In langen Jahren erfolgreicher Arbeit hat sich die Waldpädagogik zu einem wesentlichen Teil der Umweltbildung weiterentwickelt. Schon lange ist sie nicht mehr nur willkommener Ausflug in die Natur. Sie vereint bewusst verschiedene Lernfelder: Umweltbildung, Bewegungspädagogik, Soziales Lernen und Allgemeine Pädagogik. Mehr und mehr entwickelt sie sich von der klassischen Umweltbildung zu einer übergreifenden Bildungsarbeit, die Aspekte einer nachhaltigen globalen Entwicklung integriert. Die Anbieter waldbezogener Bildungsprogramme müssen darauf professionell reagieren. Ein Weg dazu ist die Qualifikation der Akteure.

Seit Beginn der 1990er Jahre setzt sich die Bayerische Forstverwaltung intensiv für die Entwicklung neuer Methoden in der professionellen waldpädagogischen Arbeit sowie für deren Verbreitung ein. In mehr als 15 Jahren Entwicklung und Fortbildung ist das Niveau der Waldpädagogik, wie sie in Bayern und in vielen deutschsprachigen Ländern geleistet wird, auf einem sehr hohen, aber auch sehr differenzierten Niveau angelangt. Doch die Umweltbildung – und damit auch die waldpädagogische Arbeit – steht nicht still. Angestoßen von gesellschaftlichen Prozessen, wie beispielsweise den Konferenzen der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro, New York oder Johannesburg und den UN-Klimakonferenzen in Kyoto oder auf Bali, entwickelt sich die Bildungsarbeit weiter. Verstärkt wird dieser Prozess durch die Medienpräsenz des Klimawandels und durch die Notwendigkeit, rasch und angemessen zu reagieren.

Ein weiterer Aspekt ergänzt diese Handlungsnotwendigkeit: Die Kompetenzen der in Deutschland tätigen Waldpädagogen sind ausgesprochen heterogen. Es gibt Personen mit fundierten Ausbildungen und langjähriger Erfahrung, die hervorragende Arbeit leisten, genauso wie selbsternannte "Waldpädagogen" (der Begriff ist als Berufsbezeichnung nicht geschützt), die weder über forstlich-ökologisches noch über methodisch-didaktisches Fachwissen verfügen. Und natürlich gibt es ein breites Mittelfeld.

Vergleichbaren Qualifizierungsrahmen schaffen

Diese Tendenzen und Tatsachen hat die ständige Konferenz der Forstchefs des Bundes und der Länder (Forstchefkonferenz) erkannt und im April 2007 die Einführung und Realisierung eines Waldpädagogik-Zertifikats beschlossen. Übergreifendes Ziel war es, einen von allen beteiligten Bundesländern gemeinsam getragenen und inhaltlich vergleichbaren Qualifizierungsrahmen abzustecken und somit einen einheitlichen Mindest-Qualitätsstandard für Waldpädagogen in Deutschland zu schaffen.

Ökosystemares Wissen und methodisch-didaktische Fertigkeiten

Wer anderen Menschen ein Thema nahe bringen möchte, benötigt dazu zwei wesentliche Grundlagen: Das notwendige Fachwissen und das Wissen über die geeigneten Vermittlungsmethoden sowie deren Hintergründe.

In der Waldpädagogik geht es fast immer um ganzheitliches Lernen im Lebensraum Wald. Dabei ist der Wald nicht Kulisse, sondern Lernort und Beispiel. Um das in geeigneter Weise nutzen zu können, ist Fachwissen über das Ökosystem Wald, über ökologische Zusammenhänge und über den sinnvollen Umgang mit dem Wald entsprechend der ganzheitlichen gesellschaftlichen Anforderungen notwendig.

Methodisch versteht sich Waldpädagogik eher der "Umweltbildung" als der "Pädagogik" verpflichtet. Somit ist Waldpädagogik nicht im Sinne einer "klassischen Pädagogik" zu verstehen, sondern mehr eine Variation verschiedenster Methoden, mit der an einem besonderen Lernort gezielt Bildungsziele vermittelt werden.

