Walderlebniswelten sind mit speziellen Naturlehrmitteln ausgestattete Gelände, in welchen den Besuchern (vor allem Kindern) ermöglicht wird, sich per „Rollentausch“ mit liebenswerten Waldbewohnern zu identifizieren.

Es beginnt mit den Waldlehrpfaden …

Waldlehrpfade (Walderlebnispfade, Waldlernpfade ...) sind forstfachlich betreute, mit Informationen über Tiere und Pflanzen, Landschaft, Wald und Forstwirtschaft sowie regionales Wissen und meist auch mit diversen speziellen Naturlehrmitteln ausgestattete Waldwege, welche die Besucher i.d.R. auch ohne fachkundige Begleitung nutzen können.
„Waldlehrpfade“ stellen eine von 25 waldpädagogischen Kategorien.
Es gibt in Deutschland weit über 1000, im Bundesland Brandenburg fast 90 Waldlehrpfade.

Tafelpfad, Nummernpfad, Erlebnispfad …

Die ersten Waldlehrpfade entstanden im Märkischen in den 1920-er Jahren.
Bis zu den 1970-ern konzipierte man zunächst nur schilder- und tafelgestützte „Belehr“- und Informationspfade.
Dann kamen auch „Nummernpfade“ auf: Die „Naturexponate“ wurden relativ unauffällig (und damit waldfreundlicher) nummeriert; der Begang war dann allerdings nur mit Hilfe eines an einem zentralen Punkt („Starttafel“ etc) gelagerten Begleitmaterials möglich.
Seit den 1980-ern schließlich gibt es auch verschiedene Typen von Erlebnispfaden, die den Waldaufenthalt mit „Kopf, Herz und Hand“ und damit nachdrücklicher ermöglichen sollten.

Rollende Waldlehrpfade

Auch waldmobil-gestützte „rollende Walderlebnispfade“ zur Verwendung auf Messen und anderen Großveranstaltungen bzw. im schulnahen Raum gibt es schon – sie werden seit der Jahrtausendwende genutzt; in Erweiterung der Idee der „Waldschulstände“ zum Beispiel zur brandenburgischen Landwirtschaftsausstellung (BraLa).

Baumkronenpfade

Zur Gruppe der Walderlebnispfade zählen auch die (technisch und finanziell sehr aufwändigen, aber prestige-trächtigen) Baumkronenpfade, deren Besonderheit darin besteht, dass die Besucher zwischen den Baumwipfeln hindurch geführt werden.
Brandenburg hat so etwas nicht und hält dies auch nicht für zielführend; das Kosten-Nutzen-Verhältnis überzeugt nicht.

Die „arme Sau der Waldpädagogik“?

Alle diese Waldlehrpfade (auch die modernen Erlebnispfade!) haben gegenüber anderen walpädagogischen Angeboten mehrere Nachteile:

Sie können nicht zielgruppenorientiert angewandt werden (stehen also der interessierten Familie ebenso offen wie dem betrunkenen Disco-Heimkehrer - was sie natürlich nicht leisten können) und sind damit „zerstörungsanfällig“. Erstellt sind sie leicht, aber schwer erhalten!

Ihr Hauptnachteil aber ist: Sie vermögen einen menschlichen „Waldinterpreten“ in keiner Weise zu ersetzen, können also nicht „auf Tiefe“ gehen, und werden insofern manchmal auch als „arme Sau der Waldpädagogik“ (= letzte und schlechteste Möglichkeit waldbezogener Umweltbildung) bezeichnet.

Ausweg: Waldrallye-Stützpunkt-Funktion

Um diese Nachteile ein wenig auszugleichen, ging man im Interesse zusätzlicher Zielgruppenorientierung ab dem Jahr 2000 in Brandenburg dazu über, die (ohnehin vorhandenen) Lehrpfade auch als Grundlage/ Basis fachlich betreuter Waldrallyes, Waldprojekttage, Waldseminare ... zu verwenden.

