentlich zu Ausfällen (Abb. 5).

Nagespuren von Erd- und Rötelmaus unterscheiden

Mauslöcher, Kot, Grastunnels, geschälte Holunderstämmchen oder unvermittelt absterbende Laubholzheister weisen auf die Präsenz von Mäusen hin. Erdmäuse benagen die Bäume direkt über dem Boden und zum Teil auch unter der Erdoberfläche. Die Nagestellen enden zum überwiegenden Teil in einer Höhe von 15-20 cm (Abb. 3). Rötelmäuse dagegen beginnen ihre Tätigkeit oft erst einige Dezimeter über dem Boden und steigen auch mehrere Meter an den Bäumen hoch.
 

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

Mäuseschäden im grossen Stil lassen sich weitgehend vermeiden, wenn man mit Naturverjüngung unter Schirm arbeitet, grössere Bestandesöffnungen auf feuchten Standorten vermeidet und natürliche Feinde der Mäuse nach Möglichkeit fördert. Eine Bekämpfung der Mäuse ist nur in Ausnahmefällen sinnvoll, etwa in Baumschulen und Pflanzgärten oder auf Forschungsflächen. Weil chemische Mittel im Wald und in Forstgärten nicht zugelassen sind, bleibt für die Reduktion des Mäusebestandes nur der Fang mit Fallen.

In der Schweiz haben Mäuseschäden in den vergangenen Jahren nie eine grosse Dimension angenommen. Gründe dürften der geringere Anteil an Pflanzungen und der hohe Fuchsbestand sein.

Ein etwas grösseres Ausmass hatte 1989 ein Fall auf dem Chomberg (Winterthur). Auf einer Hektare gingen 100% der gepflanzten Ahorne, Buchen und Eschen nach Mäuseschäden ab. Bei den Meldungen, die in den vergangenen zwanzig Jahren bei Waldschutz Schweiz eingegangen sind, hebt sich sonst einzig das Jahr 1994 etwas ab, mit Fällen in den Kantonen Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich. Auffallend ist, dass bei der Beschreibung der Umstände mehrfach ein dichtes Brombeergestrüpp erwähnt wird, welches die Mäuse vor Feinden schützen dürfte.

(TR)