Der Zustand der Waldböden in Brandenburg wird ausführlich im Waldbodenbericht Brandenburg analysiert. Hier befindet sich auch eine Bewertungsbasis für die Kalkungsbedürftigkeit anhand der Stichprobenpunkte der Bodenzustandserhebung (BZE). Eine standortbezogene Abschätzung der Effekte einer Zu- bzw. Rückführung von Nährstoffen fehlt bislang, so dass Untersuchungen hierzu im Rahmen eines Monitorings erforderlich sind.

Verbundvorhaben Waldkalkung

Das bundesweite Projekt "Modellvorhaben zur Förderung von Maßnahmen zur nachhaltigen Nährstoffversorgung und Gesunderhaltung von Wäldern" des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert in den Jahren 2015-2017 Praxis- und Versuchskalkungen. Neben Brandenburg sin Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland beteiligt, in denen Waldkalkungen seit vielen Jahren gängige Praxis sind. Augenmerk liegt auf der angespannten Nährstoffsituation, verursacht durch die nach wie vor hohen Stickstoffeinträge und den dadurch induzierten Nähr- und Spurenelementmangel sowie die vermehrte Nutzung schwächeren Holzes für energetische Zwecke (BMEL & MLUL-BB, 2014).

Situation in Brandenburg

Für den brandenburgischen Wald ergibt sich keine akute Kalkungsnotwendigkeit, wenngleich die durch die Bodenversauerung beeinträchtigte Magnesiumversorgung auf zahlreichen Standorten der flächenrepräsentativen BZE-Stichprobe nach gängigen Bewertungsrahmen angespannt erscheint.

Die Teilnahme des Landes Brandenburg am o. g. Modellvorhaben gründet sich also vorrangig auf dem wissenschaftlichen Interesse, auf eine zunehmende Bodenversauerung und abnehmende Nährstoffverfügbarkeit vorbereitet zu sein. Im Landeswaldgesetz des Landes Brandenburg (LWaldG, 2004) ist die Wiederherstellung und Erhaltung der natürlichen Bodenfunktionen als Bestandteil einer nachhaltigen, pfleglichen und sachgemäßen Bewirtschaftung des Waldes im §4 Absatz 3 fixiert.

Praxis- und Versuchskalkungen

Grundsätzlich kann zwischen Praxis- und Versuchskalkungen unterschieden werden. Bei der gängigen Praxiskalkung sind die notwendigen Voruntersuchungen, die eine Kalkungsnotwendigkeit begründen, i. d. R. erfolgt. Die nach definierten Kriterien ausgewiesenen Flächen werden meist mit dem Hubschrauber gekalkt. Bei der Versuchskalkung dagegen, wie sie in Brandenburg durchgeführt wird, wird die Kalkungswirkung im Hinblick auf eine Verbesserung des Boden- und Baumernährungszustandes auf relativ kleinen Flächen untersucht. Dabei werden besonders chemische Parameter, wie pH-Werte und Nährelementgehalte des Bodensubstrates, des Bodenwassers und der Nadelsubstanz, analysiert und bewertet. Die zu erwartenden Veränderungen im pflanzlichen Artenspektrum werden ebenfalls erfasst.

Versuchsdurchführung und aktueller Stand

Die Versuchsflächen, die gleichermaßen nach bestimmten Kriterien bezogen auf die BZE-Stichprobe (vgl. Riek et al., 2015) ausgewählt wurden, liegen relativ gleichmäßig über das Land verteilt (s. Abbildung 2). Die Größe der Versuchsflächen beträgt jeweils insgesamt 250×250 m (6.25 ha). Es dominieren Kiefernbestände mittleren Alters.
Neben der Bodenprofilaufnahme und -beprobung an vier Punkten der Versuchsfläche, bilden die chemische Analytik der Bodenfestphase (Mineralboden und Humusauflage), des Sickerwassers und der Nadeln sowie die Aufnahme der Bodenvegetation die Hauptblöcke des Untersuchungsprogramms. Die Beprobungen erfolgen jeweils vor und nach der Kalkungsmaßnahme.

Neben zwei vollflächig mit dem Hubschrauber (s. Abbildung 4) zu bedienenden Flächen wurden auf den anderen Versuchsflächen je zwei Teilflächen à 20×20 m mit der Hand gekalkt (s. Abbildung 1 u. 3). Parallel dazu werden jeweils zwei gleich große Nullfächen untersucht. Des Weiteren wurden Teilareale der Dauerbeobachtungsfläche Weitzgrund gekalkt, so dass hier z. B. auch auf Sickerwasserwerte eines längeren Zeitraums vor der Kalkung zurückgegriffen werden kann. Insgesamt sind also 17 Flächen, davon 15 manuell gekalkt worden.