Waldmännlein-Pfade

Kosten- und auch forstästhetik-relevant war es, dass seit Mitte der 1990-er Jahre statt großer aufwändiger & spayer-gefährdeter Informationstafeln schlichtere, weniger anfällige und dem Wald angepasstere Wissensträger verwendet werden.
Bewährt haben sich dabei z.B. „Waldmännlein“. Das sind ca. 120 cm hohe und ca. 20 cm dicke Rundhölzer, unter deren abklappbarem, mit „Greifnase“ versehenen Kopf die Informationen / Erlebnisanregungen sichtbar werden.
Auf den Punkt kommen!

Auf den Punkt kommen!

Das Sicherheits-, Kosten- und Pflegeargument war auch Auslöser des um 2000 in Brandenburg durch den Müllroser Forstwirtschaftmeister Roland Boljahn initiierten Trend „Vom Waldlehrpfad zum Wald-Erlebnispunkt“:
Statt auf einer kilometerlangen anfälligen Wegestrecke kommen die Informationen / Anregungen in einem geeigneten Gelände „kompakt“ zur Darstellung.
Solche Erlebnispunkte sind oft in unmittelbarer Nähe von Forsthäusern oder touristischer bzw. gastronomischer Einrichtungen angelegt. Die Bedürfnisse Bildung - Erholung bzw. Bildung - Ernährung können so miteinander verknüpft, die Anlagen durch jeweils Verantwortliche gut beaufsichtigt werden.

Andere Trends: Waldhörpfade, Themenpfade, Lesefährten …

Ein weiterer Lehrpfad-Trend ist der zum „Waldhörpfad“ - diese interessante Entwicklung wurde in Brandenburg bislang aber nicht verfolgt.
Beliebt sind im Märkischen jedoch „Themenpfade“: Bei diesen werden statt eines „Rundumschlags in Sachen Wald“ oder „Gemischtwarenladens Wald“ (den der Besucher oft gleich wieder vergisst, sobald er den Wald verlassen hat) einprägsame waldpädagogik-relevante Themen und Bezeichnungen als „roter Faden“ zum Waldbegang angeboten, Spechtlehrpfad, Ameisenlehrpfad, Eichhörnchenlehrpfad ... sind bereits erprobte Beispiele.

Als Leitmotive dienen dabei oft waldbezogene Fachgebiete, welche sich in besonderer Weise eignen, den Wald und seine Funktionen an einfachen klaren Beispielen modellhaft zu erklären.
Eine interessante Variante des „Themenpfades“ ist die „Lesefährte“. Die Besucher können hier an Lesepulten, die aus Stammabschnitten geharzter Kiefern gearbeitet sind, „Waldweisheiten“ nachlesen. Seit 2005 hat sich am historischen Forsthaus Hammer (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeswaldoberförsterei Hammer) eine solche „Lesefährte“ bereits bestens bewährt. Es sind hier Wald-Texte von Theodor Storm, Alexander von Humbold, Ernst Jünger, Wilhelm Hauff ... zu finden.
Der aus Österreich stammende Künstler Wolfgang Georgsdorf entwickelte diesen Pfad gemeinsam mit den zuständigen Forstleuten. Insgesamt sollen hier einmal 30 „Harz-Pulte“ aufgestellt werden.

Am Haus des Waldes in Heidesee (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Königs Wusterhausen) wird in
diesem Zusammenhang derzeit eine „Stubbenkammer“ ausprobiert - hierbei übernehmen Eichenstubben die Funktion von „Aphorismen-Trägern“, die zusätzlich durch ihre z.T. skurrilen Formen die Phantasie der Besucher in besonderer Weise herausfordern.

… und Walderlebnisparcours / -welten

In Fortführung dieser Idee des „mit rotem Faden auf den Punkt kommen“ experimentiert man in Brandenburg per Kooperation Landesforstverwaltung – Schutzgemeinschaft Deutscher Wald seit Ende der 1990-er am im südöstlichen Berliner Umland gelegenen Haus des Waldes auch mit der waldpädagogisch sehr erfolgreichen, weil (das haben Erfolgskontrollen gezeigt) nachhaltig wirksamen und außerordentlich beliebten Form von Lehrpfaden der ganz besonderen Art, den Walderlebnisparcours / Walderlebniswelten.
Die i.d.R. im Umfeld einer größeren waldpädagogischen Einrichtung (z.B. deren Waldlehrgarten) betriebenen Walderlebnisparcours oder -welten gehen auf die „Igelpfad-Idee“ von Forstwirtschaftsmeister Roland Boljahn (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Siehdichum, Waldschule „Am Rogge-Busch“) von 1995 zurück.

