Die Österreichische Waldinventur (ÖWI) hat in den Jahren 1961-1970 Österreichs Wald erstmals auf Grundlage eines statistischen Stichprobeverfahrens erfasst. Damals betrug der Holzvorrat im Ertragswald rund 780 Millionen Vorratsfestmeter (Vfm). Seitdem ist der Holzvorrat kontinuierlich angestiegen und umfasst nach den neuesten Ergebnissen rund 1173 Millionen Vfm (Abbildung 1).

Darin enthalten ist ein stehender Totholzvorrat von 29,7 Millionen Vfm. Der Vorratsaufbau in Österreichs Wald fiel zuletzt etwas geringer aus. Mit 4,2 Millionen Vfm im Zeitraum 2007-2018 liegt die durchschnittliche jährliche Zunahme unter den 5,7 Millionen Vfm der Jahre 2000-2009. Zusätzlich zum Ertragswald misst die ÖWI in der laufenden Erhebung den Holzvorrat im Schutzwald außer Ertrag zum ersten Mal mit demselben Verfahren und kommt nach der derzeitigen Zwischenauswertung auf 31 Millionen Vfm.

Deutliche Änderungen in der Vorratsstruktur

Mit der Zunahme des Holzvorrates hat sich auch dessen Zusammensetzung verändert. Gegenüber den frühen achtziger Jahren kann eine eindeutige Verschiebung in den Durchmesserklassen festgestellt werden. Während die Vorräte in den BHD-Klassen bis 30 cm etwas abgenommen haben, erhöhten sie sich markant in den BHD-Klassen über 30 cm (Abbildung 2). In den oberen BHD-Klassen sind die Vorratszunahmen besonders hoch und erreichen in der Klasse BHD > 60 cm sogar das 2,7-fache der Waldinventur 1981/85.

Zusätzlich kam es zu einer Verschiebung zugunsten des Laubholzvorrates. Die Waldinventur 1981/85 ergab einen Nadelholzvorrat von 769 Millionen Vfm. Seither ist der Nadelholzvorrat um 20 Prozent auf 926 Millionen Vfm angestiegen. Der Laubholzvorrat hat im selben Zeitraum wesentlich stärker um rund 50 Prozent von 164 Millionen Vfm auf 247 Millionen Vfm zugenommen. Der Laubholzanteil in den BHD-Klassen ist deutlich unterschiedlich (Abbildung 3). Die Steigerungen liegen zwischen 1,5 und 7,6 Prozentpunkten und sind in der untersten und obersten BHD-Klasse am höchsten.

Vorratsaufbau hauptsächlich im Kleinwald

Die Vorratszunahme hat vor allem im Kleinwald bis 200 ha stattgefunden. Damit setzt sich ein seit über 30 Jahren beobachteter Trend weiter fort. Auch nach den Daten der jüngsten Waldinventur wurde die Schere zwischen Kleinwald einerseits und den Betrieben und den Österreichischen Bundesforsten andererseits wieder größer. Der Holzvorrat in den Betrieben über 200 ha nahm zuletzt gering ab, hingegen ist jener der Österreichischen Bundesforste wieder etwas angestiegen.

Zuwachs und Nutzung nähern sich weiter an

Für die laufende Zuwachsperiode zeichnet sich nach den aktuellen Daten der ÖWI ein geringer Zuwachsrückgang gegenüber der Vorperiode ab. Lag der durchschnittliche jährliche Zuwachs in den Jahren 2000-2009 bei 30,4 Millionen Vfm/Jahr, so wurde aktuell für den Zeitraum 2007-2018 mit 29,7 Millionen Vfm/Jahr ein etwas geringerer Wert berechnet. Gleichzeitig hat die Holznutzung im selben Zeitraum von 25,9 auf 26,2 Millionen Vfm/Jahr geringfügig zugenommen. Diese Trends können derzeit allerdings noch nicht statistisch abgesichert werden.

Jedenfalls liegt die Nutzung in Österreichs Wald aktuell noch deutlich unter dem Zuwachs. Das Verhältnis von Nutzung zu Zuwachs, das sogenannte Nutzungsprozent, beträgt 88 Prozent und ist seit der vorherigen Waldinventur um drei Prozentpunkte angestiegen (Tabelle 1).

