Im Westen der USA führte Phytophthora ramorum zu einem weit verbreiteten Absterben von Eichen und anderen Laubbäumen. In Europa trat der Erreger bisher vor allem an Ziersträuchern auf und befällt deren Blätter/Nadeln, die Triebe oder den Stamm.

Befall an Waldbäumen und Wildpflanzen wurde bis vor kurzem nur vereinzelt festgestellt. Dies änderte sich unerwartet 2009, als in Grossbritannien erste grössere Befallsherde an der Japanlärche und auch an Heidelbeeren auftraten.

Breites Wirtsspektrum

P. ramorum wurde praktisch zeitgleich in den 1990er-Jahren in den USA und Europa entdeckt. Dieser neue Krankheitserreger zeichnet sich durch ein sehr breites Wirtsspektrum aus, das unterschiedlichste Pflanzenfamilien umfasst.

Im Westen der USA, vor allem in Kalifornien, führte P. ramorum zu einem verbreiteten Absterben von verschiedenen Eichenarten und anderen Laubbäumen. Da die befallenen Eichen sehr rasch absterben, wurde die Krankheit als "Sudden Oak Death" (plötzlicher Eichentod) bezeichnet. Von dieser Krankheit betroffen sind in den USA vor allem Eichenarten wie Quercus agrifolia, Q. kelloggii und Q. parvula var. shrevei sowie Lithocarpus densiflorus (im Englischen "tanoak" genannt).

Am Stamm dieser Baumarten verursacht P. ramorum letale Rindennekrosen, die anhand von Schleimflussflecken erkennbar sind. Diese Wirtspflanzen werden deshalb Rindenwirte genannt. Auf anderen Baumarten und zahlreichen Straucharten entwickelt sich der Erreger vor allem auf den Blättern und Trieben. Diese Blatt- oder Vermehrungswirte spielen eine wichtige Rolle in der Epidemiologie der Krankheit.

Auf den befallenen Blättern werden grosse Mengen von Sporen gebildet, die der raschen Verbreitung des Erregers dienen. In Kalifornien ist ein Lorbeerbaum (Umbellularia californica) der wichtigste Blattwirt. Im Gegensatz zu den Rindenwirten werden die Blattwirte nur selten ganz abgetötet. Die abgefallenen Blätter werden meistens wieder ersetzt und es beginnt einer neuer Infektionszyklus. Ein Blattwirt wie der Lorbeerbaum kann so über Jahre als Infektionsquelle dienen.

Zu den Wirtsbäumen von P. ramorum in den USA gehören auch die Douglasie (Pseudotsuga menziesii) und der Mammutbaum (Sequoia sempervirens). Beide Baumarten zeigen nur an Nadeln und jungen Trieben Symptome. Grosse Bäume sind bisher nicht abgestorben.

Biologie und Verbreitungswege

Phytophthora (vom Griechischen "Pflanzenvernichter") ist eine Gattung pilzähnlicher Mikroorganismen, die zu den Oomyceten gehören. Wie die meisten Phytophthora-Arten bildet P. ramorum verschiedene Sporentypen aus. Auf infizierten Blättern entwickeln sich Sporangien (Abb. 2 und 3), die sich bei feuchter Witterung leicht ablösen und mit Wind und Regentropfen verbreitet werden.

In den Sporangien wachsen bewegliche Zoosporen heran. Diese breiten sich mit Hilfe von Geisseln aktiv im Wasser aus und infizieren neue Wirtspflanzen. Nässe und feuchte Bedingungen erhöhen daher die Infektionsgefahr. Im infizierten Pflanzengewebe werden Chlamydosporen gebildet. Das sind dickwandige Dauersporen, mit denen der Erreger über längere Zeit auch im Boden überleben kann. Sexuell gebildete Oosporen sind weitere Dauersporen. Dieser Sporentyp wurde jedoch bis heute in der Natur noch nie beobachtet.

Die Verbreitung von P. ramorum geschieht mit kontaminierter Erde und Wasser sowie mit infizierten Pflanzen. Die meisten Befallsherde in Europa werden auf den Handel mit anfälligen Zierpflanzen zurückgeführt. Die Verbreitung mit Pflanzenmaterial wird dadurch begünstigt, dass auch gesund aussehende Pflanzen den Erreger latent tragen können. Krankheitssymptome werden erst später sichtbar, nachdem die Pflanzen bereits verkauft und weitertransportiert wurden.

