Totholz ist die Grundlage für neues Leben und ein wertvoller Lebensraum. DieAngst vor Schädlingen und ausgeprägtes Ordnungsdenken führt oft dazu, dass abgestorbene Bäume und Äste zunehmend aus Wäldern und Gärten verschwunden sind. Dabei ist Totholz mehr als nur abgestorbenes Holz . Es ist eines der wertvollsten Lebensräume überhaupt und die Grundlage für neues Leben. Erst wenn sich Holz zersetzt, wird es wieder zu wertvollem Humus. Zahlreiche Tiere, Pflanzen und Pilze sind an dieser Holzzersetzung beteiligt. Doch das Wissen um Totholz als Grundlage neuen Lebens ist bei uns heute oft nicht mehr vorhanden. Werner David will hier mit seinem Buch zum einen Abhilfe schaffen, zum anderen neugierig auf das spannende Thema machen.

Totholz – was ist das eigentlich?

Im ersten Teil erklärt der Autor, was Totholz eigentlich ist, den Unterschied zwischen Urwald und Wirtschaftswald und, wie Wald entsteht. Er gibt Auskunft über die heutige Forstwirtschaft und Naturwaldreservate und geht dabei auch auf Vorurteile gegenüber Totholz ein. Danach kommt der Autor auf die ökologische Bedeutung von Totholz zu sprechen: Totholz als Lebensraum, Nährstoffspeicher, Erosions- und Lawinenschutz, Lebensraum für Baumkeimlinge, Totholz in Fliessgewässern etc.

Leben im Totholz

Im zweiten Teil befasst sich Werner David mit dem Leben im Totholz. Für Wissenschaftler ist der enorme Artenreichtum dort nichts Neues. Das Potenzial ist riesig, aber häufig fehlt es an konkreten Untersuchungen und Zahlen. Pilze, Moose, Flechten, Schnecken, Insekten, Spinnentiere, Reptilien und Amphibien, Vögel oder Säugetiere haben alle eine unterschiedliche Beziehung zu Totholz. Manche sind am Abbau beteiligt, andere nutzen Totholz als Wohn- oder Lebensraum.

Der Leser findet hier u.a. eine "Kleine Insektenkunde für Einsteiger", denn diese Tiergruppe stellt den Löwenanteil aller Totholzbewohner. Auch das Verhältnis "Mensch und Insekt" wird angesprochen. Zum einen natürlich die Honigbiene oder den Seidenspinner als "nützlich" für den Menschen oder Eichengallwespen, die zum gerben von Leder genutzt wurden, zum anderen geht der Autor aber auch auf Heuschreckenschwärme, "Bücherwürmer" oder andere Insekten ein, mit denen Menschen gelegentlich in Interessenskonflikte geraten. Auch Insekten als Krankheitsüberträger wie die Kleiderlaus bleiben nicht unerwähnt.

Eine Welt ohne Insekten

Der Autor zeigt aber auch auf, was passiert, wenn es plötzlich keine Insekten mehr gäbe. Mit anschaulichen Beispielen erläutert er, welche Kotmengen unzersetzt zurückblieben oder was mit Kadavern passieren würde, wenn der Abbau durch Insekten fehlt. Da Insekten vielen Tieren wie z.B. Vögeln als Nahrung dienen, würden bei ihrem Fehlen ganze Nahrungsketten zusammenfallen. Wenn Insekten als Bestäuber wegfallen, wäre es vielen unserer Nahrungspflanzen nicht mehr möglich, sich zu vermehren.

Einige Insektenfamilien stellt Werner David daher näher vor. Seine Beschreibungen und Beispiele sind gut gewählt und nehmen den Leser mit in diese interessante, eher unbekannte Welt. Speziell bei Käfern findet man einige aussergewöhnliche Beispiele von Lebensräumen im Totholz wie Saftflüsse, Holzmulm, Pilzfruchtkörper , aber auch verbranntes Holz oder Borke. Welche Käfer können diese seltenen Lebensräume wie nutzen? Kurze Erklärungen und gute Schwarz-Weiss-Zeichnungen bringen uns diese unbekannten Tiere näher. Auch für Laien ist das Buch interessant geschrieben und gut verständlich.

Totholzparadies Garten

"Vom grossen Wald zum kleinen Garten" – im Wald ruht das Totholzpotential der Zukunft. Man ist vielerorts bestrebt, den Anteil kontinuierlich zu erhöhen. Aber Totholz sollte auch in unseren Gärten eine Rolle spielen. Auch sie beherbergen ein ökologisches Potential, das häufig in Vergessenheit geraten ist. Der Autor zeigt abschliessend mit leicht umsetzbaren Ideen, wie hier Abhilfe geschaffen werden kann. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Die Beispiele reichen von Hackschnitzelwegen über Käferbeete und Pilzanbau bis hin zu Totholzzäunen oder Reisighaufen. Klar dass nicht jeder Nachbar das ebenso toll findet wie Sie. Auch dazu nimmt der Autor Stellung. Ausserdem weist er darauf hin, dass die Verrottung von Holz sicher nichts für Eilige ist und gibt nützliche Tipps, wie man das Totholzangebot im eigenen Garten noch erweitern könnte.

Im praktischen Teil mit den Beispielen zeigt er in Wort und Bild detailliert auf, was man im heimischen Garten umsetzen kann. Auch Tipps zum Einschlagen von Pfosten oder eine Totholz-Hitliste sind dort zu finden. Jeder kann sich aussuchen, was er verwirklichen möchte oder was in seinen Garten passt. Auch bei morschen Ästen oder Baumhöhlen und wenn ein Baum gefällt werden soll, entkräftet dieses Buch weit verbreitete Klischees und bietet Lösungen an.

Tipps

Am Ende des Buches gibt der Autor dem interessierten Leser Informationen zu empfehlenswerten Internetseiten. Ausserdem findet man dort Ausflugs-Tipps zu interessanten Standorten in Deutschland und Österreich, die Refugien für Urwaldreliktarten (Totholzkäfer) sind, sowie einen Verweis auf Adressen zu Naturwaldreservaten in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Durch den Autor erfährt man viel über die ökologische Bedeutung des Totholzes im Naturkreislauf, und lernt Zusammenhänge kennen. Das fachlich kompetent geschriebene Buch ist auch für den Laien sehr gut verständlich. Fachbegriffe werden gut erklärt, wenn nötig auch mehrfach, sodass man im Buch blättern kann und nicht chronologisch vorgehen muss.
Dem Autor gelingt es, den Leser mit seiner Begeisterung anzustecken und lebendig und spannend zu informieren und neugierig zu machen auf diesen uns doch eher unbekannten Lebensraum und seine Bewohner. Er zeigt, dass Totholz auf keinen Fall tot ist! Und ermuntert uns, dies einmal im eigen Garten zu erfahren.

Werner David (2013)

Lebensraum Totholz. Gestaltung und Naturschutz im Gartenpala-verlag gmbh, Darmstadt Preis: 21,90 Fr./14,- Euro Umfang: 177 S. ISBN: 3895662704

Das Buch ist im Buchhandel erhältlich oder kann beim Verlag bestellt werden.