
Abb.1 - Sturmschaden im Forstbezirk Neustadt vom 24.05.2010.
Foto: Rother (SBS)

Abb. 2 - Übersichtskarte des Befliegungsgebietes. Flächig umgebrochene und umgeworfene Wälder auf einem eng begrenzten Gürtel Torgau – Belgern – Großenhain - Ottendorf-Okrilla – Großröhrsdor. (Anklicken zum Vergrössern)

Abb. 3 - Befliegungsparameter der Sturmschadens- Befliegung nach dem Tornado vom 24.05.2010.

Abb. 4 - Fläche mit gruppenweisen Schäden (FoB Taura (1501 47 f 19 a4), CIR- Orthobild mit Schadfläche 40 %)

Abb. 5 - Luftbild aus dem Forstbezirk Taura (3036 47 F 2 c1), Unterteilung des Bestandes in zwei Flächen mit unterschiedlich starker Schädigung, rechts: Schadprozent 100 %, links: 80 %.
Fotos: ILV Fernerkundung GmbH

Abb. 6 - Terrestrisches Foto der zugehörigen Schadfläche (s.Abb. 5).
Foto: Fülöp (SBS)
Im Mai 2010 hat ein Sturm in einigen Waldgebieten Sachsens grosse Schäden hinterlassen. Um Käferbefall zu verhindern benötigten die Forstbezirke dringend eine genaue Abschätzung der Schadholzmenge und Informationen zu deren räumlicher Lage. Neben terrestrischen Erhebungen wurden auch Digitale Orthophotos eingesetzt.
Nach ersten terrestrischen Erhebungen wurden in den Forstbezirken Taura, Dresden und Neustadt insgesamt 108.500 Kubikmeter Sturmholz bilanziert. Um die Schadholzmengen zu erfassen und zur logistischen Unterstützung der Aufräumarbeiten kamen neben den terrestrischen Erhebungen durch die Revierleiter auch Color-Infrarot-Orthobilddaten zum Einsatz. Das Kompetenzzentrum für Wald und Forstwirtschaft im Staatsbetrieb Sachsenforst (SBS) beauftragte die ILV Fernerkundung GmbH, das Schadgebiet zu befliegen und digitale CIR-Orthophotos anzufertigen.
Die Abgrenzung der geschädigten Flächen und die Erfassung von Schadprozenten, die unmittelbar nach den Fotoaufnahmen begannen, liefen in enger Zusammenarbeit mit dem Referat Forsteinrichtung und der Abteilung Staatsforstbetrieb. Mit Hilfe der Digitalen Orthophotos (DOP) wurden die erfassten Schadinformationen mit den Daten des Forstlichen GeoInformationssystems (Forstgrundkarte) verschnitten und es wurde der Bezug zur Walddatenbank (WIS) hergestellt. (Genaue Angaben zum Ablauf der Schadkartierung, zur Bereitstellung der Daten sowie technische Details siehe Originalartikel)
Befliegen des Schadgebietes
Das Befliegungsgebiet wurde in enger Abstimmung mit den betroffenen Sächsischen Forstbezirken festgelegt und mittels ihrer Informationen eingegrenzt sowie der Schadkorridor digital erfasst.
Damit die Digitalen Orthobilddaten schnell verfügbar waren, mussten die technischen Aufnahmeparameter der Luftbildaufnahmen (bspw. GPS-Aufzeichnung, Lagegenauigkeit, Bodenauflösung, Bildanzahl) so gewählt werden, dass die Entzerrung (Orthorektifizierung) schnell und qualitativ hochwertig erfolgen konnte.
Bei der Befliegung lagen die in Abildung 3 angeführten Parameter zugrunde.
Digitale Orthophotos
Aus den georeferenzierten Daten der Befliegung und aus den Geobasisdaten (ATKIS-DGM2- und ATKIS-DGM25-Daten) des GeoSN erstellte die ILV Fernerkundung GmbH flächendeckend für das Gebiet Color-Infrarot-Orthophotos (CIR) und Echtfarben-Orthophotos (RGB).
