Zur schnellen Erfassung der Kyrill-Windwurfflächen in NRW wurden in einem Projekt u.a. die CIR-Befliegung der besonders betroffenen Gebiete, eine Orthophotoprozessierung, Luftbildinterpretation und WebGIS-Integration der Daten durchgeführt.

Einleitung

Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW hatte unmittelbar nach dem speziell für die Wälder Nordrhein-Westfalens folgenschweren Orkan "Kyrill" vom 18.-19.01.2007 eine fernerkundungsgestützte Erfassung der Windwurfflächen in Auftrag gegeben. Die Bilddaten der im Auftragsumfang enthaltenen Color-Infrarotbefliegung, die aufgrund von schlechten Witterungsverhältnissen erst einen Monat nach "Kyrill" durchgeführt werden konnte, sind nach wie vor über den Webserver des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik des Landes NRW ("GeoServer NRW") abrufbar.

Color-Infrarotluftbildaufnahmen sind in besonderer Weise für die Erfassung, Aufnahme und Auswertung von Waldschadensflächen geeignet. Die vorliegenden Bilddaten bieten eine wertvolle Planungsbasis bei der Wiederaufforstung, bei Abwehrmaßnahmen gegen den Borkenkäferbefall und Waldbrandgefährdung sowie als Risikoabschätzung bezogen auf zukünftige Sturmereignisse. Die Schadensflächen innerhalb des Untersuchungsgebietes wurden digital erfasst und liegen dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW vor. Eine umfangreiche Auswertung der Schadensflächen (digitale Umrisse für die Windwurfflächen) ist ebenfalls als WMS (Web Map Service)-Dienst in die Internetanwendung "GeoServer NRW" eingestellt worden und damit für jedermann einsehbar. Neben dem Ansehen und Ausdrucken ist es auch möglich, sich spezielle Flächen und Strecken am Luftbild im Geoserver NRW auszumessen.

Für die Aufarbeitung der Waldschäden nach "Kyrill" waren und sind die Luftbilder zusammen mit topographischen Karten und den digitalen Waldwegeinformationen im Hintergrund die einzige Möglichkeit, einen schnellen Überblick über die Lage und den Umfang der Schäden zu gewinnen. Die digitalen Orthophotos dienen des Weiteren dazu, die Holzabfuhr-Logistik durch aktuelle Geoinformationen bezüglich des verfügbaren LKW-fähigen Waldwegenetzes zu unterstützen.

Seitens des Landesbetriebs Wald und Holz NRW wurden drei Befliegungsgebiete vorgegeben, der Niederrhein, die Eifel und das Sauerland (siehe Abb. 3). Diese Gebiete spiegelten nach ersten Einschätzungen durch die Forstämter die durch Kyrill am stärksten betroffenen Gebiete im Land NRW wider.

Das Befliegungsgebiet Sauerland war das größte der drei Gebiete mit einer Ausdehnung von 9.147 km². Das entspricht einer Anzahl von 2.504 DGK 5-Kacheln (Deutsche Grundkarte 1:5.000). Das Befliegungsgebiet Niederrhein hatte eine Ausdehnung von 2.586 km² (738 DGK 5-Kacheln) und das Befliegungsgebiet Eifel eine Ausdehnung von 1.359 km².

Fasst man die Befliegungsgebiete zusammen, wurden an nur drei Flugtagen 13.091 km² der Fläche Nordrhein-Westfalens beflogen. Das entspricht ca. 38 % der Landesfläche. Diese Leistung ist umso höher zu bewerten, da im vorgegebenen Zeitfenster nur sehr wenige geeignete Flugtage verfügbar waren. Innerhalb der Befliegungsgebiete liegen 5.410 km² Wald, das entspricht ca. 60 % der gesamten Waldfläche Nordrhein-Westfalens. Die enorme Größe dieser Flächen lässt kurzfristig keine terrestrische Erfassung der Windwurfflächen zu. Nur mittels einer aktuellen Befliegung und deren Auswertung konnte das exakte Ausmaß der Schäden kurzfristig erfasst werden.

