Jahreszeitlich wiederkehrende Erscheinungen wie Blattaustrieb, Blüte (Abb. 1) oder Blattfall erfassen Veränderungen im Klimasystem in ihrer Gesamtheit. Das Klima ist nebst dem Boden, der Bodenflora und -fauna, der aktuellen Witterung und den pflanzenindividuellen Einflüssen nur einer der bestimmenden Faktoren für die Pflanzenphänologie. Das Klima zeigt aber im Frühling in den mittleren Breiten (z.B. Mitteleuropa) einen dominanten Einfluss, so dass phänologische Beobachtungen zu einem Indikator der früher einsetzenden Vegetationsperiode werden.

Das globale und regionale Klima im Wandel

Die durchschnittliche globale Temperatur ist im 20. Jahrhundert um rund 0.6 °C gestiegen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die 1990er-Jahre global das wärmste Jahrzehnt seit Beginn der Instrumentenmessungen von 1856 darstellen. Von ebensolcher, wenn nicht noch grösserer Bedeutung als die hohen, absoluten Temperaturen sind die Temperaturtrends der vergangenen Dekaden.

Die globalen Frühlingstemperaturtrends (März–Mai) für den Zeitraum 1951–2006 zeigen in den gemässigten bis arktischen nördlichen Mittelbreiten eine Erwärmung von bis zu 4 °C. Einzig im östlichen Kanada und in Südwestgrönland wurde eine Abkühlung gemessen. In Europa stieg die Frühlingstemperatur um 0.5 bis 2 °C mit zunehmender Intensität von Spanien gegen Nordosteuropa. Die Dekade 1997-2006 war nicht nur in Bezug auf die Jahresmitteltemperaturen sondern auch bezüglich der Frühlingstemperaturen die wärmste seit dem Jahr 1500.

Der Einfluss des Klimas auf phänologische Phasen

Die jüngsten regionalen Temperaturveränderungen haben sich in vielen Teilen der Erde auf terrestrische Ökosysteme ausgewirkt. Die Resultate von 44 regionalen Studien über mehr als 400 Pflanzen und Tiere, die über 20 bis 50 Jahre liefen, zeigen eine Verlängerung der Wachstumsperiode um etwa 1 bis 4 Tage pro Jahrzehnt.

Dieser Effekt ist besonders auffällig in höheren Breiten (gegen Nord- und Südpol). In den meisten Fällen, in welchen Veränderungen in biologischen Systemen beobachtet wurden, entspricht das Vorzeichen der Änderung jenem, das aufgrund bekannter Mechanismen erwartet wird: Hohe Spätwinter- und Frühlingstemperaturen führen zu einem verfrühten Einsetzen der Pflanzenaktivität.

Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Übereinstimmung allein auf Zufall beruht, ist vernachlässigbar gering. Deutlich ist das Klimasignal in Frühlingsphasen zu sehen, weil diese besonders sensitiv auf Temperaturveränderungen der Vegetationsperiode als auch von Jahr zu Jahr reagieren. Niederschlag hat hingegen einen geringen Einfluss und trägt nur wenig zur Erklärung der phänologischen Variabilität bei.

Schweizer Trends

Für die Schweiz wurde ein Frühlingsindex aus 69 phänologischen Stationen für die Jahre 1965 bis 2002 errechnet. Dieser zeigt, dass der Frühling pro Dekade um 1.5 Tage früher eintritt (Abb. 2). Der frühere Frühlingsbeginn beruht hauptsächlich auf der abrupten Verschiebung des mittleren Eintrittsdatums um 1988. Der zeitliche Verlauf des Frühlingseintritts sowohl von 1965 bis 1988 wie auch von 1989 bis 2002 weist keinen signifikanten phänologischen Trend auf.

Die multivariate Auswertung des Frühlingsindexes zeigt einen starken Zusammenhang zwischen Phänologie und Temperatur. Frühe Eintrittsdaten wurden in Jahren mit warmen Winter- und Frühlingstemperaturen registriert. Der Trend hin zu einem früheren Frühlingsbeginn variiert räumlich: In tieferen Lagen ist die Verfrühung eher stärker als in höher gelegenen Gebieten und auf der Alpennordseite sind die Trends eher stärker als auf der Alpensüdseite.

Historische Phänologie

Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass Einzelphasen wie beispielsweise die Kirschenblüte den errechneten Frühlingsindex gut abzubilden vermögen. Dies bietet die einzigartige Möglichkeit, die Beobachtungsreihen um mehrere Jahrhunderte zu verlängern und so den Klimaeinfluss über längere Zeitperioden zu untersuchen.

Die phänologischen Beobachtungen in der Schweiz in einem systematischen Netzwerk während der vergangenen 50 Jahre und die historischen Beobachtungen der vergangenen 300 Jahre bieten eine hervorragende Grundlage für eine differenzierte Klimaimpaktforschung. Die erwarteten Erwärmungen für das 21. Jahrhundert werden die Variabilität der Frühlingsphänologie weiter verändern. Es bleibt offen, wie stark und bis zu welchem Ausmass dies geschehen wird. Auf jeden Fall werden die Analyse vergangener Veränderungen und die laufenden gegenwärtigen Beobachtungen zum Verständnis und für die Modellierung zukünftiger Prozesse beitragen.