Breite, artenreiche Waldränder sind in der Schweiz selten. Seit einigen Jahren wird die ökologische Aufwertung von Waldrändern daher vom Bund gefördert. Damit die beschränkten Mittel optimal eingesetzt werden können, braucht es gute Kenntnisse über die Standortfaktoren, die den Erfolg von Waldrandaufwertungen beeinflussen. In der vorliegenden Studie wurden 48 aufgewertete Waldränder im Kanton Aargau im Hinblick darauf untersucht, welchen Einfluss Exposition und Wüchsigkeit des Standorts auf den Aufwertungserfolg haben. Die Resultate zeigen, dass sowohl die Exposition als auch die Wüchsigkeit einen signifikanten Einfluss auf die Qualität der aufgewerteten Waldränder hatten.

Waldränder sind am artenreichsten, wenn sie strukturreich sind und einen ausgedehnten Stauch- und Krautsaum besitzen. So bieten sie zahlreichen Insekten, Vögeln, Kleinsäugern und Pflanzen einen Rückzugsort und besitzen als Vernetzungselement eine grosse Bedeutung.

Gemäss den von Babbi & Krüsi ausgewerteten Daten des Dritten Landesforstinventars waren in den Jahren 2004 bis 2006 mehr als 50% der Schweizer Waldränder "ökologisch schlecht" oder "nicht vorhanden", und nur 14% wurden als "wertvoll" oder "sehr wertvoll" eingestuft.

Aufwertungsmassnahmen

Um die ökologischen Qualitäten von Waldrändern zu verbessern, fördert der Bund ökoklogische Aufwertungsmassnahmen. Allerdings sind diese und die periodisch notwendigen Folgeeingriffe relativ teuer. Daher wäre es wünschenswert, zu wissen, welche Faktoren eine erfolgreiche Aufwertung begünstigen, um die finanziellen Mittel primär auf den erfolgversprechendsten Standorten einzusetzen.

In der Literatur werden häufig südexponierte Waldränder als besonders wertvoll beschrieben, zur Bodenfruchtbarkeit oder Wüchsigkeit des Standorts findet man dagegen kaum etwas. Die 2014 von Spörri et al. befragten Revierförster im Kanton Aargau hielten eine Südexposition und eine geringe Wüchsigkeit des Standorts für die wichtigsten Erfolgsfaktoren bei Waldrandaufwertungen. Bei den von Spörri et al. in einer Pilotstudie untersuchten 20 aufgewerteten Waldrändern wurde allerdings kein signifikanter Zusammenhang zwischen den beiden Faktoren und dem Aufwertungserfolg festgestellt.

Ziel der vorliegenden Studie war es, diesen Einfluss vertieft zu untersuchen. Mit rund 200 km ökologisch aufgewerteten Waldrändern bietet der Kanton Aargau dafür die idealen Voraussetzungen. Es sollten speziell die beiden Fragen abgeklärt werden:

  1. Ist der Aufwertungserfolg bei bestimmten Expositionen und Wüchsigkeiten des Standorts bzw. bei bestimmten Kombinationen von Exposition und Wüchsigkeit des Standorts signifikant grösser als bei andern?
  2. Auf welche Waldrandelemente sind die ggf. beobachteten Unterschiede zurückzuführen?

Auswahl der Waldränder

Das Untersuchungsgebiet umfassterand den ganzen Kanton Aargau. Die 48 untersuchten Waldränder lagen zwischen 350 und 700 m ü. M. (s. Abb. 2). Es wurden dabei nur jene berücksichtigt, die mindestens 100 m Länge aufwiesen und zwischen 2007 und 2012 aufgewertet oder zum letzten Mal gepflegt worden waren, da die Wirkung von Aufwertungseingriffen gemäss Spörri et al. 2 bis 7 Jahre nach dem Eingriff am besten zur Geltung kommt. Die Waldränder wurden anschliessend nach Exposition und Wüchsigkeit klassifiziert (Details dazu in der Originalpublikation) und einem der folgenden 4 Straten zugeteilt:

  • südexponiert & mager (s-m)
  • südexponiert & wüchsig (s-w)
  • nicht südexponiert & mager (ns-m)
  • nicht südexponiert & wüchsig (ns-w)

In jeder der 4 Straten wurden schliesslich zufällig 15 Stichprobenpunkte (12 Haupt- und 3 Reservepunkte) ausgewählt (s. Abb.2).

