Der Boden ist die belebte oberste Schicht der Erdkruste. Er reicht von der Bo­den­ober­fläche bis zum Ausgangs­gestein. Wald­böden entstehen durch chemische und physikalische Verwitterung des Ausgangs­gesteins und durch die Um­wand­lung organischer Bestandteile durch Boden­lebewesen (siehe Vielfalt und Funktion der Waldböden in der Schweiz). Wenn nicht winzige Lebe­wesen die Blätter, Nadeln und Äste zu Humus zerkleinern und zersetzen würden, würde sich dieses Material im Laufe der Zeit zu riesigen Bergen anhäufen. Ein Teil des Humus wird vollständig abgebaut und in mineralische Form überführt. Dadurch werden Nährelemente freigesetzt, die von den Wurzeln der Pflanzen wieder aufgenommen werden können. So schliesst sich der Kreislauf.

Waldboden ist keine kompakte Masse, sondern ein offenes und poröses System aus organischen und mineralischen Partikeln, Bodenlebewesen, Wurzeln, Luft und Wasser (Abb. 1). Er ist eine Dauerbaustelle, wo rund um die Uhr Material abgebaut, umgebaut und Neues geschaffen wird. Der Waldboden ist zudem mit seinem Reservoir von Nährstoffen und Wasser ein Lebensraum für Pflanzen und Tiere sowie ein Filter und Puffer für zahlreiche Substanzen.

Im Gegensatz zu vielen landwirtschaftlichen Böden wird der Waldboden weder gedüngt noch gepflügt. Daher sind Waldböden weitgehend natürlich aufgebaut. Viele Waldböden in der Schweiz sind «erst» 10- bis 15-tausend Jahre alt. Die Bodenbildung konnte hierzulande erst nach der letzten Eiszeit einsetzen, nachdem sich die Gletscher zurückgezogen hatten und nur blankgeschliffene Felsen und mächtige Schutthalden hinterliessen. Die Bildung von einem Zentimeter Boden kann bis zu 100 Jahre dauern. Die Geschwindigkeit ist von verschiedenen Faktoren abhängig, beispielsweise von lebenden Organismen, vom Klima oder vom geologischen Ausgangsmaterial.

Bodenorganismen im Wald und ihre Funktionen

Der Waldboden wird durch eine Vielzahl von Bodenorganismen bewohnt, die einen grossen Artenreichtum aufweisen (Abb. 2 und 3). Sie benutzen die anfallende Streu als Nahrung, die sie zerkleinern, zersetzen, verdauen und sich hierbei gegenseitig unterstützen. Zahlreiche räuberische Lebewesen bewohnen ebenfalls den Waldboden und nutzen die Primärzersetzer als Nahrungsquelle. Dadurch ergibt sich eine Nahrungskette.

Bodenakustik

Praktisch jeder Organismus produziert Schallwellen, zum Beispiel durch seine Bewegungen oder durch Kommunikation. Wir können also hören, was ein Organismus tut (Abb. 4). Diese Geräusche können benützt werden, um ökologische Beziehungen und Prozesse zu untersuchen.

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Wurzeln in Waldböden

Wurzeln sind die unterirdischen Teile der Pflanzen und verankern diese im Boden. Die Wurzeln dienen auch der Wasser- und Nährstoffaufnahme aus dem Boden und dem Transport in die oberirdischen Teile der Pflanze. Die Abgabe von Stoffen, zum Beispiel von Zucker, ermöglicht es den Wurzeln, Symbiosen mit Bakterien und Pilzen einzugehen. Die Fein- und Grobwurzeln durchdringen vor wiegend Grobporen, wogegen die Wurzelhaare auf die groben Mittelporen beschränkt sind. Nach dem Absterben der Wurzeln bilden sie mit offenen Wurzelröhren wichtige Wege für versickerndes Wasser und für kleinere Bodentiere. Die absterbende Wurzelmasse trägt Wesentlich zur Bildung von Humus bei.

Humus – das Elixier des Waldbodens

Als Humus wird das gesamte tote organische Material eines Bodens bezeichnet. Als Ausgangsbasis dient abgestorbenes organisches Material von Pflanzen (Streu), aber auch von Tieren, Pilzen und Bakterien. Vermischt mit der Mineralerde ist dies der biologisch aktivste und nährstoffreichste Teil des Bodens. An der Humusbildung sind viele verschiedene Bodenlebewesen beteiligt (Abb. 5). Der Abbau der organischen Substanz erfolgt in mehreren Phasen.

