Schnittschutzhosen stellen ein wesentliches Element der persönlichen Schutzausrüstung von Forstwirtinnen und Forstwirten dar, da sie schwerwiegende Verletzungen bei der Motorsägenarbeit verhindern können. Dies setzt aber eine entsprechende Pflege voraus. Welche Veränderungen die Fasern der Schnittschutzeinlage durch Waschvorgänge erfahren und welche Auswirkungen sich dadurch auf die Schnittsicherheit ergeben, wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes untersucht

Das Forschungsprojekt

Im Rahmen des Forschungsprojektes "ESiMoVA – Erhöhung der Sicherheit von Schnittschutzhosen für die Motorsägenarbeit durch Verbesserung der Alterungsbeständigkeit" wurden Alterungsprozesse an Schnittschutzhosen untersucht.

Die Untersuchungen erstreckten sich auf einen Zeitraum von 3 Jahren und endeten mit dem zweiten Quartal 2013. Das Forschungskonsortium setzte sich folgendermaßen zusammen: Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg, Hochschule Reutlingen - Fakultät Textil & Design, Rökona Textilwerke GmbH Tübingen, Thurner Garten- und Forsttechnik Ammerbuch, Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) sowie die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), vertreten durch die Unfallkasse Baden-Württemberg. So konnten vorhandene Kompetenzen und Erfahrungen gebündelt werden.

Das Projekt wurde gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Zusammenfassung der Ergebnisse

Waschen bewirkt eine sichtbare und messbare Veränderung der Schnittschutzeinlage. Die gesamte Einlage schrumpft in Länge und Breite und es findet eine Verfilzung der Fasern statt (Abb. 1). Durch die aufgeraute Oberflächenstruktur der Fasern erhöht sich der Fadenauszugswiderstand. Es scheint sich die Wirkung der Schnittschutzeinlage dergestalt zu verändern, dass nicht mehr primär das Verstopfen des Ritzels zum Stillstand der Kette führt, sondern dass bereits beim Durchtrennen der Fasern ein hoher Anteil der Energie absorbiert wird. So haben beim Prüfschnitt gewaschener Einlagen sieben von neun gewaschenen Proben den Normschnitt bestanden, obwohl weniger Fasern ins Ritzel gezogen wurden als bei den Referenzeinlagen.

Eine scheinbare Erhöhung der Schnittsicherheit kann damit begründet werden, dass durch die Reduktion der Schnittschutzeinlage in Länge und Breite bei gleichbleibender Fadenanzahl die Dichte der Schnittschutzmaterialien zunimmt.

Damit stehen die im Rahmen dieses Forschungsprojektes gewonnen (Teil-) Erkenntnisse im Widerspruch zu dem von Wichmann im Jahr 2001 unterstellten Zusammenhang zwischen der Schnittsicherheit einer Schnittschutzhose und dem Fadenauszugswiderstand. Jedoch bestanden die damals untersuchten Schnittschutzeinlagen vorwiegend aus Polyamidfasern, welche im Allgemeinen weniger alterungsbeständig sind. Die in den letzten Jahren auf dem Markt verwendeten Einlagen bestehen hauptsächlich aus Polyesterfasern, welche andere Eigenschaften aufweisen.

Obwohl die gewaschenen Einlagen auf dem Prüfstand besser abschneiden, könnte es in der realen Unfallsituation zu einer Verschlechterung der Schnittsicherheit kommen. Dies kann am Schnittschutzprüfstand selbst liegen: Die Sägeschiene ist an einer Schwenkeinrichtung montiert, deren Schwenkpunkt sich 130 mm hinter dem Antriebsritzel der Sägekette befindet. Werden nun bei den ungewaschenen Referenzeinlagen mehr Fäden gegen einen Auszugswiderstand gezogen als bei den behandelten Einlagen, so zieht sich aufgrund der Aufwärtsbewegung der Fäden im Ritzel die gesamte Schwenkeinrichtung der Sägeschiene schneller in die Schnittschutzeinlage. Diese Situation ist lediglich auf dem Prüfstand, nicht aber in der realen Unfallsituation zu beobachten: Dort bewegt sich die gesamte Motorsäge beim Eindringen der Kette in das Schnittschutzmaterial auf die Hose zu. In folgenden Forschungsprojekten soll deshalb untersucht werden, inwieweit die Ergebnisse der Schnittprüfungen des Prüfstands eine Aussagekraft über die Sicherheit einer Schnittschutzhose haben.