Zuerst in Baumschulen verbreitet

In Europa kommt P. ramorum bis jetzt hauptsächlich auf Zierpflanzen vor und galt lange Zeit vor allem als Baumschulkrankheit. Der Krankheitserreger wurde zuerst in deutschen und holländischen Baumschulen auf welken Rhododendron- und Viburnum-Pflanzen nachgewiesen. Inzwischen ist P. ramorum in zahlreichen anderen Ländern aufgetaucht, in den meisten Fällen wiederum auf den bekannt anfälligen Zierpflanzen.

Rhododendren sind typische Blattwirte, bei denen die Blätter und Triebe befallen werden. Ähnlich wie beim Lorbeerbaum werden auf den infizierten Rhododendron-Blättern zahlreiche Sporen des Krankheitserregers gebildet. Viburnum-Arten werden meistens an der Stammbasis befallen. Es entwickeln sich braune Rindennekrosen und die befallenen Pflanzen welken rasch. In Europa wurde P. ramorum auf verschiedenen anderen Zierpflanzen festgestellt, die wichtigsten sind Kamelien, Lavendelheide (Pieris) und Magnolien. In der Schweiz trat die Krankheit bis heute an Rhododendren und Viburnum in Baumschulen und vereinzelt in Gartenanlagen und Parks auf.

In Grossbritannien seit 2009 auch an Lärchen

Obwohl P. ramorum in Europa vor allem auf Ziersträuchern gefunden wird, umfasst das Wirtsspektrum auch zahlreiche europäische Baumarten. Dazu gehören insbesondere Arten aus der Familie der Buchengewächse wie Eiche, Buche und Kastanie, daneben aber auch Esche und Eibe. Auch einheimische Strauchpflanzen können befallen werden wie zum Beispiel Heidelbeere (Vaccinium myrtillus), Besenheide (Calluna vulgaris) und Alpenrose (Rhododendron ferrugineum und R. hirsutum).

In Norwegen und England traten 2009 resp. 2010 erstmals infizierte Heidelbeeren im Freiland auf. An Bäumen wurde in Europa bis vor kurzem nur vereinzelt Befall festgestellt, und wenn, dann nur in unmittelbarer Umgebung von stark infizierten Rhododendren. Diese werden häufig in Parks angepflanzt und kommen so in direkten Kontakt mit potenziellen Wirtsbäumen. Zudem sind vor allem in England viele Wälder vom invasiven Rhododendron ponticum unterwandert worden.

In Grossbritannien seit 2009 auch an Lärchen

Im Jahr 2009 wurde P. ramorum im Südwesten von England völlig unerwartet auf Japanlärche (Larix kaempferi) gefunden (Abb. 4). Diese Baumart wird in Grossbritannien grossflächig zur Holzproduktion angepflanzt. Inzwischen sind auch Bestände in Wales, Irland und vereinzelt in Schottland betroffen. Der Befall der Japanlärche zeigt unterschiedliche Symptome. Auf der einen Seite werden die Triebe und Nadeln befallen (Abb. 5).

Die Kronen der betroffenen Bäume färben sich braun und die Nadeln fallen vorzeitig ab. Daneben verursacht P. ramorum Rindennekrosen am Stamm und an den Ästen (Abb. 6). Die Befallsstellen sind anhand von Harzfluss und Schleimflussflecken von aussen erkennbar. Wird die Rinde oberflächlich entfernt, werden rötlich verfärbten Nekrosen sichtbar. Kommt es zu einem starken Befall, sterben die Japanlärchen innerhalb einer Vegetationsperiode ab.

Andere Waldbäume gefährdet

Mit dem Befall von Japanlärchen setzte eine ganz neue Befallsdynamik in den Wäldern Grossbritanniens ein. Es stellte sich nämlich heraus, dass die Japanlärche ein ausgesprochen guter Vermehrungswirt für P. ramorum ist, besser noch als die Rhododendren. Auf den infizierten Nadeln werden in grossen Mengen Sporangien gebildet und in die Umgebung verfrachtet (Abb. 2).