Streustoffe werden von der Makrofauna in der Zerkleinerungsphase zerbissen, gefressen und umgewandelt wieder ausgeschieden. Anschliessend werden diese Verbindungen zum Beispiel durch Regenwürmer, Borstenwürmer oder Tausendfüsser in den Boden eingearbeitet. Dies begünstigt die Zugänglichkeit des Humus für die kleineren Bodenorganismen.

Abbau- und Umbauphase: Wie gut die Streu abgebaut werden kann, ist abhängig von ihrer Zusammensetzung. Entscheidend ist das Verhältnis Kohlenstoff (C) zu Stickstoff (N). Beim Laub von Erle, Esche, Robinie und Ulme liegen diese C/N-Werte in einem tiefen Bereich zwischen 12 und 25. Deshalb wird deren Streu rasch abgebaut. Das C/N-Verhältnis beim Laub von Bergahorn, Birke, Linde, Hagebuche, Pappel und Spitzahorn liegt in einem mittleren Bereich (zwischen 25 und 40), so dass deren Streu bereits deutlich langsamer abgebaut wird. Den langsamsten Abbau verzeichnet das Laub von Buche und Eiche und die Nadeln der Nadelbäume, denn deren C/N-Werte erreichen Werte bis 77.

Ein weiteres Kriterium für die Geschwindigkeit des Streuabbaus ist der Lignin-Gehalt der Blätter und Nadeln. Nur spezialisierte Pilzarten sind fähig, Lignin abzubauen. Bei der Buche, Eiche und Kastanie ist dieser Ligningehalt besonders hoch und der Abbau deshalb deutlich langsamer. Die organischen Bestandteile werden enzymatisch gespalten, und es kommt zur Freisetzung einfacher anorganischer Komponenten (Mineralisierung). Daneben kommt es aber zu einer relativen Anreicherung von schwer abbaubaren Stoffen wie zum Beispiel Lignin. Durch die oben beschriebenen Phasen entsteht zunächst Nährhumus, später entsteht Dauerhumus.

Humusformen

Je nach Klima, Streu und geologischem Ausgangsmaterial entstehen unterschiedliche Humusformen. Sie geben uns Hinweise auf das Nährstoffumsetzungsvermögen im Oberboden und somit auch auf die biologische Aktivität im Boden (Abb. 6). Im Schweizer Wald bilden sich unter normal durchlässigen Böden die folgenden drei Humusformen:

Mull ist eine biologisch aktive Humusform. Charakteristisch ist eine meist nur einjährige Streuschicht (L-Horizont) und eine grosse Vermischungstiefe (über 8 cm) der organischen Substanz mit der Mineralerde. Durch diese Vermischung bekommt die Mineralerde eine dunkle, schwärzliche Farbe. Dieser Teil des Bodens wird als Oberboden (A-Horizont) bezeichnet. Hier dominieren die Bodenwühler, insbesondere Regenwürmer, aber auch Asseln, Tausendfüsser und andere Gliederfüsser. Je nach Jahreszeit kann durch die rege biologische Aktivität der Streuhorizont L auch ganz fehlen. Durch die Vermischung von Humusstoffen und Mineralerde entstehen Ton-Humus-Verbindungen, die gute Nährstoffspeicher sind. Die pH-Verhältnisse reichen von sauer bis alkalisch. Entscheidend bei der Zersetzung sind ein nicht zu tiefer pH-Wert und eine leicht abbaubare Streu. Des Weiteren sind für eine hohe biologische Aktivität ausgeglichene Witterungsverhältnisse notwendig. Solche Oberböden sind allgemein gut mit Nährstoffen versorgt: C/N-Verhältnis 9 bis 18.

Der typische Moder ist ein saurer Humus mit starkem Pilzbefall, was bei feuchten Verhältnissen den charakteristischen Modergeruch hervorruft. Die Aktivität der Regenwürmer und auch anderer Bodenwühler ist wegen der Säure, Trockenheit oder schwer abbaubaren Streu stark gehemmt. Die Streuzersetzung verläuft sehr langsam, und es bildet sich unter der noch unzersetzten Streuschicht (L-Horizont) ein mehrjähriger Fermentationshorizont (F-Horizont). Die Mächtigkeit des Oberbodens (A-Horizont) beträgt weniger als 8 cm. Beim Moder handelt es sich um eine Zwischenform zwischen Mull und Rohhumus. Der Moder ist biologisch weniger aktiv als der Mull aber aktiver als der Rohhumus: C/N-Verhältnis 17 bis 25.

