Die ökonomische Bedeutung von Gastbaumarten, insbesondere der Douglasie, ist unbestritten. In jüngster Zeit wird häufig diskutiert, Douglasie und Roteiche zur Risikominderung bei einer zunehmenden Belastung unserer Wälder durch Klimaerwärmung und Immissionen verstärkt zu berücksichtigen. Demgegenüber steht eine eher negative naturschutzfachliche Einschätzung fremdländischer Baumarten. Eine faunistische Einordnung von Douglasie und Roteiche war bisher wegen fehlender statistisch aussagekräftiger Untersuchungen sehr schwierig. Erst die seit kurzem vorliegenden Daten zur Fauna an Douglasie und Roteiche im Vergleich zur der von Fichte und Stieleiche (Goßner 2004) lassen eine faunistisch-ökologische Einschätzung dieser beiden Gastbaumarten zu. Erstmalig wurde auch der in Hinblick auf die Pflanzenfresser entscheidende Kronenraum intensiv erforscht.

Sind Gastbaumarten ökologische Wüsten?

Bis heute wird oft die Frage gestellt, ob einheimische Tiere fremdländische Baumarten auf Grund der fehlenden Koevolution überhaupt nutzen. Eigene Studien belegen, dass weder die Douglasie noch die Roteiche einen ökologischen Totraum bilden. Auch diese Neophyten bieten Strukturen, die einheimische Arten annehmen. An Douglasie wurden insgesamt 291 nadelwaldtypische, auf der Roteiche 406 laubwaldtypische Arten aus den Gruppen der Käfer, Wanzen, Netzflügler und Spinnen nachgewiesen.

Einfluss auf Arten- und Individuenzahlen

Die Artengemeinschaft der Roteiche ist im Vergleich zu heimischen Eichenarten relativ arm, auch wenn es eine Reihe von Tierarten gibt, die Strukturen dieser Baumart nutzen. Die negativen Effekte der Roteiche sind vor allem bei den Pflanzenfressern offensichtlich. Man findet zwar Fraßspuren sowohl an ihren Blättern wie auch an den Früchten (z. B. Eichelwickler, Abb. 1). Insektenarten, die als ausschließlich an einheimischen Eichen fressend gelten, nutzen die Roteiche nicht (Goßner und Gruppe 2003). Sie meiden sogar ihren Kronenraum. Die Roteiche besiedeln vor allem Nahrungsgeneralisten. Unter den holzzersetzenden Arten finden sich auf der Roteiche hauptsächlich solche, die bereits von Pilzen durchsetztes Totholz nutzen. Für die strukturabhängigen Spinnen bietet zwar der Kronenraum, nicht hingegen die wenig strukturierte Borke des Stammbereichs einen der Stieleiche vergleichbaren Lebensraum. Wie das Beispiel der Kronenspinnen auf der Roteiche zeigt, sind Fremdländer nicht zwingend arten- und individuenärmer als einheimische Baumarten. Noch deutlicher wird dies bei der Douglasie. Im Kronenraum weisen lediglich die holzfressenden Totholzkäfer (vor allem Rindenbrüter) im Vergleich zur Fichte deutlich geringere Aktivitätsdichten auf. In Bezug auf die Artenzahl zeigen sich diese Effekte nicht. Die mit der Douglasie eingeführte Douglasienwolllaus fördert Blattlausfresser höchstwahrscheinlich. Die Borkenstruktur der Douglasienstämme (Abb. 2) scheint für Stratenwechsler ungünstig zu sein und bewirkt somit eine geringe Aktivitätsdichte.

Einfluss auf seltene und gefährdete Arten

Eine Ausweitung des Roteichenanbaus lässt insgesamt negative Auswirkungen auf ohnehin schon gefährdete Arten erwarten. Andererseits vermag Roteichentotholz auch positive Beiträge zur Erhaltung xylobionter Insektenarten zu leisten, weil starkes Roteichentotholz (das relativ früh anfällt) nach Bussler (persönliche Mitteilung) und Möller (1998) für eine ganze Reihe von Holzpilzen attraktiv ist, die wiederum von schützenswerten Xylobionten besiedelt werden. Dies spricht für ein Belassen alter Roteichen, nicht jedoch für eine Ausweitung ihres Anbaus.