Walderlebnisparcours / Walderlebniswelten – was soll’s?

Walderlebnisparcours sowie -welten sind forstfachlich betreute, mit speziellen Naturlehrmitteln ausgestattete Gelände, in welchen den Besuchern (vor allem Kindern) ermöglicht wird,

  • bei liebenswert-vorbildhaften „Waldbewohnern“ als „Kumpel“ zu Gast zu sein (Walderlebnisparcours) bzw.
  • sich per „Rollentausch“ sogar mit ihnen identifizieren zu können (Walderlebniswelt).

Walderlebnisparcours / Walderlebniswelten werden seit 2006 nicht mehr als Lehrpfade, sondern als eigene Waldpädagogik-Kategorie(n) gezählt.
Die bisherige Erfahrung mit dieser neuen Waldpädagogik-Angebotsform zeigt:
es gelingt auf diese Weise ganz besonders gut, jungen Menschen am Beispiel Wald(bewirtschaftung) ein tiefes Verständnis für Nachhaltigkeit zu vermitteln und sie damit zu erziehen, langfristig & ganzheitlich zu denken.

Auf diese Weise lernen sie sich aber auch selbst besser kennen und können so Selbstbewusstsein, innere Ruhe / Kraft und Gelassenheit / Souveränität … („Seelenfrieden“) entwickeln; das wiederum bewährt sich dann auch im Umgang nicht nur mit den „Mitmachern“ im Parcours, sondern im Weiteren auch gegenüber den Mitbürgern / der Mitwelt im Allgemeinen („Nächstenliebe“), denn: nur wer mit sich selbst zurecht kommt, schafft das auch mit Anderen sowie gegenüber „Mutter Erde“.

Leitthemen-orientiert

Walderlebnisparcours / Walderlebniswelten werden i.d.R. zu kindgerechten „Fokussierungen“ von Waldpädagogik-Leitthemen entwickelt; oft orientieren sie sich an den Profilierungen oder sogar am Maskottchen der entsprechenden waldpädagogischen Einrichtungen.
Aufbau-Empfehlung

Nach den bisherigen Erfahrungen besteht die neue Waldpädagogik-Kategorie optimal aus zwei Komponenten:

  • dem eigentlichen thematischen „Walderlebnisweg“, im Außen und / oder Innenbereich angelegt
  • dem flankierenden „Stützpunkt“ / „Hinterland“, im Innenbereich angelegt, mit thematischem Fundus (ggf. kleines thematisches Museum oder wenigstens Lager), thematischer Werkstatt, u.U. auch thematischer Küche und thematischem „Laden“

Zielgruppen und Programme

Walderlebnisparcours / Walderlebniswelten sind zunächst immer auf eine Hauptzielgruppe ausgerichtet und für diese in jeder Weise „stimmig“. Im Rahmen der per brandenburgischer „Betriebsanweisung Waldpädagogik“ festgelegten Kernzielgruppe „Kinder und Jugendliche“ (meist junge Menschen im Alter zwischen 4 und 19 Jahren) sind für Walderlebnisparcours / Walderlebniswelten die drei an lebensalterlichen Bedürfnissen ausgerichteten Hauptzielgruppen i.d.R.

  • „Grundschüler“ der 2. bis 4. Klasse oder
  • „Mittelschüler“ der 5. bis 8. Klasse oder
  • „Oberschüler“ der 9. bis 12. Klasse.

Für die jeweils festgelegte Hauptzielgruppe existiert i.d.R. ein Kurz- sowie Langprogramm; das Langprogramm umfasst fast immer einen zusätzlichen „Außenparcours“ im umgebenden Wald.
Weitere modifizierte Programme sind für die anderen zwei Klientel der Kernzielgruppe sowie für sonstige angemeldete Gruppen sinnvoll; mit einem „abgespeckten“ Programm wird