Die Untersuchungen

Verwendungsdauer von Schnittschutzhosen

Um Aufschluss über Einsatz, Pflege und Unfallgeschehen im Zusammenhang mit Schnittschutzhosen zu erhalten, wurde ein Fragebogen erstellt und auf Fachmessen sowie an forstlichen Stützpunkten und Ausbildungsstellen verteilt. Die Auswertung fand im Rahmen einer Bachelorarbeit an der Hochschule Rottenburg statt. Von rund 800 verteilten Fragebögen wurden 315 als ausgefüllte Rückläufer ausgewertet, was einer Rücklaufquote von 39 % entspricht. Die Auswertung erfolgte zum Teil getrennt nach Profi- und Hobby-Anwender/innen. Bei dieser Einteilung handelt es sich um eine Selbsteinschätzung der Befragten bezogen auf die Häufigkeit der Verwendung der Motorsäge sowie einer Ausbildung oder Tätigkeit in der grünen Branche. So gaben 77 % der Befragten an, Profis aus den Bereichen Forst, Baumpflege oder Garten- und Landschaftsbau zu sein.

Die für die Folgen der Alterung von Schnittschutzhosen wichtigste Frage nach der Verwendungsdauer erbrachte folgende Ergebnisse: Nach spätestens 3 Jahren werden 73 % der Hosen bei Profi- und 25 % bei Hobby-Anwender/innen ausgesondert. Nach spätestens 5 Jahren haben 91 % der Profis und 60 % der Hobby-Anwender/innen die Hosen ersetzt. Länger als 8 Jahre verwendet keiner der befragten Profis seine Schnittschutzhose, jedoch noch 18 % der Hobby-Anwender/innen (siehe Abb. 1).

In Anbetracht der Tragedauer stellt sich die Frage nach der Pflege, vor allem nach der Anzahl der durchgeführten Wäschen. 37 % der Profis gaben an, ihre Hosen öfter als einmal monatlich zu waschen, weitere 25 % zumindest einmal pro Monat. Wird die Schnittschutzhose im Schnitt circa zweimal pro Monat gewaschen, ergeben sich bei dreijähriger Tragedauer durchschnittlich circa 72 Wäschen.

Die Waschversuche

Im Rahmen des Projektes wurden mehr als 150 Schnittschutzeinlagen zweier Hersteller mit hohem Marktanteil (Engtex und Hermes) verschiedenen Tests unterzogen:

  1. Der Einfluss von Waschvorgängen bei 60°C wurde über eine Versuchsreihe mit 50 Wäschen ermittelt. Hierbei kam ein handelsübliches Vollwaschmittel der Marke „Persil“ zum Einsatz und die Einlagen wurden nicht geschleudert.
  2. Eventuell erhöhte Belastung durch Schleudern wurde in einer Versuchsreihe mit 25 Wasch- und Schleuderzyklen untersucht.
  3. Zusätzlich wurde eine Reihe Schnittschutzeinlagen unter Verwendung von Vollwaschmittel und Weichspüler 25-mal gewaschen.

Als Proben wurden Schnittschutzpads aus dem 6‑lagig wirksamen Engtex-041-Material und dem 8‑lagig wirksamen Hermes-Material gefertigt. Diese Pads verfügten über einen Futterstoff, allerdings nicht über einen Oberstoff. Auf diesen wurde verzichtet, da die auf dem Markt verwendeten Oberstoffe sehr unterschiedliche Eigenschaften aufweisen und das Ergebnis der Schnittschutztests hätten beeinflussen können.

Um einer zusätzlichen mechanischen Belastung beim Waschen entgegenzuwirken, wurden Schutzhüllen angefertigt und die Pads darin mit Clips befestigt. Dennoch konnte in der obersten Lage des Schnittschutzmaterials eine starke Beanspruchung und Laufmaschenbildung festgestellt werden (s. Abb. 1). Fraglich ist, ob dieses Verhalten der obersten Schnittschutzlage auch bei verschiedenen auf dem Markt befindlichen Oberstoffen nach dem Waschen zu beobachten ist.

Ebenso stellte sich nach Durchführung mehrerer Waschvorgänge eine spürbare und sichtbare Verfilzung des Materials ein. Diese erhöht den Fadenauszugswiderstand, welcher in der Vergangenheit als Kriterium für die Schnittsicherheit angesehen wurde.

Schrumpfverhalten von Schnittschutzeinlagen

Schnittschutzeinlagen aus Polyesterfasern erfahren durch das Waschen insgesamt eine Verformung. Um diese Veränderung in Längs- und Querrichtung der Schnittschutzeinlagen feststellen zu können, wurden die jeweiligen Pads vor und nach dem Waschen in Länge und Breite, jeweils in der Mitte, gemessen. Nach dem Waschen wurden die Pads der Länge nach in Form gezogen und dann getrocknet.

Durch die Waschvorgänge erfolgte eine Schrumpfung sowohl in Längs- als auch in Querrichtung der Schnittschutzeinlage (vgl. Tab. 1 und Tab. 2). Hierdurch ergibt sich eine höhere Faserdichte pro Quadratzentimeter bei der Schnittschutzeinlage, was sich auf die Schnittsicherheit auswirken kann.

