Der Erreger des Eschentriebsterbens ist das Falsche Weisse Eschenstengelbecherchen (Hymenoscyphus fraxineus), ein aus Asien eingeschleppter Pilz. Er kommt in seinem Ursprungsgebiet zusammen mit lokalen Eschenarten vor, ohne an diesen beträchtliche Schäden zu verursachen.

Polnische Förster beobachteten in den 1990er Jahren erstmals in Europa Erkrankungen an Eschen, die auf Hymenoscyphus fraxineus zurückzuführen waren. Danach hat sich der Pilz von Polen her schnell in Europa ausgebreitet, mit einer Geschwindigkeit von 50–70 km pro Jahr. 2008 wurde das Eschentriebsterben zum ersten Mal in der Schweiz beobachtet, an jungen Eschen im Raum Basel. Seit 2015 kommt der Pilz praktisch überall in der Schweiz vor.

Bis auf wenige Ausnahmen lässt sich die Krankheit heute überall in Europa an Eschen beobachten. Spezialisten aus den betroffenen Ländern erwarten, dass mindestens 90% der Eschen dem Eschensterben zum Opfer fallen werden. Die Prognosen weisen aber grosse Unsicherheiten auf, da sie zumeist auf Daten aus jungen Eschenbeständen basieren.

Pilotstudie im Jura

Das Office de l’Environnement (Umweltamt) im Kanton Jura führte deshalb im Juni und Juli 2015, sieben Jahre nach dem erstmaligen Auftreten der Krankheit, eine Studie zum Eschentriebsterben durch. Auf der Grundlage der Waldinventardaten des Kantons wurden Eschenbestände ausgewählt, die mindestens zehn Eschen mit einem mittleren Brusthöhendurchmesser (BHD) von mindestens 20 cm aufwiesen. Daraus resultierten 36 Probeflächen, die über den ganzen Kanton verteilt waren. Feldmitarbeiter haben pro Probefläche bei 20 zufällig gewählten Eschen den BHD, die Befallsintensität (von 0 = gesund bis 5 = tot) und das Vorhandensein einer Stammfussnekrose erhoben. Insgesamt wurden Daten von 712 Eschen erfasst.

Anhand der Befallsintensität zeigte sich, dass 99% aller Bäume erkrankt sind (Abb. 2). Davon waren aber lediglich 2% tot. Erfreulicherweise wurden 1% der Bäume als vollkommen gesund und 8% als nur schwach erkrankt taxiert. Diese schwach erkrankten Bäume zeigen sich der Krankheit gegenüber als widerstandsfähig und könnten längerfristig überleben.

Die Mehrzahl der gemessenen Bäume gehören zum starken Stangenholz und zum schwachen Baumholz (20–40 cm BHD). In Abbildung 3 erkennt man eine Abnahme des Anteils stark befallener Bäume (Befallsintensitäten 3–5) von 20 bis 40 cm BHD. Diese Abnahme bestätigt die Erfahrungen aus der Forstpraxis. Allerdings ist es nicht klar, wieso dickere und ältere Eschen weniger Krankheitssymptome zeigen als jüngere. Haben sie möglicherweise mehr Ressourcen zu Verfügung, um sich gegen den Pilz zu wehren? Oder dauert das Absterben einfach länger, weil sie eine grössere Krone, also mehr Äste haben, die befallen werden können?

Interessant ist die Tatsache, dass der Anteil stark befallener Bäumen ab 40 cm BHD wieder zunimmt. Es könnte also sein, dass die Eschen ab einem gewissen Alter unter anderen, zusätzlichen Stressfaktoren leiden (Lichtkonkurrenz, Kronenverletzungen oder Krankheiten und Schädlinge) und somit die Wirkung des Eschentriebsterbens stärker zum Tragen kommt.

Sind alle Bestände gleich befallen?

Die Unterschiede in der Befallsintensität sind zwischen den Beständen relativ gering. Kein Bestand ist vollständig gesund und keiner ist vollständig erkrankt. Allerdings findet man in gewissen Beständen mehrheitlich gesunde Eschen und in anderen mehrheitlich kranke. Es liess sich aber weder ein Zusammenhang zwischen der Befallsintensität und bestimmten Umweltfaktoren noch mit baum- und standortspezifischen Messgrössen (mittlerer BHD, Höhe über Meer, Exposition oder Neigung) nachweisen. Diese Resultate stimmen mit den wissenschaftlichen Kenntnissen aus dem In- und Ausland überein. Andere Einflussfaktoren wie Bodenverhältnisse oder Waldgesellschaft wurden hier nicht untersucht.

Fast in jedem der untersuchten Bestände variierte der Befall von Baum zu Baum sehr stark. Wir gehen zwar davon aus, dass diese Unterschiede genetisch bedingt sind, doch scheinen sie unabhängig von der Provenienz zu sein. Auch bezüglich der räumlichen Verteilung der Befallsintensitäten der Untersuchungsbestände sind keine klaren Muster erkennbar (Abb. 4). Mehrfach kommen relativ gesunde Bestände neben stark geschädigten vor.

