Ergebnisse der dritten Betriebsinventur im Privatwald Hofgut Holland

Natürliche Grundlagen

Wir bewirtschaften einen Fichtenbetrieb mit bis zu fünf Generationen Fichte. Der östliche Teil des Fürstenwaldes gehört zum land- und forstwirtschaftlichen Familienunternehmen Hofgut Holland. Er ist 250 ha groß und liegt bei Ochsenhausen in Oberschwaben. Der Betrieb wird nach biologischen Richtlinien (Naturland) bewirtschaftet.

Geologisch liegt der Wald auf einer Schotterterrasse der Mindeleiszeit mit sehr tiefgründig verwitterten Lehmböden, die in der Ebene oft staunass sind. 40% der Fläche sind für Fichte nicht stabil. Die Regionalgesellschaft ist der submontane Buchen-Eichenwald. Die natürliche Verbreitungsgrenze der Tanne liegt nur wenige Kilometer südlich, so dass das Vorkommen natürlicher Tannenvorposten für möglich gehalten wird. Der Betrieb ist ein Eigenjagdbezirk und wird selbst bejagt. Er ist die wirtschaftliche Lebensgrundlage der Eigentümer.

Betriebsinventur: Aufnahmeverfahren

Die Betriebsinventur erfolgte nach dem Betriebsinventurverfahren der Landesforstverwaltung Baden-Württemberg. Wegen der geringen Betriebsgröße wurde das Stichprobennetz auf einen permanenten Stichprobenpunkt je Hektar verdichtet. 1994 fand die Erstinventur statt. 2004 wurde die erste, 2014 die zweite Wiederholungsinventur durchgeführt. Durch den geringen Stichprobenumfang von etwa 250 Proben sind nicht alle Ergebnisse, die im Folgenden dargestellt werden, statistisch gesichert. Die groben Tendenzen müssen daher bei den kleinen Straten oft ausreichend sein. Die Baumhöhen für die Betriebsinventur wurden aus dem angrenzenden Staatswald übernommen. Bei der Aufnahme wurden auch Daten zum Verbiss und zur Bodenvegetation erhoben.

Baumartenzusammensetzung und ihre Entwicklung

Die Fichte ist die wichtigste Baumart des Betriebes. Ihr Anteil ist in den letzten 20 Jahren von 67% auf 59% gesunken. Der Anteil anderer Nadelbaumarten stieg von 10% auf 15%. Lärche hat mit 9% den größten Anteil, Tanne mit 4% den zweithöchsten. Der gesamte Nadelbaumanteil ist von 77% auf 74% gesunken.

Der Laubholzanteil hat dementsprechend von 23% auf 26% etwas zugenommen. Die wichtigste Laubbaumart ist mit 8% Buche. Ihr folgt mit 5% Eiche, die fast nur in Jungbeständen wächst. Weitere häufigere Baumarten sind Ahorn, Esche, Erle und Kirsche.

Altersklassenverhältnis

Das Altersklassenverhältnis weicht kaum vom normalen Altersklassenverhältnis ab, das die rote Linie zeigt. Größte Abweichung ist die geringe Fläche in der ersten Altersklasse. Durch die zweischichtigen Altbestände fällt die I. Altersklasse großenteils weg. Bei Ernte des Altbestandes bleibt eine II. Altersklasse zurück. Die III. Altersklasse weist eine über dem normalen Altersklassenanteil liegende Fläche auf, die nach den Sturmwürfen 1967 entstanden ist.

Der Mangel in der V. Altersklasse ist Folge der Sturmwürfe der 90iger Jahre. Die Bestände der VI. Altersklasse stocken vorwiegend auf stabilen Hangstandorten und wurden daher von Kalamitäten verschont. Obwohl schon seit 25 Jahren keine Räumungen und flächigen Endnutzungen durchgeführt werden, ist es bei dem hohen Fichtenanteil nicht möglich, mehr Bestände in einem Alter von über 120 Jahren zu halten. Sturmschäden, Rotfäule und Käferbefall nehmen ab diesem Alter stark zu.

Zuwachs

Der mittlere Zuwachs über den gesamten Betrieb liegt bei 15,6 Vfm/Jahr/ha. Das ergibt 3.930 Vfm/Jahr/ha. Der Zuwachs entspricht etwa 2 LKW-Ladungen an Holz pro Woche (60 Efm). Vom Zuwachs entfallen jährlich etwa 800 Vfm oder 20% bei 26% Flächenanteil auf Laubholz und 3.130 Vfm oder 80% bei 74% Flächenanteil auf Nadelholz.

