Die Gefährdung durch Totholz betrifft in erster Linie Forstleute, doch kann totes Holz auch Passanten gefährden, die sich zu Erholungs-, Sport- oder anderen Zwecken im Wald aufhalten. Die Gefährdungen sind unterschiedlicher Art. Stehende tote Stämme, die im falschen Moment umfallen, gefährden Leib und Leben direkt. Ähnliches gilt für herabfallende abgestorbene Äste grösserer Bäume. Liegendes Totholz ist wesentlich weniger problematisch, kann aber durch die bodennahen Strukturen, die es erzeugt, die Arbeit für Forstleute generell unsicherer machen und insofern indirekt die Gefährdung erhöhen. Hier ist an zusätzliche Stolper- und Sturzfallen zu denken. Umstürzende Dürrständer können überdies auch Sachschäden verursachen.

Die Gefahr wird häufig nicht erkannt

Die Erfahrung lehrt leider, dass sowohl die Auftraggeber als auch die ausführenden Forstleute die Gefahren, die von totem Holz ausgehen, häufig unterschätzen. Die folgenden beiden Beispiele zeigen, welche fatalen Folgen dieses Unterschätzen haben kann. Das zweite Beispiel illustriert zudem, dass Unfälle, die auf unsachgemässen Umgang mit Totholz zurückzuführen sind, auch in unerwarteten Situationen passieren können.

  • Fall 1: Ein Forstwart fällte eine grüne Fichte an einer dürren Fichte vorbei. Der fallende Baum streifte die tote Fichte und liess sie so auf rund zwölf Metern Höhe abbrechen. Der weggeschleuderte Teil des toten Stammes traf den Forstwart tödlich.
  • Fall 2: Aus ökologischen und auch aus wirtschaftlichen Gründen durften in einem Bestand gemäss Arbeitsauftrag nur vitale Bäume gefällt werden. Totes Holz musste der beauftragte Forstbetrieb stehen lassen. Das geschlagene Holz wurde per Helikopter ausgeflogen. Als der Helikopter Lastanhängemittel in den Bestand zurückbrachte, schaffte es der eine Flughelfer nicht, diese vom Lasthaken zu lösen. Ein zweiter Flughelfer und ein Forstwart eilten zu Hilfe. Als alle drei mit dem Lösen der Lastanhängemittel beschäftigt waren, krachte es. Der Forstwart konnte sich in Sicherheit bringen, doch die beiden Flughelfer wurden von einem umstürzenden Stamm getroffen. Eine abgestorbene Föhre war vom Rotor-Abwind des Helikopters zu Fall gebracht worden.

Die Abklärungen ergaben bei beiden Unfällen, dass sich weder der Auftraggeber noch die ausführenden Mitarbeiter der besonderen Gefahren bewusst waren, die von stehendem Totholz ausgehen.

Verantwortung beim Arbeitgeber

Die Richtlinie über den Beizug von Arbeitsärzten und anderen Spezialisten der Arbeitssicherheit (ASA-Richtlinie) der Eidgenössische Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS 2007) hält Folgendes fest: "Im Rahmen der allgemeinen Pflichten (Art. 3–10 VUV1 und Art. 3–9 ArGV 32) ermitteln alle Arbeitgeber die in ihren Betrieben auftretenden Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmenden und treffen die erforderlichen Schutzmassnahmen und Anordnungen nach anerkannten Regeln der Technik. Der Arbeitgeber hat die getroffenen Schutzmassnahmen und Schutzeinrichtungen regelmässig zu überprüfen, insbesondere bei betrieblichen Veränderungen."

Umgang mit Totholz vom Standpunkt der Sicherheit aus gesehen

Um die von Totholz ausgehenden Risiken zu minimieren, sind zusätzliche Sicherheitsmassnahmen zu ergreifen, welche über diejenigen der normalen Holzernte hinausgehen. Im folgenden Kapitel geben wir Hinweise zu diesen Massnahmen. Diese Hinweise sind jedoch nicht abschliessend. Beispielsweise ist der Aspekt der erschwerten Sicht in die Kronen durch belaubte Bäume bei der Sommerholzerei nicht berücksichtigt. Im Weiteren sind die hier aufgeführten Massnahmen nicht in den von der Suva zur Verfügung gestellten Arbeitshilfen enthalten.

Massnahmen während der Planung

Totholz wird vor allem im Rahmen von Naturschutzprojekten stehen beziehungsweise liegen gelassen. Einige der nachfolgend aufgezählten Massnahmen müssen bereits bei der Planung von solchen Projekten berücksichtigt werden. Deshalb ist es wichtig, dass nicht nur das Forstpersonal, welches die Arbeiten ausführt, sich der Risiken bewusst ist, sondern auch die Auftraggeber, welche häufig in kantonalen Verwaltungen oder in Naturschutzorganisationen tätig sind.

