2002 untersuchte die TU München auf zwei Fichten-Buchen- und zwei Eichen-Buchen-Beständen (je 1 ha groß) den Zustand der Verjüngung vor und nach Durchführung der Hiebe. Da diese Flächen über einen langen Zeitraum verjüngt werden, überschneiden sich die Nutzung des Altbestandes und seine Verjüngung sowohl räumlich als auch zeitlich.

Bei den Eingriffen 2002 wurden zwischen 70 und 90 Erntefestmeter pro Hektar gefällt und motormanuell aufgearbeitet. Das Langholz wurde anschließend mit Schleppern gerückt. Jede Versuchsfläche umfasste 400 Probekreise mit einer Fläche von je 2,5 m2, in denen alle Verjüngungspflanzen (v.a. Buche und Fichte) aufgenommen und beschrieben wurden. Eine zweite Aufnahme der vier Versuchsflächen erfolgte im Jahr 2010, wobei insgesamt über 4.500 Verjüngungsbäume erfasst werden konnten.

Hauptziel der Wiederholungsaufnahme 2010 war es, zu untersuchen, ob sich beschädigte und unbeschädigte Verjüngungsbäume unterschiedlich entwickeln. Außerdem waren noch von Interesse

  • wie sich die Schäden auf die Holzqualität auswirkten,
  • wie viele der beschädigten Verjüngungspflanzen noch existierten,
  • wie sich die Struktur der Verjüngung insgesamt veränderte und
  • bis zu welchem Grad Verluste durch Holzernte als Vorwegnahme einer natürlichen Stammzahlreduktion gesehen werden können.

Struktur der Verjüngung

Probekreise, die 2002 stammzahlreich waren, verloren bis 2010 die meisten ihrer Bäume (Abb. 1). Stammzahlarme Probekreise wurden dagegen aufgefüllt. Insgesamt nahm die Stammzahl um etwa 10 % ab.

Auf den Fichten-Buchen-Flächen hält die Fichte 2010 in allen Höhestufen über zwei Metern einen Anteil von 10-20 % an der Stammzahl. In niedrigeren Höhenstufen nimmt ihr Anteil erheblich zu. Sie trägt stark zum Auffüllen der 2002 verzeichneten Stammzahl-Verluste bei. Dadurch steigt der Fichtenanteil auf etwa 25 % an, die restlichen drei Viertel bestehen aus Buchen. Die Buche dominiert auch die Verjüngung auf den Eichen-Buchen-Flächen, die Fichte bleibt dort in allen Höhenstufen deutlich unter 5 %. Eichensämlinge, die 2002 noch in der Verjüngung zu finden waren, sind 2010 aufgrund von Lichtmangel vollständig verschwunden.

Fehlten in den Probekreisen nach dem Hieb mehr als zwei Drittel der Bäume, stieg die Stammzahl im Mittel an. Dagegen sank die Stammzahl, wenn 2002 nach dem Hieb mehr als die Hälfte noch vorhanden waren (Abb. 2). Die Hiebsmaßnahme hat also einen Teil der natürlichen Stammzahlreduktion in der Verjüngung vorweggenommen. Im Bereich von 1-7 m Ausgangshöhe lag der jährliche Höhenzuwachs bei etwa 30-40 cm pro Jahr (Abb. 3).

Zahl der beschädigten Bäume

Unmittelbar nach dem Hieb waren mehr als 10 % der Bäume beschädigt. 2010 waren jedoch nur an 2,5 % der Bäume Spuren von Beschädigungen der Rinde zu entdecken! Selbst einschließlich schiefer Bäume konnte 2010 nur noch etwa ein Drittel der 2002 als beschädigt erfassten Bäume beobachtet werden. Somit ist ein erheblicher Selbstreinigungseffekt erkennbar. Ursachen dafür könnten sein:

  • Geringere Schäden aus 2002 sind bei den meisten Bäumen so gut verheilt, dass sie 2010 okular nicht mehr entdeckt und die Verjüngungsbäume daher nicht als beschädigt erfasst wurden.
  • Es wurden bei beiden Aufnahmen lediglich Verjüngungsbäume ab 20 cm Höhe erfasst. Etliche der 2010 aufgenommenen Bäume stammen daher aus Einwuchs und wurden 2002 nicht erfasst.
  • Stärker beschädigte Verjüngung fiel wahrscheinlich wegen eines dadurch bedingten Konkurrenznachteils aus.

