In der europäischen forstlichen Öffentlichkeit wird derzeit befürchtet, dass der Klimawandel in Zukunft zu erhöhten Schäden in Wäldern durch meteorologische Extremereignisse führen wird. Für Europa werden – regional differenziert – neben häufigeren, längeren und intensiveren Hitze- und Trockenperioden auch heftigere Stürme im Winterhalbjahr prognostiziert.

Neben ihrer direkten Schadwirkung in Form von Sturmwurf und -bruch (Abb. 1 bis 3) verursachen Stürme betriebswirtschaftliche Schäden, reduzieren die Bestandesvitalität und begünstigen waldbauliche und waldschutztechnische Folgeschäden. Zwischen 1950 und 2000 waren Stürme für über 50% der durch abiotische Schadursachen angefallenen Schadholzmenge in Europa verantwortlich. Veränderte Sturmintensität und –häufigkeit könnten Stabilitätsvorteile der Laubbäume in Frage stellen, sowie eine Überarbeitung etablierter Waldbaustrategien und langfristiger Produktionszeiträume erfordern. Die Auswirkungen von Temperatur- und CO2-Erhöhung werden von zahlreichen anderen Forschungsprojekten bearbeitet, bleiben in diesem Beitrag also außen vor. Aus Platzgründen wurde großteils auf das wissenschaftliche Zitieren verzichtet. Eine ausführliche Literaturliste mit den verwendeten 75 Referenzen ist beim Autor erhältlich. Die Quellenangaben sind im PDF-Download des vollständigen Artikels enthalten.

Nordatlantische Oszillation

Den größten Einfluss auf die Zirkulationsmuster und somit die Zugbahn von Stürmen über der nordatlantisch-europäischen Region hat die Nordatlantische Oszillation (NAO). Unter der NAO versteht man die Variabilität des Luftdrucks auf Meeresniveau zwischen dem Azorenhoch und dem Islandtief. Die NAO übt einen dominanten Einfluss auf die Lufttemperatur- und Niederschlagsverhältnisse sowie das von der Topografie/ Orografie unbeeinflusste Sturmgeschehen über dem Nordatlantik und über Europa aus. Da sie im Winter besonders stark ausgeprägt ist, kommt es von Dezember bis März zu Systemen von Tiefdruckgebieten und zu Zyklonen, die die Hauptursachen extremer Windgeschwindigkeiten sind.

Stürme gestern und heute

Zur Analyse der NAO- und Sturmvariabilität über Europa in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten werden verschiedene Methoden und Datenquellen verwendet. Neben Stationsdaten, Modellsimulationen und historischen Dokumenten geben paläoklimatische Indikatoren wie Jahresringchronologien von Bäumen oder Seesalzkonzentrationen in Eisbohrkernen Aufschluss. Die Variabilität des Klimas in Europa zwischen 1500 und 1900 wurde vor allem durch interne Schwankungen des Klimasystems geprägt. Speziell die Sturmaktivität in den letzten 500 Jahren war jedoch bemerkenswert stationär. Anhand von Modellsimulationen konnte allerdings gezeigt werden, dass es über dem Nordatlantik während des sog. "Maunder-Minimums" (1640-1715) in allen Jahreszeiten zu einer häufigeren Verlagerung von Zyklonenbahnen und den damit verbundenen Stürmen nach Süden kam. Bezogen auf den Zeitraum von 1659 bis 1999 und vor dem Hintergrund langfristiger Schwankungen des mittleren Luftdrucks auf Meereshöhe ist die deutliche Zunahme der westlichen Zirkulation im Winterhalbjahr während der letzten Jahrzehnte keine außergewöhnliche Erscheinung.

Eine andere Studie konnte während des 20. Jahrhunderts keine signifikanten systematischen Änderungen des Sturmklimas in der nordatlantisch-europäischen Region feststellen. Speziell über dem Nordostatlantik wurde in einer Untersuchung zunehmende Sturmaktivität gegen Ende des 20. Jahrhunderts festgestellt. Diese Zunahme kann aber, bezogen auf den Zeitraum 1875 bis 1995, zu einem großen Teil durch langfristige Luftdruckschwankungen auf Meereshöhe erklärt werden.

Im Gebiet der Schweiz nördlich der Alpen konnte sogar eine signifikante Abnahme der Anzahl von Winterstürmen zwischen 1964 und 1994 aufgezeigt werden. Für Italien wurde zwischen 1951 und 1970 eine Abnahme, ab 1971 eine Zunahme höherer Windgeschwindigkeit diagnostiziert. Für die Niederlande wird von einer Abnahme der Sturmhäufigkeit um 5 bis 10 Prozent pro Dekade zwischen 1962 und 2002 berichtet. Dieser Abnahme steht die Zunahme der Sturmhäufigkeit im gleichen Zeitraum von mindestens 20 Prozent pro Dekade gegenüber.