Ökologische Bewertung der Waldränder

Die ökologische Qualität der Waldränder wurde im Herbst 2014 mit dem Schlüssel zur ökologischen Bewertung von Waldrändern (= Waldrandschlüssel) ermittelt. Mit dieser Methode wurde die Qualität der Waldränder anhand von 16 relevanten Parametern beurteilt.

Es wurde geprüft, ob die Stratenzuordnung und der Zeitpunkt des letzten Aufwertungseingriffs der Realität entsprachen. Falls nicht, wurde auf den Reservewaldrand ausgewichen. Die Details zu den statistischen Auswertungen zu den verschiedenen Expositionen und unterschiedlichen Wüchsigkeiten entnehmen Sie bitte der Originalpublikation.

Modell zur Bewertung von Waldrändern

Verwendet man für die Bewertung statt 16 nur die 9 relevantesten Parameter des "Waldrandschlüssels", würde sich de Aufwand für die Beurteilung der Waldrandqualität im Feld um ein Drittel reduzieren lassen (mehr dazu im Originaltext). Das reduzierte Modell darf aber nicht ungeprüft auf andere Datensätze angewendet werden.

Exposition und Wüchsigkeit des Standorts beeinflussen die Qualität

Von den untersuchten 48 aufgewerteten Waldrändern wurden gemäss "Waldrandschlüssel" 6 als sehr wertvoll (13%), 25 (52%) als wertvoll, 16 (33%) als befriedigend und einer (2%) als ungenügend eingestuft. Sowohl Exposition als auch Wüchsigkeit des Standorts hatten einen signifikanten Einfluss auf die Qualität der Waldränder: südexponierte Waldränder erreichten im Mittel eine signifikant höhere Punktzahl als nicht südexponierte, ebenso solche auf mageren Standorten gegenüber jenen an wüchsigen Standorten. Südexponierte Waldränder und Waldränder an mageren Standorten waren zudem artenreicher als jene auf den anderen Standorten.

Signifikante Unterschiede zwischen den 4 untersuchten Straten gab es ausserdem bei der Krautsaumlänge, der Anzahl Gehölzarten in der Strauch- und Krautschicht, der Anzahl Kleinstrukturen sowie der Länge des vorgelagerten Strauchgürtels.
Südexponierte Waldränder hatten signifikant mehr Laubgehölzarten in der Baumschicht und die Krautsäume waren signifikant breiter und länger als an nicht südexponierten.
Die Waldränder an mageren Standorten besassen signifikant mehr Gehölz- und Dornstraucharten in der Kraut- und Strauchschicht und derStrauchgürtel sowie die Belaubungsdichte war signifikant grösser als an wüchsigen Waldrändern. Zudem waren hier die Problemarten und invasive Neophyten signifikant weniger dominant als an wüchsigen.

Neophyten, Problemarten und Kleinstrukturen

An 14 der 48 Waldränder wurden Neophyten (wie Robinie, Sommerflieder, Drüsiges Springkraut, Armenische Brombeere, Kanadische Goldrute) gefunden. Die Exposition und Wüchsigkeit des Waldrandes hatten dabei keinen signifikanten Einfluss auf die Anzahl der Neophytenarten in der Baum-, Strauch- und Krautschicht (s. Tab. 1).

Neben Neophyten kann sich auch das gehäufte Auftreten von anderen Arten negativ auf die Artenvielfalt auswirken. Zu den häufigsten Problemarten zählen dabei: Brombeeren, Waldrebe, Ackerkratzdistel, Adlerfarn und Schilf. 18% der untersuchten Waldränder waren stark oder sehr stark von Neophyten und/oder Problemarten betroffen. 37% der Waldränder waren kaum betroffen, d.h. die Arten waren auf maximal 10% der untersuchten Waldrandabschnitte anzutreffen. Es handelte sich dabei v.a. um Waldränder auf mageren Standorten.

