Wälder nasser Standorte

Waldmoore und Auwälder in der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz von ForstBW

Die Wiederherstellung und Sicherung von Mooren und Auen ist ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt in der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz von ForstBW. Ausgehend von Kartierungsdaten und Leitfäden wird ein Inventar der vorhanden Standorte und Biotope für den Staatswald erarbeitet. Pflege- und Renaturierungsmaßnahmen können damit gezielt durchgeführt werden. Arbeitshilfen liegen vor und werden derzeit ergänzt.

Warum ist die Erhaltung von Mooren und Auen wichtig?

Moore, Auen und andere Nassstandorte (Anmoore, Missen, Sümpfe, Brüche, weitere Standorte der Nass- und Feuchtwaldgesellschaften) weisen als gemeinsamen, bestimmenden Umweltfaktor eine zeitweilige oder permanente Wassersättigung des Bodens auf. Durch Entwässerung, Trockenlegung und Melioration mit dem Ziel ihrer Nutzbarmachung sind diese Biotope mit den darauf spezialisierten Arten selten geworden. Auf die Sicherung und Wiederherstellung dieser Habitate im Staatswald und die Erzielung eines günstigen Erhaltungszustands der entsprechenden Lebensraumtypen fokussiert das Ziel 5 der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz.

Doch spielt neben dem Naturschutz auch der Klimawandel eine Rolle: Während Moore (und Anmoore) im wachsenden, torfbildenden Zustand Kohlenstoff speichern, setzen sie jedoch im trockenen, torfzehrenden Zustand Treibhausgase frei. Bachauewälder erhalten als dezentrale Retentionsräume in den Einzugsgebieten der großen Flüsse eine neue Bedeutung bei den zu erwartenden gehäuften Starkniederschlägen. Der erste Arbeitsschwerpunkt liegt auf den Mooren.

Handlungsfelder

Das Ziel 5 der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz gibt daraus abgeleitet verschiedene Unterziele vor, mit denen die Sicherung und Wiederherstellung naturschutzfachlich hochwertiger Feucht- und Nassstandorte erreicht werden soll. Man kann sie unterteilen in Grundlagen-, Auswertungs- und Entwicklungsarbeiten und reine Umsetzungsaufträge.

  1. Bedeutsame Nassstandorte und –biotope sind bekannt und kartiert.
  2. Die besondere Bedeutung der Standorte ist untersucht.
  3. Der Zustand der FFH-Lebensraumtypen ist verbessert, in dem Wasserhaushalt und Vegetation sind, soweit möglich, wieder hergestellt sind.

Schritt 1: Inventur der Standorte und -biotope im Wald

Als erstes erfolgt der Kassensturz: über wie viel Fläche reden wir (noch), und wo im Land gibt es dieses Standorte? Als wertvolle Datengrundlage dafür dienen in diesem Zusammenhang die Forstliche Standortskartierung und die Waldbiotopkartierung.

Die Forstliche Standortskartierung weist aktuelle und historische Feucht- und Nassstandorte aus. Aktuelle Zahlen beziehen sich auf die insgesamt in Baden-Württemberg kartierte Fläche von ungefähr 1 Mio. Hektar. Der Staatswald ist komplett erfasst. Die Darstellung im Maßstab 1:10.000 liefern detaillierte, flächige Informationen. Allerdings führten die maßstabsbedingten Zwänge zur Zusammenfassung von Detailinformationen, sowie Änderungen der Standortsgliederung über die Jahrzehnte hinweg, die eine Harmonisierung verschieden alter Kartierstände erforderlich machte, zu Verlusten kleinräumiger Details. Offene Moorbereiche und große Moorflächen wurden bei älteren Kartierungen meist nur in einem Grobraster erfasst.

Da die Standortskartierung Flächen immer nach den ökologischen Bedingungen für das Baumwachstum einteilt, wurde für Anmoor- und Moorstandorte eine von anderen Klassifikationssystemen abweichende Standortsgliederung mit eigenen Bezeichnungen entwickelt. Geringmächtigere Torfkörper wurden aus diesem Grund in eigenen, terrestrischen Öko-Serien und Standortseinheiten zusammengefasst. Derartige Voraussetzungen sind bei der Feinauswertung der Daten zu beachten. Im Einzelfall wird eine standortskundliche Feinkartierung in größeren Maßstäben bei anstehenden Renaturierungsprojekten durchgeführt werden.

Weiterhin ist es wichtig zu wissen, in welchem Zustand sich diese Flächen befinden. Dazu wird die Waldbiotopkartierung herangezogen. Die Waldbiotopkartierung erfolgt über alle Walbesitzarten auf der gesamten Waldfläche des Landes und erfasst seltene, gefährdete und noch gut erhaltene Biotope, welche nach § 30 Bundes-Naturschutzgesetz und § 30a Landeswaldgesetz geschützt werden. Die Einstufung entsprechender Feucht- und Nassbiotope als "weitgehend intakt" erfolgt anhand vegetationskundlicher und morphologischer Kriterien. Durch den Maßstab und den vorgeschriebenen Mindestgrößen bei der Erfassung können im Einzelfall ebenfalls Unschärfen bei der Auswertung entstehen.

Die Daten werden im öffentlichen Wald seit einigen Jahren spätestens zur Forsteinrichtungs-Erneuerung aktualisiert. In Abhängigkeit vom Kartierzeitpunkt erlaubt die Waldbiotopkartierung einen Überblick über den Zustand der Biotope. Sie gibt aber auch die Pflegebedürftigkeit der erhobenen Biotope im Wald und Waldverbund an.

