Waldbrände treten in Mitteleuropa eher selten auf. Weil der Mensch die Landschaft in dieser Region seit Jahrtausenden sehr stark beeinflusst hat (z.B. Brandrodungen), ist es schwierig, die Bedeutung natürlicher Waldbrände abzuschätzen. Gängigerweise geht man für Mitteleuropa und die Alpen davon aus, dass Feuerstörungen unter natürlichen Bedingungen eine unbedeutende Rolle spielen. Dies erklärt auch, weshalb die Feuerökologie in Mitteleuropa bisher kaum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen war.

Feuergeschichtliche Forschungen zeigen jedoch, dass die Waldbrandhäufigkeiten in Mitteleuropa in vorgeschichtlicher Zeit viel höher waren als heute. Beispielsweise nahm die Waldbrandhäufigkeit im Neolithikum (5500 bis 2200 v.Chr.) stark zu, als in Süddeutschland mittels Brandrodung erstmals landwirtschaftliche Flächen geöffnet wurden. Aus dem Schweizerischen Mittelland standen bis anhin nur wenige, teilweise bruchstückhafte feuergeschichtliche Zeitreihen zur Verfügung. Aus den Nord- und Zentralalpen fehlten feuergeschichtliche Untersuchungen bis vor kurzem beinahe vollständig, währenddem die Feuergeschichte der Südalpen intensiv untersucht wurde.

Die unterschiedlichen Forschungsstände in den Regionen widerspiegeln die Bedeutung der Waldbrände, aber auch die Beachtung, welche ihnen zukommt. In der Schweiz ereignet sich die Mehrheit der Waldbrände in der Südschweiz: im Tessin sowie in den Bündner und Walliser Südtälern. Die Zentralalpen nehmen in Bezug auf die Feuerfrequenz eine Mittelstellung zwischen Mittelland/Nordalpen und Südalpen ein; z.B. treten im ganzen Kanton Graubünden jährlich zwischen 25 und 45 Waldbrände auf. In der Südschweiz sind die Feuerhäufigkeiten nicht wesentlich tiefer als im Mittelmeergebiet.

Rekonstruktion der Langzeit-Feuerökologie

Mit paläoökologischen Methoden ist es möglich, die langfristige Feuergeschichte und Feuerökologie einer Region zu rekonstruieren. Wenn man feuergeschichtliche und vegetationsgeschichtliche Datenreihen vergleicht, so lässt sich der Einfluss des Feuers auf die Pflanzendecke rekonstruieen. Im Vordergrund stehen dabei die Resultate der Pollen-, Makrorest- und Holzkohleanalysen. Bei diesen Verfahren werden Informationen aus Feuchtablagerungen (z.B. Moore, Seen) gewonnen, indem die dort enthaltenen Mikro- und Makrofossilien (z.B. Pollen, Holzkohle, Früchte, Blätter) tiefenabhängig bestimmt und quantifiziert und die entsprechenden Ablagerungen mit physikalischen Methoden (14C, 210Pb, 137Cs) datiert werden.

Wichtigste Erkenntnisse

Die paläoökologischen Untersuchungen (Pollen-, Makrorest-, Holzkohleanalysen aus Sedimenten) geben wichtige Hinweise auf die Feuergeschichte und die Langzeitfeuerökologie verschiedener Regionen der Schweiz. Die Ergebnisse aus dem Schweizerischen Mittelland, den Nord- und Zentralalpen sowie der Südschweiz deuten auf eine unterschiedliche Rolle der Brände in Bezug auf die Langzeitentwicklung der Vegetation hin.

In den Nordalpen und der Südschweiz führten anthropogene Waldbrände zum Verschwinden ganzer Waldgemeinschaften. Diese Brände trafen insbesondere die kaum feuerresistente Weisstanne (Abies alba). Im Mittelland war die Feuerfrequenz deutlich tiefer als in den Südalpen. Trotzdem führten im tieferen Mittelland (Fagus silvatica-Quercus-Stufe) die Feuer sehr wahrscheinlich zu einer Abnahme feuerempfindlicher Taxa wie Ulmus, Fraxinus excelsior oder Tilia.

Hinweise aus den Zentralalpen deuten darauf hin, dass Waldbrände in dieser Region von Natur aus relativ häufig waren und dass die Vegetation dieser kontinentalen Gebiete besser feuerangepasst ist als die ursprünglichen (durch menschliche Einwirkung teilweise oder ganz verschwundenen) Pflanzengemeinschaften im Mittelland, den Nordalpen und der Südschweiz.