Bei der Bundeswaldinventur ist ein durchschnittlicher Zuwachs für ganz Deutschland von nur 11,2 Vfm/ha/a gemessen worden, bei Buche 10,3 und bei Fichte 15,3 Vfm/ha/a. Unser Zuwachs liegt sowohl insgesamt als auch bei der Fichte als häufigster Baumart, über den Werten der BWI (hohe Sommerniederschläge).

Die Fichte hat über einen breiten Altersklassenrahmen hohe Zuwachswerte, das Maximum liegt in der III. Altersklasse. Bei der Lichtbaumart Lärche sind die Zuwachswerte um etwa 40% niedriger. Sie sinken nach dem Maximum schneller ab. Die Schattbaumart Buche kann ihren Zuwachs auf kaum verändertem Niveau bis ins hohe Alter halten. In Beständen mit einem Alter über 100 Jahren liegt der Zuwachs der Buche über dem der Fichte.

Daraus ergibt sich folgendes: Bei Mischwuchsregulierung ist darauf zu achten, wie sich die Konkurrenzkraft der Baumarten mit zunehmendem Alter entwickelt: Lärche braucht in der Jugend einen deutlichen Höhenvorsprung vor der Fichte, Buche weniger.

Einige interessante Zuwachswerte: Fichten sind im Durchschnitt in 10 Jahren 5,2 cm im BHD dicker geworden, Buchen 4,4 cm.

Zuwachsentwicklung

Durch die zweite Wiederholung der Betriebsinventur ergeben sich das erste Mal Entwicklungen der gemessenen Zuwachswerte.

Der dGz ist von 18,0 Vfm/ha/a um 13% auf 15,6 Vfm/ha/a gesunken. Ursachen dafür sind vermutlich:

  • Schwankungen bei Wetter und Klima (Trockenjahr 2003 mit zwei Folgejahren mit niedrigerem Zuwachs), landesweit zu beobachtende Trend.
  • Der Fichtenanteil mit hohen Zuwachswerten ist gesunken.
  • Die Stammzahlen sind gesunken.
  • Die Struktur des Vorrates hat sich zum Dicken hin verschoben. Der lGz stärkerer Bäume liegt besonders bei Fichte niedriger als bei dünneren und jüngeren Bäumen.
  • Die ersten Durchforstungen sind früher. In den jungen Beständen mit hohem lGz sind die Stammzahlen gesunken und damit auch der Zuwachs.
  • Der Stickstoffeintrag aus der Luft ist gesunken.
  • Nur wenig Kalkung, dadurch weniger Melioration.

In Abb. 7 wird deutlich, dass die Zuwachsreduktion in den jüngeren Altersklassen bis einschließlich der IV. Altersklasse stattfindet. In den Beständen der V. Altersklasse steigt der Zuwachs leicht an. Ab Alter 100 sinkt der Zuwachs moderat. Das zeigt, wie plastisch die Bäume im hohen Alter noch sind. Vergleicht man die Zahlen im Detail, sieht man, dass Buche und insbesondere Tanne den Zuwachs in den älteren Beständen steigern konnten.

Der Zuwachs ist somit nicht nachhaltig. Da der Einschlag entscheidend vom Zuwachs abhängt, ist es wichtig, dass der Wert möglichst hoch ist.

Auch in der aktuellen Bundeswaldinventur (BWI) ist der Zuwachs bei weiter hohem Niveau gesunken. Für Baden-Württemberg ist der Zuwachs von der 2. Bundeswaldinventur (13,8 fm/ha/a) zur 3. Bundeswalinventur (12,3 fm/ha/a) um 11% gesunken. In unserem Betrieb um 13%. Die Größenordnung ist gleich.

Vorrat und Sortenstruktur

Für den Betrieb ergibt sich ein Vorrat von 405 Vfm/ha. Das übersteigt deutlich den durchschnittlichen Vorrat nach BWI von 336 Vfm/ha für ganz Deutschland oder 352 Vfm/ha für den durchschnittlichen Privatwald Deutschlands.

Unser Betrieb hat seit über 20 Jahren einen konstanten Vorrat (Tab. 1):

Tab. 1: Vorräte je Betriebsinventur.
 Vfm/haFehler +/-
199441218
200441416
201440514

66% (70% vor 10 Jahren) des Vorrates ist Fichte bei nur 59% (63% alt) Flächenanteil. Nur 20% des Vorrates ist Laubholz (Anstieg um 2%), obwohl es 26% der Fläche einnimmt. Ursache dafür sind die großen Laubholzkulturen und der Mangel an Laubholzaltbeständen. Eine weitere Zunahme des Laubholzanteils soll langsam erfolgen.

Es ist ein Ziel der Waldbewirtschaftung, den Vorrat nicht weiter ansteigen zu lassen, um das Kalamitätsrisiko nicht wachsen zu lassen und um eine Strukturvielfalt in den Beständen zu ermöglichen (Naturverjüngung).