Beim ausgebrachten Material handelt es sich um dolomitischen (Magnesium haltigen) Kalk (60 % CaCO3, 25 % MgCO3, 50 % BSTb (basische Bestandteile)) mit einer Dosierung von 3 t/ha und um ein Kalk-Holzasche-Gemisch (54 % CaCO3, 21 % MgCO3, 44 % BSTb, 1 % K2O; 30 % Holzasche) mit einer Dosierung von 4 t/ha. Das Kalk-Holzasche-Gemisch wurde auf 5 Flächen, die im Landeswald liegen, ausgebracht. Die entsprechende Ausbringungsmenge für die Kalk-Teilflächen beträgt 120 kg (0,3 kg/m2), für die Kalk-Holzasche-Gemisch-Teilflächen 160 kg (0,4 kg/m2).

Erste Ergebnisse

Die Ergebnisse der chemischen Analytik der Testphase dienen der Untersetzung der für eine Waldkalkung herangezogenen Kriterien mit den im Waldbodenbericht benannten Schwellenwerten (vgl. Riek et al., 2015).
Die folgenden Auswertungen und Darstelllungen beziehen sich auf die Analyse der Mineralboden- und Humusproben, die im Rahmen des Projektes vor der Kalkungsmaßnahme entnommen wurden.

Die farbigen Quadrate (rot: ungünstig, blau: günstig) stellen die Mittelwerte (Mediane) für die jeweilige Fläche und Tiefenbereiche dar.

Die Probenahme und –analyse bzw. Datenaufnahme der Untersuchungskompartimente nach der Kalkung steht noch aus.Der Vergleich der Ergebnisse (vor und nach der Kalkung) wird den Effekt der Kalkungswirkung dokumentieren.

pH-Werte

Im Waldbodenbericht Brandenburg wird der kritische pH-Wert für eine mögliche Kalkungsempfehlung mit 3,5 für mindestens eine Tiefenstufe des Mineralbodens angegeben. In der Abbildung 5 ist die Erfüllung diese Kriteriums für alle Flächen in der Tiefenstufe 0-5 cm gegeben, sowie die Pufferbereiche nach AK Standortskartierung, 2016, S.176.

Basensättigung

Die Basensättigung charakterisiert den prozentualen Anteil der basischen Kationen (Mb: Ca2+, Mg2+, K+) bezogen auf die Gesamtheit der am Austauscher gebundenen Kationen (AKe). Damit wird zudem eine Abschätzung der sauer und potenziell toxisch wirkenden, freien Al3+-Ionen möglich. Als eine der Voraussetzungen für die Waldkalkung wird im Waldbodenbericht eine Basensättigung von <15 % im Tiefenbereich von 0-140 cm angegeben.

C/N-Verhältnis

Das C/N-Verhältnis ist zum einen ein Maß für die Humusqualität und zum anderen ein Indikator für die Humusentwicklung. Ein C/N-Verhältnis von >20 zeigt nährstoffarme Bedingungen und schlecht zersetzbare bzw. schlecht zersetzte Humussubstanz an. Verhältnisse von <20 zeugen von einer hohen biologischen Aktivität und einem hohen Mineralisierungsumsatz von C und N und damit einer günstigen Pflanzenverfügbarkeit. Bei engen C/N-Verhältnissen besteht bei einer Kalkung allerdings die Gefahr einer N-Freisetzung, so dass diese ein Ausschlusskriterium bilden.

Ausblick

Im Hinblick auf möglicherweise in Frage kommende Kalkungsmaßnahmen ist die Absicherung einer langfristigen Weiterführung der intensiven Beobachtung und Beprobung auf den Versuchsflächen, auch über die Projektlaufzeit hinaus, notwendig. Besonders die Untersuchung der Änderung von Parameterwerten zur chemischen Analytik sowie den daraus abgeleiteten berechneten Indizes und Vorräten im zeitlichen Verlauf bildet eine wichtige Grundlage für eine sensible Bewertung hinsichtlich einer Applikation mit bodenneutralisierenden und ernährungsbegünstigenden Kalken. Damit wird es von hoher Bedeutung für die Ableitung maßnahmenrelevanter Schlussfolgerungen aus den Kalkungsversuchen sein, wie sich die Vorher-Nachher-Situationen darstellen und welche Effekte sich auf Boden, Humusauflage, Sickerwasser, Bodenvegetation und Baumernährung auf den Kalk behandelten und den Kalk unbehandelten Flächen zukünftig einstellen werden.

Literatur

  • AK StANDORTSKARTIERUNG (2016): Forstliche Standortsaufnahme. 7 Aufl. IHW-Verlag München.
  • BMEL & MLUL-BB (2014): Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Brandenburg über die Durchführung eines ”Modellvorhabens zur Förderung von Maßnahmen zur nachhaltigen Nährstoffversorgung und Gesunderhaltung von Wäldern“. VV Modellvorhaben Nährstoffversorgung von Wäldern BB. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft / Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg. unveröffentlicht.
  • LWaldG (2004): Waldgesetz des Landes Brandenburg (LWaldG).
  • RIEK, W., RUSS, A. & KÜHN , D. (2015): Waldbodenbericht Brandenburg. Ergebnisse der landesweiten Bodenzustandserhebungen BZE-2 und BZE-2a. Eberswalder Forstliche Schriftenreihe, Bd. 60(1).