1,5 Mio. ha Wald befinden sich im Einflussbereich temporärer Freiflächen im Wald. Überdurchschnittlich viele Freiflächen, vor allem Bestandeslücken, findet man in weitgehend naturnahen Fichten-(Tannen-)wäldern.
Neben der Erhebung der Situation auf Freiflächen werden von der Österreichischen Waldinventur (ÖWI) auch Einflüsse von Frei- oder Nichtwaldflächen auf angrenzende Waldflächen berücksichtigt. Freiflächen bedingen immer Innenrandwirkungen, da sie Teil der Waldfläche sind. Außenrandwirkungen entstehen dagegen im Grenzbereich zwischen Wald und Nichtwaldflächen.

Hochstauden auf Freifläche
Unmittelbare Randwirkung tritt dann auf, wenn eine Probefläche von einer Grenzlinie zwischen Bestand und Freifläche direkt geschnitten wird. Eine mittelbare Randwirkung liegt laut ÖWI dann vor, wenn sie zwar nicht im unmittelbaren Randbereich liegt, aber einen Einfluss auf die (Boden)vegetation des betroffenen Bestandesteiles ausübt.
Hälfte der Waldfläche Österreichs von Freiflächen oder Nichtwaldflächen beeinflusst
Rund ein Sechstel der österreichischen Waldfläche (557.000 ha) liegt im Einflussbereich von nahegelegenen Nichtwaldflächen, 1.473.000 ha oder mehr als ein Drittel werden von temporären Freiflächen im Wald beeinflusst. 68.000 ha davon stehen im Einfluss sowohl von Freiflächen im Wald als auch von angrenzenden Nichtwaldflächen.
Das bedeutet, dass 49% (1.962.000 ha) der gesamten Waldfläche mehr oder weniger stark von Freiflächen- und Nichtwaldflächen beeinflusst werden, ein Ergebnis, das die starke innere und äußere Fragmentierung des österreichischen Waldes zeigt.
Verteilung der Freiflächen auf Waldtypen
Für ökologische Aussagen erweist sich eine Einteilung nach Lebensraumtypen unter vergleichbaren natürlichen und menschlichen Einflüssen als nützlich. Zu diesem Zweck wurden der Europäischen Umweltagentur (EEA) 2006 aktuell vorhandene Waldtypen für ganz Europa vorgeschlagen, die eine europaweit vergleichbare Berichterstattung über waldökologische Themen ermöglichen sollen. Diese Waldtypen basieren zwar auf der realen Baumartenkombination, berücksichtigen aber auch den Grad menschlicher Beeinflussung durch einen Vergleich mit der jeweiligen potenziell natürlichen Waldgesellschaft.
So gibt es beispielsweise Nadelwaldtypen auf potenziell natürlichen Nadelwald-Standorten mit weitgehend erhaltener natürlicher Baumartenkombination. Zum Unterschied kommen in der klimatisch temperierten Zone die so genannten „nemoralen“ Nadelwälder auf potenziellen Laubwald-Standorten vor, die durch menschlichen Einfluss entstanden sind und natürliche Laub- und Mischwaldgesellschaften ersetzen.
"Nemoral" kommt vom Lateinischen "nemus", was "Wald" oder "Hain" bedeutet. In der Geowissenschaft steht nemoral für die feucht gemäßigte temperierte Ökozone der laubwerfenden Laubwälder, die unter anderem in Mitteleuropa weit verbreitet ist.
Im Unterschied zu Plantagen sind vom Menschen geförderte Nadelwälder der nemoralen Zone an die natürlichen Gegebenheiten gut angepasst, ihre vitale Naturverjüngung erzeugt oft einen naturnahen Eindruck. In Österreich nehmen Fichten-(Tannen-)Wälder rund die Hälfte der gesamten Waldfläche ein, davon ist allerdings mehr als die Hälfte den nemoralen Nadelwäldern zuzuordnen, also durch intensive Bewirtschaftung im Hinblick auf die potenziell natürliche Waldzusammensetzung verändert.
In Tabelle 1 werden Waldflächenanteile und Freiflächenanteile den europäischen Waldtypen gegenübergestellt. Die Freiflächenanteile werden überdies nach Freiflächentypen aufgeteilt. Unterschieden werden dabei
- Lücken (30 m2 -499 m2),
- Blößen (≥ 500 m2),
- freistehende Jugend I (mittlere Höhe < 1,3 m) ≥ 500 m2,
- freistehende Jugend II (mittlere Höhe ≥1,3 m, max. mittlerer BHD 104 mm),
- gemischte Freiflächen, die nicht eindeutig zuzuordnen waren, und
- Strauchflächen.