Die Autoren führen die Diskrepanz der Ergebnisse auf Inhomogenitäten in den Analysedaten zurück. Ebenso als Beispiel für die interne Variabilität des europäischen Klimas kann die Erkenntnis gelten, dass – ermittelt auf der Basis von Stationsluftdruckdaten für den Zeitraum zwischen 1881 und 1998 – die Dekade zwischen 1881 und 1890 die stürmischste in Nordwesteuropa war.

Stürme morgen

Zur Analyse der zukünftigen großräumigen Zirkulation in der Nordhemisphäre und Sturmaktivität über der nordatlantisch-europäischen Region wurde eine Vielzahl von Modellsimulationen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Simulationen fallen nicht alle gleich aus, da die den Modellsimulationen zugrunde gelegten Klimawandelszenarien des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) neben den bereits genannten Gründen einen Einfluss auf die Simulationsergebnisse haben. Die Studienlage ist zweigeteilt: Die Ergebnisse einer großen Anzahl von Untersuchungen lassen den Schluss zu, dass die Anzahl extremer Stürme über der nordatlantisch-europäischen Region steigt und die Anzahl schwacher Tiefdruckgebiete zurückgehen könnte. Dabei ist die Zunahme extremer Sturmereignisse mit einer größeren Zahl intensiverer Tiefdruckgebiete verbunden. Zudem wird die interannuelle Variabilität extremer Stürme ansteigen und zu einem höheren Sturmrisiko führen. Im Gegensatz dazu deuten die Ergebnisse weiterer Untersuchungen auf eine Abnahme der Sturmaktivität über Europa bzw. in der nördlichen Hemisphäre hin.

Unterschiedliche Ergebnisse gibt es auch für die Zusammenhänge zwischen den zukünftigen Zugbahnen von Stürmen und der Sturmaktivität über Europa. Die Änderung der Sturmaktivität steht dabei nicht immer im Zusammenhang mit einer Verlagerung der Zugbahnen von Stürmen. So wurde in einer Studie beispielsweise keine zukünftige Nordverlagerung der atlantischen Zugbahnen festgestellt, wohl aber ein Zusammenhang zwischen erhöhter Sturmhäufigkeit und ansteigenden Treibhausgaskonzentrationen. Es gibt jedoch auch Anhaltspunkte für eine Nordverlagerung der Zugbahnen von Stürmen über dem Nordatlantik sowie für eine Abschwächung der Zugbahnen über dem Mittelmeerraum.

Im Hinblick auf die Saisonalität von Stürmen zeichnet sich tendenziell eine Abnahme von Stürmen in den Sommermonaten Juni bis August ab, während mehrheitlich mit einer Zunahme von Winterstürmen von Dezember bis Februar gerechnet wird. Weiter ist eine leichte Verschiebungstendenz von Winterstürmen in den Herbst (Oktober) zu beobachten. In einer Studie treten im Sommer allerdings deutliche Unterschiede in den Modellergebnissen auf, da im Sommer lokale Effekte und deren modellmäßige Beschreibung an Bedeutung gewinnen.

Diskussion und Fazit

Obwohl Stürme der letzten 20 Jahre auch im deutschen Wald extreme Schäden verursacht haben, gibt es keine klaren meteorologischen Hinweise auf eine deutliche Zunahme von Stürmen bis heute. Vielmehr scheint die phasenweise interne Variabilität der Sturmhäufigkeit eine gerichtete Entwicklung zu übertönen. Insbesondere konnte bislang kein anerkannter Kausalzusammenhang zwischen erhöhter Sturmhäufigkeit und anthropogenem Klimawandel hergestellt werden. Auf die Problematik der unzureichenden Datenlage über Windgeschwindigkeit und Windstärke muss nochmals hingewiesen werden: Die verfügbaren Zeitreihen gemessener und beobachteter Winddaten sind relativ kurz, und es sind noch nicht alle langfristigen, internen Schwankungen des Klimasystems vollständig erfasst .

Für Projektionen der Sturmaktivität in die Zukunft durch globale Zirkulationsmodelle und regionale Klimamodelle unter verschiedenen Klimawandelszenarien gibt es keine methodischen Alternativen. Im Vergleich zur Prognose zukünftiger CO2-Konzentration und bodennaher Lufttemperatur sind jedoch Resultate aus Untersuchungen zur zeitlichen Entwicklung von Stürmen von hoher Unsicherheit geprägt. Trotz widersprüchlicher Ergebnisse zeichnet sich aber eine Tendenz zu selteneren mittleren, aber häufigeren heftigen Stürmen hin ab. Ebenso widersprüchlich sind die Ergebnisse in Bezug zur Nordverlagerung der NAO, wobei hier eine größere Zahl der Untersuchungen für eine Nordverschiebung spricht. Am belastbarsten ist die Aussage, dass es nicht zu einer Verlagerung der Stürme in den Sommer kommen wird, allenfalls Randbereiche der belaubten Zeit gestreift werden (Oktober).

