Konsequenterweise wurden von der Versuchsanstalt bereits um 1880 die ersten Durchforstungs- und Pflanzweiteversuche eingerichtet. Lange Zeit stand die Frage nach der Gesamtwuchsleistung und der Maximierung des Volumenzuwachses im Zentrum des Interesses. Damaliger Versuchsstandard war die Anlage von drei Niederdurchforstungs­varianten unterschiedlicher Eingriffs­stärke (in Deutschland als A-, B- und C-Grad bezeichnet). Fallweise wurde auch eine Hochdurchforstungsvariante nach "französischer Methode" einge­richtet. Als Vergleich dienten die schwach niederdurchforsteten Flächen, die durch Entnahme von abgestorbenen und absterbenden Bäumen den heutigen Nullflächen entsprachen.

Nach dem Zerfall der Monarchie verblieben nur mehr wenige - fast ausschließlich auf Buche beschränkte - Versuche in Österreich, deshalb beschränkten sich ältere Informationen auf diese Baumart. Die nicht immer konsequente Versuchsführung verringert die Aussagekraft dieser Versuche weiter. Dennoch erkannte Böhmerle bereits 1898: "In Durchforstungsflächen ist die Schneegefahr umso größer, je dichter und stammzahlreicher die Bestände sind".

Wesentliche Grundlagen für die Wahl von Pflanzverbänden bei Fichte lieferte die Auswertung des Pflanzweiteversuchs Hauersteig im Wienerwald; darüber hinaus konnte Pollanschütz relevante Aussagen zur Stabilität und Betriebssicherheit von Fichtenbeständen ableiten. Im Laufe der Zeit haben sich nicht nur die wissenschaftlichen Methoden verbessert, sondern auch die Fragestellungen und Durchforstungsstrategien geändert. Vom Institut für Waldwachstum und Waldbau des BFW wurden deshalb seit 40 Jahren spezielle Durchforstungsversuche in Fichte (im Waldviertel und in der Steiermark), Kiefer (im Burgenland) und Buche (im Alpenvorland) angelegt. Auch der Wechselwirkung von Düngung und Durchforstung wurde in einem speziellen Versuch nachgegangen.

Stammzahl und Durchmesser hängen zusammen

Im Wald ist leicht festzustellen, dass in dichten Beständen die Bäume dünner bleiben und nur Bäume mit ausreichendem Standraum stark werden. Dieser Zusammenhang wurde bereits vor 80 Jahren in den Vereinigten Staaten von Reineke wissenschaftlich belegt und als "stand density rule" bezeichnet. Sterba kommt der Verdienst zu, diese wichtige waldwachstumskundliche Regel auch in Mitteleuropa bekannt gemacht zu haben.

Anhand unserer Versuchsergebnisse kann dieser Zusammenhang verdeutlicht werden. Dazu wurden für die Abbildung 1 Ergebnisse von drei unterschiedlich behandelten Versuchsvarianten des Versuches in Ottenstein ausgewählt: die vollkommen unbehandelte Vergleichs­variante und die zu Beginn auf 2500 Stämme je ha reduzierten Parzellen sowie die bei 10 m Oberhöhe schon auf 1200 Stämme je ha reduzierten Parzellen der Auslesedurchforstungsvariante. Die Entwicklung der Stammzahlen wurde über dem jeweiligen Mitteldurchmesser aufgetragen; für die grafische Darstellung wurden beide Achsen logarithmisch transformiert.

Die Kurvenverläufe zeigen, dass die Bestockung nicht über eine bestimmte Grenze steigen kann. Die Gerade in Abbildung 1 ist die bei einem bestimmten Durchmesser maximal mögliche Stammzahl. Wird wachstumsbedingt diese Linie erreicht, so muss mit weiterer Durchmesserzunahme die Stammzahl abnehmen, das heißt, es tritt Mortalität ein (rote Linien der unbehandelten Variante). Bestände mit niedriger Stammzahl der Durchforstungsvariante (grüne Linien) können solange ungestört wachsen, solange sie die Linie der maximal möglichen Bestockung noch nicht erreichen.

Zahlen sprechen für eine konsequente Standraumregulierung

In den derzeit 40- bis 60-jährigen Versuchsbeständen sind die Auswirkungen der verschiedenen Behandlungsvarianten hinsichtlich Bestandesstabilität und Stammdimensionen bereits deutlich erkennbar. Der internationale IUFRO-Durchforstungsversuch bei Ottenstein im Waldviertel ist die größte und bekannteste dieser Versuchsanlagen. Die Ergebnisse der dort untersuchten Durchforstungsvarianten von hoher bis niedriger Stammzahlhaltung sind beispielhaft. Bei 5 m Oberhöhe wurde auf 2500 Bäumen je ha reduziert, danach erfolgten die Eingriffe in unterschiedlicher Stärke und Raschheit.

Bei 15 m Oberhöhe hatten die Versuchsparzellen zwischen 700 und 1600 Bäume je ha. Auf den zwei unbehandelten Parzellen sind von den ursprünglich über 5200 bis 5900 Bäumen je ha innerhalb von 28 Jahren 2800 bis 3900 Bäume durch Konkurrenz, Schneebruch oder auch vereinzelt Windschäden ausgeschieden. In den folgenden 15 Jahren fielen weitere 1100 bis 2200 Bäume je ha aus, wobei auf der am stärksten durch den Sturm Kyrill betroffenen unbehandelten Parzelle lediglich nur mehr 170 Fichten je ha übrig geblieben sind.

