
Abb. 1: Wieviel Platz braucht eine Kiefer? Solitärkiefer im Revier Drahendorf (Foto: M. Lange)
Wie viel Platz braucht ein Kiefernstamm?Mit Hilfe der Untersuchung von Solitärbäumen wurde versucht, den Grenzbereich des Wachstums bei Konkurrenzfreiheit zu erfassen. Die Ergebnisse sollten dazu dienen, die Parametrisierung des Wachstumsmodell BWINPro für die Kiefer in Brandenburg zu verbessern, um mit Hilfe von Simulationen Möglichkeiten und Grenzen der Freistellung von Einzelbäumen aufzeigen zu können.
Die Parametrisierung des in Niedersachsen entwickelten Bestandessimulationsmodells BWINPro (Nagel et al. 2002) für die Kiefer in Brandenburg (Degenhardt 2007) beruhte zum größten Teil auf Daten von langfristigen Versuchsflächen, bei denen eine flächige und keine einzelbaumorientierte Durchforstung im Mittelpunkt standen. Die Durchforstungsstärke lag in den meisten Fällen in solchen Bereichen, dass das Wachstum der Bäume des Bestandes durch die Konkurrenz von Nachbarbäumen beeinflusst wurde. Häufig diskutierte waldbauliche Konzepte favorisieren jedoch eine konsequente Freistellung von Z-Bäumen mit dem Ziel, diesen ein nahezu konkurrenzfreies Wachstum zu ermöglichen. Mit den zur Verfügung stehenden Versuchsflächendaten konnten jedoch keine ausreichend gesicherte Aussagen zu den Auswirkungen extremer Freistellungen getroffen werden.
Das Ziel der Untersuchung von Solitärbäumen bestand darin, den Grenzbereich des Wachstums bei Konkurrenzfreiheit zu erfassen, um schließlich durch Interpolation das Wachstum der Kiefer bei unterschiedlich starker Freistellung zu prognostizieren. Die Auswertungen erfolgten im Vergleich mit Daten von im Bestand erwachsenen Kiefern.
Dimensionen solitär erwachsener Kiefern

Abb. 2: Kronenbreiten der Kiefernsolitäre im Vergleich mit den Versuchsflächendaten
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Abb. 3: Durchmesserzuwächse der Kiefernsolitäre im Vergleich mit der Kiefern-Ertragstafel und Versuchsflächendaten
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Für die Untersuchung der Solitärkiefern standen insgesamt 54 Bäume über den gesamten Bereich des Landes Brandenburg zur Verfügung (Abb. 1). Dabei wurde versucht, alle relevanten Standorts- und Altersbereiche möglichst gleichmäßig abzudecken. Die Datenerfassung (Lange 2008) konzentrierte sich vorrangig auf die für die Modellierung des Einzelbaumwachstums relevanten Parameter wie Höhen-, Durchmesser- und Kronenentwicklungen. Die Durchmesserzuwachsermittlung und die Altersbestimmung erfolgten anhand von Zuwachsbohrungen.
Die Kiefernsolitäre erreichen erwartungsgemäß größere Kronenbreiten (Abb. 2) als im Bestand erwachsene Bäume. Bei Baumdurchmessern von ca. 50 cm sind Kronenbreiten bis zu 12 m und bei einem Durchmesser von 75 cm maximal 15 m möglich. Diese Dimensionen konnten teilweise aber auch im Bestand nachgewiesen werden.
Abgeleitet aus den Zuwachsbohrungen zeigt Abbildung 3 die Durchmesserzuwächse der Solitärkiefern in Abhängigkeit vom Baumalter im Vergleich mit Daten von Versuchsflächen und Ertragstafelwerten (Lembcke et al. 1975). Gerade im jungen Alter (etwa bis 70 Jahre) bringen solitär stehende Einzelbäume wesentlich größere Durchmesserzuwächse hervor als im Bestand erwachsen Bäume. Im Altersbereich über 70 Jahre verlieren sich die Unterschiede zwischen Solitärbäumen, Versuchsbeständen und Ertragstafelwerten zunehmend. Ab einem Alter von 90 Jahren sind kaum noch Abweichungen zu erkennen.
