Die vorliegende Zusammenfassung basiert auf Ergebnissen zweier Bachelorarbeiten, die an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg angefertigt wurden und ersetzt die zuvor auf waldwissen.net veröffentlichten Einzelbeiträge [1,2].

 

Unter dem Begriff Hybridnuss sind verschiedene Kreuzungen innerhalb der Gattung Juglans zusammengefasst. Sie sind forstlich interessant, da einige der Kreuzungsnachkommenschaften (F1-Generation) bessere Wuchsleistungen zeigen als ihre Eltern (sog. luxurierendes Wachstum).

In Baden-Württemberg beschrieb SCHWAB 1985 erstmals die in Schwarznusspflanzungen als Zufallssämlinge vorkommenden Hybridnussbäume im Forstbezirk Breisach und weckte damit das forstliche Interesse.

In Frankreich werden seit 1970 mehrere Kreuzungen wissenschaftlich untersucht. Bereits 1986 wurden dort die ersten Samenplantagen zur Hybridnussproduktion von privaten Baumschulen angelegt. Von diesen Samenplantagen sind die Intermedia-Hybriden (Juglans nigra x Juglans regia) NG 23 und NG 38 und die Garavel-Hybride (Juglans major x Juglans regia) MJ 209 (Abb. 1) im Handel. Über die FVA wurden in den Jahren 2001-2005 über 31.000 dieser Hybridnusspflanzen für einen dezentralen Praxisversuch ausgeliefert. Ziel dieses Versuchs war, Erkenntnisse über mögliche Wachstums- und Qualitätsunterschiede zwischen den Handelssorten und ihren Standortsansprüchen in Baden-Württemberg zu erhalten.

Versuchskonzeption und Datenaufnahme

Insgesamt wurden 20.826 MJ 209, 4.611 NG 23 und 5.846 NG 38 ausgeliefert. Über Rückmeldungen der Forstämter liegen Informationen zu 315 Flächen vor. Bei der Auswahl der aufzunehmenden Flächen war ausschlaggebend, dass innerhalb eines Forstbezirks alle drei Handelssorten gepflanzt worden waren und die Zuordnung der Handelssorten eindeutig war. Aus den umfangreichen Anbauten wurden 55 repräsentative Flächen im Oberrheinischen Tiefland, Odenwald und Neckarland mit 4.372 gepflanzten Hybridnüssen ausgewählt (Abb. 2). Auf diesen Flächen wurde jeweils eine Vollaufnahme aller Hybridnüsse nach Höhen- und Durchmesserwachstum durchgeführt. Damit die Qualität angesprochen werden konnte, wurden Beeinträchtigungen der Baumform wie vorzeitig verbuschte Krone, Zwiesel, Neuaustrieb, verhocktes Wachstum, einschnürige bzw. unschnürige Krümmung und Schiefstand sowie der Durchmesser des stärksten Astes je Baum untersucht. Um zugleich den Einfluss des Standortes zu bewerten, wurden Wasserhaushalt, Bodensubstrat, Basensättigung und Höhenstufe mithilfe der Standortskartierung und der Bodenzustandserhebung (BZE) aufgenommen bzw. berechnet.

Ausfälle

Von den drei Handelssorten weisen NG 23 und NG 38 mit jeweils ca. 11 % eine geringere Mortalität als MJ 209 mit 23 % auf (Abb. 3). Zusätzlich zeigen alle Handelssorten auf Standorten mit pH-Werten unter 4 sehr hohe Ausfälle. NG 23 und NG 38 weisen bei einer Verschlechterung der Wasserversorgung nahezu eine Verdoppelung der Ausfälle auf. Diese bleiben jedoch immer unter den Werten der offensichtlich empfindlicheren MJ 209. Die Hybride MJ 209 zeigt auf einer großen Standortsspreitung zwischen optimaler Wasserversorgung und Stauwassereinfluss nahezu gleichbleibend hohe Ausfälle. Standorte mit einem höheren Tonanteil des Bodensubstrates eignen sich für alle Hybridnüsse nur sehr bedingt. Bei der Handelssorte MJ 209 ist von einem erhöhten Wärmebedarf auszugehen; klimatisch begünstigte Standorte mit einer Jahresdurchschnittstemperatur merklich über 9 °C sind zu empfehlen, da sich hier die hohen Ausfälle bei MJ 209 etwa halbieren.

