Im Übergang von Wald zum Kulturland leben besonders viele Tier- und Pflanzenarten. Es treffen hier nämlich die Arten des "geschlossenen" Waldlebensraums auf die Arten des "offenen" Kulturlandes. Durch die regelmässige Behandlung der Waldränder werden wichtige Vernetzungsfunktionen dem Waldrand entlang sowie auch zwischen Wald und Kulturland aufgewertet (Längs- und Quervernetzung).

Wo ist eine Aufwertung des Waldrandes besonders sinnvoll?

Grundsätzlich ist ein gestufter und gebuchteter Waldrand überall möglich und sinnvoll. Vor allem lohnt sich der Einsatz jedoch in sonniger Lage und auf mageren, trockenen oder sehr feuchten Standorten. Magere Böden erkennt man an den Zeigerarten: die Grasschicht interessanter Standorte enthält z.B. Pfeifengras, Fiederzwenke oder Aufrechte Trespe. Auch saure, magere Standorte im Mittelland sind interessant. Hier wachsen Heidelbeere, der Wiesen-Wachtelweizen, der Salbeiblättrige Gamander oder die Berg-Platterbse.

Strukturen am Waldrand wie Hohlwege, Felsaufschlüsse, alte Gruben, Feuchtstellen, etc. sind ökologisch wertvoll und bergen oft ein grosses Aufwertungspotenzial. Auch die Baum -und Strauchartenzusammensetzung kann ideale Standorte anzeigen: alte Eichen, Föhren oder Buchen und eine vielfältige Strauchschicht mit hohem Dornanteil sind interessant. Ideal ist der Standort, wenn das angrenzende Kulturland extensiv genutzt wird, z.B. Fromentalwiese, ein Bachlauf, Buntbrachen, eine extensive Weide u.a. Ungünstig sind intensiv genutztes Ackerland oder eine Strasse, die direkt an den Waldrand anschliesst.

Wie erreicht man reichhaltige Waldränder?

Die Waldrandpflege ist eine Daueraufgabe! Sie ist vergleichbar mit dem Unterhalt eines Hochstamm-Obstgartens oder dem regelmässigen Schnitt einer Hecke: auch diese Elemente der Kulturlandschaft brauchen eine regelmässige, angepasste Pflege. Grundsätzlich bewirkt die Waldrandbehandlung mehr Licht, mehr Wärme und mehr Strukturen in diesem Übergangsbereich. Dadurch steigt automatisch die Artenvielfalt.

Aber Vorsicht! Gerade am Waldrand kann man auch wertvolle Strukturen bei einer Behandlung zerstören. Hier wachsen oft noch die letzten alten, knorrigen Eichen oder alte Dornsträucher, die nie gepflanzt wurden und somit autochthone regionalspezifische Herkünfte darstellen.

Trotzdem muss man mit aller Deutlichkeit einen kräftigen Eingriff empfehlen. Die Tiefe sollte mindestens eine Baumlänge aufweisen und der Kronenschluss nur noch um 30% betragen. Zu kleine Eingriffe sind schon nach wenigen Monaten kaum noch zu sehen. Grosse Eingriffe erschrecken vielleicht Spaziergänger am Anfang, weil sie ein anderes Bild gewohnt sind. Hier ist Öffentlichkeitsarbeit sinnvoll (z.B. eine Tafel mit Informationen, Bericht in der Zeitung, Thema an einer Waldbereisung/Waldumgang aufgreifen).

Der Aufbau des Waldrandes sollte stufig (verschiedene Altersklassen gemischt) und die Linienführung durch Buchten möglichst lang sein. Die Waldrandpflege ist auch eine kreative Arbeit. Mit der Motorsäge lässt der Lebensraum von Pflanzen und Tieren gestalten. So kann man z.B. bei fehlenden Steinen mit Rundhölzern eine Sonn- und Unterschlupfstruktur errichten. Stehende tote und besonnte Stämme sind sehr wertvoll. Totholz lässt sich auch durch ringeln schaffen.

Magere und offene Bodenstellen sollten freigeholzt werden, damit Licht und Wärme bis auf den Boden durchdringt. Die grossen Mengen an Holz, die bei einer Durchforstung anfallen, können genutzt werden (z.B. als Energieholz), ein Teil sollte jedoch immer als wertvolle Struktur im Waldrandbereich verbleiben. Das anfallende Astmaterial sollte zudem nicht flächig im Waldrandbereich liegen, sondern zu Haufen aufgeschichtet werden. Das erleichtert eine spätere Pflege sehr.

Welche Baum- und Straucharten stehen lassen?

Diese Frage hängt selbstverständlich vom Standort des Waldes ab. Jeder Wald ist zusammen mit der Umgebung im Einzelfall zu betrachten. Die Wälder des Jura und diejenigen des Mittellandes unterscheiden sich zum Teil beträchtlich. Generell gilt jedoch: Totholz, Bäume mit Efeubewuchs und Höhlenbäume sind zu erhalten. Das gleiche gilt für alte Eichen, Dornsträucher oder dicke Weiden. Wertvoll sind auch Pioniergehölze wie Zitterpappeln, Birken und Salweiden oder Seltenheiten wie Wildbirne oder Elsbeerbaum.

Die Nachpflege ist äusserst wichtig

Waldrandpflege ist zwar eine Daueraufgabe, man kann das Gelingen aber stark beeinflussen. Nach dem aufwändigen Ersteingriff ist die Nachpflege im Spätsommer des Folgejahres besonders wichtig. Auf diese Weise kann man den neu ausgetriebenen Stöcken einen Teil der Wuchskraft nehmen. Diese Nachpflege ist nicht sehr aufwändig, aber entscheidend bei der Lenkung des Bestandes. Wer mit dem Zweiteingriff jedoch 5 -8 Jahre wartet, beginnt oft wieder bei Null oder hat im Extremfall z.B. im Jura weniger Licht und weniger Strukturvielfalt als vor dem Ersteingriff!

Sind Brombeeren und Nielen unerwünscht, so müssen diese zweimal pro Jahr im grünen Zustand geschnitten werden. Wartet man mit dem Eingriff jedoch bis zum Winter, treiben diese Arten im Frühling stärker aus als je zuvor. Waldränder bitte nicht mulchen! Das Mulchen an den Stockgrenzen entlang der Wälder nimmt überall zu. Dies ist jedoch ökologisch sehr schädlich, da durch das Mulchgerät ein Sog entsteht, der wie ein Staubsauger die Insekten aus der Umgebung absaugt. Zudem entsteht durch das Liegenlassen des Materials ein Düngungseffekt, der die Pflanzenartenvielfalt verringert. Besonders schädlich ist das Mulchen in der warmen Jahreszeit. Die "Waldrandregeln" der Abteilung Wald des Kantons Aargau untersagen das Mulchen bei finanziell unterstützten Waldrändern explizit.