Diese große Labilität in undurchfors­teten Flächen wird auch durch H/D-Werte von weit über 100 belegt. Die H/D-Werte der stark reduzierten Parzellen liegen hingegen aktuell unter 80. In diesen Flächen gab es auch keine Schneebrüche. Auf der nur mäßig durchforsteten Parzelle mit H/D-Werten über 90 kam es in den letzten Jahren hingegen zu mehreren Wipfelbrüchen.

Ebenfalls für ausreichenden Stand­raum spricht die Entwicklung der Durchmesser: Die Durchmesserzuwachsleistung im weitständig erzogenen Bestand liegt erheblich über den anderen. Die Differenz gegenüber dem unbehandelten Bestand beträgt im Alter 56 bereits über 18 cm. Entscheidend ist weiters, dass bei Vornutzungen bereits früher verwertbare Dimensionen erreicht werden. Beim ersten Durchforstungseingriff bei einer Oberhöhe von 10 m und einem Bestandes­alter von 18 Jahren betrug der mittlere Brusthöhendurchmesser des Aushiebs 11,1 cm. Beim folgenden Eingriff 14 Jahre später bei einer Oberhöhe von 20 m wurde bereits ein mittlerer Durchmesser von 20,8 cm erreicht.

In Abbildung 2 und 3 sind Ergebnisse von fünf Durchforstungsversuchen (Fichte bzw. Weißkiefer in Kohfidisch) dargestellt. Sie zeigt einerseits die Differenz im Durchmesser zwischen der Variante mit niedriger Stammzahlhaltung und der unbehandelten Vergleichsvariante und andererseits die Unterschiede im H/D-Wert.

Auf allen Standorten mit unterschiedlicher Bonität konnten durch den größeren Standraum sowohl eine eindeutig bessere Durchmesserzuwachsleistung als auch eine wesentlich höhere Bestandesstabilität durch niedrigere H/D-Werte nachgewiesen werden. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass durch frühe und starke Eingriffe das Leistungspotenzial eines Standortes optimal genutzt wird und gleichzeitig Bestände zu großer Stabilität erzogen werden können.

Die Dauerversuche liefern nicht nur Erkenntnisse und Grundlagendaten für weitere Analysen, von denen hier nur ein Teil dargestellt werden konnte. Sie sind auch unmittelbare Anschauungsobjekte und werden laufend im Rahmen von Exkursionen und Seminaren den Forstleuten und bäuerlichen Waldbe­sitzern vor Ort gezeigt.

Neue Versuchsanlagen für zukünftige Fragestellungen

Die traditionellen Versuchskonzepte wurden gemäß den damaligen Fragestellungen unter Beachtung der jeweiligen Rahmenbedingungen entwickelt. Waldwachstumskundliche Versuche sind meist sehr langfristig und müssen daher vorausschauend konzipiert werden. Nur so ist es möglich, auf neu auftauchende Fragen mit Versuchsergebnissen Antworten zu finden.

Als Reaktion auf neue Fragestellungen wurden in jüngerer Vergangenheit weitere Versuche eingerichtet. Auf diesen werden - mit zum Teil extremen Behandlungsvarianten oder sehr ausgefeiltem Versuchsdesign – nicht primär bereits bestehende Behandlungskonzepte überprüft, sondern es sollen vielmehr prinzipielle waldwachstumskundliche Grundlagen erarbeitet werden.

Wegen der stets limitierten Arbeitskapazität konnte nur eine kleine Anzahl von Versuchen eingerichtet werden. Die Ein-Klonversuche, die Solitärversuche und die Neuanlage des Pflanzweiteversuchs Hauersteig versprechen für die Zukunft wesentliche Erkenntnisse für die Bewirtschaftung unter schwieriger werdenden Rahmenbedingungen.

Erste Ergebnisse von den erst relativ kurz beobachteten "Solitärversuchen" zeigen auf fünf verschiedenen Versuchsorten, dass Bestände, die bereits im Dickungsstadium auf 700 Bäume je ha reduziert wurden, trotzdem 78 bis zu 100% (!) der Gesamtwuchsleistung von "normal" auslesedurchforsteten Parzellen leisten können (Abbildung 3). Dieser etwas überraschende Umstand findet zumindest teilweise eine Erklärung in den längeren und breiteren Baumkronen mit größeren Nadelmassen der bereits sehr früh stammzahlreduzierten Bestände.

Die ersten Messergebnisse der fünf im Jahre 1992 angelegten Fichten-Einklonversuche mit drei verschiedenen Stammzahlvarianten von 2664, 1282 und 321 Bäumen je ha ließen die Vermutung aufkommen, dass zuwachsreduzierender Konkurrenzeinfluss nicht nur im Kronenraum, sondern bereits vorher im Wurzelbereich stattfindet. Bohrkernanalysen haben gezeigt, dass es bereits einige Jahre vor Eintritt des Kronenschlusses zu unterschiedlichen Jahrringbreitenentwicklungen kam.

Auch bei diesen Versuchen kann der Volumenzuwachs bei geringerer Bestockung durch deutlich bessere Kronendimensionen und bessere Zuwachsleistung weitgehend ausgeglichen werden. Dazu sind aber noch weitere Untersuchungen beabsichtigt.

Zur Prüfung der Umsetzbarkeit des Konzepts des "früh, kräftig und selten" wurden zwei entsprechende Versuche in Oberösterreich und Niederösterreich eingerichtet: Dabei soll in der einen Variante mit nur zwei Durchforstungseingriffen und einem Entnahmeanteil von jeweils 50% die Endbestockung erreicht werden, als Vergleich sollen drei Eingriffe mit jeweils der Entnahme eines Drittels dienen. Diese Versuche zeigen bereits nach kurzer Zeit sehr anschaulich, wie schnell sich Bestände auf entsprechend wüchsigem Standort wieder schließen können und wie rasch sich die Zuwächse nach dem Eingriff auch wieder angleichen.