Im internationalen Diskurs zur globalen Gefährdung der Biodiversität sind invasive Arten, also aggressiv auftretende gebietsfremde Arten, schon lange ein prominentes Thema. Wenig kontrovers ist das, wenn sich die Diskussion auf eingeschleppte Arten bezieht, die ausschließlich wirtschaftliche Schäden verursachen. In Österreich betrifft das etwa durch Pilze verursachten Krankheiten (z.B. Ulmensterben) oder den Asiatischen Laubholzbockkäfer.

Problem: Heimische Arten werden verdrängt

Invasive Pflanzenarten werden in erster Linie unter dem Aspekt diskutiert, ob sie heimische Arten verdrängen und das betroffene Ökosysteme gravierend umgestaltet wird. Ein Beispiel dafür ist die Robinie, die in Eichenmischwäldern durch ihre Wurzelknöllchen für eine Anreicherung von Bodenstickstoff sorgt und einen Rückgang von konkurrenzschwachen Arten der Bodenvegetation verursachen kann.

Eine besondere Herausforderung an die Forstpolitik sind also Baumarten, die einerseits aus Sicht des Naturschutzes als invasive Arten beurteilt werden, andererseits aber aus Sicht der Waldbewirtschafter einen wirtschaftlichen Nutzen erbringen. Ein globaler Zensus aus dem Jahr 2011 hat weltweit 622 Arten von invasiven Baum- und Straucharten ergeben, wobei insbesondere Australien, pazifische Inseln, Südafrika oder Nordamerika stark betroffen sind, Europa dagegen deutlich weniger.

Bereits in der internationalen Biodiversitätskonvention (CBD) haben sich die europäischen Staaten zu einer globalen Strategie gegen invasive Arten verpflichtet.

EU-Biodiversitätsstrategie 2020

In Umsetzung dieser Verpflichtung verabschiedete die Europäische Kommission am 3. Mai 2011 eine Handlungsstrategie (EU Biodiversity Strategy to 2020), um den Verlust von Biodiversität aufzuhalten und den Zustand von Ökosystemen, Habitaten und Arten sowie die Dienstleistungen, die sie erbringen, innerhalb des nächsten Jahrzehnts zu verbessern (Informationen auf der Homepage der EU-Kommission).

Diese EU-Strategie umfasst sechs definierte Ziele mit insgesamt 20 operational definierten Maßnahmen. Das Ziel 5 bezieht sich auf die "Bekämpfung invasiver gebietsfremder Arten". Am 29. September 2014 wurde vom EU-Ministerrat ein Vorschlag für eine "Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prävention und das Management der Einbringung und Verbreitung invasiver gebietsfremder Arten" gebilligt. Die Verordnung wird mit 1.1.2015 in Kraft treten.

Unionsliste

Herzstück dieser Verordnung ist eine Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung (Art. 4), die auf Grundlage einer durch die Kommission methodisch noch genauer festzulegenden Risikobewertung (Art. 5) erstellt wird. Die von der Kommission erstellten Entwürfe für die "Unionsliste" werden bis 2.1.2016 einem von den Mitgliedsstaaten beschicktem Ausschuss vorgelegt und dort einem Prüfverfahren unterzogen. Die Unionsliste wird mindestens alle sechs Jahre überprüft, kann aber nach Notwendigkeit auch laufend aktualisiert werden.

Eine invasive gebietsfremde Art (invasive alien species, IAS) im Sinne der Verordnung (Art. 3) ist eine gebietsfremde, also durch menschliches Einwirken aus ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet heraus eingebrachte Art, "deren Einbringung oder Ausbreitung die Biodiversität und die damit verbundenen Ökosystemdienstleistungen gefährdet oder nachteilig beeinflusst".

Die Unionsliste soll vorrangig diejenigen IAS enthalten, die bisher noch nicht in der EU vorkommen oder sich in einer Frühphase der Invasion befinden, sowie solche, die bereits etabliert sind und die "stärksten nachteiligen Auswirkungen haben". Bei der Erstellung der Liste soll die Kommission auch die Durchführungskosten für die Mitgliedsstaaten, die Kosteneffizienz sowie soziale und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen.

