Das Klimamanipulations-Experiment Mühleggerköpfl wird seit 2004 in einem Bergwald in der Nähe von Achenkirch/Tirol betrieben. Das Bodenerwärmungs-Experiment hat internationale Bekanntheit erlangt und ist einer der weltweit wenigen experimentellen Langzeitversuche.

Die technische Ausstattung der Versuchsfläche und der Pilotversuch wurden vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) finanziert. Im Laufe der letzten zehn Jahre haben mehrere nationale (FWF: P23222, P19885; ACRP) und internationale (EU: FP5, FP6, FP7) Forschungsprojekte stattgefunden.

Wozu den Boden erwärmen?

Waldboden speichert große Mengen an organischem Kohlenstoff in mehr (Laub-, Wurzelstreu) oder weniger (Humus) leicht abbaubarer Form (Abbildung 1). Der organische Bodenkohlenstoff bildet die Lebensgrundlage einer reichhaltigen Bodenfauna. Eine Vielzahl von Boden­lebewesen, vorwiegend Mikroorganismen, zersetzen die organische Substanz und produzieren dabei Kohlendioxid (CO2 = Bodenatmung).

Die CO2-Produktion im Boden ist ein natürlicher Prozess, welcher der pflanz­lichen CO2-Aufnahme durch die Photosynthese gegenübersteht. Die Aktivität der Boden-Mikroorganismen ist temperaturabhängig (mehr dazu). Generell gilt, je wärmer der Boden, desto aktiver sind die Mikro­organismen und desto höher ist deren CO2-Produktion. Die globale Erwärmung birgt somit die Gefahr, dass vermehrt Bodenkohlenstoff in Form von CO2 in die Atmosphäre gelangt. Die Produktion anderer starker Treibhausgase wie Lachgas (N2O) könnte ebenfalls anregt werden.

Klimamanipulation im Wald

Der Waldboden ist ein vielseitiger Lebensraum. Baumwurzeln durchziehen den Boden und deren symbiontische Mykorrhizapilze breiten ihre Hyphen bis in die kleinsten Boden-Zwischenräume aus. Wurzeln und Mykorrhiza nehmen Wasser und Nährstoffe auf. Im Gegenzug geben sie leicht abbaubaren Kohlenstoff in den Boden ab, wovon wiederum Bodenmikroorganismen profitieren.

Durch dieses Zusammenwirken von Pflanzen und Mikroorganismen ist der Kohlenstoff-Kreislauf im Waldboden hoch komplex. Will man die Auswirkung der Klimaänderung auf einzelne Prozesse näher untersuchen, sollte man vermeiden, das Kreislaufsystem im Boden zu stören.

Eine, wenn auch aufwendige, Möglichkeit ist es, den Waldboden vor Ort zu untersuchen. Damit ist sichergestellt, dass nur das Bodenklima (Temperatur, Feuchtigkeit) verändert wird, die Kohlenstoffflüsse im Boden aber aufrechterhalten bleiben.

Im Klimamanipulationsversuch Achen­kirch wird die Bodentemperatur in mehreren Versuchsflächen (Abbildung 2a) konstant um 4 °C über jener des Bodens in den benachbarten Kontrollflächen gehalten. Dies passiert mittels mehrerer hundert Meter direkt im Waldboden verlegter Heizkabel und einer voll automatischen Heizung.

Um eine sommerliche Trockenphase zu simulieren, wurden 2008 und 2009 Dachkonstruktionen über einen Teil der Versuchsflächen errichtet (Abbildung 2b). Die CO2- und Spurengasemissionen werden automatisch und manuell in zwei-wöchentlichen Abständen gemessen (Abbildung 3).

CO2-Emissionen aus dem Boden steigen

Wie erwartet, hat die künstliche Bodenerwärmung die CO2-Emissionen aus dem Waldboden um zirka 40 % ansteigen lassen (Abbildung 4).

Etwas unerwarteter ist, dass der Erwärmungseffekt über nunmehr zehn Jahre hinweg konstant geblieben ist. Anderswo wurde beobachtet, dass sich die Erwärmung nur in den ersten drei bis sechs Jahren auf die CO2-Produktion im Boden auswirkt und die Wirkung danach abflaut. Dies wurde mit der nachlassenden Verfügbarkeit von leicht abbaubaren organischen Verbindungen erklärt.

Wie es scheint, verhält sich der kalkhaltige, kohlenstoffreiche Waldboden, wie er für die Nördlichen Kalkalpen typisch ist, anders und die Klimaerwärmung könnte hier langfristig größere Mengen an CO2 aus dem Boden freisetzen. Ähnlich wie CO2 hat die Erwärmung auch die Produktion von Lachgas angekurbelt. Das stark treibhauswirksame Spurengas wird aber nur in vergleichsweise geringen Mengen freigesetzt.

Interessant ist das Zusammenspiel von Erwärmung und Trockenheit. Unter den Dächern ist der Oberboden stark ausgetrocknet. Die künstliche Trockenheit hat die Treibhausgas-Emissionen aus dem Boden erheblich reduziert. Am stärksten ist der CO2-Ausstoß auf den erwärmten Flächen zurückgegangen.

Der Trockenheitseffekt war so stark und anhaltend, dass die simulierte, drei­wöchige sommerliche Trockenheit den gesamten jährlichen Erwärmungseffekt kompensierte. Dazu passend zeigte sich auch, dass der Erwärmungseffekt in den Jahren mit niederschlagsarmen Sommern generell niedriger war. Es scheint daher sehr wichtig, wie sich das Zusammenspiel von Temperatur und Niederschlag künftig entwickeln wird.