
Abb. 1 - Versuchsflächen im Revier Crottendorf (FoB Neudorf): im Innensaum eines 120-jährigen Fichtenbestandes bei lockerem Kronenschluss, Höhe der Verjüngung 1 m.

Abb. 2 -Versuchsflächen im Revier Nassau (FoB Bärenfels): auf Lücken von ca. 0,1 bis 0,3 ha Größe (entstanden im Jahr 2007 durch "Kyrill“) in einem Fichtenbestand, Höhe der Verjüngung 1 m.

Abb. 3 - Versuchsflächen im Revier Neudorf (FoB Neudorf): großflächig abgedeckte Fichten-Naturverjüngung (entstanden im Jahr 2007 durch "Kyrill“), Höhe der Verjüngung 2 m.

Abb. 4 - Arbeiten in einer Fichtennaturverjüngung.

Abb. 5a - Ein etwa 100-jähriger Fichtenbestand im Forstbezirk Adorf, eine hohe individuelle Stabilität des Oberstandes in Verbindung mit einer fortgeschrittenen Verjüngungssituation ermöglichen eine langfristige Erntenutzung und damit die direkte Überführung in eine vertikal strukturierte, stabile Bestandesstruktur.

Abb. 5b - Ein gleichaltriger Fichtenbestand im Forstbezirk Neudorf mit homogener horizontaler und vertikaler Struktur, geringer Kronenanteil im Oberstand, kniehohe Naturverjüngung mit stagnierendem Wachstum im Unterstand. Eine ausreichende Stabilisierung des Einzelbaumes im Oberstand ist nicht mehr möglich. Ein langer Erntenutzungs- und Verjüngungszeitraum in Verbindung mit einer Auflösung der kollektiven Stabilität führt (im Vergleich mit dem Bestand auf dem linken Bild) zu einem deutlich höheren Risiko des Eintretens starker Sturm- inkl. Folgeschäden.
Das gehäufte Fruktifizieren der Fichte, auf eine anhaltende Kronenpflege ausgerichtete Durchforstungen und die Entwicklung des Bodenzustandes begünstigten das Auflaufen von Fichten-Naturverjüngung. Nicht selten entstanden so sehr homogene Verjüngungen mit extrem hohen Stammzahlen.
Zu den Möglichkeiten und Grenzen der Selbstdifferen- zierung derartiger "Fichtenbürstenwüchse" gibt es in Sachsen nur wenige nachvollziehbare Erfahrungen. Die Aussagen in der Literatur sind uneinheitlich und bedingen ergebnislose Diskussionen. Das Gleiche gilt für den optimalen Eingriffszeitpunkt und geeignete Pflegeverfahren sowie die damit verbundenen Kosten.
Versuchsflächen zur Bestandeserziehung
Als Grundlage einer langfristigen Wirkungsanalyse von unterschiedlichen Varianten der Bestandeserziehung stammzahlreicher Naturverjüngungen wurden hierzu 2010 drei Versuchsflächen angelegt. Zwei Versuchsflächen liegen im Revier Crottendorf im Forstbezirk Neudorf und eine Fläche im Revier Nassau im Forstbezirk Bärenfels. Alles Waldstandorte, die auch in der kommenden Waldgeneration eine fichtendominierte Bestockung aufweisen kann, also keinen Schwerpunkt des Waldumbaues darstellt.
Ziel der Bestandeserziehung sind daher qualitativ hochwertige, stabile Fichtenbestockungen.
Wesentliche Zielsetzungen der Versuchsserie sind:
- Untersuchung der vertikalen Differenzierung von Fichten-Naturverjüngungen;
- Vergleich von verschiedenen Pflegeverfahren hinsichtlich der Durchführbarkeit, der Effekte und der Kosten.
Pflegevarianten
Die Auswirkungen von Pflegemaßnahmen werden bisher in fünf Varianten untersucht:
- Nullfläche,
- Pflegepfade im Abstand von 3 – 5 m (Freischneider),
- unregelmäßige Freistellung = Pflegepfad + Erhöhung der Randlinien durch wechselseitiges Arbeiten links und rechts vom Pflegepfad,
- Freistellung (selektives Auskesseln) vorwüchsiger Fichten (r = 1 m) im Verband 5 x 5 m (Motorsäge),
- selektive Bedrängerentnahme: selektive Förderung vorwüchsiger Fichten im Verband von ca. 2 x 2 m durch Entnahme von drei Bedrängern (Motorsäge)