Methoden

Satellitenbildbeschaffung und Befliegung

Der Notwendigkeit der schnellen Beschaffung aktueller Fernerkundungsdaten für die Hauptschadensgebiete wurde durch die Programmierung des Satelliten Spot V der Firma SPOT IMAGE auf die Untersuchungsgebiete für einen Zeitraum von zehn Tagen (24.01.2007 bis 02.02.2007) Rechnung getragen. Leider erlaubten die Wetterverhältnisse in dieser Zeit keine zufrieden stellenden Aufnahmen. Alternativ wurde eine flugzeuggestützte Befliegung der seitens des Landesbetriebes vorgegebenen Gebiete durchgeführt. Am 16. und 17.02.2007 wurden die Eifel, das südliche Sauer- und Siegerland sowie der nördliche Bereich des Befliegungsgebietes Sauerland beflogen. Es folgte eine weitere Schlechtwetterperiode, so dass erst am 12.03. das Befliegungsgebiet Niederrhein und der mittlere Bereich des Gebietes Sauerland beflogen werden konnten.

Für die Befliegung wurde die analoge Reihenmesskamera ausgewählt. Dabei zählte die gleichzeitige kurzfristige Verfügbarkeit mehrerer Systeme als entscheidendes Kriterium, da ein immenser Zeitdruck auf dem Projekt lastete und somit bei erwartungsgemäß wenigen witterungsbedingt geeigneten Flugtagen parallel mehrere Systeme eingesetzt werden mussten. Die Befliegungen wurden durch die Firmen WESER Bildmessflug GmbH und die RWE POWER AG durchgeführt. Alle Gebiete sind mit der Reihenmesskamera RMK TOP 15 der Firma Zeiss mit 60 % Längsüberlappung und 30 % Querüberlappung in einem Aufnahmemaßstab von 1:25.000 bis 1:27.000 beflogen worden.

Weitere Bildverarbeitungsschritte

Nach der Entwicklung der Filme wurden diese mit den Parametern "TIFF-Format", "21μm", "24bit" und "nordorientiert" gescannt. Die verwendeten Parameter wurden so gewählt, dass ein hoher Informationsgehalt mit einer ausreichenden Datenperformance gewährleistet werden konnte. Das Scannen erfolgte durch die Firmen AEROWEST GmbH und RWE POWER AG. Die weiteren Arbeitsschritte, d.h. die Aerotriangulation (AT) und Orthophotoerstellung, wurden durch die Firma EFTAS Fernerkundung Technologietransfer GmbH durchgeführt. Die ausreichende Anzahl von topographischen Passpunkten als eine Grundlage für die AT sowie das digitale Geländemodell 5 konnten zügig seitens des Landesvermessungsamtes Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt werden.

Schadflächenkartierung

Die Erfassung der durch den Sturm "Kyrill" geschädigten Waldflächen erfolgte durch die Forstabteilung der EFTAS-Fernerkundung Technologietransfer GmbH. Im Vorfeld der Kartierung wurde zusammen mit dem Auftraggeber das einzusetzende zweistufige Verfahren entwickelt und abgestimmt. In einer ersten Stufe sollte eine Schnellerfassung der Windwurfflächen in Form von POI (Points of Interests) erfolgen. Dabei konnte eine Windwurffläche einen oder mehrere POI's besitzen, je nachdem, wie viele LKW-fähige Wege die Windwurffläche in Gebiete größer 0,25 ha aufteilten.