  • Stehendes Totholz, das für Forstleute bei der Holzerei das grösste Gefahrenpotenzial hat, sollte wenn immer möglich in Form von Totholzinseln oder als kombinierte Altholz- und Totholzinsel ausgeschieden und entsprechend bezeichnet werden (Abb.1). Einzelne stehende Totholzstämme in bewirtschafteten Beständen sind im Vergleich zu klar abgegrenzten Alt- und Totholzinseln viel gefährlicher.
  • In unmittelbarer Nähe von Strassen und Wegen sollten keine toten Stämme stehen gelassen werden. Der Sicherheitsabstand muss so gewählt werden, dass die toten Stämme, sollten sie umfallen, nicht auf den Verkehrsweg stürzen können.
  • Entlang von Stromleitungen sind Holzereiarbeiten ohnehin heikler auszuführen als anderswo. Sie sollten nicht durch stehendes oder liegendes Totholz zusätzlich erschwert werden.
  • Holzereiarbeiten in totholzreichen Beständen sind zeitlich und finanziell aufwendiger als anders - wo. Der dazu nötige Bedarf an Geld und Zeit muss in einem Projekt berücksichtigt werden. Wo der wirtschaftliche Druck zu gross ist, werden Gefahren weniger gut erkannt, und die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls steigt.
  • Das Personal, das für Arbeiten in totholzreichen Beständen eingesetzt wird, muss explizit auf die besonderen Gefahren vorbereitet werden. Am besten setzt man stets dasselbe, erfahrene und gut geschulte Personal ein.

Massnahmen bei der Holzerei

Die wichtigste Voraussetzung für einen sicheren Umgang mit den Risiken von Totholz sind die Schulung der ausführenden Mitarbeitenden sowie die Wahl von sicheren Arbeitsverfahren und geeigneten Arbeitsmitteln (Abb. 2). Die Mitarbeitenden müssen zudem bei Arbeiten in totholzreichen Beständen mit den nötigen Entscheidungskompetenzen ausgestattet werden und vom Leistungsdruck befreit sein. Die Entscheidung, ob im Einzelfall gefällt wird, muss den geschulten Mitarbeitenden vor Ort überlassen werden. Wir empfehlen bei der Holzerei die nachfolgend aufgeführten Massnahmen:

  • Holzereiarbeiten in totholzreichen Beständen müssen gründlich vorbereitet sein. Am besten zeichnen Eigentümer, Vorgesetzte des Auftragnehmers und Mitarbeitende gemeinsam an und markieren stehendes totes Holz unmissverständlich. Das sollte zu einer Zeit erfolgen, wenn die Sicht innerhalb des Waldes möglichst gut ist, für laubholzreiche Wälder also möglichst vor Austrieb des Laubes.
  • Vor Beginn der Arbeiten im Holzschlag besichtigt das ganze Team den geplanten Schlag gemeinsam, diskutiert das Vorgehen und die besonderen Gefährdungen (Abb. 3).
  • Vor dem Fällen muss jeder Baum und dessen Umgebung sorgfältig beurteilt und daraus die sicherste Fälltechnik abgeleitet werden. Auch ist immer ein sicherer Rückzugsort festzulegen, und der Weg dorthin muss hindernisfrei gemacht werden. Nach dem Fällschnitt ist der Rückzugsort unverzüglich aufzusuchen. Auf die Arbeit mit Keilen sollte beim Fällen verzichtet werden. Die Kommunikation im Team muss sichergestellt sein, beispielsweise durch den Einsatz von Helmfunk.
  • Beim Holzrücken muss zudem darauf geachtet werden, dass die Stämme kein Totholz streifen. Waldarbeiter dürfen sich nicht neben der zu rückenden Last aufhalten, und die Seilwinde muss ausserhalb des Gefahrenbereichs betätigt werden. Wenn ein Helikopter zum Einsatz kommt, sollte alles stehende Totholz im Gefahrenbereich auf seine Standfestigkeit überprüft und im Zweifelsfall gefällt werden.
  • Eine weitere Möglichkeit, um in Beständen mit stehendem Totholz mehr Sicherheit beim Arbeiten zu erreichen, besteht darin, dass man Bäume mit Seilzug oder einer Winde umreisst, ohne die Säge einzusetzen. Dabei muss das Seil möglichst hoch angebracht werden, am besten mit einer Leiter, damit weitgehend erschütterungsfrei gearbeitet werden kann.

Fazit

In totholzreichen Beständen ist die Holzerei gefährlicher als anderswo. Die Gefahren können aber wesentlich reduziert werden, sofern sich alle Beteiligten, vom Auftraggeber bis zu den Ausführenden, der Risiken bewusst sind, geschult sind und ihre stufengerechte Verantwortung wahrnehmen. Der Arbeitgeber ist letztendlich für die Umsetzung der erforderlichen Massnahmen verantwortlich. Die Mitarbeitenden müssen speziell geschult sein und die nötigen Kompetenzen haben, um im Einzelfall entscheiden zu können, ob und wie gefällt wird. Auftraggeber von Naturschutzprojekten im Wald müssen den Aspekt der Sicherheit auf der Stufe Planung berücksichtigen.
 

(TR)