Die sich kumulativ ergebenden Durchmesserentwicklungen bestätigen, dass einzelne solitär erwachsene Kiefern schon mit einem Alter von 40 Jahren Durchmesser von 50 cm erzielen können. Zieldurchmesser von 45-50 cm wären bei konkurrenzfreiem Wachstum damit teilweise 15-20 Jahre früher als mit Konkurrenz im Bestand möglich.
Parametrisierung des Einzelbaummodells

Abb. 4: Die Durchmesserzuwachsfunktion
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Da die Untersuchungen deutliche Unterschiede bzgl. der Kronendimensionen und Durchmesserzuwächse zwischen im Freistand und im Bestand erwachsenen Kiefern zeigten, konnten die Ergebnisse wesentlich dazu beitragen, die Parametrisierung des Bestandessimulationsmodells BWINPro für die Kiefer in Brandenburg insbesondere für den Extrembereich der starken Freistellung zu verbessern.
Zur Bewertung der gezielten Freistellung von Einzelbäumen ist vor allem die Wirkung auf den Durchmesserzuwachs entscheidend, da dieser den größten Einfluss auf die Volumenleistung des Einzelbaumes und schließlich auf die Wertleistung des Bestandes hat. Abbildung 4 zeigt den Verlauf der Durchmesserzuwachsfunktion (relDZ) in Abhängigkeit vom relativen Standraum (rSR) und dem relativen Durchmesser (relD) (relativ zu Ertragstafelwerten). Sowohl für kleine relative Standräume als auch für kleine relative Durchmesser ist ein starker Anstieg der Funktion zu beobachten. Andererseits wird aber auch schnell der Bereich des Abflachens der Funktion erreicht. Während Solitärkiefern mit ihrem starken Durchmessern und dem ihnen zur Verfügung stehenden Standräumen im ebenen Bereich der Funktion befinden, liegen Bäume mit durchschnittlichen Ertragstafeldimensionen (DG und Ertragstafelstandraum) im Bereich des starken Anstieges der Funktion. Eine Förderung solcher Bäume lässt damit wesentlich größere Zuwachsgewinne erwarten als die besondere Freistellung relativ starker Bäume, die selbst schon einen sehr großen Standraum einnehmen.
Simulationsergebnisse
Diese neu angepasste Durchmesserzuwachsfunktion wurde in das Wachstumsmodell integriert, um anhand von Simulationen zu überprüfen, wie sich verschiedenen Bestandesbehandlungen auf das Wachstum des Einzelbaumes und nicht zuletzt des Bestandes auswirken, um schließlich die Frage zu beantworten, wie weit Z-Stämme aus betriebswirtschaftlicher Sicht freigestellt werden können bzw. dürfen.
Dazu erfolgt ein simulativer Vergleich verschiedener waldbaulicher Behandlungsvarianten bezüglich ihrer Wertleistungen und ihrer Praxisrelevanz. Der Variantenvergleich erfolgt zunächst exemplarisch anhand einer Kiefernversuchsfläche im Amt für Forstwirtschaft Eberswalde (Finowtal 198, 2. Bonität), die 1963 als Durchforstungsversuch angelegt wurde. Die Ergebnisse der durchgeführten Simulationsläufe weisen darauf hin, dass eine zurückhaltende Entnahme von Z-Baum-Bedrängern für die Gesamtwertleistung des Bestandes günstiger ausfallen kann als deren konsequente starke Freistellung. Eine starke Freistellung führt zwar zunächst zu einer höheren Volumenleistung des Einzelstammes gegenüber Bestandesbäumen, jedoch vollzieht sich dieser Volumenzuwachs zu Lasten der Flächenvolumenleistung und der Qualität der Einzelstämme (Lockow 2000) und damit zu Lasten der Volumen- und Wertleistung des Bestandes. Daher sollten nur diejenigen Bestandesglieder als Z-Bäume ausgewählt werden, die sowohl von der Qualität als auch von der Dimension Wertholz erwarten lassen. Diese sollten schließlich nur zurückhaltend freigestellt werden, d.h. die Durchforstung sollte sich lediglich auf die Entnahme annähernd gleichstarker Bedränger beschränken. Bei der derzeitigen Kosten- und Erlössituation, die nur einen relativen geringfügigen Mehrerlös bei der Produktion von Wertholz garantiert, konnte somit eine starke Freistellung der Z-Bäume nicht empfohlen werden.