Die jetzt offensichtlichen, überwiegend von uns Menschen verursachten, weltweiten Klimaänderungen treffen Wälder und die Waldwirtschaft besonders stark. Warum? Weil Lebensrhythmus und Evolution unserer Bäume mit den sehr raschen Klimaveränderungen konfliktträchtig zusammenstoßen. Die gemächliche Wanderungsgeschwindigkeit der Baumarten kann mit den galoppierenden Klimaänderungen der kommenden Jahrzehnte nicht mehr Schritt halten. Unsere Bäume verlieren in immer stärkerem Maße ihre seit Jahrtausenden bewährte Anpassung in ihrem heutigen Verbreitungsgebiet.

Die Nutzung der fossilen Brennstoffe Kohle, Erdöl und Erdgas, aber auch die Rodung von Wäldern veränderten seit Beginn der Industrialisierung die Zusammensetzung der Erdatmosphäre beispiellos rasch. Die Emissionsrate ist gegenüber der Bildungsrate von fossilen Brennstoffen millionenfach erhöht. Alle drei wichtigen langlebigen Treibhausgase – Kohlendioxid (CO2), Distickstoffoxid (N2O, Lachgas) und Methan (CH4) – überschreiten Konzentrationen, wie sie seit mindestens 800.000 Jahren nicht erreicht wurden, und stießen damit die beobachtete mittlere globale Erwärmung an (Tab. 1).

Die mittlere Zuwachsrate der CO2-Emissionen beträgt seit 1970 2,1 %. Sie wäre ohne Auflösung des Ostblocks noch wesentlich höher ausgefallen. Tabelle 2 informiert über die Emissionen aus verschiedenen Sektoren.

Was wird die Zukunft bringen?

Die mit dem erhöhten Treibhauseffekt der Atmosphäre verbundene, rasche Klimaänderung als Folge bisher fast ungebremster Emissionen langlebiger Treibhausgase wie Kohlendioxid führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu:

  • einer mittleren globalen Erwärmungsrate, die gegenüber natürlich vorkommenden mittleren globalen Werten um mehr als den Faktor 10 erhöht, im Extremfall verhundertfacht ist (+4 bis +5 °C im 21. Jahrhundert, je nach Klimaschutzpolitik);
  • weiterer Austrocknung vieler Gebiete der Subtropen und ganzjährig erhöhten Niederschlägen im hohen Norden, in höheren mittleren Breiten der nördlichen Hemisphäre nur im Winter;
  • Zunahme extremer Niederschlagsereignisse in mittleren Breiten auch im Verlauf trockener Sommer (also heiße, trockenere Sommer mit mehr Sturzfluten);
  • Wanderung wärmeliebender Insekten, Bakterien und Pilze sowohl nach Norden als auch in größere Höhen, damit erhöhte Infektionsgefahr für die nicht wanderungsfähigen Bäume;
  • drastisch erhöhtem Risiko für Vegetationsbrände im Sommerhalbjahr in vielen Regionen außerhalb der inneren Tropen und sehr hohen nördlichen Breiten.

Alle genannten Änderungen treffen insbesondere die langlebige Vegetation, deren natürliche Wanderungsgeschwindigkeit bei diesen drastischen Klimaänderungen weit überschritten wird. Mit anderen Worten: Wälder werden ihre Anpassung an das Klima immer weiter und immer schneller verlieren.

TreibhausgasMillionstel Volumenanteil (ppm) im Jahr 1750Millionstel Volumenanteil (ppm) im Jahr 2005
CO2280379
CH40,71,77
N2O0,2750,319
Tab. 1: Anstieg der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre
SektorEmission 2004Bemerkung
Kraftwerke2,80 GtCmeist Kohleverbrennung
Verkehr1,75 GtC 
Gebäude1,00 GtC 
Industrie2,50 GtC 
Land- und Forstwirtschaft0,90 GtCgeringe Genauigkeit
Methan4,00 GtC-Äquivalent 1)Zeithorizont 100 Jahre
Lachgas1,80 GtC-Äquivalent 1)Zeithorizont 100 Jahre
Tab. 2: Weltweite Treibhausgasemissionen im Jahre 2004; Angaben in Milliarden Tonnen Kohlenstoff (GtC); zur Umrechnung in Tonnen Kohlendioxid ist mit 3,75 zu multiplizieren (Quelle: IPCC-Bericht, 2007). 1) Umrechnung in äquivalente Kohlendioxidemissionen berücksichtigt die stärkere Wirkung von Methan und Lachgas für den Strahlungshaushalt der Erde. Über ein Jahrhundert integriert gilt: 1 kg CH4 wirkt wie 21 kg CO2 bzw. 1 kg N2O wie 310 kg CO2.

