Weltweit kommen in der Gattung der Ahorne über 150 Arten vor. In der Schweiz sind der Bergahorn (Acer pseudoplatanus), der Spitzahorn (Acer platanoides), der Feldahorn (Acer campestre) und der wenig bekannte schneeblättrige Ahorn (Acer opalus) heimisch. Charakteristisch für alle diese Baumarten sind handförmige, fünflappige Blätter und propellerartig geflügelte Samen. Zahlreiche Funde fossiler Ahornblätter belegen, dass sich ihre Form über Jahrmillionen hinweg wenig verändert hat und dass diese Baumgattung bereits damals in allen Erdteilen vertreten war.

Steckbrief

Der zur Familie der Seifenbaumgewächse gehörende Bergahorn kann Höhen von 25 – 35 m erreichen und bis 500 Jahre alt werden. Im Freistand wächst seine stattliche Krone gleichmässig rund bis eiförmig (Abb. 1). Seine in der Jugendzeit hell-graubraune Rinde verfärbt sich im Laufe der Jahre dunkelgrau bis rotbraun. Ähnlich wie bei der Platane entwickelt sich die Borke mit zunehmendem Alter schuppig und blättert stückweise ab (Abb. 3). Daher rührt auch sein lateinischer Name Acer pseudoplatanus.

Die verschieden grossen Blätter wachsen paarweise gegenständig, und sind fünflappig. Erst im Alter von 25 – 40 Jahren blüht der Ahorn zum ersten mal und zeigt im Mai 8 – 15 cm lange, gelblich grüne Blüten an traubenartigen Rispen. Ende August bis Anfang Oktober reifen die bis zu 4 cm langen, geflügelten Früchte (Abb. 4). Mit Hilfe dieses biologischen "Helikopters" verbreitet sich der Ahorn recht erfolgreich. Bei Kindern waren die Samenflügel als "Nasenzwicker" früher beliebt. Im Herbst sind die intensiv goldgelb belaubten Bergahorne eine Augenweide in der Landschaft (Abb. 5).

Waldbauliche und ökologische Bedeutung

Der Bergahorn gedeiht besonders gut in kühl-feuchtem Klima. Sein Hauptverbreitungsgebiet liegt in den mittleren bis höheren Lagen der süd- und mitteleuropäischen Gebirge.

Ahorne sind aus forstlicher Sicht gern gesehene, wertvolle Baumarten. Mit ihrem leicht abbaubarem Laub fördern sie die Humusbildung im Waldboden. Der in der Jugend schnell wachsende Bergahorn dient nicht nur als bodenpflegliche Mischbaumart, sondern auch der Stabilisierung von Nadelholz sowie der Werterhaltung von Buchenbeständen. Allerdings muss er gegenüber den später konkurrenzfähigeren Baumarten wie Fichte, Tanne, Buche und Esche begünstigt werden. Mit einem Anteil von 3,7% an der Stammzahl aller Baumarten ist der Bergahorn nach Buche und Esche die dritthäufigste Laubbaumart in der Schweiz.

Weil selbst grosse Stammwunden beim Bergahorn sehr gut überwallen, eignet er sich hervorragend für den Steinschlagschutz in stammzahlreichen Beständen.

Einige Vogelarten, speziell aber Gimpel, Kirschkernbeisser oder Meisen nehmen gerne den zuckerhaltigen Saft aus den verletzten Stellen des Baumes zu sich. Für zahlreiche Insektenarten, vor allem für Bienen, verbessern die Ahorne die Qualität des Lebensraumes. Davon zeugen beispielsweise die Schmetterlinge mit wohlklingenden Namen wie "Ahorn-Eule" oder "Ahorn-Spinner". Wegen ihrer Blütenpracht im Frühling werden die Ahorne im Volksmund auch Blüten- oder Bienenbaum genannt.

Verwendung

Der Bergahorn zählt zu den wertvollsten Edellaubhölzern. Vor allem in der Möbelherstellung und im Innenausbau wird sein gelblich-weisses, hartes und zähes Holz verwendet. Bei Handwerkern wie Drechslern, Schnitzern und Bildhauern ist dieser einheimische Rohstoff sehr geschätzt. Gleichmässig gewachsenes Ahornholz, welches in Fachkreisen auch als Ton- oder Resonanzholz bezeichnet wird, ist wegen der leichten Bearbeitbarkeit und der Biegefähigkeit bei Musikinstrumentenbauern sehr begehrt. Die wohl bekannteste Verwendung dürfte diejenige für Geigenböden sein. Auch bei der Herstellung von Flöten, des Fagott sowie des "Schwyzerörgeli" wird Ahornholz gebraucht.

Eine grosse Rarität und wegen seiner speziellen Maserung begehrt ist der sogenannte Riegelahorn. Die Gründe für die Riegelbildung sind unbekannt. Mögliche Ursachen sind genetische Veranlagungen bzw. stärkere Druck- oder Zugbeanspruchungen oberhalb der Wurzelansätze. Nur gerade jeder fünfhundertste bis tausendste Ahorn zeigt diese Eigenschaften. Diese Rarität widerspiegelt sich im stolzen Preis von 3'000 – 18'000 Franken pro Kubikmeter.

Kulturgeschichte

Bergahorne wurden während Jahrhunderten verehrt. So wurden früher unter den gewaltigen Kronen alter Ahorne traditionelle Anlässe und öffentliche Beratungen abgehalten. Ein in unseren Breitengraden bekannter und urkundlich gut dokumentierter Anlass ist derjenige vom 16. Mai 1424. Damals wurde in Trun GR unter einem riesigen Bergahorn der "Graue Bund" geschworen.

Wie aus der Sage überliefert, erbaute Epeios auf Rat des Odysseus ein Pferd aus Ahornholz, um die Stadt Troja zu erobern. Im Pferd waren griechische Krieger versteckt, welche schliesslich Troja eroberten.

Unsere Vorfahren schrieben dem Ahorn grosse Abwehr- und Heilkraft zu. So wurden Keile aus Ahornholz in Türen und Türschwellen geschlagen, um Hexen abzuwehren. Die Bauern umgaben ihre Kartoffelfelder mit Ahorntrieben. Damit wollten sie Maulwürfe fernhalten. Am Johannistag (24. Juni) gepflückte Ahornzweige sollten Gebäude vor Blitzeinschlag schützen. Ob das Berühren von Ahornzweigen wirklich quälende Kopfschmerzen verschwinden lässt, kann jeder selber ausprobieren. Spürbare Heilkraft wurde Umschlägen aus gequetschten Blättern und Rinde nachgesagt. Sie sollen eine kühlende und abschwellende Wirkung haben.

In Kriegszeiten wurde das junge und zarte Laub, vor allem des Spitzahorns, als Salat verspeist. Deshalb tauchte im Volksmund der Name "Salatbaum" auf. Orts- und Flurnamen wie Ahorni, Ahornli, Arn, Arni und Arnegg weisen auf das Vorkommen dieser Baumart hin. Speziell erwähnenswert sind die Ortschaften Agarn im Oberwallis und das im Val d’Anniviers gelegene Ayer. Zudem dienen Ahorne und Ahornblätter als Wappen sowie als Vorlagen für Fahnen und Briefmarken (Abb. 6). In China gilt dieser Baum als Symbol für Amtswürde.

(TR)