Das Schwachholz hat durch kontinuierliche Durchforstungen in jungen Beständen zielgemäß abgenommen. Das im Augenblick meist gesuchte Mittelholz ist vom Anteil her leicht gesunken.

Wie in der letzten Einrichtungsperiode haben wir trotz Hieb auf den starken schlechten Stamm den Starkholzanteil weiter erhöht auf jetzt 28%.

11% des Vorrats oder 10.981 Vfm sind stärker als 60 cm BHD und damit hiebsreif. Jedes Jahr in der kommenden Einrichtungsperiode können somit über 1.000 fm Starkholz, das entspricht 4 fm/ha, geerntet werden.

Bäume mit einem BHD von über 60 cm findet man in namhaften Mengen in den Altersklassen IV und älter, also schon in Beständen ab dem Alter 60. Tannen (hohe Anteile in sonstigen Nadelbaumarten) erreichen diese Durchmesser teilweise in IIIer-Beständen, Buche und Fichte ab IV und Lärche in Ver-Beständen.

Ein Teil dieser alten Baumriesen sind Biotopbäume oder prägen den Charakter eines Ortes. Alle anderen sollen genutzt werden, bevor die Entwertung beginnt.

Ziel soll es weiter sein, den Anteil von Starkholz guter Qualität leicht anzuheben. Starkholz, besonders bei Fichte, soll aber nicht immer stärker werden, sondern rechtzeitig, bevor Rotfäule, Sturm oder andere Kalamitäten den Wert mindern, geerntet werden. Überalterung muss verhindert werden. Der Folgebestand soll frühzeitig durch Naturverjüngung gesichert sein. Nur sehr gute Qualitäten sollen stärker als 65 cm BHD werden. Das trifft für die meisten der starken geasteten Lärchen zu, die auch kein Fäulerisiko tragen.

Stammzahlentwicklung

In den ersten 10 Jahren hat die Anzahl der Bäume unter 10 cm BHD und über 1,3 m Höhe um 65% zugenommen. Im selben Zeitraum hat die Stammzahl der Bäume zwischen 10 und 39 cm um 20% abgenommen. Das starke Holz mit 40 cm und mehr hat im selben Zeitraum um 17 % zugenommen.

Was hat man gemacht?

Man hat die jungen Bestände alle 5 Jahre durchforstet um stabile Einzelbäume zu erziehen (H/D-Verhältnis, Wurzelentwicklung). Durchforstungsrückstände jeder Art wurden aufgeräumt. Durch das zusätzliche Licht konnte sich in den Beständen schon früh Naturverjüngung etablieren.

Jede Art planmäßige Endnutzungen wurden gestoppt: keine Kahlschläge, keine Saumhiebe.

Im zweiten Jahrzehnt (2004 bis 2014) hat sich bei den Bäumen unter 10 cm die Entwicklung umgekehrt. Ihr Anteil sank um 29 %. Es hat eine Differenzierung in der Verjüngung stattgefunden und ein Teil der Bäume ist in dickere Gruppen eingewachsen.

Der Anteil der Bäume zwischen 10 und 39 cm ist ebenfalls, wenn auch nur um moderate 8%, gesunken. Man hat weiter durch intensive Durchforstung die Bestände gepflegt.

Das dicke Holz ab 40 cm BHD hat leicht um 4% zugenommen. Betrachtet man nur die Bäume ab 50 cm ist die Stammzahl um 29% gestiegen.

Insgesamt liegt die Stammzahl etwas über der Stammzahl vor 20 Jahren (3%), hat das Maximum vor 10 Jahren aber weit hinter sich gelassen. Die Struktur des Vorrates hat sich moderat zum dicken verschoben, was wiederum dem Ziel des Betriebes entspricht.

Verjüngung und Verbiss

Verjüngung

62% der Gesamtbetriebsfläche ist verjüngt. Davon sind 98% Naturverjüngung. In den letzten 10 Jahren ist die Verjüngungsfläche von Fichte um 6 ha gesunken, von Bergahorn dagegen um 5 ha und von sonstigem Laubholz um 7 ha gestiegen.

Tanne hat insgesamt einen Anteil von 10% an der Verjüngung, bei den Bäumen über 50 cm Höhe aber nur noch einen Anteil von 1 %. Das heißt, Tannen verjüngen sich, schaffen es aber kaum, aus dem Äser zu wachsen.

56% der Verjüngung sind Nadelbäume, 44% Laubbäume. Der Anteil ändert sich über die verschiedenen Größenklassen kaum. Fast die Hälfte der Laubholzverjüngung ist Bergahorn.

Die Abb. 11 zeigt eine deutliche Entwicklung der Baumartenzusammensetzung in der Verjüngung in den letzten 20 Jahren: Fichte ist stark gesunken, Laubholz stark gestiegen und bei Tanne gibt es einen positiven Trend.