Erste Erfahrungen sowie Kostensätze der Pflegevarianten konnten während der Versuchsanlage gewonnen werden. Die individuellen Unterschiede in der Durchführung der Pflege traten dabei sehr deutlich in Erscheinung. Sie sind an der weiten Spanne des Zeitaufwandes bzw. der Kosten pro ha ersichtlich. Diese stellen damit auch keine belastbaren Daten für differenzierende betriebliche Kalkulationen dar!
Ergebnisse der Erstaufnahme
In jeder Variante eines jeden Versuches wurden ca. 100 Fichten markiert sowie die Höhen der Pflanzen rückwirkend ab 2006 gemessen.
Der bisherige Wachstumsverlauf der Verjüngung wurde in Verbindung mit der Kenntnis über Eingriffe bzw. Kalamitäten im Oberstand analysiert.
So bewegten sich die Jahreszuwächse im Versuch Nassau bis einschließlich 2007 auf einem geringen Niveau – eine typische Situation für geschlossenes Kronendach. Bereits im Jahr nach dem sturmbedingten (Kyrill Januar 2007) Verlust des Oberstandes reagiert die Fichte mit deutlich höheren Jahrestrieblängen. 2010 liegt der Höhenzuwachs vorwüchsiger Fichten je nach Parzelle bei 25 bis 45 cm.
Im Versuch "Crottendorf 570" ist die Schirmstellung noch erhalten, lediglich die Variante "selektive Freistellung“ wurde durch den Sturm "Kyrill“ beeinträchtigt. Im Übrigen erfolgte eine planmäßige Absenkung des Kronenschlussgrades im Jahr 2009. Nach dem Eingriff lag der Bestockungsgrad noch etwa bei 0,8. Im Jahr 2010 erhöht sich der Jahreszuwachs vorherrschender Fichten in allen Parzellen auf 15 bis 25 (40) cm.
Die Abhängigkeit der Jahrestrieblängen von der Ausgangshöhe 2006 ist hier zwischen 2007 und 2010 hochsignifikant. Eine vorwüchsige Fichte bleibt vorwüchsig und vermag so ihren Wuchsvorsprung weiter auszubauen.
Ein Zusammenhang, der auch auf den größeren Bestandeslücken in Nassau existiert. Allerdings bewegen sich die Korrelationskoeffizienten jedoch auf einem geringeren Niveau. Wiederholungsaufnahmen werden zeigen, ob dies ein Einfluss der Überschirmung auf die vertikale Differenzierung ist.
Rein optisch dürfte die Variante, vorwüchsige Fichten in einem Radius von 1 m freizustellen, einen lang anhaltenden Pflegeeffekt erzielen, während die Bedrängerentnahme das ungünstigste Verhältnis von Aufwand zu Effekt nahelegt.
Differenzierung des Vorgehens
Wiederholungsaufnahmen werden mögliche Wirkungen auf Wuchs- und Konkurrenzverhältnisse aufzeigen. Diese müssen dann um arbeits- und verfahrenstechnische Wertungen ergänzt werden, um die praktizierten Pflegekonzepte weiterzuentwickeln.
Aktuell werden hier drei standörtlich weitgehend abgrenzbare Fälle unterschieden:
- Auf Standorten, wo die Fichte keine Zielbaumart der folgenden Waldgeneration ist (Hügelland / Untere Berglagen), werden die Stammzahlen schematisch auf ca 1.500 N/ha reduziert. Dies soll so früh als möglich erfolgen. Der Freischneider hat sich als Arbeitswerkzeug zwischen 0,5 bis 1,0 m Pflanzenhöhe bewert.
- Auf Standorten, wo die Fichte nur eine Mischbaumart sein soll (Mittlere Berglagen), bestimmt die Stabilität des Oberstandes das Vorgehen. In der Regel tragen diese Standorte hohe Stammzahlen, sodass natürliche Differenzierungen erst spät und durch Störungen (Schneedruck) erfolgen. Sind längere Überschirmungen möglich können die Eingriffe eher selektiv und später, in der Regel im Zuge von Erntehieben erfolgen.
- Auf den Standorten, auf denen die Fichte auch weiterhin eine Hauptbaumart ist (Höhere Berg- und Kammlagen), sind einförmige Fichtenbürstenwüchse eher selten. Die Bodenvegetationsmuster und dass zeitlich gestaffeltere Aufkommen der Verjüngung sind nahezu immer vorhandene Ansätze der vertikalen und horizontalen Differenzierung. Hier reichen selektive Eingriffe geringer Intensität häufig aus.