Modulstruktur der Zertifikatsausbildung

Ein modularer Aufbau kennzeichnet den beschlossenen Mindestrahmen formal. Er gliedert sich in zwei Grundmodule und vier Hauptmodule mit Pflicht- und Wahlpflicht-Inhalten. Für diese Schulungseinheiten ist ein Zeitrahmen von mindestens 18 Tagen vorgesehen. Dabei ist es möglich, Vorkenntnisse – etwa aus einer forstlichen oder pädagogischen Berufsausbildung – statt der Grundmodule anzuerkennen.

Ergänzend zu den Qualifizierungsmodulen ist eine Praxisphase von mindestens 40 Stunden zu absolvieren. Die Zertifikatsausbildung schließt mit einer Prüfung ab. Die Organisation und Koordination der Zertifikats-Qualifizierung obliegt den einzelnen Bundesländern.

Inhaltlich geht es in den beiden Grundmodulen um grundlegende Kenntnisse zu Wald und Forstwirtschaft sowie um einen ersten Einblick in pädagogische Denkweisen und methodische Ansätze. Die Hauptmodule A und B wenden sich vor allem der Vermittlung waldbezogener Themen, Inhalte und Zusammenhänge mit geeigneten methodisch-didaktischen Ansätzen zu und beinhalten Trainingsmöglichkeiten. Neben bewährten Methoden sind auch Prinzipien der "Bildung für nachhaltige Entwicklung" elementarer Bestandteil dieser beiden Module. Im Modul C sind rechtliche und organisatorische Hinweise und Tipps vorgesehen, das Modul D soll insbesondere Angebote anderer Träger umweltpädagogischer Fortbildungsanbieter integrieren.

Qualifikationen in der Umweltbildung/ Bildung für nachhaltige Entwicklung

Methoden-Workshops als Zusatzqualifikation zu verschiedenen Berufsbildern gibt es in Bayern in großer Zahl. Berufsbegleitende Weiterbildungen, die die notwendigen Kenntnisse für eine erfolgreiche Arbeit in der Nachhaltigkeitsbildung vermitteln, sind eher selten. Eine Auswahl weiterer Fortbildungsmöglichkeiten finden Sie im Internet z.B. bei Ökoprojekt Mobilspiel e.V. oder bei SILVIVA.

Umsetzung in den Bundesländern

Das Land Baden-Württemberg bietet bereits seit mehreren Jahren ein Waldpädagogik-Zertifikat an. Die Standards des bundesweiten Rahmens werden erfüllt. Sachsen-Anhalt hat 2007 in einer ersten großen Aktion Qualifizierungen für Mitarbeiter des dortigen Landesbetriebs auf Basis des bundesweiten Rahmens durchgeführt. Eine Fortführung ist denkbar, die Ausweitung auf andere Zielgruppen noch nicht abzusehen. Der Landesbetrieb Hessen-Forst bietet seit April 2008 ein Kursprogramm für eine breitere Zielgruppe an.

Das Waldpädagogik-Zertifikat in Bayern

Die Bayerische Forstverwaltung entschied sich dazu, den Beschluss der Forstchefkonferenz mitzutragen und umzusetzen. In einem ersten Schritt sollten zunächst die vorrangig mit Waldpädagogik befassten Mitarbeiter der Forstverwaltung qualifiziert werden um nach einer Prüfung das Zertifikat zu erlangen. Ein zahlenmäßig bemessenes Angebot für weitere Interessenten ist möglich.

Daneben können Studierende bzw. Absolventen der Hochschule Weihenstephan-Triedorf, die nachweisen können, dass sie im Rahmen ihres Studiums die Anforderungen des bundesweiten Rahmens erfüllen, die Prüfung ablegen und das Zertifikat erwerben.

Alexander Riedelbauch war Mitarbeiter im Referat Forschung, Innovation, Waldpädagogik am Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.