Zwischen 2002 und 2010 wurden aus den Altbeständen einzelne Käferbäume entnommen. Hierdurch wurden weitere Schäden an der Verjüngung verursacht, die bei der Aufnahme 2010 erfasst wurden. Der tatsächliche Ausfall an 2002 beschädigten Verjüngungsbäumen dürfte daher noch stärker ausgefallen sein.

Mehr als die Hälfte der 2010 als beschädigt angesprochenen Bäume wird es in den nächsten Jahren mit erheblicher Konkurrenz durch vorwüchsige, unbeschädigte Bäume zu tun bekommen. Wahrscheinlich werden die in Abb. 4 unterhalb der Winkelhalbierenden liegenden Bäume in den nächsten Jahren durch Konkurrenz in ihrer Höhenentwicklung zurückfallen.

Stammanalysen

Über 30 beschädigte Verjüngungsbuchen wurden entnommen und in den Rindennarben durchtrennt. In allen Fällen war das Holz weniger als 2 cm tief, in mehr als drei Viertel der Fälle unter 5 mm tief verfärbt. Okular wurde keine Fäule festgestellt. Rindenschäden, bei denen das Holz bis 30 mm Breite freigelegt wurde, wurden zumeist vollständig überwallt (Abb. 5). Breitere Schäden waren auch nach 8 Jahren vielfach noch offen, wodurch das Risiko eindringender Fäule hier nicht ausgeschlossen ist.

Folgerungen für die naturnahe Forstwirtschaft

Das Versuchsergebnis legt nahe, dass bei selektiven Hieben in vorausverjüngten Beständen kaum negative Einflüsse für Buchen-(Fichten-)Naturverjüngung zu erwarten sind. Der Anteil stark beschädigter Bäume geht auf der Fläche mit der Zeit stark zurück. Fehlende Bäume werden meist durch Einwuchs oder neue Naturverjüngung ersetzt. Selektive und mäßige Hiebe nehmen einen Teil der natürlichen Stammzahlreduktion vorweg. Rindenschäden bis etwa 3 cm Breite werden relativ problemlos überwallt. Außer Verfärbungen waren okular kaum gravierende innere Holzschäden zu beobachten.

All dies gilt unter folgende Voraussetzungen:

  • Der Bestand hat eine systematische Feinerschließung, die eine geregelte Rückung ermöglicht.
  • Eine strikte Fällordnung wird eingehalten, bei der die Kronen der gefällten Bäume auf den Rückegassen oder in verjüngungsfreien Bereichen zum Liegen kommen.
  • Die Verjüngung ist stammzahlreich.
  • Der Hieb liegt unter etwa 100 Efm/ha. Bei Räumungshieben/ stärkeren Entnahmen ist mit größeren Lücken in der Verjüngung zu rechnen.
  • Der verbleibende Altbestand kann Lücken durch Naturverjüngung auffüllen und erhöht zugleich den Konkurrenzdruck. Dadurch wird eine natürliche Abnahme des Anteils beschädigter Bäume begünstigt.
  • Wenn die Verjüngung in das Stangenholz übergeht, müssen die verbleibenden Altbestandsbäume später problemlos aus den Verjüngungskernen herausgefällt werden können. Andernfalls können sie auch dauerhaft als Überhälter verbleiben. Eine femelartige Waldstruktur sollte dieses Vorgehen begünstigen.