Die Digitalen Orthophotos wurden entsprechend den Anforderungen der weiteren Datennutzung speziell aufbereitet und den Forstbezirken übermittelt. Die Bodenauflösung von 20 cm wurde beibehalten, um die Schäden möglichst detailliert betrachten zu können. Die im SBS eingesetzte WebApplikation FGIS_online sowie die Nutzung der Daten durch Anwender außerhalb des Intranetes erforderten die Bereitstellung der Daten als WebDienste. Dazu wurden aus den kachelweise vorliegenden Orthobilddaten jeweils ein CIR- bzw. RGB- Mosaik (ecw-Format) mit ERDAS-IMAGINE berechnet. Die Daten wurden in das im SBS vorhandene RasterdatenManagementsystem FGIS_raster auf der Basis von ERDAS-APOLLO importiert sowie Kartendienste für CIR- und RGB-Orthobilddaten erzeugt. Die Bereitstellung der Dienste für FGIS_online und auch den Sachsenatlas erfolgte mittels ImageWebServer (IWS).
Kartieren der Schadflächen
Die Kartierung der Schadflächen begann unmittelbar nach Lieferung der Digitalen Orthobilddaten. Als hilfreich erwies sich das im Kompetenzzentrum des SBS laufende Projekt "Kalamitätsfolgeinventuren", welches sowohl die methodischen Entwicklungen und die Erfassung der Schadflächen unterstützte, als auch anschließend nahtlos mit der methodischen Entwicklung und Berechnung der Schadholzmengen begann.
Die Erfassungsmethodik der Schadflächen baute auf den in vorangegangenen Schadinventuren gesammelten Erfahrungen auf und wurde in enger Abstimmung mit der forstlichen Praxis festgelegt. Da die Praktiker ein sehr schnelles Vorliegen der Kartierungsergebnisse benötigen, fiel die Entscheidung zugunsten der 2-D-Auswertung basierend auf Digitalen Orthobilddaten.
Die Ermittlung der Schadflächen umfasste folgende Arbeitsschritte:
- Abstimmung der Erfassungsmethodik im SBS
- Erstellung eines Interpretationsschlüssels
- Erstellung des Datenmodells
- Vorbereitung der Arbeitsumgebung, Datenstrukturen
- Kartierung der Schadflächen
- Bereitstellung der Daten an die Forstpraktiker
- Erstellung von Schadkarten.
Um die Luftbildinterpreten zu eichen und um die Vergleichbarkeit der luftbildgestützten Kartierungsergebnisse mit der terrestrischen Realität zu gewährleisten, war ein Interpretationsschlüssel nötig. Dieser umfasst Bildbeispiele für unterschiedlich stark geschädigte Bestände bzw. Bestandesteile. Im Gelände aufgenommene Bilder wurden den konkreten Orthobildausschnitten und festgelegten Schadprozenten gegenübergestellt (vgl. Abbildungen 4 bis 6).
Die visuelle Interpretation der Digitalen Orthobilddaten umfasste folgende Arbeitsschritte:
- digitale Abgrenzung der Schadflächen
Als Zusatzdaten fungierte die Waldeinteilung der digitalen Forstgrundkarte. Wenn der gesamte Bestand betroffen war, wurde die Bestandesabgrenzung übernommen. Waren nur klar abgrenzbare Teile des Bestandes betroffen, wurden diese extra digitalisiert. Bei Flächen, in denen sich die Einzel-, Trupp-, Gruppenbrüche/-würfe über die Gesamtfläche verteilten und die Schadflächen zu klein für eine sinnvolle Digitalisierung waren, wurde ein geringes Schadprozent (i.d.R. 5 %) für den gesamten Bestand erfasst.
- Schätzung des geschädigten prozentualen Flächenanteiles in 10%-Stufen
Für die kartierte (abgegrenzte) Schadfläche wurde der geschädigte Flächenanteil prozentual in 10%-Stufen angeschätzt. Als Sonderfall wurde die 5 %-Stufe eingeführt.
