In den Kiefernforsten Nordostdeutschlands ist die Standraumeffizienz für die wirtschaftliche Optimierung besonders entscheidend. Wie kann die Wertproduktivität am Einzelbaum gesichert werden, ohne dabei die Flächenvolumenleistung zu vernachlässigen? Diese Frage wurde in stark stammzahlreduzierten Kiefern-Reinbeständen in den Wuchsklassen Dickung und Stangenholz im Forstamt Treptow (Berliner Forsten) untersucht. Bei einer Standraumerweiterung des Einzelbaumes von mehr als 10 m2 wurde die Flächen-Ertragsleistung stark verringert und kaum noch Zuwachsgewinn bei der Durchmesserentwicklung generiert.

Versuchsanlage

In jeder der beiden Wuchsklassen wurden 4 Varianten angelegt. Erhoben wurden soziologische und waldwachstumskundliche Parameter.

Variante
DickungStangenholz
1 Stammzahl
1000 Ki/ha
Stammzahl
1000 Ki/ha
2 Stammzahl
2000 Ki/ha
Stammzahl
2300 Ki/ha
3 Stammzahl
4000 Ki/ha
Stammzahl
4300 Ki/ha
4 Nullvariante Nullvariante


Weiterhin wurden Kronenlänge und -radius gemessen. In den Dickungen erfolgten die Datenerfassungen 1996, 2001 und 2006 und in den Stangenhölzern 1994, 1999 und 2007.

Versuchsfläche
Forstort Beschreibung

Dickung MÜGGELHEIM

Abt. 172a3 Standort: M2m,
Versuchsbeginn: 1996 im Alter 13 Jahre (Begründungsjahr: 1983)

Stangenholz FAHLENBERG

Abt. 177a4 Standort: Z2m,
Versuchsbeginn: 1994 im Alter 29 Jahre (Begründungsjahr: 1965)

Ergebnisse

1. Ausgewählte Ertragsindikatoren

Mortalität

In den durchforsteten Varianten der Dickung war im Untersuchungszeitraum eine einstellige Mortalitätsrate (max. 8,7%) feststellbar. Im Stangenholz ist die intraspezifische Licht- und Nährstoffkonkurrenz wesentlich intensiver. Hier stieg die Mortalitätsrate mit zunehmender Stammzahl deutlich. Sie betrug 2007 in der Variante V1 6,2% und war in V3 mit 40,7% fast 5fach höher als in der Variante V3 der Dickung.

Das Unterlassen des Durchforstungseingriffes führte in beiden Nullvarianten zu hohen Individuenverlusten (Dickung: 60%) und (Stangenholz: 57%).

Höhenrahmen

Die Oberhöhe des Untersuchungsobjektes Dickung lag 2006 in allen Varianten bei 12 bis 13 m. Alle Stangenholzvarianten wiesen 2007 eine Oberhöhe von 18 m auf. Demnach steigerten in beiden Wuchsklassen höhere Stammzahlen trotz der daraus resultierenden höheren intraspezifischen Konkurrenz nicht den Höhenzuwachs.

Ertragsentwicklung

Zur Beurteilung der Ertragsleistung der Untersuchungsbestände wurden die Parameter Schaftholzvolumen (VS) und Brusthöhendurchmesser (D1,3) ausgewählt.

Das Ausgangsniveau des Bestandes-Schaftholzvolumens (Abb. 1.1 und 1.2) nahm erwartungsgemäß mit der Individuenzahl zu. In den drei Durchforstungsvarianten V1 bis V3 stieg danach im Untersuchungszeitraum sowohl in der Dickung als auch im Stangenholz die Flächenvolumenleistung mit zunehmender Stammzahl.

Der Einzelbaum profitierte von der verringerten Konkurrenz um das Lichtangebot und die Standortausstattung an Nährstoffen und Wasser (Abb. 1.3 und 1.4). In den durchforsteten Varianten stieg daher mit abnehmender Individuenzahl der durchschnittliche Jahreszuwachs am Einzelbaum und somit dessen Schaftholzvolumen. Die Reduzierung der Individuenzahl von ca. 4.000 auf 1.000 Ki/ha bewirkte eine Verdoppelung des Volumenzuwachses am Einzelbaum. Vor allem in den Varianten V1 und V2 war eine deutliche Steigerung des Volumenzuwachses am Einzelbaum feststellbar.

Die Stammzahlreduzierung bewirkte außerdem eine verstärkte Zuwachslenkung auf soziologisch hochrangige Kiefern. Höhere Stammzahlhaltung führte zwar zu einem höheren Schaftholzvolumen auf der Fläche - aber auf der Basis überproportional vieler soziologisch nachrangiger und somit durchmesserschwacher Bäume.

Die Entwicklung des durchschnittlichen D1,3 in den Versuchsparzellen der Dickung ergab (Abb. 2.1 und 2.2):

1. Die Kiefern konnten in allen Dickungsvarianten den Standraumgewinn in höheren Durchmesserzuwachs umsetzen. Die Vervierfachung des Standraumes führte zu einer D1,3-Zuwachssteigerung um fast das 2fache.