Für eine Tier-, Pflanzen- oder Pilzart oder einen Mikroorganismus, der auf die Unionsliste gesetzt wird, ergeben sich tiefgreifende Beschränkungen (Art. 7). Solche Arten dürfen nicht vorsätzlich gehalten oder gezüchtet werden, auch nicht unter Verschluss. Sie dürfen nicht in die EU eingeführt, durchgeführt, transportiert, in Verkehr gebracht, verwendet oder getauscht oder in die Umwelt freigesetzt werden. Ausnahmen (Art. 8, 9), die etwa für die Forschung, die Herstellung von medizinischen Produkten oder auch für Zoos möglich sind, werden daran gebunden, dass die Art unter Verschluss gehalten wird.

Nach Annahme der Unionsliste müssen die Mitgliedsstaaten innerhalb von 18 Monaten eine umfassende Studie zu den Pfaden der nicht vorsätzlichen Einbringung und Ausbreitung dieser Arten durchführen und innerhalb von drei Jahren diesbezügliche Aktionspläne (Art. 13) implementieren. Ebenfalls innerhalb von 18 Monaten müssen die Mitgliedsstaaten ein Überwachungssystem (Art. 14) über das Vorkommen von IAS in der Umwelt errichten und bis 2.1.2016 über Strukturen für amtliche Warenkontrollen (Art. 15) hinsichtlich der Einfuhr von Arten der Unionsliste in die EU verfügen. Innerhalb von drei Monaten nach einer Früherkennung der Einbringung oder des Vorkommens einer Art der Unionsliste müssen Beseitigungsmaßnahmen (Art. 17) angewendet werden.

Weiters müssen die Mitgliedsstaaten innerhalb von 18 Monaten für diejenigen Arten der Unionsliste, die in ihrem Hoheitsgebiet bereits weit verbreitet sind, über wirksame Managementmaßnahmen (Art. 19) verfügen. Es handelt sich dabei in erster Linie um Maßnahmen zur Beseitigung, Populationskontrolle oder Eindämmung. Eine kommerzielle Nutzung kann als Teil dieser Managementmaßnahmen vorübergehend genehmigt werden.

Über die Unionsliste hinaus können die Mitgliedsstaaten nationale Listen von IAS erstellen und haben die Möglichkeit auch für diese Arten entsprechende Maßnahmen zu setzen (Art. 12). Bis zum 5. 11. 2015 müssen die Mitgliedsstaaten die für die Anwendung der Verordnung verantwortlichen Behörden der Kommission melden (Art. 24).

Keine forstwirtschaftliche Nutzung von Baumarten auf Unionsliste erlaubt

Aus den genannten Regeln der neuen Verordnung geht recht klar hervor, dass für den Fall, dass eine Baumart in die Unionsliste aufgenommen werden sollte, eine forstliche Bewirtschaftung dieser Art nicht mehr möglich wäre. In Punkt 12 der Präambel zur Verordnung finden sich aber die Aussagen, dass unverhältnismäßige oder übermäßige Kosten für Mitgliedsstaaten vermieden werden sollen und dass berücksichtigt werden soll, wenn eine Art umfangreich genutzt wird und bedeutenden sozialen und wirtschaftlichen Nutzen erbringt.

Punkt 13 besagt außerdem, dass die genannte Risikobewertung eine Abwägung treffen soll, in die auch die potenziellen Vorteile der Verwendung und die Kosten von Schadensbegrenzungsmaßnahmen einfließen sollen. Somit bleibt zu hoffen, dass wirtschaftlich bedeutsame Baumarten nicht von der Aufnahme in die Unionsliste betroffen sein werden.

Diskussion aus Deutschland schwappt nach Österreich hinüber

Im diesem Kontext findet in Deutschland eine teils heftig geführte Diskussion (vgl. AFZ 14/2014) statt. Anlass dazu sind die vom deutschen Bundesamt für Naturschutz herausgegebenen BfN-Skripten 340 (Download) und 352 (Download), welche eine "Methodik der naturschutzfachlichen Invasivitätsbewertung für gebietsfremde Arten" sowie eine "naturschutzfachliche Invasivitätsbewertung für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen" enthalten.

Die angesprochene Diskussion betrifft Zweifel an der angewandten Methodik selbst, aber auch die Vorgangsweise bei der Ableitung der Ergebnisse. Im Zuge dieser Bewertung sind einige Gastbaumarten, u.a. auch Douglasie, Kanadapappel und Roteiche, als invasive Arten klassifiziert worden.

