Bereits seit vielen Jahrzehnten führen forstliche Hochschulen und Forschungsanstalten Versuche zur optimalen Pflege und Durchforstung von Beständen durch. Auch der Staatsbetrieb Sachsenforst unterhält zahlreiche waldbauliche Versuchsflächen. Was macht diese noch heute interessant, so dass man immer wieder neue Flächen anlegt?

Letztendlich kann man jedes Behandlungskonzept auf die Frage nach dem optimalen Zeitpunkt reduzieren, an dem bestimmte Bäume eines Bestandes entnommen werden sollten. Dieser Zeitpunkt hängt in erster Linie von der Baumart ab. Ganz wesentlich bestimmen aber auch die Wuchsbedingungen diese Entscheidung. Diese haben sich in den vergangen Jahrzehnten spürbar verändert und werden dies ist auch in Zukunft tun.

Die atmosphärischen Stoffeinträge, der höhere Kohlendioxidgehalt in der Luft und die tendenziell wärmere Witterung wirken positiv auf das Wachstum der Bäume ein. In Abhängigkeit von der Wasserversorgung haben sich die Wuchsbedingungen in den vergangenen Jahrzehnten vielerorts verbessert. Gut dokumentierte Versuchsflächen zeigen diese Veränderungen auf und ermöglichen wertvolle Rückschlüsse, inwieweit die Struktur der Waldbestände durch forstliches Handeln beeinflusst werden kann.

Warum durchforsten, wenn man einem natürlichen Effekt damit nur vorgreift und dabei weniger Holz für spätere Verwendung im Wald steht?

Auf undurchforsteten Flächen wirken Konkurrenz und Zufall und führen dazu, dass einzelne Bäume dem Wachstum ihrer Nachbarn unterliegen und absterben. Der Wettkampf um lebenswichtige Ressourcen findet im Kronen- (Licht) und Wurzelraum (Wasser und Nährstoffe) statt.

Ob der Schaft des Baumes möglichst kreisrund und gerade ist, spielt bei der Konkurrenz um Licht und Wasser keine Rolle. Ein möglichst langer, astfreier Schaft ist eher von Nachteil. Diese Eigenschaften bestimmen aber die spätere Verwendung des Holzes und somit seinen Preis nach der Ernte des Baumes.

Maßnahmen der Bestandespflege und Durchforstung greifen in Konkurrenzsituationen ein und lenken den Bestandeszuwachs auf Bäume, deren Anblick den qualitativen Anforderungen am besten entspricht. Zufall und Konkurrenz werden ganz oder teilweise durch gezielte Steuerung ersetzt.

Indem sich die Kronen qualitativ guter Bäume neuen Wuchsraum erschließen können, erschließt auch das Wurzelwerk neuen Raum und der Durchmesserzuwachs steigt an. Damit verbunden widerstehen diese Bäume abiotischen Risiken, wie Trockenheit oder Sturm viel besser, da ihre größeren Wurzeln tiefere und längere Zeit wasserführende Bodenschichten erreichen. Und auch dann, wenn einzelne Äste durch Schneedruck abbrechen, überleben größere Kronenteile, die den Baum ausreichend ernähren können.

Insgesamt erweisen sich diese Bäume als vitaler und widerstandsfähiger gegenüber Schadorganismen. Aber auch die Holzeigenschaften, vor allem die mit der Dichte einhergehende Festigkeit, hängen von der Jahrringbreite ab. Deshalb beeinflussen die Durchforstungen über das Dickenwachstum auch die Verwendungsmöglichkeiten des Holzes.

Es heißt, Holz wächst nur an Holz.
Muss man dann nicht Angst haben, dass der Holzzuwachs abnimmt, wenn man Bäume entnimmt?

Nein. Solange das Ausmaß des Wuchsraumes, den ein Baum durch die Entnahme eines Konkurrenten erhält, seinem Vermögen zum Kronenausbau entspricht, treten keine Zuwachsverluste ein. Die Aussage, dass Holz nur an Holz wächst, gilt streng genommen nur für den einzelnen Baum. Entscheidender ist auch die photosynthetisch aktive Masse an Blättern und Nadeln. Diesbezüglich sollte der Blick auf möglichst viele lange, grüne Kronen gerichtet werden.