Holznutzung auf hohem Niveau

Die Nutzungsmenge im Ertragswald befindet sich wie schon in der Vorperiode auf einem relativ hohen Niveau von rund 26 Millionen Vfm/Jahr. In den achtziger und neunziger Jahren wurde wesentlich weniger Holz genutzt, zwischen 18,8 und 19,8 Millionen Vfm/Jahr. Die vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) geführte Holzeinschlagsmeldung (HEM) weist für das Jahr 2003 eine Zunahme der Nutzung aus, die in weiterer Folge bis auf 21,8 Millionen Erntefestmeter (Efm) im Jahr 2008 anstieg und seither im Bereich von 16,7 bis 19,2 Millionen Efm/Jahr liegt. Die methodisch sehr unterschiedlichen Statistiken der ÖWI-Nutzung und der HEM können durch Umrechnungen vergleichbar gemacht werden (Abbildung 5).

Dafür muss der natürliche Abgang, also umgebrochene, aber nicht entnommene Stämme, vom ÖWI-Ergebnis abgezogen werden. Außerdem müssen die von der ÖWI berechneten Vorratsfestmeter in Rinde in die Erntefestmeter ohne Rinde der HEM umgerechnet werden. Die Ergebnisse der ÖWI und der HEM nähern sich dadurch deutlich an, der verbleibende Unterschied zwischen ÖWI und HEM beträgt rund 2,1 Millionen Efm o.R. (ohne Rinde).

Nutzungszunahme in schwierigeren Bringungslagen

Neben der generell höheren Holznutzung und der verbesserten Mobilisierung der Holzressourcen im Kleinwald weisen die neuen Waldinventurdaten auch auf einen Anstieg der Nutzung im steileren Gelände hin. Während im Schleppergelände das Verhältnis von Zuwachs zu Nutzung fast gleich geblieben ist, hat im Seilgelände die Nutzung und somit das Nutzungsprozent um rund 7,5 Prozentpunkte auf rund 94 Prozent zugenommen (Tabelle 2).

Größere Schadholzmengen

Der Anteil der Nutzungen aus Schadereignissen war in den Waldinventuren 2007/09 und 2016/18 generell etwas höher als davor. Die Nutzungszunahme im Seilgelände ist zum Teil auch auf Kalamitätsnutzungen zurückzuführen. Im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt weisen diese einen um fünf Prozentpunkte höheren Anteil auf. Generell sind die Kalamitätsnutzungen bei der ÖWI schwierig abschätzbar, weil die Erhebungen teilweise mehrere Jahre nach dem Schadereignis stattfinden.

Daher werden sie hier tendenziell unterschätzt. Der Anteil der flächigen Nutzung > 500 m2 ist um sechs Prozentpunkte niedriger als im Durchschnitt. Alle anderen Nutzungsarten liegen im Bereich von ± 1 Prozentpunkt des Mittels der Jahre 1981-2009. Abbildung 6 zeigt den Anteil der Nutzungsarten an der Nutzungsmenge der aktuellen Waldinventur.

Schlussfolgerungen

Nach der derzeitigen Sachlage kann man davon ausgehen, dass der Holzvorrat im österreichischen Ertragswald auch in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Allerdings liegen verschiedene Anzeichen vor, dass eine Unterbrechung dieses jahrzehntelangen Trends nicht gänzlich auszuschließen ist. Bei einer weiteren Nutzungssteigerung, sei es durch Intensivierung der Holznutzung oder durch ein wesentlich höheres Schadholzaufkommen, können die Erntemengen in den Bereich des geleisteten Zuwachses gelangen.

Gleichzeitig kann der Zuwachs aufgrund der Durchmesserstruktur und dem zusehends größeren Anteil alter Bestände weiter sinken. Angesichts des beobachtbaren Temperaturanstieges spielen dabei auch die Witterungsbedingungen der nächsten Jahre und die Wachstumsreaktion des Waldes auf geänderte Klimabedingungen eine Rolle.

Im Hinblick auf die derzeitige Vorratsstruktur stellt sich die Frage nach einer erstrebenswerten Durchmesserverteilung. Eine nachhaltige Versorgung mit Holz bestimmter Durchmesser- und Qualitätsklassen ist jedenfalls sicherzustellen. Deshalb spricht vieles für einen forstpolitischen Diskurs und der Entwicklung von Steuerungsmaßnahmen. Schon in näherer Zukunft wird für eine nachhaltige Deckung des Holzbedarfs eine intensivere Nutzung der stärkeren Baumdimensionen erforderlich sein. Eine gesteigerte Nachfrage seitens der Holz verarbeitenden Industrie für Durchmesser über 40 cm wäre dafür wichtig.