Waldinventur 2007/09: Betriebe und Bundesforste nutzen fast den Zuwachs

Bereits um die Jahrtausendwende hat der Gesamtholzvorrat im österreichischen Wald die Milliardengrenze überschritten. Ein Jahrzehnt später ist der Vorrat auf 1,135 Milliarden Vfm angestiegen – dies ist nicht ganz unerwartet, da auch die Waldfläche wieder zunahm.

Der Vorrat am Hektar stieg um 13 Vfm an, dies ist jedoch nur mehr die Hälfte (30 Vfm/ha) gegenüber den 90iger Jahren. Ursache dafür: die Nutzung erhöhte sich deutlich, gleichzeitig verringerte sich der Zuwachs leicht (Abbildung 1).

Aufgrund von internationalen Berichtspflichten waren begriffliche Harmonisierungen mit anderen Ländern notwendig: Zum Beispiel ist der Holzvorrat, der sich bei der ÖWI aus dem stehenden Schaftholzvolumen der Bäume einschließlich der Dürrlinge errechnet, ohne Dürrlinge anzugeben. Der gemeinsame Begriff "Growing Stock" meint das Volumen ohne Dürrlinge, die wiederum zum "stehenden Totholz" gezählt werden.

Im Zuge der Biomassestudie (2008) wurden Biomassekompartimente unterschieden, die aus den Baumdaten der ÖWI berechnet wurden. Die Stammvolumina von Bäumen ab 5 cm BHD wurden um Ast- und Nadelmassen ergänzt und in Atro-Tonnen Biomasse umgerechnet. Diese Ergebnisse liegen für den Ertragswald vor. Für Kyoto wird die oberirdische Biomasse des gesamten Waldes in Kohlenstoff umgerechnet.

Für diese Anforderungen wurden zusätzlich Modelle für die Berechnung der Volumina von Bäumen und Sträuchern unter 5 cm BHD ab einer Höhe von 1,30 m für den Ertragswald entwickelt und verbessert. Im Schutzwald außer Ertrag wurde einerseits die Vorratsschätzung vor Ort durch ein Winkelzählprobeverfahren genauer erhoben sowie ausgewertet und andererseits wurden für Sträucher (Latsche, Grünerle) über Modelle die Massen berechnet.

Alles in allem liegen nun Zahlen für die gesamte oberirdische Biomasse (Bäume und Sträucher ab einer Höhe von 1,30 m) im gesamten begehbaren Wald vor. Der Gesamtvorrat des Ertragswaldes erhöht sich dadurch um rund 4% auf 1,183 Milliarden m3 (Tabelle).

Tabelle: Vorrat und oberirdische Biomasse nach Betriebsart (Quelle: Österreichische Waldinventur 2007/09)

Betriebsart Stammvolumen
(Mio. m3)
%oberirdische
Biomasse (Mio. t)
ErtragswaldBäume ab 5 cm BHD1.13595,9618
Ertragswaldübrige Bäume und Sträucher100,86
ErtragswaldStrauchflächen20,21
Schutzwald außer Ertragalle Bäume, Sträucher und Strauchflächen373,121
gesamt 1.183100,0647

Vorrat im Ertragswald nimmt nicht in allen Wuchsklassen zu

Die unterschiedliche Vorratsentwicklung der letzten 20 Jahre im Ertragswald erklärt zum Teil die Verteilung der Vorräte nach Wuchsklassen in drei aufeinander folgenden Inventurperioden. Zunächst stieg der Vorrat im Stangenholz, Baumholz 1 (20-35 cm BHD) nur leicht und stärker im Baumholz 2 (36-50 cm BHD) und Starkholz (ab 51 cm BHD) an. In den letzten zehn Jahren hat das Baumholz 1 deutlich an Vorrat abgenommen. Die Flächen mit Baumholz 2 und Starkholz dagegen legen weiter Vorrat an (Abbildung 2).

Insgesamt stehen im Kleinwald 60% des Gesamtvorrates auf 54% der Gesamtwaldfläche. Folglich ist der Hektarvorrat mit 354 Vfm/ha deutlich höher als bei den Betrieben (313 Vfm/ha) und den Bundesforsten (316 Vfm/ha).
Etwas überraschend hat der durchschnittliche jährliche Zuwachs zwischen 2000 und 2009 gegenüber dem Zeitraum 1992-2002 um rund 1 Mio. Vfm abgenommen. Ursache dafür ist die höhere Nutzung und damit eine Abnahme an Zuwachsträgern. Dieser Trend ist in den Bundesländern nicht einheitlich.

Deutlich höhere Nutzung

Ursache für den Anstieg der Nutzung um 2,1 Vfm/ha/Jahr war sicher der attraktivere Holzpreis in der letzten Zeit und die Bemühungen, Biomasse für Verfeuerungsanlagen zu mobilisieren, aber auch die großen Sturmkatastrophen der letzten zehn Jahre. Dieser Trend liegt auch für die Bundesländer mit Ausnahme von Vorarlberg vor.
Aus der jährlichen Holzeinschlagsmeldung des BMLFUW (HEM) war bereits bekannt, dass die Nutzung seit 2003 deutlich anstieg. Die ÖWI-Ergebnisse bestätigen dies. Ein Vergleich mit der HEM zeigt eine gute Annäherung der Ergebnisse aus beiden methodisch ganz verschiedenen Statistiken (Abbildung 3).

Flächige Nutzungen ab 500 m2 haben zwischen 2000 und 2009 um 3,3 Mio. Vfm/Jahr zugenommen, das ist ein um 6% höherer Anteil an der Gesamtnutzung als im Beobachtungszeitraum 1992/2002. (Für Zuwachs- und Nutzungsergebnisse wird ein Beobachtungszeitraum definiert, der mit dem Anfang der ersten Periode beginnt und mit dem letzten Jahr der 2. Periode endet. Die Angaben sind immer jährliche durchschnittliche Werte für den Beobachtungszeitraum.)

Die Kleinflächennutzung ist ungefähr gleich geblieben, ebenso die Durchforstung. Verjüngungshieb und Räumung nehmen eher ein wenig ab. Die Zufallsnutzung hat sich gegenüber dem Beobachtungszeitraum 1992/2002 absolut verdreifacht. Der natürliche Abgang - das sind Bäume, die dürr geworden und zusammengebrochen sind - hat sich fast verdoppelt.

Der sehr hohe Anteil an zufälliger Nutzung zeigt, dass die ÖWI größere lokale Ereignisse, wie die Windwurfkatastrophen der letzten Jahre in ihren Ergebnissen zumindest teilweise widerspiegelt. Ein Rest an Unsicherheit bleibt, da bereits aufgearbeitete Kalamitätsflächen nicht ganz einfach von Schlagflächen zu unterscheiden sind (Abbildung 4).

Im Kleinwald ergibt sich ein ähnliches Bild: Der starke Anstieg flächiger Entnahmen überrascht etwas, mit Ausnahme der kleinflächigen Nutzungen zeigen alle Nutzungsarten steigende Tendenz.

In Betrieben ab 200 ha nimmt die flächige Nutzung geringfügig zu, alle anderen Nutzungsaktivitäten bleiben eher gleich, der natürliche Abgang und besonders die Zufallsnutzung stiegen deutlich an.

Bei den Bundesforsten nehmen die Eingriffe wie Durchforstung, Kleinflächennutzung und Verjüngungshieb ab. Die flächigen Nutzungen über 500 m2 haben sich dagegen dramatisch erhöht. Die starke Zunahme der Zufallsnutzung ist laut Auskunft der Bundesforste bei weitem unterschätzt und steckt in den flächigen Nutzungen. Der hohe natürliche Abgang liegt an Versäumnissen bei der Durchforstung.

Mortalität

Im "natürlichen Abgang" von Bäumen steckt ein Teil der für die Vorratsentwicklung maßgeblichen Mortalität. Er setzt sich zusammen aus zusammengebrochenen Bäumen, die bereits am Beginn des Beobachtungszeitraumes abgestorben waren, und solchen, die innerhalb dieser Zeitspanne abgestorben sind. Die Mortalität besteht aus den in diesem Zeitraum abgestorbenen Bäumen, die entweder schon zusammengebrochen sind oder noch stehen.

Von den 2,4 Mio. Vfm für den "natürlichen Abgang" sind 1,7 Mio. Vfm relevant für die Mortalität und ergeben zusammen mit den 2,5 Mio. Vfm stehend dürr gewordenen Bäumen 4,2 Mio. Vfm (Abbildung 5).

Die hohe Mortalität kann durch die in 30 Jahren zu beobachtende Erhöhung der Dichte der Bestände erklärt werden. Als Maßzahl wurde der SDI (stand density index) herangezogen.

Speziell die Betriebe ab 200 ha und die Bundesforste, deren Wälder großteils in steileren Hanglagen bis 50% bzw. > 50% stocken, durchforsten weniger sowie führen mit zunehmender Steilheit des Geländes weniger Vornutzungen durch; daher ist dort ein höherer "natürlicher Abgang" zu verzeichnen. Im Kleinwald finden die stärkeren flächigen Entnahmen ab 500 m² in allen Hangneigungen gleichmäßig statt, allerdings liegen die Wälder fast zur Hälfte in den flacheren Lagen bis 30% und nur je rund zu einem Viertel bis 50% und über 50% Neigung.

Nachhaltigkeit noch gesichert?

Die Betriebe und Bundesforste nutzen erstmals mehr als den Zuwachs. Während im Beobachtungszeitraum 1992/2002 die Schere zwischen Zuwachs und Nutzung gegenüber dem Beobachtungszeitraum 1986/1996 noch weit aufging, ist im Beobachtungszeitraum 2000/09 eine deutliche Trendwende eingetreten (Abbildung 6).

Zwar liegt der Kleinwald mit 73% noch deutlich im nachhaltigen Bereich (gemessen am Nutzungsprozent), dennoch ist der Anteil der Nutzung am Zuwachs kräftig gestiegen.

Warum haben gerade die intensiv wirtschaftenden Betriebe ein Nachhaltigkeitsproblem bekommen? Diese Besitzkategorien verfügen auch nach Abzug des natürlichen Abgangs nur mehr über einen Nachhaltigkeitsspielraum von 7 bis 8%. Der rapide Anstieg der Zufallsnutzung ist gerade in diesen Bereichen bei sorgfältiger Planung abzufedern, wenn nicht schon mit den normalen Nutzungen an die Grenzen gegangen wird (Abbildung 7).

Die Betriebe übernutzen nur im flachen Bereich bis 30% Neigung, während bei den Bundesforsten die Nachhaltigkeit in allen Hangneigungskategorien nicht mehr gegeben scheint (Abbildung 8).

Die Nachhaltigkeit ist zwar insgesamt für Österreichs Wald noch gegeben, da der Gesamtvorrat noch ansteigt und die stark erhöhte Nutzung den Zuwachs insgesamt noch nicht übersteigt. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass in einigen Bereichen bei den Betrieben und den Bundesforsten bereits nicht mehr von Nachhaltigkeit gesprochen werden kann, da die geplanten mit den ungeplanten Nutzungen zusammen bereits über dem Zuwachs liegen.

Ausblick

Der Vorrat wird vermutlich auch bei einer Nutzungsintensivierung im Kleinwald weiter steigen, wenn nicht weitere Großkalamitäten insgesamt zu einer Übernutzung führen.
Es bleibt offen, ob der Kleinwald weiter zu mehr Nutzung motiviert werden kann und ob die Betriebe und die Bundesforste ihre Nutzungsstrategie ändern, da die Häufung von Kalamitäten in den letzten 10 Jahren insgesamt zu einer Übernutzung geführt haben.

Nach Überlegungen in der Holz- und Biomasseaufkommensstudie muss jedoch durch einen nicht weiter ansteigenden Gesamtvorrat noch kein Nachhaltigkeitsproblem entstehen.

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