Alle Waldränder wiesen eine oder mehrere Kleinstrukturen wie Asthaufen, Baumstrünke, stehendes Totholz, offene besonnte Bodenstellen, umgekippte Wurzelteller, Steinhaufen oder Tümpel auf. Exposition oder Wüchsigkeit hatten dabei keinen signifikanten Einfluss auf die Anzahl der Kleinstrukturen.

Exposition und Wüchsigkeit – entscheidend für erfolgreiche Aufwertungen

Anders als bei der Untersuchung von Spörri et al. hatten in der vorliegenden Untersuchung sowohl Exposition als auch Wüchsigkeit des Standorts einen signifikanten Einfluss auf die ökologische Qualität der Waldränder. Dass südexponierte Standorte und Waldränder auf mageren Standorten eine höhere ökologische Qualität aufweisen als anders exponierte Waldränder oder solche auf wüchsigen Standorten, deckt sich mit den Erfahrungen der von Spörri et al. befragten Revierförstern.

Die Resultate der vorliegenden Studie, wonach aufgewertete Waldränder an mageren Standorten eine signifikant höhere Punktzahl und eine grössere Vielfalt von Gehölz- und Dornstraucharten in der Kraut- und Strauchschicht aufweisen als solche an wüchsigen Standorten, weisen darauf hin, dass die Wüchsigkeit einen ähnlich wichtigen Standortfaktor wie die Exposition darstellt.

In der Literatur findet man die Wüchsigkeit des Standorts als wichtigen Parameter für das ökologische Potential des Waldrandes kaum. Ein Grund dafür könnte sein, dass in der Schweiz bis heute noch keine detaillierte und flächendeckende Karte der Waldstandorte existiert.

Südexponierte und magere Standorte bieten beste Voraussetzungen

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit von erfolgreich verlaufenden Waldrandaufwertungen an südexponierten & mageren Standorten am grössten ist. Weisen diese Waldränder zudem noch einen vorgelagerten Strauchgürtel auf, ist die Wahrscheinlichkeit für eine günstige ökologische Bewertung besonders gross. Die Art der Nutzung des angrenzenden Freilandes ist bei Waldrandaufwertungen von erheblicher Bedeutung. Nicht optimale Standortbedingungen können zu einem gewissen Grad durch eine sorgfältige Pflege kompensiert werden.

Für Misserfolge von Waldrandaufwertungen mitverantwortlich ist das Vorhandensein von Problemarten und invasiven Neophyten. Beide können unter Umständen erheblich profitieren. Bei einem starken Auftreten können sie den Erfolg der Aufwertung schmälern oder gar infrage stellen. In der Untersuchung hat sich gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit ihres Vorkommens bis hin zur Bildung von dominierenden Beständen an wüchsigen Standorten signifikant höher ist. Die Exposition spielte dabei keine Rolle.

Fazit für die Praxis

An südexponierten und mageren Standorten war die ökologische Qualität der aufgewerteten Waldränder signifikant besser als an anderes exponierten beziehungsweise an wüchsigen Standorten. Bei nicht südexponierten Lagen hatte die Wüchsigkeit des Standorts keinen nachweisbaren Einfluss auf die ökologische Qualität der aufgewerteten Waldränder. Die Wahrscheinlichkeit, dass nach Aufwertungsmassnahmen Problemarten und invasive Neophyten vorkommen und dominierende Bestände bilden, war an mageren Standorten signifikant kleiner als an wüchsigen; hingegen spielte die Exposition keine Rolle.

In Zukunft sollten Waldrandaufwertungsprojekte daher bevorzugt an südexponierten und mageren Standorten durchgeführt werden. Bei anders exponierten oder bei wüchsigen Standorten sind gute Resultate zwar weniger wahrscheinlich, aber nicht unmöglich.

Die vorliegenden Ergebnisse und die in Spörri et al. beschriebenen Erfahrungen aus rund 20 Jahren Waldrandaufwertung im Kanton Aargau sollten in künftigen Projekten unbedingt Berücksichtigung finden. Bei den finanziellen Unterstützungen der öffentlichen Hand gibt es bereits Programme, welche die Exposition als Kriterium berücksichtigen. Die Studie legt nahe, dass der aus den forstlichen Standortskarten abgeleitete Faktor Wüchsigkeit in künftige Programmvereinbarungen ebenfalls einfliessen sollte.