Verbiss

Die Abb. 12 zeigt, dass der Verbiss bei Fichte und Buche unproblematisch ist. Ein Verbiss von über 50% bei Tanne und 40% bei Esche ist mit dem Ziel eines artenreichen Mischbestandes aus Naturverjüngung aber nicht vereinbar. Der Verbiss bei Ahorn und Esche war vor 10 Jahren noch bei 50% und ist damit erfreulicherweise gesunken. Bei Tanne ist der Verbiss unverändert extrem hoch.

Setzt man auf Tanne zur Stabilisierung der Nadelbaumbestände, ist man auf die Naturverjüngung auf ganzer Fläche (nicht kleinräumig im Zaun) angewiesen, da gepflanzte Tannen sich nicht bewährt haben. Trotz scharfer Bejagung – in den letzten 25 Jahren lag der Rehwildabschuss im Durchschnitt bei 12 Rehen pro 100 ha – kann dieses Ziel noch nicht erreicht werden. Der relativ hohe Anteil in der kleinen Verjüngung und einzelne Stellen mit älterer Verjüngung, wie in Abt. 3 und 9, lassen uns das Ziel, auch die Tanne aus natürlicher Verjüngung in den Folgebestand zu bekommen, nicht vergessen.

Nachhaltigkeit – aber welche?

Wie geht es waldbaulich weiter?

Es besteht ein hohes Spannungsverhältnis zwischen der wirtschaftlichen Bedeutung der Fichte und dem Risiko. Die guten Holzpreise insgesamt können bei Kalamitäten schnell deutlich sinken. Der wirtschaftliche Erfolg hängt zum großen Teil davon ab, dass man das Holz zum Zeitpunkt bester Preise verkauft. Stabilität ist der Schlüssel zur wirtschaftlichen Nachhaltigkeit.

Trotz aller Kalamitäten ist Fichte aber noch immer die Baumart, die die höchsten Erträge erzielt. Stabilisierung der Fichte und Baumartenwechsel zu ebenfalls wirtschaftlich interessanten Baumarten sind unser Weg. Daher werden planmäßig andere stabilere Baumarten gefördert: Tanne, Douglasie, Hybridnuss und Kirsche.

Früh einsetzende, häufige, mäßige Durchforstung ermöglicht den Ausbau eines guten Primärwurzelsystems und eine höhere Stabilität des Einzelbaumes durch ein niedrigeres H/D-Verhältnis. Auf den stabilen Standorten ist das erfolgreich. Hier sind in der Verjüngung auch hohe Laubholz- und Tannenanteile, die dem Förster die Freiheit der Ausformung eines ungleichaltrigen Mischbestandes bieten. Das Konzept ist stimmig.

Auf den labilen Standorten ist es ungleich schwerer, vernünftigen Waldbau zu betreiben. Hier stehen oft fast reine Fichtenbestände mit flächiger Naturverjüngung aus wieder überwiegend Fichte. Wie viel Investitionen sind hier sinnvoll? Es bleibt wenig Platz für großflächige Kulturen zum Baumartenwechsel. Reicht es aus, durch Pflege den Fichtenanteil zurück zu nehmen und auf den wenigen Flächen ohne Naturverjüngung standortsgerechte Baumarten zu bringen?

Man kann sich umso kürzere Umtriebszeiten leisten, je niedriger die Kulturkosten sind. Das heißt, man kann Naturverjüngungsbestände bei niedrigerer Höhe nutzen und senkt damit das Sturmwurfrisiko.

Wie viel traut man der Tanne, wie viel der Douglasie zu? Beide Baumarten sind gepflanzt Mimosen, aus Naturverjüngung aber vitaler und stabiler. Tanne braucht starke Bejagung, bei Douglasie haben sich Fegepfähle bewährt.

Sinkender Zuwachs gefährdet die Nachhaltigkeit des Betriebes. Wie kann der Förster den Zuwachs positiv beeinflussen? Buche, Tanne und Douglasie haben auch im Alter noch hohe Zuwächse.

In der Zukunft muss stammzahlschonender gearbeitet werden. Das heißt, nur die Z-Bäume zu begünstigen und die Zwischenräume undurchforstet zu lassen. Besonders bei Fichte kann man den hohen lGz der jüngeren Altersklassen nur bei einer nicht zu niedrigen Stammzahl halten.

Eine weitere Form der Nachhaltigkeit ist Kontinuität bei der Bewirtschaftung. Wie viel lernt man, wenn man den Wald über Jahrzehnte kennt, aufmerksam beobachtet und die Beobachtung durch gemessene Zahlen belegt: "Fraget die Bäume, wie sie wachsen. Sie werden Euch besser belehren, als Bücher dies tun." (Pfeil)