Schritt 2: Bedeutung der Standorte

Der zweite Schritt ist die Priorisierung: welche Biotope sind weshalb und in welcher Reihenfolge zu sichern, und wo liegen die geeigneten Standorte für Renaturierungsmaßnahmen oder jene mit Entwicklungspotenzialen? Und anhand welcher Kriterien entscheidet man das? Nicht jeder gestörte Feucht- oder Nasstandort kann in einen naturnahen Zustand zurückversetzt werden. In manchen Fällen muss eine angepasste Pflege oder Nutzung genügen. Zu stark sind im Einzelfall die anthropogenen Veränderungen innerhalb der Gebiete, oder es haben sich die ökologischen Voraussetzungen in der umgebenden Landschaft durch Besiedlung, Wasserentnahmen und dergleichen irreversibel verändert.

Naturschutzfachliche Zielkonflikte um wertvolle Sekundärbiotope mit geschützten Arten, wie sie zum Beispiel bei Trockenheiden auf gestörten Moorflächen oder hochgelegenen Kiesflächen in Auen aufkommen können, oder Zielkonflikte zwischen sich gegenseitig ausschließenden FFH-Lebensraumtypen (Gestörtes Hochmoor mit offenen Flächen erhalten, oder über Renaturierungsmaßnahmen einen lückigen Moorwald anstreben?) müssen aufgearbeitet werden. Weiterhin ist die Funktion von ungestörten Torfkörpern als Archiv der Landschaftsgeschichte zu berücksichtigen.

Schritt 3: Verbesserung des Erhaltungszustands

In Auen und Mooren sind lebensraumtypischer Wasserhaushalt und lebensraumtypische Vegetation aufs engste verknüpft. Wegen ihren meist hochkomplexen hydrologischen, trophischen und geländemorphologischen Verhältnissen ist von Renaturierungsversuchen ohne ausreichende Grundlagenerhebungen und sorgfältige Planung durch Fachleute abzuraten. Solide Renaturierung von Auen und Mooren kostet Zeit und Geld. Schnelle Erfolgsmeldungen sind nicht zu erwarten.

Waldbauliche Eingriffe sind dazu geeignet, angepasste Bestockungen zu entwickeln. Hiebe müssen jedoch fachlich auf das jeweilige Objekt zugeschnitten sein. Es kann sehr kontraproduktiv sein, mit den besten Absichten Moorwälder auf ganzer Fläche zu stark zu durchhauen, um die Verdunstung einzudämmen. Die dort erwünschte Vegetation und Fauna profitieren vom Wind- und Sonnenschutz eines angemessen dichten und richtig zonierten Bestands, auch unter Beteiligung der Fichte. Habitattradition, Reststrukturen und Vernetzung sind ebenfalls wichtige Kriterien für die Maßnahmenplanung. Sie erleichtern die Wiederbesiedlung angrenzender Bereiche durch Restpopulationen und/ oder die Diasporenbank.

Arbeitshilfen für die Naturschutzarbeit an den Forstbehörden

Für die Pflege der entsprechenden Waldbiotope und FFH-Lebensraumtypen im Wald Baden-Württemberg wird ForstBW in Kürze mit der Naturschutzverwaltung abgestimmte Empfehlungen für forstliche Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmenveröffentlichen.

Zur Unterstützung von Pflege- und Renaturierungsmaßnahmen an Fließgewässern im Wald ist das Internethandbuch Wald & Wasserzu empfehlen. Entstanden im Zuge der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie im Wald, ist es als Kooperation der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt mit dem Office National des Forêts und dem Schweizer Kanton Jura auf die forstlichen Bedürfnisse nicht nur in Baden-Württemberg zugeschnitten. Es wird regelmäßig aktualisiert. Neben einem umfangreichen ersten Teil mit Hintergrundinformationen gibt es im zweiten Teil praktische Anleitungen.

Für die Renaturierung von Mooren gibt es ebenfalls einige Leitfäden, die hilfreich sein können. Auf Baden-Württemberg übertragbare Beispiele sind:

Handbuch Moorschutz und Pilotprojekte

Gerade zum Moorschutz haben sich Wissen und Technik in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Daher wird die Moorschutzkonzeption Baden-Württemberg mit acht Teilprojekten bzw. Unterkonzepten in Zusammenarbeit von Naturschutz- und Forstverwaltung erarbeitet.

Eines der Unterkonzepte der Moorschutzkonzeption ist das Handbuch Moorschutz,konzipiert als ein vollumfassendes und aktuelles Kompendium für Moorschutzpraktiker. Es wird in teilweise bundeslandübergreifender Kooperation von Experten und Expertinnen aus Naturschutz- und Forstverwaltung, Planungsbüros und der Wissenschaft entwickelt. Von der Entscheidung für oder gegen ein Renaturierungsobjekt, über die nötigen Genehmigungsschritte, dem aktuellen Stand der Technik und Finanzierungsfragen bis hin zur Projektkommunikation deckt es alle Planungs- und Umsetzungsphasen ab.

In der Moorschutzkonzeption sind Pilotprojekte vorgesehen, die zum einen exemplarischen Charakter haben sollen, und zum anderen dazu dienen, eigene Erfahrungen mit Moorrenaturierungen zu sammeln. ForstBW führt drei Pilotrenaturierungen in Waldmooren mit höchst unterschiedlichen Erhaltungszuständen durch. Die Projekte werden durch intensive Voruntersuchungen unterlegt und sollen nach Abschluss evaluiert und durch ein Monitoring begleitet werden. Die Ergebnisse und Erfahrungen fließen auch in die Erarbeitung von Best-Verfahren für das Handbuch Moorschutz ein.

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