Starkregenereignisse sind Wetterextreme, mit denen schwer umzugehen ist. Es gibt Studien und Maßnahmen, um den Wald und die Bevölkerung zu schützen. Der Beitrag zeigt die puffernde Wirkung des Waldes sowie die problematischen Rahmenbedingungen des Hochwasserschutzes.

Starkregen und Wildbachereignisse

Seit den 50er Jahren zeigen Beobachtungen einen Anstieg von klimawandelbedingten Extremereignissen. So haben auch Starkregenereignisse sehr wahrscheinlich zugenommen (SREX, 2011) und werden dies auch weiterhin tun, selbst wenn der globale Temperaturanstieg auf 1,5 °C beschränkt wird (IPCC, 2018). Daher sind Anpassungsmaßnahmen in besonders betroffenen Regionen äußerst wichtig.

Bei lang anhaltendem Starkregen kommt es immer wieder zu Überflutungen ganzer Landstriche, zu Murenabgängen, fluviatilem Feststofftransport (Hochwasser mit Geschiebe) und Infrastrukturschäden. Die von Hochwassern und Wildbachereignissen betroffenen Gemeinden und Waldbesitzer stehen vor immensen Schäden.

Gute Planung wie im Ernstfall gehandelt werden kann und Präventionsmaßnahmen können Leben retten und materielle Schäden vermeiden. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist dabei die EU-Hochwasserrichtlinie. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. hat eine Plattform geschaffen, auf der die Gefährdungslage durch Hochwasser, Starkregen, Sturm/Hagel usw. für Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Thüringen einsehbar ist. Eine Übersicht zu Hochwasser und Starkregengefährdungskarten aller Bundesländer finden sie hier. Warnungen vor Starkregenereignissen sind hier und hier für ganz Deutschland verfügbar oder sie installieren sich die Warnwetter-App des Deutschen Wetterdienstes auf ihrem Mobiltelefon. Für Österreich liegt die landesweite Plattform "Hochwasserrisikozonierung Austria" vor und in der Schweiz warnt sie die MeteoSchweiz-App vor Naturgefahren. Hier können ständig aktualisierte Daten zu potenziellen Gefährdungsgebieten abgerufen werden.

Wälder in Wildbacheinzugsgebieten haben in der Regel Schutzwaldcharakter gegen Hochwasser und Erosion, liefern allerdings auch Treibholz wie Bäume und Äste, die Schaden anrichten können wenn sie sich beispielsweise an Brücken verklemmen.

Im Jahr 2010 wurde vom forsttechnischen Dienst der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV) ein Projekt zur Dokumentation von Wildbach-Ereignissen vorgenommen. Dabei stellte sich heraus, dass die in der Studie beobachteten Ereignisse zu 80 % geschiebeführende Hochwasser waren. Dies zeigt einmal mehr, dass die Beobachtung und Dokumentation von Wildbach-Ereignissen unerlässlich für die Entwicklung geeigneter Schutzmaßnahmen sind.

Maßnahmen bei erkanntem Risiko

An Bacheinhängen ist eine differenzierte und intensive Waldbewirtschaftung notwendig. Beispielsweise bieten Jungholz-Dauergesellschaften eine Möglichkeit, einerseits eine hohe Pumpwirkung zu erzielen und der Erosion vorzubeugen, aber andererseits das Risiko der Wildholzproblematik und das Verklausungspotenzial gering zu halten. Besonders "Hangentlastungen" sollten nur sehr dosiert unter genauer Kenntnis der Standortverhältnisse verwendet werden. Vor allem der Böschungsfuß sollte nicht schlagartig entlastet werden, da das Bestandesgewicht die Stabilität erhöhen kann, wenn der Böschungswinkel einen gewissen Grenzwert nicht überschreitet.