Bei der Douglasie sind auf Grund der schlechten Eignung ihres Totholzes für xylobionte Käfer ebenfalls negative Auswirkungen auf gefährdete Arten zu erwarten. So ist die Aktivitätsdichte von Rote-Liste-Arten auf Douglasie gegenüber Fichte deutlich reduziert.

Einfluss der Baumartenmischung

Die Fauna von Gastbaumarten hängt stark von der Bestandeszusammensetzung ab. Auf Grund fehlender Spenderbäume ist die Roteiche in Reinbeständen als besonders negativ zu bewerten. Hier dominieren wenige Generalisten eine insgesamt stark verarmte Gemeinschaft. Bei der Douglasie ist die Umgebung in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Die schlechte Eignung von Douglasienstämmen für Stratenwechsler macht eine Neubesiedlung der Krone von der Fichte aus notwendig. Dies ist besonders in douglasien- und laubholzdominierten Beständen wegen fehlender Spenderbäume problematisch. Freistehende bzw. den Bestand überragende Douglasienkronen bieten allerdings gerade in diesen Bestandstypen ganz besondere mikroklimatische Bedingungen, die zum Beispiel thermophile Arten fördern können.

Nahrungsressourcen für Vögel im Winter

Douglasienkronen zeichnen sich im Winter durch eine äußerst geringe Arthropodendichte aus. Auf Grund fehlender Nahrungsressourcen nutzen bei uns überwinternde Vogelarten dieses Stratum der Douglasie nicht. Bei hohen Douglasienanteilen sind somit stark negative Auswirkungen auf die Avifauna zu erwarten (Goßner und Utschick 2001, 2004). Zur Roteiche liegen hierzu keine Daten vor.

Konsequenzen für die Praxis

Wie die Ergebnisse zur Douglasie und Roteiche zeigen, sind Generalisierungen auf "die Fremdländer" kaum möglich. Neben der Baumart sind auch Standort und betrachtetes Stratum sowie Jahr und Jahreszeit der Untersuchung zu berücksichtigen. Darüber hinaus beeinflussen Roteiche und Douglasie bestimmte Gilden in unterschiedlicher Weise. Beispielsweise wirkt sich die Roteiche auf Pflanzenfresser in der Krone negativ aus, die Douglasie nicht.

Für einzelne Arthropodenarten können Douglasie und Roteiche zwar durchaus eine Bereicherung darstellen. Ihr Anbau verändert die Struktur der Arthropodengemeinschaften im Vergleich zu bei uns heimischen Baumarten in jedem Fall deutlich (Goßner und Simon 2002). Dieser Einfluss ist bei der Roteiche auf Grund des Ausfalls vieler Spezialisten negativer einzuschätzen als bei der Douglasie. Der Anbau der Roteiche ist vor allem in reinen Roteichen- und in Nadelholzbeständen wegen fehlender Spenderbäume kritisch zu sehen. Abgesehen von Einzelexemplaren (Alleen, Bestandsrand) aus ästhetischen Gesichtspunkten ist ein weiterer Anbau dieser Baumart nicht wünschenswert. Bei der Douglasie stehen dem Ausfall einzelner xylobionter Arten, für die in einer auch in Zukunft fichtendominierten Landschaft allerdings keine generelle Gefährdung besteht, die besondere Kronenstruktur und die spezifische Nahrungsressource Douglasienwolllaus gegenüber. Bei einem regional geringen Douglasienanteil könnte die hohe Massenleistung der Douglasie mit einem befriedigenden Maß an ökologischer Leistungsfähigkeit verbunden werden. Dies ließe sich in Laubholz (Buchen-) Grundbeständen mit weitständigen Douglasien am Besten verwirklichen.

In Zukunft sind weitere Anpassungen der heimischen Fauna an fremdländische Baumarten zu erwarten. Diese wird sich zwar positiv auf den Artenreichtum daran auswirken, aber auch neue Gefahren für den Forstschutz könnten entstehen. Ein vorsichtiger Umgang mit Gastbaumarten ist somit auch aus rein ökonomischen Gesichtspunkten geboten.