2. Um eine nennenswerte Zuwachssteigerung der Durchmesserwerte zu erzielen, war eine Stammzahlverringerung auf ≤ 2000 Ki/ha notwendig.

3. Die Wirkung des "Standraumeffektes" nahm in der 2. Erhebungsperiode, also nach ca. 5 Jahren, deutlich ab.

Im Stangenholz fiel in beiden Erhebungszeiträumen die D1,3-Zuwachssteigerung geringer aus als in der Dickung. Ursachen waren der vergleichsweise höhere Konkurrenzdruck im Stangenholz und das für Pionierbaumarten wie die Gemeine Kiefer typische hohe Reaktionsvermögen in sehr frühen Altersstadien.

2. Kronenentwicklung

Als Folge der Stammzahlreduzierung haben sich auch die Kronenmerkmale verändert. So betrug der Kronenradius 2006 im Versuchsobjekt Dickung in der Variante V1 durchschnittlich das 1,6fache der Variante V3. Untersuchungen von Ebert und Eisele (2001) belegen, dass für die Durchmesserentwicklung der assimilatorisch wirksame Teil der Krone und damit der Parameter "Kronenmantelfläche" maßgeblich ist. Die Kronenmantelfläche verdoppelte sich nahezu von 23 auf 44 m2 bei Vervierfachung des verfügbaren Standraumes.

Im Stangenholz fiel der standraumabhängige Gewinn an Assimilationsfläche erheblich geringer aus als in der Dickung. Das wird sowohl anhand des Kronenradius als auch der Kronenmantelfläche deutlich.

Die Untersuchungen ergaben ferner, dass der jährliche Zuwachs des Kronenradius in der ersten Erhebungsperiode etwa das Dreifache des Wertes der zweiten Periode betrug (Stähr und Hainke 2009). Das gilt für die Varianten V1 bis V3 beider Wuchsklassen gleichermaßen. In der Jugendphase der Gemeinen Kiefer ist daher ein Durchforstungsintervall von 5 bis 6 Jahren im Sinne einer optimalen Durchmesser- und Wertentwicklung berechtigt.

3. Zusammenhang zwischen Standraum, Krone und Ertrag

Es ist nunmehr naheliegend, die Abhängigkeit der Ertragskennwerte von der Kronenmantelfläche zu untersuchen. Anhand der Dickungsvarianten V1 (1000 Ki/ha) und V3 (4000 Ki/ha) war ein straffer positiver Zusammenhang zwischen der individuellen Durchmesserentwicklung und der Kronenmantelfläche des Baumes nachweisbar (Abb. 3.1 und 3.2).

Für den Praktiker ist die Kronenmantelfläche eine verhältnismäßig abstrakte Größe. Waldbaulich greifbare Merkmale sind eher der Kronenradius oder der Standraum. Hierbei zeigte sich, dass in beiden Wuchsklassen im ersten Erhebungsabschnitt der Zuwachs der 100 durchmesserstärksten Bäume je ha (DO100) mit zunehmender Standraumverfügbarkeit stieg – jedoch nicht linear. Bei einer Standraumerweiterung > 10 m2 wurde die Flächen-Ertragsleistung stark verringert und dabei kaum noch Zuwachsgewinn bei der Durchmesserentwicklung generiert.

Waldbauliche Schlussfolgerungen

  • Standraumverfügbarkeit ist eine der wichtigsten Steuergrößen zur Lenkung des Volumen- und Monetärertrages der Kiefernwirtschaft.
     
  • Die zu Versuchsbeginn 13jährigen Dickungskiefern vermochten den Standraumgewinn effizienter in Ertragsleistung umzusetzen als die anfangs 29jährigen Kiefern des Stangenholzes.
     
  • Der Anteil durchmesserschwacher, beherrschter Kiefern steigt mit zunehmender Stammzahlhaltung überproportional an.
     
  • Im Alter von 14 bis 40 Jahren sollte das Durchforstungsintervall 6 Jahre nicht überschreiten.
     
  • Durchforstungsrückstände führen zu messbaren Ertragsausfällen.
     
  • Besteht das Ziel in einer flächigen Optimierung der Volumenleistung, sind eher schwache, selektive Durchforstungseingriffe zu empfehlen.
     
  • Wird die leistungssteigernde Begünstigung des Einzelbaumes angestrebt, kann in sehr frühen Wuchsphasen durch konsequente Standraumerweiterung der individuelle jährliche Volumen- und Durchmesserzuwachs nahezu verdoppelt werden. Allerdings deutet sich an, dass der Durchmesserzuwachs bei Standraumgrößen über 10 bis 12 m2 (r = 1,80 bis 1,95 m) im Alter von 14 bis 40 Jahren deutlich abnimmt.
     
  • Waldwirtschaftlich entscheidend sind außerdem die Stabilitätsuntersuchungen von Bergmann et al. (2007) in der beschriebenen Versuchsanlage. Sie ergaben, dass die Stammzahlabsenkungen in beiden Wuchsklassen die statische Stabilität verbesserten.