Höhen- und Durchmesserzuwachs

Für das Höhen- und Durchmesserwachstum weist NG 23 die höchsten Werte auf, gefolgt von den nahezu identisch wachsenden MJ 209 und NG 38. Der mittlere jährliche Höhen- und Durchmesserzuwachs aller Handelssorten beträgt für den Zeitraum von sechs bis zehn Jahren 78 cm bzw. 8,5 mm (Abb. 4). Der Mittelwert des jährlichen maximalen Durchmesserzuwachses beträgt auf überdurchschnittlichen Standorten 14 mm. Vereinzelt konnte auf seltenen Spitzenstandorten ein jährlicher Durchmesserzuwachs von über 17 mm beobachtet werden. Auf den weniger geeigneten Standorten lassen sich lediglich Zuwächse von 3,3 mm im Jahr erreichen. Diese geringen Zuwächse bei gleichzeitig hohen Begründungskosten lassen einen Anbau von Hybridnuss auf ungünstigen Standorten unwirtschaftlich erscheinen.

Standortsansprüche

Hybridnüsse auf optimal wasserversorgten, tiefgründigen, nährstoffreichen Böden mit pH-Werten zwischen 5 und 8 und einer durchschnittlichen Jahrestemperatur über 8 °C zeigen außerordentlich gute Wuchsleistungen.

Auf Standorten mit einer eingeschränkten Wasserversorgung während der Vegetationsperiode, geringerer Gründigkeit, einem pH-Wert höher 5 und einer durchschnittlichen Jahrestemperatur von mindestens 8 °C sind ebenfalls sehr gute Wuchsleistungen erzielt worden.

Standortsfaktoren, die einen Anbau von Hybridnuss ausschließen, sind deutlich stauwasserbeeinträchtigte, aufgrund hoher Tonanteile im Bodensubstrat schlecht durchwurzelbare Böden, sowie eine nicht ausreichende Basenversorgung mit einem pH-Wert unter 4 (oligotroph). Bei pH-Werten zwischen 4 und 5 ist ein Anbau der Hybridnuss noch möglich, jedoch ist bereits ab diesen Werten mit einem deutlich schwächeren Wachstum zu rechnen.

Baumform und Standort

Eine gute Wipfelschäftigkeit kann für alle drei Handelssorten bestätigt werden. Eine vorzeitig verbuschte Krone und der Verlust der Wipfelschäftigkeit tritt nur bei ca. 5 % auf. Die Handelssorte MJ 209 neigt etwas eher zur Zwieselbildung. Wurden jedoch bereits Zwieselschnitte im Zuge der Kultursicherung durchgeführt, liegt der Anteil an Zwiesel bei jeder Handelssorte unter 5 %.

Auf wechselfeuchten bzw. wechseltrockenen Böden und pH-Werten unter 4 treten häufig verhockte oder neu ausgetriebene Hybridnusspflanzen auf. Vergraste Flächen bewirken bei allen drei Handelssorten ein verhocktes Wachstum. Während von allen Hybridnussbäumen 16 % ein verhocktes Wachstum ausweisen, sind auf den vergrasten Flächen 46 % verhockt.

Bei vorhandener Krümmung bzw. vorhandenem Schiefstand sind sich die drei Handelssorten sehr ähnlich. Eine unschnürige Krümmung (4 %) tritt deutlich weniger auf als eine einschnürige Krümmung (20 %). Betrachtet man die Summe aller beeinträchtigten Baumformen je Handelssorte, schneidet die Handelssorte NG 23 mit 59 % unbeschädigten Exemplaren am besten ab, gefolgt von NG 38 mit 51 % und MJ 209 mit 45 %.

Insgesamt sind die Nusshybriden mit 45 bis 59 % fehlerfreier Bäume als Spitzenqualitäten einzustufen.

Aststärken und Dickenwachstum des Schaftes

Bei den gemessenen Aststärken (Abb. 5) zeigt die Handelssorte NG 23 die geringsten Durchmesser bezogen auf den Brusthöhendurchmesser sowie die geringste Streuung der Einzelwerte. Offensichtlich sind hier besonders homogene Qualitäten zu erwarten.

Stellt man die Astdurchmesser je BHD mit Hilfe einer Regressionsgerade dar (Abb. 6), so zeigt die Handelssorte NG 38 ein durchschnittliches Wachstum des stärksten Astes von 4,5 mm/cm BHD-Zunahme und NG 23 3,0 mm/cm BHD-Zunahme. Die Aststärken von MJ 209 nehmen mit durchschnittlich 3,2 mm/cm BHD-Zunahme geringfügig schneller zu als die von NG 23. Bei einer angenommenen jährlichen BHD-Zunahme von einem Zentimeter nehmen also die Astdurchmesser im Jahr durchschnittlich zwischen 3 mm (NG 23) und 4,5 mm (NG 38) zu. Auf Spitzenstandorten und absolutem Freistand ist ein deutlich stärkeres Dickenwachstum des Schaftes und dementsprechend auch der Äste zu erwarten. Die frühe Freistellung der Hybridnussbäume verhindert das rechtzeitige Absterben der Äste im unteren Schaftbereich und erfordert deshalb eine Wertästung.