Rohhumus entsteht in der Regel auf sauren Böden. Der Abbau der organischen Substanz ist durch die stark saure Bodenreaktion gehemmt. Unter stark sauren Bedingungen fehlen die für den Abbau der organischen Substanz verantwortlichen Bodenlebewesen weitgehend. Die säureresistenten Pilze genügen für einen intensiven Abbau nicht. Deshalb bildet sich, im Gegensatz zum Moder, zusätzlich ein Humusstoffhorizont (H-Horizont). Die einzelnen organischen Auflagehorizonte (L+F+H-Horizonte) sind deutlich ausgeprägt. Die organische Auflage kann sehr mächtig sein, und die Übergänge zwischen den einzelnen Horizonten sind meist deutlich erkennbar. Durch die fehlende Durchmischung (Bioturbation) sind alle Horizonte gut voneinander zu trennen. Die Durchmischung des organischen Materials mit der mineralischen Feinerde findet meist nur noch durch Regenwasser statt. Der Oberboden (A-Horizont) ist daher in der Regel sehr geringmächtig (dünn) und nur schwach ausgebildet: C/N-Verhältnis 20 bis 33.

Gefährdung der Waldböden

Unsere Böden sind sehr störanfällige Luft-Wasser-Feststoff-Komplexe. Das Hohlraumsystem des Bodens (Porengehalt) ist dabei entscheidend für dessen Luft- und Wasserhaushalt. Durch Befahren mit schweren Holzerntemaschinen zum falschen Zeitpunkt können Waldböden verdichtet werden. Vor allem die luftführenden Grobporen gehen dabei verloren, was das Wurzelwachstum und die Bodenlebewelt beeinträchtigt. Da die stärksten Verdichtungen bereits bei den ersten Überfahrten erfolgen, sollen die zum Ernten des Holzes benötigten Maschinen nur auf den geplanten Fahrlinien, den sogenannten Rückegassen, fahren.

Luftschadstoffe: Die mit dem Niederschlag in den Boden eingetragenen Säuren – insbesondere Schwefel- und Salpetersäure – führen allmählich zu einer Versauerung der Böden (Absinken der pH-Werte). Im Extremfall führt dies zu einem Verlust an Nährstoffen und zu einer Mobilisierung giftiger Metalle, die ihrerseits die Bodenlebewelt drastisch beeinträchtigen. Mehr dazu findet sich beispielsweise im Waldbericht 2015 (Kapitel "Boden").

Fehlt die Vegetation, besteht die Gefahr, dass lose Bodenteilchen verloren gehen. Insbesondere Wind und Regen führen dann zu Erosionserscheinungen und Bodenverlusten. Je steiler das Gelände, desto grösser das Risiko. Durch naturnahe Forstwirtschaft wird ein Verlust von Bodenmaterial durch Erosion weitgehend verhindert.

Bodenschutz geht uns alle an!

Der Waldboden hat vielfältige Aufgaben und Nutzen, auch für den Menschen: Er saugt wie ein Schwamm den Regen auf und lässt das Wasser nur langsam in die tiefen Bodenschichten einsickern. Dieses durch den Boden gefilterte Wasser ist sauber und dient den Menschen als hervorragendes Trinkwasser. Durch sein grosses Wasserspeichervermögen verzögert der Waldboden den Wasserabfluss und schützt uns so wirkungsvoll vor Hochwassergefahren. Zudem versorgt der Boden die Wurzeln der Bäume und Sträucher mit Nährstoffen, Luft und Wasser und gewährt ihnen eine Verankerungsmöglichkeit. Der Waldboden speichert über 100 Tonnen Kohlenstoff pro Hektare und ist damit das grösste Kohlenstoffreservoir in der Schweiz.

Weil der Wald und insbesondere der Waldboden für den Menschen vielfältige Aufgaben erfüllt, gilt es, ihn mit besonderen Massnahmen zu schützen und ihm Sorge zu tragen.

Videointerview mit Marco Walser, Fachspezialist Bodenschutz WSL

Marco Walser, Fachspezialist Bodenschutz WSL

Literatur

Literaturverweise  finden sich im Originalartikel (PDF).

Sie können das gedruckte Merkblatt Der Waldboden lebt – Vielfalt und Funktion der Bodenlebewesen kostenlos bei der WSL bestellen.

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