Lockstoffeinsatz nur als Frühwarnsystem

Zu Beginn der 70er Jahre wurde der Schwammspinnerlockstoff Disparlure synthetisiert. Er erwies sich auch hochgradig attraktiv für die Männchen der Nonne (Lymantria monacha L.) und ließ große Hoff­nungen aufkommen, die sich daraus ergebende Möglichkeit zum Einsatz von Pheromonfallen zur Ablösung kosten- und zeitintensiver Kontrollverfahren wie Falterzählungen und Eisuchen einzusetzen. Trotz entsprechender Forschungsarbeiten im In - und Ausland konnten diese Erwartungen jedoch nur zum Teil erfüllt werden, da es nicht gelang, eine Beziehung zwischen den Falterfangwerten und den tatsächlich vorhandenen Populationsdichten zu finden. Auch der später für die Nonne entdeckte artei­gene Lockstoff Monachalure trug nicht zur Lösung dieses Problems bei.

Deshalb wurde der Lockstoff bislang lediglich in bestehende Kontrollsysteme eingebettet und wird in den meisten Ländern zur Frühwarnung beim Übergang von der Latenz in die Progradation genutzt. Sein Einsatz ermöglicht damit einen räumlich und zeitlich differenzierten Wechsel von einer großräumigen Überwachung der potenziellen Befallsgebiete zu einer kleinflächigen Lokalisierung aktueller Befallsflä­chen mit traditionellen Verfahren.

Zeit und Kosten für Überwachung sparen

Um trotz einer tendenziell abnehmenden Flächenpräsens von forstlichem Fachpersonal eine fundierte Waldschutz-Überwachung zu sichern, wird seit 2005 nach Möglichkeiten gesucht, das über die gesamte Schwarmzeit durchgeführte Überwachungsverfahren mit 1 bis 2 Fallenleerungen pro Woche zu rationalisieren. Eine Basis dafür ist die Kenntnis der zeitlichen Häufigkeitsverteilung der Flugaktivität in der Schwärmzeit. Zwischem den Maximalwerten zum Schwärmhöhepunkt (Falter pro Tag) und der Gesamtzahl gefangener Falter über die gesamte Schwärmzeit (Falter pro Jahr) besteht eine lineare Korrelation (Majunke et al. 2006).

Korrelation zwischen Gesamtfangwert und Maximalwert bestätigt sich

Die umfangreichen Datenmengen der Nonnenfalterkontrolle aus Kiefernbestän­den Südbrandenburgs und Sachsens zeigen die Stetigkeit im Schwarmverhalten auf. Die in der Arbeit von Majunke et al. 2009 dargestellten Zusammen­hänge auf der Basis von Daten bis 2007 konnten durch Auswertungen sächsischer Daten der Folgejahre bis einschließlich 2011 bestä­tigt werden (Abbildung 4).

Gleiche Zusammenhänge auch bei Zählung weiblicher Falter an Stämmen

Die traditionelle Zählung weiblicher Nonnenfalter an Zählstämmen dient der näherungsweisen Be­stimmung der lokalen Aktivitätsdichten. Die Ergebnisse ermöglichen eine Prognose des zu erwarten­den Entnadelungsgrades bzw. ziehen weitere, noch aufwändigere Überwachungsverfahren wie die Eisuchen nach sich. Der Zusammenhang zwischen Gesamtzählergebnis und dem Maximalwert ist wie bei den Pheromonfallenfängen sehr deutlich (Abb. 4) und kann mit einer linearen Gleichung beschrie­ben werden, die ein hohes Bestimmtheitsmaß von 0,85 besitzt.

Zeitliche Einordnung der Maxima

Beim Einsatz lockstoffbeköderter Fallensysteme zur Überwachung des Schwarmfluges männlicher Nonnenfalter erscheinen die ersten Falter in Abhängigkeit effektiver Temperatursummen etwa Ende Juni bis Anfang Juli. In den Folgewochen steigen die Fangzahlen meist kontinuierlich an, um nach Erreichen eines oder mehrerer Gipfelwerte schließlich wieder geringer zu werden. Spätestens in der ersten Septemberhälfte ist der Flug meist beendet. Mehrgipfligkeit des Falterfangverlaufes ist in Ost­deutschland keine Seltenheit und wird besonders durch kühle und regenreiche Sommerwitterung ver­ursacht.

Für eine Nutzung der beschriebenen Beziehung für die Überwachung und Prognose ist die zeitliche Einordnung des tatsächlichen Maximums von Bedeutung. Das Maximum in der Hauptschwärmzeit ermöglicht Rückschlüsse auf die Gesamtmenge der Falter in der gesamten Schwärmzeit. Das häufige Auftreten von Schwankungen der Flugintensität und die genannte Möglichkeit der Mehrgipfligkeit lässt jedoch eine eindeutige Bestimmung eines Ma­ximums noch während des Fluges der Nonnenfalter nur bedingt zu. Deshalb muss ein relevanter Zeitrahmen empirisch abgeleitet werden.

Bei den bisher durchgeführten Recherchen des umfangreichen Datenmaterials wurde festgestellt, dass die meisten Maxima der Flugaktivität zwischen dem 15.07. und 15.08. eines Jahres lagen.

Konsequenzen für die Praxis

Die aufgezeigte Abhängigkeit eröffnet die Möglichkeit, die Kontrollen zum Auftreten männlicher und weiblicher Falter auf den Zeitraum 15.07. bis 15.08. des jeweiligen Jahres unter Beibehaltung des Kontrollintervalls von 3 - 4 Tagen zu beschränken und das jeweilige Maximum zu bestimmen. Anhand dieses Wertes kann näherungsweise auf die Gesamtmenge der Falter geschlossen werden. Damit ist eine Re­duktion der gegenwärtig praktizierten Kontrollen und des damit verbundenen Aufwandes um ein Drittel bis 50 % denkbar.

In Sachsen sind diese Ergebnisse in das landesweit standardisierte Verfahren zur Überwachung der Nonne integriert. Werden während der laufenden Kontrollen empirisch festgelegte Richtwerte festge­stellt, beeinflussen diese das weitere Vorgehen in der laufenden Schwärmperiode. So bestimmen Anflugzahlen von 30 Faltern pro Falle und Woche den Kontrollrhythmus. Werte von 40 Faltern pro Falle und Tag erfordern die umgehende Einrichtung von Zählstammgruppen für die aktuelle Schwärmperiode. Die Überwachungsintensität im Fol­gejahr wird im Wesentlichen durch die Gesamtfangergebnisse der Fallen determiniert. Eine konse­quente Verfahrensumstellung mit der ausschließlichen Fokussierung auf die Maxima der Schwärmak­tivität erfolgte aus verschiedenen Gründen bisher nicht.