Massenbewegungen

Bäume fixieren mit ihrem Wurzelgeflecht den Oberboden und stabilisieren im Wesentlichen die Hänge. Gibt es allerdings zu wenige Sekundärporen (Tier-, Wurzelröhren), die wie unter waldfreien Flächen als eine Art Überdruckventil agieren, steigt der Porendruck derart an, dass eine reale Gefahr für Hangrutschungen besteht. Das Pufferpotenzial der Wälder ist begrenzt. Kritisch wird es vor allem dann, wenn bei Starkregenereignissen viel Hang- und Oberflächenwasser aus höherliegenden waldfreien Flächen herandrückt. Im Waldbereich wird Erosion vor allem durch Abflusskonzentration als Folge falscher Bewirtschaftungsmaßnahmen der Überlieger ausgelöst.Die Pufferwirkung der Waldböden hängt stark von deren Zustand ab. Große Unterschiede der Porenausstattung bestehen auch zwischen Waldböden und anderen Nutzungsformen wie zum Beispiel als Weideland. Besonders sensibel fällt die Bodenreaktion auf mechanische Belastung wie Befahrung oder Beweidung aus. Diese, oft über Generationen wirkenden Faktoren verringern den Anteil der Grobporen, durch die das Wasser bei Starkregenereignissen leicht in tiefere Schichten abgeleitet werden könnte. Es entstehen "Stausohlen" und die Wasserleitfähigkeit des Oberbodens wird deutlich reduziert. Die Gefahr von Hangrutschungen steigt.

Maßnahmen bei erkanntem Risiko

An murengefährdeten Standorten haben sich Auffangsperren an Bächen oberhalb von Häusern bewährt. Diese fangen Murenmaterial auf und das Sedimentfracht erleichterte Wasser kann abfließen. Wo solche Anlagen installiert sind begrenzen sie die Schadausmaße solcher Extremereignisse deutlich.

(Über-)flutung – und dann?

Überflutungen gehören im Bereich von gewässerbegleitenden Waldgesellschaften zur natürlichen Entwicklungsdynamik. Im Hinblick auf den Klimawandel und der wahrscheinlich immer früher eintretenden Schneeschmelze im Frühjahr, kann es zu extremen Hochwassern kommen. Aus diesem Grund werden zum Beispiel im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms (IRP) großflächige Gebiete als Rückhalteräume für den Hochwasserschutz geplant. Da ein großer Teil dieser Flächen forstwirtschaftlich genutzt wird, ist das Wissen um Baumartenzusammensetzung, Standorteigenschaften und Hochwassertoleranz der Baumarten existenziell.

Untersuchungen haben ergeben, dass bei Gebieten, die naturnah überschwemmt werden, die Überflutungsdauer das entscheidende Kriterium für die Hochwassertoleranz der Bäume bildet. Für selten und nicht lange überflutete Wälder und damit insbesondere für die Hochwasserrückhalteräume kann die Überflutungshöhe als Kriterium zur Schadensprognose verwendet werden. Das heißt, die Hochwassertoleranz der Bäume wird stärker durch die Überflutungshöhe als durch die Dauer beeinflusst. Die ökologischen Auswirkungen episodisch auftretender Retentionseinsätze sind durch relativ kurze Überflutungen mit großen Überflutungshöhen charakterisiert. Diese kurzzeitigen Flutungen puffern Hochwasserereignisse von Fließgewässern und verlangsamen den weiteren Abfluss. Der Negativeffekt ist allerdings die durch Überflutung hervorgerufene Schädigung der Bäume, wenn die Sauerstoffzufuhr zwischen Rinde und Stamm unterbrochen wird. Eine Risikoanalyse sollte die Wirkung von Retentionseinsätzen, ökologischen Flutungen und binnenseitigem Grundwasseranstieg auf Waldbestände und Baumarten ermitteln und bewerten.

Auf Grundlage der Forschungsergebnisse sind waldbauliche Möglichkeiten zur Weiterentwicklung betroffener Waldbestände erarbeitet worden.