Tab. 1: Schrumpfverhalten bei HERMES-Einlagen.
HERMES-Einlagen (Mittelwerte)Schrumpfung in LängsrichtungSchrumpfung in Querrichtung
nach 25 x Waschen und Schleudern10,6 %9,7 %
nach 50 x Waschen13,8 %7,8 %
über alle Waschdurchgänge12,0 %8,9 %
Tab. 2: Schrumpfverhalten bei ENGTEX-Einlagen.
ENGTEX-Einlagen (Mittelwerte)Schrumpfung in LängsrichtungSchrumpfung in Querrichtung
nach 25 x Waschen und Schleudern5,9 %8,1 %
nach 50 x Waschen4,6 %6,1 %
über alle Waschdurchgänge5,1 %6,9 %

Veränderung der Schnittsicherheit durch Waschen

Um die Schnittsicherheit nach den Waschvorgängen zu überprüfen, wurden die gewaschenen Schnittschutzpads auf dem für die Durchführung von Baumusterprüfungen akkreditierten Prüfstand der Hochschule Rottenburg bei einer Kettengeschwindigkeit von 20 m/s getestet. Dies entspricht der zugesicherten Schutzwirkung der Schnittschutzklasse 1. Als Referenz standen den gewaschenen Einlagen neue, ungewaschene Einlagen gegenüber. Die Prüfschnitte wurden in einem Winkel von 45° zum Hosenbein durchgeführt und die dabei entstehenden Öffnungen in der jeweiligen Lage in Schnittrichtung mit einer digitalen Schieblehre gemessen und erfasst.

Bei den Einlagen aus Hermes-Material wurde getestet, wie sich die Öffnungsweiten verhalten, wenn das Material zum einen 25-mal mit Weichspüler (n=3) und zum anderen 50-mal ohne Weichspüler gewaschen wird (n=3). Verglichen wurde jeweils mit baugleichen Referenzeinlagen (n=5) (vgl. Abb. 3).

Dabei war zu beobachten, dass sich die Schnittsicherheit bei gewaschenen Einlagen erhöhte. Gegenüber ungewaschenen Referenzeinlagen nahmen die Öffnungsweiten ab Lage 2 des Schnittschutzmaterials kontinuierlich ab. Die beiden letzten Lagen wurden bei keiner der gewaschenen Einlagen durchtrennt.

Bei den Einlagen aus Engtex-Material wurde untersucht, wie sich die Öffnungsweiten verhalten, wenn das Material 25-mal gewaschen und geschleudert (n=2) und zum anderen 50-mal gewaschen, aber nicht geschleudert wird (n=3) (vgl. Abb. 4).

Dabei zeigte sich, dass die 25-mal gewaschenen und anschließend geschleuderten Proben eine erhöhte Schutzwirkung aufweisen, da die letzte Lage jeweils nicht von der Sägekette durchtrennt wurde. Die 50-mal gewaschenen Einlagen hingegen weisen keine eindeutige Verbesserung der Schutzwirkung auf.

Folgerungen

Die bisher durchgeführten Untersuchungen unter Laborbedingungen haben ergeben, dass Waschen eine Veränderung der Schnittschutzeinlage verursacht. Sieben von neun gewaschenen Einlagen lieferten auf dem Prüfstand ein besseres Ergebnis als ungewaschene. Eine pauschale Reduktion der Schnittsicherheit aufgrund des Waschens kann somit nicht bestätigt werden. Auch eine Schädigung der Polyestergarne und ein damit einhergehender Festigkeitsverlust wurden nicht festgestellt.

Jedoch ist anzumerken, dass eine geschrumpfte Einlage eine geringere Gesamtlänge und -breite aufweist, wodurch sich insgesamt weniger Abdeckung des Beins mit Schnittschutzmaterial ergibt, vor allem in den Randbereichen. Infolgedessen ist in der Praxis ein wachsendes Sicherheitsrisiko zu erwarten. Somit wäre es seitens der Hersteller von Schnittschutzhosen oder der Garnlieferanten sinnvoll, für die Herstellung der Schnittschutzeinlagen ein Verfahren anzuwenden, mit dessen Hilfe das Schrumpfverhalten der Einlagen reduziert wird.

Das Schrumpfverhalten von Polyester ist abhängig von der Fixierung der Garne, die vor der Weiterverarbeitung stattfinden sollte. Zum Herbeiführen einer Formbeständigkeit der Garne können diese mittels Luft oder Wasser über eine definierte Zeit Temperaturen bis zu 180°C ausgesetzt und somit vorgeschrumpft werden. Dies würde bedeuten, dass das in der Untersuchung ermittelte Schrumpfverhalten wesentlich reduziert und damit das Risiko für die Anwender/innen verringert werden könnte.

Bei aller Vorsicht, die beim Waschen von Schnittschutzhosen angewendet wird, sollte aber auch der Trocknungsprozess nicht vernachlässigt werden. So muss darauf geachtet werden, dass die Schnittschutzhose keinesfalls auf links gedreht in der Sonne getrocknet wird. Dies würde alle zuvor ergriffenen Maßnahmen zunichtemachen, da das Material durch UV-Licht geschädigt wird.