Luftfilter und Gehäuse reinigen, und das täglich. Ebenso die Kettenspannung überprüfen und die Kette, falls notwendig, schärfen. Wenn Walter Popotnig mitten in der Nacht aufgeweckt und gefragt werden würde, was er bei der Motorsägenwartung zu beachten hat, sollte er "im Schlaf" die neun wichtigsten Punkte aufzählen können. Herr Popotnig besitzt vier Hektar Wald, macht den Großteil der Waldarbeiten in Eigenregie und arbeitet immer wieder für Holz­unternehmen. Nachdem der benachbarte Waldbesitzer sich bei der Waldarbeit schwer verletzt hatte, entschloss er sich zu einer fundierten Motorsägen-Ausbildung

Die häufigsten Verletzungen sind laut Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) Brüche. Etwa jeder zweite bricht sich bei der Waldarbeit einen oder mehrere Knochen. Dabei sind meistens Finger, Knöchel, Fußgelenke und Unterschenkel betroffen. Acht Prozent der Verletzungen erfolgen am Kopf. Ein Großteil der Unfälle könnte mit erhöhter Vorsicht und entsprechenden Schutzvorkehrungen verhindert werden. Besonders der Samstag ist bei privaten Waldarbeiten laut Statistik "gefährlich", etwa ein Drittel der Unfälle ereignen sich an diesem Tag. Auch ältere Motorsägenbenutzer sollten auf der Hut sein. Mehr als die Hälfte der Verletzten sind älter als 60.

Auch fehlender Schutz wirkt sich aus. Jeder vierte Verletzte hat zum Unfallzeitpunkt keine Ausrüstung getragen. Vier von fünf Personen verzichten beim privaten Waldarbeiten auf das Tragen eines Helmes. Jeder Zweite verzichtet auf Arbeitshandschuhe.

Vier Module zum Zertifikat

"So eng können sie nicht reinschneiden", sagt der Trainer Thomas Fankhauser Herrn Popotnig. Derzeit absolviert er das erste Modul der Ausbildung zum Motorsägenführerschein an der Forstlichen Ausbildungsstätte Ossiach. "Eng reinschneiden" betrifft in diesem Fall die richtige Motorsägenführung. Walter Popotnig möchte alle vier Module absolvieren und am Ende zur Prüfung antreten. Mit diesem Zertifikat kann er nachweisen, dass er nach einem europaweit einheitlich geregelten System geprüft wurde.

Einheitliche Standards zur Motorsägenarbeit sind schon lange ein Thema innerhalb der Forstwirtschaft. Die Europäische Vereinigung der Berufe in Forstwirtschaft und Umwelt (EFESC) machte sich dafür stark.

Vor rund zehn Jahren erhielten Expertinnen und Experten von forstlichen Ausbildungsstätten, Unfallversicherern, Gewerkschaften und Forstunternehmerverbänden aus 14 euro­päischen Ländern den Auftrag, europäische Motorsägenstandards (European Chainsaw Standard, ECC) zu definieren. Es handelt sich um Mindeststandards. Die europäischen Zertifikate werden nach dem Bestehen einer genau festlegten Prüfung ausgegeben. Ein vorheriger Besuch eines Kurses wird empfohlen, ist aber nicht Pflicht. Dies war der Expertengruppe wichtig, da diese Regelung besonders Beschäftigten, die bereits langjährig im Wald tätig sind, entgegenkommt.

Höhere Arbeitschancen und weniger Arbeitsunfälle

Derzeit verwenden folgende Länder die ECC-Standards: Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Rumänien, Schweiz, Spanien und Österreich; Polen und Tschechische Republik kommen in nächster Zeit dazu. Diese Standards sollen Arbeitsunfälle verringern und die Kenntnisse und die Fertigkeiten der Motorsägenführenden verbessern. Zudem kann der Zertifikatsinhaber in vielen europäischen Ländern arbeiten. Seit 2018 wird beispielsweise in Deutschland bei öffentlichen Ausschreibungen Bezug auf die Motorsägenstandards (ECC) genommen. In Österreich bietet die forstliche Ausbildungsstätte Ossiach des BFW Prüfungstermine für das Zertifikat an.

Die nationale Koordinierungsstelle für das ECC-Zertifikat in Österreich ist das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus. Der Vorteil eines solchen Zertifikats liegt auf der Hand: Die Zertifikatsinhaber sind in einer europaweiten Datenbank gelistet und somit leicht überprüfbar.

Drei Teilprüfungen

Ein umgefallener Baum versperrt die Straße. "Wie trennen Sie den Wurzelteller vom Stamm? Was machen Sie Herr Popotnig, wenn Sie merken, dass sie rutschen?", fragt Thomas Fankhauser. Walter Popotnig ist etwas gestresst, er ist mitten in der dritten und letzten Teilprüfung. Er überlegt sich noch die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen und zeigt dem Prüfer Thomas Fankhauser, wie er vorgehen würde. "Bestens, Prüfung bestanden. Jetzt haben Sie den Führerschein", freut sich Fankhauser mit Herrn Popotnig.

Tipps für die sichere Waldarbeit

  • Nicht alleine arbeiten.
  • Sich ausreichend Zeit für die Waldarbeit nehmen und Zeitdruck vermeiden.
  • Das Tragen der Schutzausrüstung ist dringend zu empfehlen.
  • In Hanglagen niemals über- oder untereinander arbeiten.
  • Erste Hilfe-Ausrüstung sollte immer griffbereit sein.
  • Eine gute Ausbildung und Erfahrung erhöhen die Arbeitssicherheit.

Das europäische Motorsägen-Zertifikat

  • Modul 1: Technische Grund­lagen, Motorsägen Wartung, Einschneide­techniken
  • Modul 2: Grundlagen der Schwachholzaufarbeitung
  • Modul 3: Fällen und Aufarbeiten von mittelstarkem und starkem Holz
  • Modul 4: Geworfenes und gebrochenes Holz, Windwurfauf­arbeitung