Wo liegen die bedeutendsten Vorkommen für die Biodiversität der Arten in Bayern? In der Karte (Abb. 1) sind die Vorkommen wichtiger Tier- und Pflanzenarten, die als Indikatoren für die Naturnähe eines Gebietes stehen, dargestellt. Ausgewählt wurden dafür die Naturnähezeiger unter den holzbesiedelnden Pilzen, die Urwaldreliktarten unter den xylobionten Käfern und die Vogelarten als Weiser für reife Laubmischwälder.

Die Biodiversität ist in den Wäldern dort am größten, wo sich die Vorkommen mehrerer Zeigerarten überlappen. Aufgeführt werden nur Gebiete von höchster naturschutzfachlicher Wertigkeit. Die dargestellten Ergebnisse sind noch lückenhaft, da sie den aktuellen Kenntnisstand wiedergeben und sukzessive verändern werden.

Hotspots der Pilze

Naturnähezeiger aus der Gruppe der holzbesiedelnden Pilze haben hohe Ansprüche an die Struktur des Totholzes, auf dem sie ihre Fruchtkörper ausbilden. Sie wurden so ausgewählt, dass zu möglichst vielen verschiedenen Waldgesellschaften Aussagen getroffen werden können (Tab. 1).

Hotspot-Gebiete mit einer hohen Dichte an Naturnähezeigern sind nach den bisherigen Ergebnissen insbesondere die beiden Nationalparke Bayerischer Wald und Berchtesgaden. Darüber hinaus zeichnen sich Wälder im Spessart, der Rhön und um Bayreuth aus. Ohne nennenswerte Vorkommen bleiben vor allem die Wälder westlich von Augsburg, das Tertiärhügelland, das westliche Mittelfranken und weite Teile der Oberpfalz (vgl. Karte im Artikel Hotspot-Gebiete von Pilzen in Bayern).

Eine Schwäche des Systems ist die unterschiedliche Kartierintensität. Allerdings decken sich die Ergebnisse der Pilzkartierungen mit den Erkenntnissen aus anderen Erhebungen. Das beweist, dass auch aus diesen Daten naturnahe Wälder bestätigt werden können. Es ist zu erwarten, dass sich bei Auswertungen, die noch spezifischer auf einzelne Waldflächen fokussiert werden, deutlich bessere Ergebnisse ableiten lassen.

Hotspots der Käfer

Die Urwaldreliktarten unter den xylobionten Käfern kommen in Mitteleuropa äußerst selten und nur noch in wenigen Gebieten vor. Sie verlangen eine ungebrochene Kontinuität der Alters- und Zerfallsphase und stellen hohe Ansprüche an Totholzqualitäten und –quantitäten. Daher sind die Urwaldreliktarten zuverlässige Zeugen der Waldgeschichte.

Zu den bayerischen Urwaldreliktstandorten wurden nur Gebiete gezählt, in denen mindestens drei Arten aktuell nachgewiesen sind. Standorte mit weniger Arten werden nur aufgeführt, falls eine Art hier ihr einziges bekanntes Vorkommen in Bayern hat. Nach diesen Kriterien gibt es in Bayern nur noch 22 Gebiete mit einer nennenswerten Anzahl dieser Reliktarten (Tab. 2). Die Standorte mit der höchsten Zahl an Reliktarten umfassen jeweils mehrere hundert Hektar und sind in große Waldlandschaften eingebettet.

Der Anteil der Urwaldreliktartenstandorte an der bayerischen Waldfläche beträgt nur 0,3 Prozent. Sie sind unersetzliche Fläche für die Artenvielfalt der Wälder. Aufgrund der kleinflächigen und isolierten Verteilung in der Landschaft sind sie in ihrer genetischen Vielfalt bedroht. Daher müssen Entwicklungs- und Vernetzungskonzepte eingeleitet und umgesetzt werden.

Hotspots der Vögel

In den Natura2000-Vogelschutzgebieten (SPA-Gebiete) werden durchschnittlich 20 Vogelarten und ihre Lebensräume bewertet. Die ausgewählten Vögel sind überwiegend bedrohte Schirm-, Weiser- und Schlüsselarten. Diese Arten sind i.d.R. nicht nur selten und gefährdet, sondern es sind auch Arten, für die wir aufgrund ihres Verbreitungsschwerpunktes in Mitteleuropa besondere Verantwortung tragen, wie beispielsweise der Mittelspecht oder der Halsbandschnäpper.

Das Schutzgebietsmanagement hat zum Ziel, einen "günstigen Erhaltungszustand" der Arten und ihrer Lebensräume zu bewahren oder wiederherzustellen. Dazu wurde ein bundesweit einheitliches Bewertungsschema erarbeitet, nach dem Habitatqualität, Zustand der Population und Beeinträchtigungen je Vogelart und Vogelschutzgebiet in einem dreistufigen Schema (A, B, C) beurteilt werden. Die Zusammenführung dieser drei Ergebnisse ergibt den Erhaltungszustand einer Art im Gebiet.

Schon nach den ersten Kartierungen wurde deutlich, welche Bedeutung einige Gebiete tatsächlich für den Erhalt wertvoller Arten besitzen. Allein in einem Abschnitt der Donauauen wurden mehrere hundert Brutpaare des Mittelspechts ermittelt. Ähnlich überraschend war auch die hohe Nachweisdichte des Auerhuhns im Arber-Gebiet mit geschätzten 30 bis 40 Individuen.

Die Bewertungsergebnisse zeigen, dass v.a. die Vogelarten lichter Wälder und halboffener Landschaften sowie die Arten reifer, totholz- und biotopbaumreicher (Laub-)Mischwälder besondere Beachtung erfahren müssen. Um diese Arten wirkungsvoller zu schützen, ist der Erhalt dieser Strukturen möglichst auf großer Fläche zu verwirklichen, nicht nur in kleinen nutzungsfreien "Inseln".

Fazit

Selbst anhand der noch lückenhaften Ergebnisse lassen sich einige Charakteristika gut absichern. Herausragende Bedeutung haben historische alte Laubwälder mit langer Biotoptradition wie der Hochspessart, die Donauauwälder oder der Nationalpark Bayerischer Wald. Es gibt aber auch durchaus Abweichungen: Kleinere Hutewaldreste sind für xylobionte Käferarten bedeutsam, für die vollständige Artenkombination von Vogelarten aber zu klein; siedlungsnahe Parkanlagen mit alten Bäumen könne für holzbesiedelnde Pilze eine besondere Bedeutung besitzen, aber für Waldvogelarten zu störungsreich sein.

Literatur

Artikel aus der LWF aktuell 76: