Das Institut für Waldinventur am Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) arbeitet intensiv daran, Strukturmerkmale aus hochauflösenden Fernerkundungsdaten wie Luftbildern oder Laserscanningmessungen abzuleiten. Damit wird eine wichtige Grundlage für die Klassifizierung und Bewertung der (Objekt-)Schutzwirksamkeit des Waldes geschaffen.

Die Schutzfunktion des Waldes umfasst den Objektschutz für Mensch, Siedlungen und Anlagen sowie den Standortschutz zur Verhinderung von Bodenerosion und zur Sicherung des Bewuchses und der Wiederbewaldung. Im Rahmen der Österreichischen Waldinventur (ÖWI) werden seit vielen Jahrzehnten umfangreiche Parameter im Standortschutzwald erhoben.

Die Objektschutzfunktion kann vor Ort kaum aufgrund der häufig weiten Distanz zwischen Aufnahmepunkt und dem zu schützenden Objekt festgestellt werden. Ein Objektschutzwald kann, aber muss kein Standortschutzwald sein.

Geländeerhebungen – eine wichtige Datengrundlage

Um die Objektschutzwirkung eines Waldes bewerten zu können, müssen zunächst die Flächen mit Objektschutzfunktion bekannt sein. Dabei stützt sich das BFW auf den GRAVIMOD-Modellansatz, der für verschiedene Gefahrenprozesse (wie etwa Lawine, Steinschlag oder Rutschung) potenzielle Objektschutzwaldflächen identifiziert.

Für eine erste, stichprobenbasierte Zustandsbewertung von Wäldern mit Objektschutzwirkung wurden die Daten der Österreichischen Waldinventur für den Kriterienkatalog des Programmes Initiative Schutz durch Wald (ISDW) angewendet.

Dafür wurde ein Bewertungstool entwickelt, das die Schutzwirkung für die unterschiedlichen Gefahrenprozesse getrennt sowie zusammenfassend in einer Bewertungszahl ermittelt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Schutzwirksamkeit für Lawine und Steinschlag relativ gut abbilden lässt, während dies für die anderen Prozesse aufgrund fehlender Daten bei der ÖWI oder methodischer Schwierigkeiten nicht möglich ist. Um eine generelle Verbesserung und flächige Beurteilung der Objektschutzwirkung zu erzielen, müssen daher die Punktinformationen der ÖWI mit neuen Methoden der Fernerkundung erweitert werden.

Welchen Mehrwert haben Luftbilder?

Hochauflösende Luftbilder bilden mit ihrer multispektralen Information, vor allem im nahen Infrarotbereich, eine wesentliche Grundlage für die Ableitung von Strukturmerkmalen im Wald. Zusätzlich können mithilfe von Laserscanningdaten Vegetationshöhen von Sträuchern, Bäumen und Beständen über das Gelände- und Oberflächenmodell ermittelt werden. Werden diese Fernerkundungsdaten gemeinsam verarbeitet, lassen sich folgende Waldinformationen, die im Zusammenhang mit der Schutzwirksamkeit stehen, automatisiert ableiten:

  • räumliche Lage von Wald- und Nichtwaldflächen
  • Lücken und Blößen im Wald
  • Überschirmungsgrad
  • Baumarten (Laub-, Nadel- und Mischwald)
  • Baumhöhen bzw. mittlere Bestandeshöhen
  • Bestandesstruktur (große, einheitliche Bestände)
  • Bodenrelief (Geländemodell)
  • Mindestgröße (Breite)

Damit ist es möglich, die Schutzwaldfläche in drei Schutzwirkungsstufen (ausreichende, kritisch-labile oder kritische Objektschutzwirkung), wie sie in der Bezirksrahmenplanung beschrieben sind, zu klassifizieren. Beispiele für die Überschirmung und die Lückendetektion aus Luftbildern verdeutlichen die Abbildungen 1 und 2. Die Überschirmung wird in Hexagonen mit einer Flächengröße von 0,25 ha und einem mittleren Über schirmungsprozent dargestellt.

Generell funktioniert die automatisierte Interpretation von Waldbeständen mittels Fernerkundungsdaten dort gut, wo größere, einheitliche Waldstrukturen vorliegen. Je kleinstrukturierter und vielfältiger die Bestände sind, desto größer sind die methodischen Herausforderungen.

Hier wird es notwendig sein, den vollen Informationsgehalt der Punktewolken aus dem Image-Matching-Verfahren und der Lasertechnologie zu kombinieren. Damit können die Schwächen des Image-Matchings, wie zum Beispiel im Bereich von Schatten, genau analysiert werden.

Auf Einzelpixelebene (20 cm Auflösung) fließt noch die Qualität der Höhen- und Farbinformation aus den Luftbilddaten mit ein, wodurch Informationen mit schlechterer Qualität weniger stark gewichtet und echte Fehler oder Artefakte erkannt und ausgeschlossen werden. Damit können komplexere Strukturen, wie sie in ungleichartigen und gemischten Wäldern vorliegen, für die Frage der Schutzwirksamkeit ausreichend genau beschrieben werden.

Nachteil dieser Methoden ist jedoch der enorm hohe Rechenaufwand. Die Datenmenge liegt im Bereich von mehreren Terabytes. Für eine effizientere Form der Datenbearbeitung ist hier noch Forschungsbedarf gegeben.

Satellitendaten bringen zusätzliche Information

Auch Satellitendaten werden künftig die Beurteilung der Schutzwirkung des Waldes gegen einzelne Gefährdungsprozesse ergänzen. Ihr Vorteil ist, dass sie im Vergleich zu Luftbildern in hoher zeitlicher Dichte zur Verfügung stehen. Zeitreihen von zehn oder mehr Bildern können im Laufe einer Vegetationsperiode gut die Phänologie von einzelnen Baumarten verfolgen. Zum Beispiel wird es möglich sein, die Lärche von anderen Nadelbaumarten zu trennen. Das ist deshalb wesentlich, weil die Lärche aufgrund ihrer geringeren Interzeptionswirkung in den Wintermonaten vor allem in Hochlagenbeständen eine geringere Schutzwirkung aufweist als andere Nadelbäume.

Grenzen sind gegeben

Der Anwendbarkeit von Fernerkundungsdaten sind allerdings auch Grenzen gesetzt. Derzeit können keine Aussagen über eine Verjüngung unter zwei Metern Vegetationshöhe bzw. unter Schirm getroffen werden. Dieses für die Stabilität
von Schutzwäldern sehr wesentliche Kriterium kann bis lang nur über terrestrische Erhebung erfasst werden. Das trifft auch für liegendes Totholz zu. Probleme bereitet derzeit auch noch die Abgrenzung von Strauchflächen zur restlichen Bestandesvegetation oder immer dort, wo Schatteneffekte eine Interpretation der Vegetationshöhe und -art unmöglich machen.

Hier könnte in Zukunft eine spezielle ALS-Technologie (Airborne Laser Scanning), das sogenannte „Full Wave“-Format, weiterhelfen. Dabei werden nicht nur Bodenpunkte und die Oberfläche der Vegetation extrahiert, sondern auch Informationen über die dazwischenliegenden Objekte geliefert. Diese Verfahren müssen für einen operationalen Einsatz allerdings erst entwickelt werden. Derzeit ist es auch noch ungewiss, wann ALS-Daten in dieser Form österreichweit zur Verfügung stehen werden.

Durch die Kombination unterschiedlicher Fernerkundungsdaten lässt sich jedoch die Beschaffenheit des Waldes bereits jetzt in guter Qualität darstellen. Ziel der Fernerkundungstätigkeit am BFW ist, die Ableitung der Datengrundlagen für eine österreichweite Beurteilung der Objektschutzwirkung weiter voranzutreiben und eine erste flächendeckende Bewertung des Objektschutzwaldes durchzuführen.