Dieser grosse Befallsdruck führte dazu, dass ausser den Lärchen verschiedene andere Baumarten in der Nähe der Lärchen infiziert wurden. Neben den bekannten Wirtsbäumen Buche und Kastanie, wurden neu für Europa auch die Birke (Betula pendula) sowie verschiedene nicht europäische Nadelbaumarten wie die Douglasie, die Westamerikanische Hemlocktanne (Tsuga heterophylla), die Scheinzypresse (Chamaecyparis lawsoniana) und die Küstentanne (Abies grandis) befallen.

Um die Krankheit einzudämmen, wurden die Befallsherde in Grossbritannien grossflächig geräumt. Seit 2009 mussten mehr als zwei Millionen Lärchen gefällt werden (Abb. 7). Zudem werden alle Lärchenbestände laufend aus der Luft überwacht, um neue Befallsherde möglichst frühzeitig zu finden.

In welchem Ausmass die in Mitteleuropa heimische Lärche (Larix decidua) von P. ramorum gefährdet ist, bleibt abzuklären. Erste Fälle von infizierten Europäischen Lärchen wurden im Frühling 2011 aus Cornwall im Südwesten von England gemeldet. Vermutlich werden wir erst in ein bis zwei Jahren wissen wie sich die Krankheit auf dieser Baumart entwickelt.

Für einen Ausbruch wie in England braucht es neben anfälligen Wirtspflanzen vor allem günstige Klima- und Witterungsbedingungen. In der Schweiz scheinen vor allem in Tieflagen die Entwicklungsbedingungen für P. ramorum günstig zu sein. Der Erreger wächst allerdings auch bei tiefen Temperaturen und kann Minustemperaturen überdauern, so dass aus heutiger Sicht auch in höheren Lagen ein Befall nicht ausgeschlossen werden kann.

Die Erfahrungen in England zeigen, dass P. ramorum ein unberechenbarer Schadorganismus bleibt. Wir können zurzeit nicht davon ausgehen, dass unsere Waldbäume und Wildpflanzen verschont bleiben. Kontinuierliche Schutzanstrengungen sind deshalb weiterhin notwendig, um eine Ausbreitung von P. ramorum in die Umwelt zu verhindern.

Massnahmen gegen P. ramorum in der Schweiz

Um weitere Ein- und Verschleppungen von P. ramorum zu verhindern, hat die EU Notmassnahmen erlassen, die von der Schweiz weitgehend übernommen wurden. Die Massnahmen betreffen einerseits den Import von Pflanzen und Pflanzenteilen aus Ländern ausserhalb der EU und andererseits die Pflanzenproduktion und den Pflanzenhandel innerhalb Europas.

Rhododendron spp., Viburnum spp. und Camellia spp., die wichtigsten Wirtspflanzen von P. ramorum, wurden dem europäischen Pflanzenpass-System unterstellt, das heisst diese Pflanzen dürfen nur mit Pflanzenpass gehandelt werden. Betriebe, die diese Pflanzen produzieren oder zukaufen, werden einmal pro Jahr von Pflanzenschutzfachleuten kontrolliert. Der Pflanzenpass wird nur ausgestellt, wenn die Baumschule frei von P. ramorum ist. Damit soll sicher gestellt werden, dass nur gesunde Pflanzen in den Handel kommen.

In der Schweiz wurde P. ramorum zum ersten Mal 2003 in einer Baumschule identifiziert. Bis 2010 waren insgesamt 17 Baumschulen, ein Gartencenter und drei Privatgärten von P. ramorum-Befall betroffen. Bis jetzt wurde der Erreger nur auf Rhododendron und Viburnum-Arten nachgewiesen, wobei der beliebte Winter-/Duftschneeball Viburnum bodnantense besonders häufig befallen wurde. Alle Befallsherde wurden saniert und in den meisten der betroffenen Betriebe sind keine weiteren Fälle mehr aufgetreten. Die Anzahl Befallsherde geht seit 2006 zurück, was darauf hindeutet, dass die Massnahmen gegen diesen Quarantäneorganismus zu wirken beginnen (Abb. 8).

(TR)