Ein Ziel der POI-Erstellung ist es gewesen, ein Punktethema zu erzeugen, das als Routing-Layer über die Firma Logiball GmbH in ein Navigationssystem für die Forstlogistik eingepflegt wurde. Zu diesem Zweck wurde den visuell vom Erfasser generierten Punkten automatisiert eine eindeutige ID-Nummer, die Höhe über NN, die Exposition, der Forstamtsname sowie die Forstamtsnummer beigefügt. Dadurch kann der Revierbeamte vor Ort z.B. anhand der Exposition der Fläche die vorrangig zu bearbeitenden Schadgebiete ermitteln und diese den Maschinenführern und Holzrückeunternehmen über den ID-Code mitteilen. Diese können dann die vorrangig zu bearbeitenden Flächen automatisch anfahren. In einem zweiten Schritt wurden alle Windwurfschadflächen größer 0,25 ha der drei Bearbeitungsgebiete erfasst. Die Schadflächenkartierung erfolgte in einem geographischen Informationssystem (Arc View/Arc GIS) und mit Unterstützung von stereophotogrammetrischer Software (ERDAS Stereo Analyst).

Ergebnisse

Bearbeitungsstufe 1: Point of Interests (POI)

Bei der schnellen Vorerfassung der Windwurfflächen durch die POI's konnten im Befliegungsgebiet Sauerland 21.184, im Befliegungsgebiet Niederrhein 803 und im Befliegungsgebiet Eifel 519 Punkte gesetzt werden. Die erfassten POI's lieferten somit eine wichtige Grundlage für die Logistik der Holzabfuhr, die für die Aufarbeitung der Sturmschäden in Nordrhein-Westfalen unabdingbar war. Abb. 3 verdeutlicht das enorme Ausmaß der betroffenen Flächen insbesondere im Befliegungsgebiet Sauerland.

Bearbeitungsstufe 2: Flächige Erfassung der Windwurfschäden

In der zweiten Stufe des Verfahrens wurden im Befliegungsgebiet Sauerland 14.148 Flächen erfasst. Die größte zusammenhängende Windwurffläche liegt im Großraum Iserlohn und hat eine Ausdehnung von 2,1 km². Am Niederrhein wurden 785 Windwurfflächen und in der Eifel 529 Windwurfflächen erhoben. Für das Sauerland ergeben sich 296 km² geschädigte Waldfläche. Das entspricht einem prozentualen Anteil von 6,7 % der Gesamtwaldfläche im Befliegungsgebiet Sauerland und zeigt den immensen Schaden, den der Sturm "Kyrill" vor allem im Bereich des Sauer- und Siegerlandes verursacht hat. Im Gebiet Niederrhein wurden 9,08 km² Windwurfflächen erfasst. Das entspricht 2,1% der Gesamtwaldfläche. Am geringsten fiel der Schaden durch "Kyrill" in der Befliegungsgebiet Eifel aus. Dort wurden 5,6 km² Windwurfflächen (ca. 1 % Anteil an der Gesamtwaldfläche) ermittelt.

Fasst man die bearbeiteten Windwurfflächen in den drei Befliegungsgebieten zusammen, ergibt sich eine Windwurffläche von 311 km². Abb. 4 verdeutlicht die Großflächigkeit der Schäden anhand eines Beispiels aus dem Sauerland. Deutlich im Bild erkennbar sind die in Windrichtung umgeworfenen Nadelbäume, zumeist Fichten. Laubwälder, wie sie beispielsweise am südwestlichen Bildrand erkennbar sind, wurden dagegen nur geringfügig geschädigt.

Anschrift der Autoren

Dipl.-Forstwirt Frank Franken und Dr. Andreas Müterthies, EFTAS Fernerkundung Technologietransfer GmbH Oststr. 2-18, D-48145 Münster, Tel. +49 251 133070, Fax: +49 251 1330733, E-mail: frank.franken@eftas.com und andreas.mueterthies@eftas.com

Dr. Stefan Franz, Landesbetrieb Wald und Holz NRW, Albrecht-Thaer-Str. 34, D-48147 Münster, Tel. +49 251 91797163, Fax: +49 251 91797100, E-mail: stefan.franz@wald-und-holz.nrw.de