wann immer möglich - auch „freie“ / unbetreute Besuchernutzung ermöglicht. Von der „Hirschkäferwelt“ zur „Hirschwelt“: 19 gute Ideen lassen grüßen
An der im Jahr 2000 am Haus des Waldes in Heidesee eröffneten „Hirschkäferwelt“ werden seither jährlich ca. 4.500 Besucher (meist Schüler 2. bis 4. Klassen) gezählt; sie ist ein „Erfolgsprodukt“ brandenburgischer Waldpädagogik.
Die Stationen dieser Walderlebniswelt sind auf eine ganze Grundschulklasse ausgerichtet; dieses Verfahren ist jedoch nicht optimal.
Neuere Walderlebnisparcours / Walderlebniswelten funktionieren deshalb grundsätzlich auf dem kleingruppen-orientierten Waldrallye-Prinzip: Teams von 3 – 4 Schülern absolvieren selbständig, vom Betreuer moderiert, einen Stationsbetrieb.
Wegen der durchschnittlichen 25-er Klassengrößen haben sich inzwischen jeweils 7 solcher Erlebnis-Stationen am besten bewährt.
Nach diesem veränderten Muster ist am Haus des Waldes seit 3 Jahren ein auf die Zielgruppe Schüler speziell 5. bis 7. Klassen gerichteter „Pirschweg“ (Jagderlebniswelt im Freiland) in Gebrauch.

Am Haus des Waldes wurden außerdem eröffnet bzw. sind im Bau:

  • eine speziell für Oberschüler (und hier wieder besonders Elftklässler) gedachte „Praxis Dr. Wald“ (Waldgesundheits-Parcours im Freiland; Eröffnung voraussichtlich 2013),
  • ein speziell an Schüler 5- bis 7. Klassen gerichteter „Holzplatz“ (Holzparcours im Freiland; ab April 2012 im Probebetrieb) und
  • ein „Fuchsbau“ (Fuchsparcours im Innenraum, gedacht auch als Schlechtwetter-Variante; seit 2011 in Betrieb)


An anderen brandenburgischen waldpädagogischen Einrichtungen gibt es derzeit Ideen, Pläne / Projekte oder schon Aufbau-Arbeiten für weitere derartige Walderlebnisparcours oder -welten, z.B. zu folgenden kindgerechten Fokussierungen waldpädagogischer Leitthemen:

  • Rote Waldameise (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Siehdichum, Waldschule „Am Rogge-Busch“, Müllrose; Walderlebniswelt in Planung),
  • Holz (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Baruth, Rucksackwaldschule Baruth; Walderlebniswelt im Aufbau),
  • Specht (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Luckau, Waldschule „Zum Specht“ Börnichen; Walderlebniswelt-Idee),
  • Biene (Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Regionalverband Dubrow, Arboretum Königs Wusterhausen; Walderlebniswelt im Aufbau),
  • Fledermaus (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Milmersdorf, Waldschule Reiersdorf; Walderlebniswelt-Idee),
  • Biber (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Neuendorf, Waldschule Briesetal; Walderlebniswelt-Idee),
  • Förster (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Neuruppin, „Waldzentrale“ / Kleines Forstmuseum Alt Ruppin; aus der derzeitigen Ausstellung könnte eine Walderlebniswelt entwickelt werden)
  • „Waldmensch“ (optimal: Kelte, speziell Druide) (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Gadow, Waldschule Gadow; Walderlebniswelt-Idee)
  • Baum (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Neustadt, Arboretum Lüttgen-Dreetz; Walderlebniswelt-Idee)
  • Wolf (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Cottbus, Waldschule Kleinsee; Walderlebniswelt in der Projektierung),
  • Eichhörnchen (Landschaftspflegeverein Mittelbrandenburg, Waldschule Blankenfelde; aus dem derzeit vorhandenen thematischen Erlebnispfad könnte eine Walderlebniswelt entwickelt werden),
  • Wildschwein (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Neuendorf, Grüner Lernort / Waldbegegnungsstätte „Krämer“; Walderlebniswelt- Idee),
  • Märchen (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Neustadt, Waldschulheim Kyritz; Walderlebnisparcours-Idee),
  • Hirsch (Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Eberswalde, Waldschule „Jägerhaus“ Groß Schönebeck; aus dem derzeit vorhandenen thematischen Rundweg könnte eine Walderlebniswelt entwickelt werden).


Für einen Erfahrungs- und Informationsaustausch bin ich dankbar.
Klaus Radestock
E-Mail: Klaus.Radestock@gmx.de