Tabelle 1: Waldflächenanteile, Freiflächenanteile und Freiflächengrößenklassen nach den europäischen Waldtypen (Österreichische Waldinventur 2007/09)
Die relativ größten Freiflächen-Anteile haben die Gebirgswaldtypen Lärchen-Zirben-Wald (5% der Freiflächen auf 4% der Waldfläche) und weitgehend naturnahe subalpine Fichten- und montane Fichten-Tannenwälder (auf 25% der Waldfläche 30% der Freiflächen). Rund ein Drittel der Freiflächen in diesen alpinen Waldgesellschaften sind kleine Lücken unter 500 m2. Aber auch der Blößenanteil ist hier größer als in allen anderen Waldgesellschaften. Submontane und montane Buchenwaldgesellschaften, zu denen auch die in Österreich weitverbreiteten Fichten-
Tannen-Buchenwälder gezählt werden, haben zum Vergleich auf 19% der Waldfläche nur 14% der Freiflächen.
Interessant ist die Tatsache, dass nemorale Fichtenwälder weniger Lücken und Blößenanteile aufweisen als naturnahe Fichten-(Tannen)wälder. Dafür ist aber der Anteil von freistehenden Jugendflächen in nemoralen Fichtenwäldern höher, eine Auswirkung der intensiveren Bewirtschaftung. Buchenwälder haben geringere Blößen-Anteile, aber relativ viele Jugendflächen, da die Verjüngung meist schon vor einer flächigen Freistellung vorhanden ist.
Auswirkungen von Freiflächen auf die Bodenvegetation
Die ÖWI ordnet jeder Probefläche einen Vegetationstyp zu, der für einen Standort charakteristisch und nach Zeigerarten benannt ist. Der Vegetationstyp unter Waldvegetation ist stark von den Hauptbaumarten des Bestandes geprägt. Im Bereich von Freiflächen kann diese Beeinflussung nachwirken, durch das verstärkte Lichtangebot wird jedoch mehr Biomasse produziert und oft ändert sich auch der Bodenvegetationstyp.
In Abbildung 1 werden die Anteile der Vegetationstypen auf der Freifläche (orange), am unmittelbaren Rand, etwas weiter im Bestand und ganz im Bestandesinneren (je weiter im Bestand, desto dunkleres Grün) gegenübergestellt, Abbildung 2 zeigt die Vegetationstypenverteilung auf großen (ab 500 m2) und kleinen Freiflächen (bis 499 m2).

Abbildung 1: Verteilung der Vegetationstypen auf Freiflächen, Waldrändern und im Bestandesinneren (in % der Fläche, Quelle. Österreichische Waldinventur 2007/09)

Abbildung 2: Verteilung der häufigsten Vegetationstypen auf großen und kleinen Freiflächen (Quelle. Österreichische Waldinventur 2007/09)
Dabei ist generell eine Abnahme der Hochstauden und Vergrasungstypen in Richtung zum Bestandesinneren zu bemerken, wobei Hochstaudentypen größere Freiflächen starker bevorzugen als Vergrasungen. Heidelbeertypen reagieren auf eine Veränderung des Lichtangebotes bei Randsituationen unterschiedlich. Niedrige AHD-(Astmoos-Heidelbeer- Drahtschmiele)-Typen sind eher im Bestandesinneren zu finden, bei hohen AHD-Typen ist von der Freifläche zu den Bestandesrändern zunächst eine Abnahme, im Bestandesinneren aber wieder eine Zunahme zu beobachten (Abbildung 1).
Direkt auf der Freifläche kommt der niedrige AHD-Typ im Vergleich zum hohen AHD-Typ auch häufiger in kleinen Lücken als auf großen Blößen vor (Abbildung 2). Sauerklee und Schattenkräutertypen stellen Vegetationstypen des Bestandesinneren dar und werden in Randnähe und auf der Freifläche seltener. Subalpine Zwergsträucher treten stärker noch als Weidetypen bevorzugt auf Freiflächen auf.