Maßnahmen bei erkanntem Risiko

Wissenschaftlich begründete Handlungskonzepte für forstliche Maßnahmen und Programme zum vorbeugenden Hochwasserschutz in Auwäldern sowie in Feuchtgebieten wie Mooren liegen bereits vor. Unter anderem gibt es das Konzept der Bayrischen Staatsforstverwaltung für eine naturnahe Bewirtschaftung flussbegleitender Wälder oder den Leitfaden Hochmoorrenaturierung. Allgemein lassen sich für den vorbeugenden Hochwasserschutz folgende Empfehlungen ableiten:

  • Eine Vorrangige Bedeutung soll der Erhaltung einer standortgerechten, stabilen, funktionstauglichen Waldbedeckung zukommen.
  • Gravierende, großflächige Störungen (Sturm, Käfer) zu vermeiden oder deren Schadpotential zu vermindern, ist wirksamer als eine weitere waldbauliche "Feinoptimierung" von bereits "zufriedenstellend" funktionstauglichen Beständen.
  • Sanierung gestörter bzw. überalterter, verlichteter oder der Umbau nicht standortgerechter Bestände in stabile, naturnahe Bestockungen.
  • Bodenschutz durch Minimierung von Bodenverdichtungen bei der Holzernte durch technische und organische Mittel.
  • Erschließungen sind fachgerecht zu planen und Wege fachgerecht in Stand zu halten.
  • Feuchtestandorte sind in naturnahem Zustand zu erhalten oder dorthin zurückzuführen. Entwässerungen sind nicht mehr anzulegen bzw. zurückzubauen.
  • Eine Einschätzung der hydrologischen Wirksamkeit von Maßnahmen auf unterschiedlichen Standorten kann in Bezug auf die Prioritätensetzung und Steuerung von Maßnahmen bei begrenzten Ressourcen (insbesondere Schutzwald) hilfreich sein.

Staunässe auf schlecht durchlässigen Böden

Feuchtgebiete und Überflutungsbereiche stellen häufig Übergangszonen zwischen terrestrischen Ökosystemen und dem Wasser als rein aquatischem Lebensraum dar, wobei vor allem durch den Faktor Wasser Beziehungen untereinander bestehen. Als Beispiele seien die Küsten-/ Uferbereiche von Meeren, Fließgewässern (Quellen, Bäche, Flüsse) oder die von stehenden Gewässern (Seen, Weiher, Sümpfe, Tümpel oder Teiche) genannt.

Kurzzeitige Überflutungen dieser Gebiete stellen kein großes Problem dar. Bei lang andauernder oder wiederholter Staunässe kommt es zu Sauerstoffmangel und dadurch zum Absterben von Wurzeln. Dies äußert sich im Vergilben und der Reduktion der Blattorgane sowie in Wurzel und Stammfäulen. Auch die Streuzersetzung leidet unter dem Sauerstoffmangel. Die starke Anhäufung von Rohhumus kann zu Moorbildungen überleiten. Stauwasser, im allgemeinen auch stagnierendes Wasser genannt, ist chemisch nicht mit dem Überflutungswasser vergleichbar. Es hat ein ungünstigeres Nährstoff-Sauerstoff-Verhältnis. Dies ist eine Ursache für die phytopatogene Belastung (höhere Mortalitätsrate) von beispielsweise Erlen. Extrem hohe pH-Werte im Stauwasser behindern das Erlenwachstum. Bei anaerober Zersetzung, also ohne Beteiligung von Sauerstoff, entwickelt sich toxischer Schwefelwasserstoff. Kommt es anschließend zu einer Trockenphase, wirkt sich diese besonders drastisch auf die Vegetation aus, da die zuvor reduzierte Wurzelmasse eine ausreichende Wasserversorgung der Bäume dann nicht mehr gewährleisten kann.

Besonders empfindlich gegenüber Vernässung sind Buche und Tanne. Auf Kiefer und Fichte trifft dies weniger zu. Widerstandsfähig gegen stagnierende Nässe und zeitweilige Überflutung sind Erle, Pappel, Ulme, Stieleiche und Strobe.

Maßnahmen bei erkanntem Risiko

Besonders auf Stauwasser gefährdeten Standorten sind Schäden durch Fehlbestockung zu vermeiden. Bei der Baumartenwahl ist auf stauwasser- und überflutungstolerante Arten beziehungsweise Herkünfte zu achten. Gegebenenfalls kann eine Hügel- oder Rabattenkultur gewählt werden.

Ratgeber Forstliches Krisenmanagement

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