Die Kartierung der Schadflächen erfolgte für den Gesamtwald (alle Eigentumsformen außer Bundeswald) in großen Maßstäben (mindestens 1:2 000) und ggf. unter Einbeziehung der georeferenzierten Luftbilddaten in Schattenbereichen. Als vorteilhaft erwies sich der Vergleich mit vorhandenen CIR-Orthobilddaten aus den Jahren 2008 bzw. 2009, um Fehlinterpretationen früherer Schäden oder Nutzungen auszuschließen.
Die Zusammenführung der einzelnen Bearbeitungsgebiete zu einem Datenbestand sowie deren stichprobenweise Prüfung auf Plausibilität und Homogenität oblag dem SBS. Dieses Qualitätsmanagement ist unabdingbar, um sowohl subjektive als auch objektive Fehler zu minimieren und die Homogenität der Auswertung sicherzustellen.
Im Anschluss an die Schadflächenkartierung wurden die Schadflächen mit der Forstgrund- und Standortskarte verschnitten und mit der Walddatenbank verbunden. Aus dem relativen Schadflächenanteil und den in der Walddatenbank gespeicherten Vorratswerten konnten die Schadholzmengen berechnet und im Anschluß Empfehlungen für die Wiederaufforstung der geschädigten Flächen gegeben werden.
Nach Kartierungsende und Datenprüfung am SBS wurden die erfassten Daten in die endgültige Datenstruktur konvertiert, auf dem zentralen Geodaten-Server des SBS gespeichert und an die Forstbezirke übermittelt.
Für die betroffenen Forstbezirke wurden Luftbildkarten 1:5 000 mit Waldeinteilung und Schadflächen, Luftbildkarten 1:5 000 mit ALK und Schadflächen, Forstbezirkskarten mit Schadflächendarstellung (vgl. Abbildung 7) unter Nutzung der am SBS verfügbaren Kartenerstellungs-Applikation AMKE (ArcMapKartenErweiterung) erstellt.
Folgerungen
Der Einsatz großmaßstäbiger digitaler Orthobilddaten hat sich bei der Kartierung von Sturmschäden bewährt. Die konstruktive Zusammenarbeit von GIS- und Fernerkundungsspezialisten, Forstpraktikern und IT-Verantwortlichen ist bei der Arbeit unter hohem Zeitdruck eine wichtige Basis für die Erzielung fundierter Ergebnisse, ebenso die Abstimmung und Zusammenarbeit mit der Befliegungsfirma sowie deren sofortige Datenbereitstellung.
Das Qualitätsmanagement ist eine unabdingbare Voraussetzung für ein homogenes und plausibles Kartierungsergebnis. Sowohl das Erstellen eines Interpretationsschlüssels, die ständige Abstimmung der Interpreten (Eichung) als auch die Homogenisierung der Interpretationsergebnisse sind unerlässlich. Die Interpreten müssen über GIS-Grundkenntnisse und praktische Interpretationserfahrungen verfügen. Nur dann ist eine relativ schnelle Einweisung und sichere Einarbeitung der Bearbeiter möglich.
Im Nachgang der Schadkartierung auf Basis der visuellen Interpretation der Orthobilddaten wird vom SBS geprüft, inwieweit Methoden der (halb)-automatisierten Erfassung von Sturmschäden aus satellitengestützten Fernerkundungsdaten (TerraSAR, WordView2, RapidEye) künftig den Erfassungsprozess noch effektiver gestalten können. Des Weiteren ist die Prüfung der Adaption der von Digitale Dienste Berlin im Auftrag des SBS entwickelten Modelle zur automatisierten Erfassung von Sturmschäden unter Nutzung multitemporaler Orthobilddaten geplant. Ein zweistufiges Verfahren – automatisierte Erfassung von Schadgebieten/ -regionen und visuelle Nachbearbeitung der Ergebnisse zur Verbesserung/ Konkretisierung der Ergebnisse könnten den Auswerteprozess und damit die Ergebnisbereitstellung weiter beschleunigen.

Abb. 7 - Ausschnitt aus einer Forstbezirkskarte der Sturmschäden vom 24.05.2010, Forstbezirk
Dresden (verkleinerte Darstellung).