Auf der Basis bisheriger Ergebnisse aus Modellsimulationen ist es schwierig zu beurteilen, ob und wie sich eine geänderte nordatlantisch-europäische Sturmaktivität auf Sturmschäden in Wäldern auswirken könnte, da Faktoren wie Landnutzungsänderungen, Änderungen des Bestandesalters und waldbaulicher Methoden schwer absehbar sind. Allgemein ist jedoch bekannt, dass marginale Verschiebungen in der Sturmaktivität zu überproportional hohen Sturmschäden in Wäldern führen können und dass wenige extreme Stürme sehr starke Schäden verursachen können. Allerdings können Untersuchungen zu Sturmschäden im Wald vor dem Hintergrund des Klimawandels auch gegensätzliche Ergebnisse liefern.

Als Konsequenz für die forstliche Praxis ergibt sich, dass die Stabilitätsvorteile der Laubbaumarten durch die derzeit verfügbaren Projektionen über die Entwicklung starker Stürme als Extremwetterereignisse nicht in Frage zu stellen sind. Für Investitionsentscheidungen wie Wertästung sollte darauf geachtet werden, dass sie auf diejenigen Standorte beschränkt werden, die stabil und nicht besonders windexponiert sind. Zu ästende Individuen eines Bestandes sollten in ihrer Jugend ausreichend Wuchsraum zur Entwicklung eines stabilen Wurzelwerks haben.

In Bezug zur Windexposition ist anzumerken, dass nach Modellprojektionen schadensauslösende Stürme in Mitteleuropa zukünftig weiterhin aus westlichen Richtungen kommen werden, da sich keine gravierenden Veränderungen der meteorologischen Verhältnisse von Winterstürmen und Zyklonen abzeichnen. Weiterhin unterstreichen historische Untersuchungen, dass nur wenige Stürme aus nicht-westlichen Richtungen kamen. Aufgrund der prognostizierten Nordverschiebung mitteleuropäischer Winterstürme lässt sich ableiten, dass Norddeutschland stärker von potenziellen Veränderungen im Windregime betroffen sein wird als Süddeutschland.

Bei der langfristig wirkenden waldbaulichen Maßnahme Baumartenwahl sollte berücksichtigt werden, dass Nadelbäume, allen voran Fichte und dann Douglasie, einer deutlich höheren Windwurfgefährdung als Laubbäume ausgesetzt sind. Als Maßnahme der allgemeinen Risikovorsorge sollten in Beständen, die sich dem Hauptnutzungszeitpunkt nähern, ausreichende Naturverjüngungsvorräte aufgebaut bzw. vorgehalten werden, damit im Falle des Sturmschadens kostengünstig und zügig wiederbewaldet werden kann (Abb. 4 und 5). Falls sich die Sturmintensität erhöhen sollte, wird insgesamt die Beeinflussbarkeit der Schäden durch waldbauliche Maßnahmen zurückgehen. Denn für das Auftreten von durch extrem hohe Windgeschwindigkeit verursachten Schäden ist zu vermuten, dass sie weniger vom waldbaulichen Zustand der Bestände geprägt werden, sondern eher durch den Verlauf der Sturmzugbahn bestimmt sind.

Diese Schlussfolgerungen beziehen sich nur auf die Betrachtung von Stürmen, nicht auf andere Erscheinungsformen des Klimawandels wie z. B. die Zunahme der bodennahen Lufttemperatur und CO2-Konzentration. Im Rahmen einer allgemeinen Risikovorsorge ist das Prinzip Vorsicht ratsam, um einen "strömungsplastischen" und stabilen Wald zu formen. Überzogene Befürchtungen vor exorbitant zunehmenden Windwurf- und -bruchschäden sind jedenfalls aufgrund der derzeitigen Informationslage nicht gerechtfertigt. Qualitäts- und wertleistungsorientierter Waldbau in Kombination mit standortsgerechter Baumartendiversifizierung erscheinen auch weiterhin sinnvoll. Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen Baumhöhe und Sturmschadenswahrscheinlichkeit sollten dabei grundsätzlich Behandlungskonzepte den Vorzug erhalten, die die angestrebten Produktionsziele bei möglichst geringen Baumhöhen erreichen. Ein generelles Umschwenken auf spezielle Waldbaustrategien für Starkwindverhältnisse ist derzeit nicht geboten.