Schwarze, Graue und Weiße Liste

Grundsätzlich wird bei dieser Methodik so vorgegangen, dass die große Zahl der gebietsfremden Arten anhand festgelegter Kriterien (interspezifische Konkurrenz, Prädation und Herbivorie, Hybridisierung, Krankheits- und Organismenübertragung, negative ökologische Auswirkungen) in verschiedene Listenkategorien eingeordnet wird.

Die Schwarze Liste umfasst als invasiv bewertete Arten, die belegterweise "in ihrem neuen Areal die Biodiversität (Vielfalt der Lebensräume, Arten und Gene) gefährden", die Graue Liste beinhaltet als potenziell invasiv bewertete Arten und die Weiße Liste schließlich führt die nicht als invasiv bewerteten gebietsfremden Arten an.

Die Schwarze sowie die Graue Liste werden noch weiter unterteilt: So werden etwa Arten der Schwarzen Liste, die nur kleinräumig vorkommen und für die erfolgversprechende Bekämpfungsmaßnahmen bekannt sind, auf die sogenannte Aktionsliste gesetzt, was Sofortmaßnahmen der Bekämpfung im gesamten Gebiet zur (geplanten) Folge hat.

Arten der Schwarzen Liste, welche großräumig auftreten, bzw. solche, wo keine erfolgversprechenden Bekämpfungsmaßnahmen bekannt sind, werden auf die Managementliste gesetzt. Hier sollen Maßnahmen nur lokal erfolgen, um den negativen Einfluss "auf besonders schützenswerte Arten, Lebensräume oder Gebiete zu minimieren".

Beispiel Douglasie

Als Beispiel sei die Douglasie angeführt, die in der BfN-Studie in die "Schwarze Liste-Managementliste" eingeordnet wurde. Die Einstufung in die Schwarze Liste wird damit begründet, dass sie negative ökologische Auswirkungen (u.a. Nährstoffkreislauf, Bodenchemismus, Vegetationsstruktur) hätte und bezüglich der "interspezifischen Konkurrenz" eine "begründete Annahme" vorliege.

Auffallend ist aber, dass im Zug der Bewertung nicht mehr auf das durch die Methodik als Schadensschwelle verwendete Kriterium eingegangen wurde, dass durch die gebietsfremde Art heimische Arten entweder in die Rote Liste geraten oder in dieser höher bewertet werden müssten.

Die dargestellten "negativen ökologischen Auswirkungen" sind aber von einer Art, dass davon aus unserer Sicht keineswegs eine Gefährdung heimischer Arten abgeleitet werden kann. Die Unterschiede liegen etwa in dem Rahmen, wie sie sich auch zwischen verschiedenen heimischen Laub- und Nadelbaumarten ergeben würden.

Kaum Naturverjüngung, deshalb keine Einstufung als invasive Art

Ein weiterer beachtenswerter Punkt ist, dass die Douglasie in der BfN-Studie als "etabliert" eingestuft wurde, dass sie sich also mindestens in zweimaliger Folge natürlich verjüngt hätte. Ob das in Deutschland tatsächlich zutrifft, lässt sich aus der Ferne schwer beurteilen.

In Österreich zeigt sie aber nur eine vergleichsweise geringe Tendenz zur natürlichen Verjüngung. Das Fortbestehen der Art hängt im Wesentlichen davon ab, dass sie in jeder Generation neu gepflanzt wird. Deshalb sei hier die Frage gestellt, ob es sich in Österreich überhaupt um eine "wild wachsende" Baumart handelt und nicht viel mehr um eine von der fortgesetzten Förderung durch den Forstwirt abhängige Kulturpflanze. Allein das müsste sie eigentlich bereits von einer Einstufung als "invasive Art" ausschließen.

Nur Naturschutz-Kritierien zählen bei Bewertung

Es wird außerdem darauf hingewiesen, dass neben den am Beispiel der Douglasie erläuterten Unstimmigkeiten das hier kurz umrissene deutsche Bewertungssystem aus der Sicht vieler Experten auch schon deshalb nicht zur Umsetzung der Verordnung der EU geeignet ist, weil nur naturschutzfachliche Kriterien, nicht aber soziale und wirtschaftliche Aspekte einfließen und eine Kostenabwägung sowie eine Berücksichtigung möglicher Vorteile der Verwendungen der betreffenden gebietsfremden Art nicht enthalten sind.