Stammfuss-Nekrosen im Kanton Jura

Das Falsche Weisse Eschenstengelbecherchen produziert im Sommer Sporen, die normalerweise frische Blätter infizieren. Auf diesen entwickeln sich anschliessend Nekrosen. Je nach Aggressivität des Pilzes kann er aber auch in den Trieb einer Esche eindringen und dort Schäden hervorrufen. Die meisten Infektionen in den Ästen kann eine gesunde Esche abwehren. Der Baum stirbt nicht infolge einer einzigen Infektion ab – vielmehr ist die Gesamtheit der Infektionen in der Krone entscheidend.

Die Sporen können unter bestimmten Bedingungen auch direkt in den Stamm eindringen, vor allem am Stammfuss, und dort eine sogenannte Stammfussnekrose verursachen (Abb. 5). Wenn der Baum diese Infektion nicht abwehren kann, stirbt er schnell ab. Eine Studie aus Frankreich zeigt, dass ca. 30% der Eschen Stammfussnekrosen aufweisen und dass die Häufigkeit und Intensität der Stammfussnekrosen an feuchten Standorten grösser ist als an trockenen. Im Kanton Jura hingegen wurden Stammfussnekrosen nur bei etwa 4% der Eschen festgestellt.

Schlussfolgerungen

Diese Fallstudie aus dem Kanton Jura zeigt, dass mehr als 10% der ausgewachsenen Eschen vollkommen gesund oder nur schwach befallen sind. Sie belegt auch, dass die grosse Mehrheit der Eschen zwar erkrankt, aber nur 2% der adulten Eschen nach sieben Jahren Befall abgestorben sind. Diese Resultate lassen hoffen, dass es Eschen gibt, die gegen das Eschentriebsterben entweder resistent sind oder doch zumindest eine Infektion überstehen können.

Andererseits dokumentieren zahlreiche Beobachtungen aus der Praxis, dass viele erkrankte Eschen weiterhin Samen produzieren und sich verjüngen. Unter diesen Jungpflanzen dürfte ein kleiner Anteil sein, der gegen die Krankheit tolerant ist. Das relativ geringe Auftreten von Stammfussnekrosen im Kanton Jura lässt also hoffen, dass die Esche auch in Zukunft die Chance hat, sich fortzupflanzen.

Das Eschentriebsterben zeigt im Jura keine räumlichen Befallsmuster – keine Region ist ausgenommen. Auch widerstandsfähige Eschen gibt es im untersuchten Gebiet überall, und sie kommen nirgendwo gehäuft vor. Auch wenn es durchaus Hoffnung für die Esche gibt, so ist z.B. davon auszugehen, dass weitere genetische Varianten des Pilzes aus Asien eingeschleppt werden könnten; für den Eschenprachtkäfer gilt das Gleiche. Beide Schädlinge gefährden die Esche, doch wenn Forschung, Verwaltung und Praxis dieses Problem gemeinsam angehen, besteht Hoffnung, dass uns die Esche auch in Zukunft erhalten bleibt.

Drei Fragen aus der Praxis

1) Soll man befallene Eschen entfernen?

Grundsätzlich sollten keine Eschen präventiv entfernt werden. Es würde den Infektionsdruck kaum senken, die Samenund Pollenproduktion reduzieren und die Esche würde vielerorts verschwinden. Es gibt aber Ausnahmen: a) Bei Sicherheitsaspekten (Personen oder Infrastruktur) und b) Bei der Gefahr einer Holzentwertung bei mehr als 70% Kronenverlust (die Ernte sollte aber auf jeden Fall kostendeckend sein!).

2) Sollten junge Eschen als Zukunftsbäume gewählt werden?
Junge Eschen als Kandidaten zu wählen, ist gleichbedeutend mit einem Wettlauf, dessen Ausgang offen ist. Wenn sich allerdings eine gesunde Esche mitten in einer Gruppe stark befallener Bäume befindet, dann sollte diese gefördert werden. Allerdings sollten nur auf sicher gesunde Eschen gesetzt werden. Umgekehrt sollte man bei der Jungwuchspflege kranke oder abgestorbene Eschen nicht grundsätzlich entfernen. Sie werfen wenig Schatten und werden kaum zu einer grossen Konkurrenz für andere Bäume werden.

3) Eine grosse Esche steht in meinem Garten mitten in der Stadt. Stirbt sie auch ab?
Man hat festgestellt, dass Eschen in urbanen Gebieten nicht so häufig erkranken wie Eschen im Wald. Dies dürfte vor allem mit der Sporendichte des Pilzes und mit dem Stadtklima zu tun haben: 1) Die Eschendichte in der Stadt ist gering und die Entfernung zu grossen Waldbeständen ist oft gross und 2) Das alte Laub am Boden (darin bildet der Pilz seine Sporen) wird im urbanen Raum meist entfernt. Des Weiteren stehen die Bäume in der Stadt oft einzeln, sodass sich kein feuchtes Bestandesklima bildet, welches die Sporenkeimung fördern könnte. Die Esche in der Stadt dürfte also weiterhin weniger stark gefährdet sein als im Wald. Wer seine Bäume regelmässig von einem Baumpflegespezialisten kontrollieren und bei Befall zurückschneiden lässt, fördert dadurch den Erhalt der Eschen im Siedlungsraum.

(TR)