Klimastress und die Folgen

Ein Baum gedeiht und erreicht relativ oft ein hohes Alter, wenn er mit vielen anderen Individuen, auch anderer Arten, zusammen bei wenig verändertem Klima wachsen kann. All das war in unseren bewirtschafteten Wäldern auch vor den jetzt angelaufenen Klimaänderungen nicht mehr gegeben. In Zukunft wird dies auch in Naturwäldern nicht mehr zutreffen.

Wir fällen "Jünglinge", treiben sie vorher oft in Monokulturen gleichen Alters beengt zu Höhenwachstum an und wir schützen sie vor in der Jugend schneller wachsenden anderen Baumarten. Dies gilt z.B. auch für die Fichte im Flachland außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes. Auch wenn erfolgreiche Klimaschutzpolitik betrieben wird, die z.B. das Ziel der Europäischen Union erreichen wird, nämlich die mittlere Erwärmung im 21.Jahrhundert auf maximal +2 °C zu begrenzen, ist keine Baumart mehr über das ganze Leben eines Individuums hinweg an das Klima voll angepasst wie im größten Teil des Holozän, also seit der letzten Eiszeit. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit für erfolgreiche Attacken alter und neuer Schädlinge.

Fichtenborkenkäfer verursachen verheerende Schäden in Mittelfranken, in Ostösterreich und in vielen anderen mitteleuropäischen Gebieten. Auch bei gleich bleibender Sturmhäufigkeit und -stärke dehnen sich die Windwurfflächen in den gestressten Wäldern immer weiter aus.

Die "Klimahülle" als Entscheidungshilfe

Die Vorhersage zunehmend milderer und im Mittel feuchterer Winter sowie heißerer Sommer mit geringerer Bodenfeuchte für große Teile Deutschlands ist sehr wahrscheinlich korrekt. Hingegen gibt es keine in gleichem Maße wahrscheinlichen Aussagen für Wetterereignisse wie z.B. Hagel, Nassschneefälle oder Stürme. Die Forstleute stehen vor dem großen Problem, die Baumarten zu finden, die an einem bestimmten Standort an ein künftig verändertes Klima angepasst sind. Welche Strategie ist in bewirtschafteten Wäldern bei weiter bestehenden großen Unsicherheiten zu wählen?

Eine erste grobe Einschätzung liefert die Betrachtung der Klimahülle einer Baumart . Zunächst wird in einem Diagramm mit den Achsen Jahresniederschlag und Jahresmitteltemperatur die Häufigkeit einer Baumart in naturnahen Wäldern in Isolinien (= Linie, die Orte mit gleichen Werten verbindet) aufgetragen. Danach werden die in einem Gebiet vorkommenden meteorologischen Mittelwerte darüber gelegt, um die Angepasstheit für Wirtschaftswälder zu prüfen. Rotbuche, Fichte und Kiefer sind in den meisten Gebieten Bayerns an den Klimanormalwert von 1961–1990 angepasst. Verschiebt man nun die Klimamittelwerte für bestimmte Gebiete Bayerns entsprechend den Rechenergebnissen aus den Klimamodellen, so erkennt man, wie die Baumarten auf manchen Standorten aus der Zone der Angepasstheit "herauswandern". Daraus können Forstwissenschaftler ablesen, welche Baumart mit recht hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr angepasst sein wird, z.B. die Fichte bei Jahresniederschlägen unter 650mm. Die Förster wissen aber nicht genau, ob bestimmte Baumarten auch im (künftigen) Bestand noch gedeihen werden, weil Feinheiten der Klimaänderungen wie z.B. die Umverteilung der Niederschläge vom Sommer zum Winter nicht beachtet wurden. Außerdem existieren keine Erfahrungswerte über die Anpassungsfähigkeit von Bäumen an die anthropogenen Klimaänderungen, die gegenüber einem natürlichen Wandel so drastisch schnell ablaufen.

Förster als "Antreiber" der Klimapolitik

Der Forstwirtschaft steht eine sehr schwierige Zukunft bevor, weil das Lebewesen Baum dem bisher nicht bekannten Stressfaktor "galoppierende Klimaänderung" ausgesetzt sein wird, wenn ihn nicht eine global koordinierte Klimapolitik in Jahrzehnten doch noch abmildert. Deshalb ist die Forstwirtschaft gut beraten, zum Drängenden für eine Klimapolitik zu werden. Sie kann zwar Klimaänderungen mit Hilfe des Erhaltes und der Vergrößerung der Wälder in geringem Umfang dämpfen, muss allerdings auf Erfolge bei der Minderung der Emissionen aus der Nutzung fossiler Brennstoffe pochen. Sie ist einer der wirksamsten Hebel zum langfristigen Schutz der Wälder.