Alpnach liegt in der Zentralschweiz am Fusse des 2'132 Meter hohen Pilatus-Massivs. Noch heute ist diese Gemeinde eine der waldreichsten in der Schweiz – dies nicht zuletzt deshalb, weil die beiden weitläufigen Hochtäler der Grossen und der Kleinen Schliere erst sehr spät erschlossen wurden. Für die Alpnacher waren die abgelegenen Waldgebiete in diesen beiden südwestlich des Pilatus gelegenen Tälern aufgrund ihrer schlechten Zugänglichkeit lange Zeit kaum von wirtschaftlichem Interesse. Die forstwirtschaftliche Nutzung beschränkte sich damals auf äusserst geringe Holzmengen, welche mittels Trift ins Tal befördert wurden.

Fortschreitende Erschliessung dank innovativen Konstruktionen

Ab dem 19. Jahrhundert waren jedoch infolge neuartiger Transporteinrichtungen selbst die entlegensten Waldungen nicht mehr sicher vor der Axt innovativer Unternehmer. Die Suche nach dem begehrten Rohstoff führte viele Holzhändler in die waldreiche Gegend Alpnachs. Ihnen war eines gemeinsam: Sie hatten die nötigen finanziellen Mittel und das technische Wissen, um Bäume auch aus den entlegenen Waldungen ins Tal zu befördern.

Der Württemberger Johannes Rupp begann im Jahre 1810 eine rund 12 Kilometer lange Holzleite im Grossen Schlierental zu errichten, auf der das geschlagene Holz nach Alpnach hinuntergelassen wurde. Ihm folgte der Franzose Cellard, welcher ab 1833 den sogenannten Franzosenweg von Alpnach ins Wängenschlierental erstellen liess. Das geschlagene Holz wurde ab 1835 mit Ochsen- und Pferdefuhrwerken den steilen Weg hinunter nach Alpnachstad gebracht und von dort über den Seeweg weiter verfrachtet.

Den letzten grossen Kahlschlag in Alpnach führte der Berner Holzhändler Christian König ab 1870 aus. Auch König sah sich zu seiner Zeit mit dem Problem der mangelnden Erschliessung konfrontiert. Und obwohl in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereits eine grosse Anzahl unterschiedlicher Transporttechniken bekannt waren, stand aufgrund der speziellen topografischen Verhältnisse nur eine kleine Auswahl geeigneter Mittel zur Verfügung. König entschied sich für den Bau einer mehrere Kilometer langen, hölzernen Rollbahn (Abb. 1).

Rekonstruktion einer längst verschwundenen Holzrollbahn

Im Rahmen einer Diplomarbeit am Departement Umweltwissenschaften an der ETH Zürich wurde versucht, den Verlauf der alten Holzrollbahn zu rekonstruieren. Grundlage für die Rekonstruktion des exakten Verlaufs der Holzrollbahn fast 130 Jahre nach ihrer Stilllegung war einerseits eine schriftliche Abhandlung des ehemaligen Kantonsforstmeisters Franz Fankhauser (1872). Aufgrund der darin angegebenen Flurnamen konnte der mögliche Verlauf geografisch bereits sehr stark eingeschränkt werden.

Weitere Recherchen ergaben, dass im Waldplan der Waldungen vom Kleinen Schlierental ein mindestens tausend Meter langes Teilstück der Rollbahn kartiert war. Praktisch dasselbe Teilstück ist auch in der so genannten Siegfriedkarte (eidgenössisches topographisches Bureau 1893) eingezeichnet. Die Siegfriedkarte enthält zudem einen weiteren Streckenabschnitt. Mancherorts schaffte aber erst die Geländebegehung Klarheit über den exakten Verlauf der Holzbahn.

Vor Ort zeigte sich, dass fast 130 Jahre nach ihrer Stilllegung immer noch Spuren der Rollbahn im Gelände gefunden werden können (Abb. 2, 3). Dies liegt in erster Linie an der Konstruktion der Rollbahn. Vor der Verlegung der Geleise wurde nämlich zuerst das Terrain entlang der Spurführung planiert und wegartig zubereitet. Auf dem so entstandenen Trassee wurden anschliessend die Schienen aus Tannenholz verlegt.

Während die Geleise längst wieder verschwunden sind, blieben Reste des ursprünglichen Trassees stellenweise bis heute erhalten. Vor allem in steilen Hanglagen sind die Spuren der Rollbahn immer noch sehr deutlich erkennbar. Dabei handelt es sich meist um terrassenartige Geländeeinschnitte mit planierter Grundfläche. Um ein mehr oder weniger konstantes Gefälle beizubehalten, wurden an manchen Stellen Kerben durch Erdwälle und Geländekuppen geschlagen. Auffallendstes Objekt ist ein Stein, welcher aufgrund des geradlinigen Verlaufs der Rollbahn an Ort und Stelle zurechtgehauen wurde (Abb. 3).

Schwieriger gestaltete sich die Rekonstruktion vor allem im Bereich von Weideflächen und Moorgebieten. Hier liessen sich meistens im Gelände keine Spuren mehr finden. Unter der Annahme, dass der ursprüngliche Trasseeverlauf ein ungefähr konstantes Gefälle aufgewiesen hatte und mit Hilfe eines barometrischen Höhenmessgerätes liessen sich diese Teilstrecken auch ohne konkrete Hinweise im Gelände weitgehend nachvollziehen. Aufgrund der Quellenstudien und Geländebegehungen war es möglich, den wahrscheinlichen Verlauf der ehemaligen Holzrollbahn zu rekonstruieren (Abb. 4).

Auswirkungen auf das Landschaftsbild kaum belegbar

Eine derartig aufwendige Holztransporteinrichtung, wie die von Holzhändler König erstellte, lohnte sich nur dann, wenn damit auch grosse Mengen Holz transportiert werden konnten. Die Holzrollbahn startete ihren Betrieb im Jahr 1870 und wurde vermutlich bereits 1876 wieder abgebaut. In der kurzen Zeitspanne von ungefähr sechs Jahren wurde ein Grossteil des knapp 300 Jucharten (108 Hektaren) grossen Gebietes im hintersten Teil des Schwandschlierentals kahl geschlagen. Aufgrund dieser Kahlschläge dürfte sich das Landschaftsbild in kürzester Zeit erheblich verändert haben. Mit Bildquellen liesse sich diese Vermutung leicht überprüfen – doch leider liegen keine entsprechenden Dokumente vor. Bei der Analyse der Landschaftsveränderungen mussten die Autoren daher auf kartografische Quellen zurückgreifen.

Im 19. Jahrhundert existierte weder für topografische noch für forstliche Zwecke eine konkrete Definition des Begriffes "Wald". Die Erfassung der Waldflächen im Gelände war daher stark geprägt vom subjektiven Empfinden des Kartografen. Dies reduziert die Vergleichbarkeit von Kartenwerken verschiedener Autoren wesentlich. Erschwerend kommt hinzu, dass die Waldflächen in den ausgewerteten Kartenwerken offensichtlich sehr unterschiedlich dargestellt wurden. In sogenannten "Originalmesstischblättern" aus den Jahren 1859-1862 sind Waldgebiete durch grüne Flächen dargestellt, welche nach aussen scharf abgegrenzt sind. Auf den später erschienenen Siegfriedkarten hingegen wird Wald mittels einzelner schwarzer Ringe dargestellt, welche je nach Bestandesdichte näher oder weiter auseinander liegen. Entsprechend schwierig ist es nun, die beiden Kartenwerke zu vergleichen und Aussagen bezüglich der Veränderung der Waldflächen zu treffen.