Vor allem auf den besseren Standorten treten konkurrenzbedingte Ausscheidungsprozesse oftmals erst bei sehr hohen Bestandesdichten auf. Eine Vielzahl der Bäume weist dann jedoch nur noch sehr kleine Kronen auf. Im durchforsteten Bestand verteilen sich demgegenüber die vom Standort limitierten Ressourcen auf deutlich weniger Bäume. Für jeden einzelnen Baum bedeutet dies neben einem Mehr an Wasser und Nährstoffen auch einen größeren Wuchsraum. Am Ende kann sich durch die veränderte Kronenraumstruktur die gesamte Kronenmantelfläche des Bestandes erhöhen.

Man sollte sich auch nicht von den in durchforsteten Beständen geringeren Holzvorräten leiten lassen. Rechnet man die im Rahmen der Durchforstungen entnommenen Holzmengen zum aktuellen Holzvorrat hinzu, so müssen zweckmäßig gepflegte Bestände einen Vergleich mit undurchforsteten Beständen keineswegs scheuen.

Gibt es auch Bestände in denen eine Durchforstung kaum Sinn macht?

Ja, darüber hinaus kann sie sogar negative Wirkungen, beispielsweise hinsichtlich der Verjüngungsfreudigkeit der Bestände, entfalten. Grundsätzlich müssen Durchforstungen der Fähigkeit des Baumes zur Vergrößerung seiner Krone Rechnung tragen:

So gibt es Baumarten, deren Kronenwachstum ausschließlich in der Jugend dynamisch ist. Hierzu gehören Pionierbaumarten, wie Kiefer, Birke und Lärche. Bei diesen Baumarten entscheiden vor allem die ersten Durchforstungen über die spätere Konkurrenzstärke eines Baumes. In höherem Alter sind intensive Pflegeeingriffe dagegen kaum noch sinnvoll.

Es sei denn, man setzt gezielt auf eine frühzeitige Verjüngung dieser Bestände. Für ein solches Vorgehen sprechen, insbesondere bei älteren Kiefern- und Birkenbeständen, die verbesserten Wuchsbedingungen. Durch die begrenzten Möglichkeiten des Kronenausbaues können junge Bäume die verbesserten Bedingungen hervorragend nutzen. Wichtig dabei ist, dass die Baumverjüngung zum Zeitpunkt der intensiven Nutzung bereits aufgelaufen ist. Ansonsten profitiert nur die Bodenvegetation von den freiwerdenden Wuchsressourcen.

Buchen, Eichen und Tannen fallen in die Gruppe der Baumarten, die auch im höheren Alter ihre Kronen noch vergrößern können. Bei diesen Baumarten lassen sich demnach auch die Versäumnisse in der Jugend in begrenztem Maße nachholen.

Generell nehmen die Durchforstungseffekte, unabhängig von der Baumart, von den besseren zu schlechteren Standorten hin ab. Gut zu sehen ist dies auf extrem trockenen, warmen Standorten, wo sich auf Grund des limitierten Wasserangebotes kein geschlossener Bestand bilden kann. Es besteht so gut wie keine Konkurrenz zwischen den einzelnen, in der Regel tief beasteten Baumkronen.

Was ist privaten Waldbesitzern zu empfehlen?

In den letzten zehn Jahren haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Waldwirtschaft wesentlich verbessert. Mit Ausnahme der Pflegen zur Bestandeserziehung, die maßgeblichen Einfluss auf die Qualität des Bestandes ausüben, lassen sich gegenwärtig Durchforstungen kostendeckend durchführen oder liefern finanzielle Erträge.

In Verbindung mit den positiven Effekten auf die Bestandesstabilität und künftige Wertleistung überwiegen klar die Erfolgschancen. Wer sich scheut, gleich selbst zu Säge oder Spraydose zu greifen, kann sich auch Unterstützung bei den Landesforstverwaltungen holen.