Folgerungen für den Waldbau mit Hybridnüssen

Die Wuchsleistungen und Qualitäten der drei untersuchten Handelssorten sind vielversprechend.

Um qualitativ hochwertige Hybridnussbäume zu erhalten, ist vor allem in den ersten Jahren eine kontinuierliche Pflege notwendig. Eine Grünästung ist für das Erzielen von Wertholz unumgänglich. Um starke Astdurchmesser zu vermeiden, muss im Intervall von ein bis zwei Jahren eine "dynamische" Ästung durchgeführt werden, bei der nur die stärksten Äste (ab 3 cm) – auch vorgreifend – aus dem Wertholzbereich der Krone entfernt werden. Die Ästungseingriffe dürfen jedoch nicht zu stark sein, da sich sonst vermehrt Wasserreiser bilden.

Gerade die Fähigkeit, in kurzen Zeiträumen wertvolles Nussholz nicht nur auf Spitzenstandorten zu produzieren, macht die Hybridnuss zu einer Alternative zur wuchsschwächeren Walnuss und der sehr anspruchsvollen Schwarznuss. Sie kombiniert hohe Wuchsleistungen mit guter Qualität. Bei den zu erwartenden Holzerlösen, auch bereits für Holz der Stärkeklasse L2, sind die notwendigen Pflegeeingriffe und Ästungsmaßnahmen durchaus vertretbar.

Zusammenfassung und Ausblick

Die umfangreiche Ersterhebung und Auswertung des dezentralen Anbauversuchs mit französischen Hybridnussbäumen ermöglicht eine vorläufige Reihung der Handelsorten bis zum Alter zehn:

  • NG 23 zeigt auf geeigneten Standorten eine sehr gute Wuchsleistung und Qualität bei akzeptablen Ausfällen.
  • NG 38 zeigt auf geeigneten Standorten eine gute bis sehr gute Wuchsleistung bei guter Qualität und akzeptablen Ausfällen.
  • MJ 209 zeigt auf geeigneten Standorten gute bis sehr gute Wuchsleistungen bei guter Qualität. Die Ausfälle sind mit 23 % relativ hoch; erstaunlich ist, dass der Wasserhaushalt keinen Einfluss auf die Höhe der Ausfälle hatte. Bei Jahresdurchschnittstemperaturen von deutlich über 9 °C halbieren sich die Ausfälle.

Die Hybridnüsse sind keine Selbstläufer. Wie alle gepflanzten Bäume müssen auch die Hybridnüsse entsprechend gepflegt werden.

Die jährliche Verfügbarkeit der drei Handelssorten ist sehr unterschiedlich. Die Produktion von MJ 209 ist deutlich höher als von NG 38 und NG 23. In Frankreich wird überwiegend die Handelssorte MJ 209 angebaut. Nach den vorliegenden Ergebnissen ist NG 23 für den Anbau in Baden-Württemberg (noch) besser geeignet als NG 38 und MJ 209, allerdings ist die Verfügbarkeit von NG 23 häufig nicht gewährleistet.

Die deutsche Intermedia-Hybride RENI konnte in diesem dezentralen Praxisversuch nicht berücksichtigt werden, da die produzierten Mengen zu gering waren und für umfangreiche Versuchsanbauten nicht zur Verfügung standen. Im Gemeindewald Britzingen bei Müllheim wurde im Januar 2011 eine Versuchsanlage mit allen französischen Handelssorten und der deutschen Intermedia-Hybride RENI gepflanzt (Abb. 8). Dies ist der erste Versuchsanbau bei dem alle im Handel verfügbaren Nusshybriden angebaut werden.

Literatur
  • [1] Arnold, E. (2010): Erstauswertung des Hybridnuss-Anbaus von 2001 bis 2005 in Baden-Württemberg, Teil 1: Ausfälle, Höhe und Durchmesser nach Sorten und Standorten. Bachelorarbeit. HFR Rottenburg.
  • [2] Frank, R. (2010): Erstauswertung des Hybridnuss-Anbaus von 2001 bis 2005 in Baden-Württemberg, Teil 2: Qualität nach Sorten und Standorten. Bachelorarbeit. HFR Rottenburg.