Ein bislang unauffälliger Becherling verändert seine Strategie

Jüngste Forschungsergebnisse identifizierten das Weiße Stengelbecherchen (Hymenoscyphus albidus) mit seiner im Jahr 2006 neu beschriebenen Nebenfruchtform Chalara fraxinea als Verursacher eines neuartigen Krankheitsphänomens an der Esche. Der Schlauchpilz zersetzt das Falllaub der Esche und wurde in der Vergangenheit in weiten Landesteilen als sehr seltene Art angesehen. Dieser bislang völlig unauffällige Pilz vermag nun mit seiner Nebenfruchtform (ungeschlechtliches Lebensstadium) die Triebe der Esche zu infizieren. In der Folge treten Mitte Juli plötzliche Welkeerscheinungen in den Kronen auf. Charakteristisch sind die auf der Rinde zu beobachtenden gelblich bis rötlichen Verfärbungen und die grau-braunen Verfärbungen im Holzinneren.

Jungpflanzen können binnen weniger Jahre an der Erkrankung sterben. Der Krankheitsprozess an Altbäumen kann erst seit kurzer Zeit beobachtet werden. Hier ist bislang eher ein chronischer Verlauf zu sehen und die Eschen reagieren durch vermehrten Neuaustrieb auf die Infektion. An den Bäumen treten verstärkt Zwiesel- und Büschelbildungen in den Kronen auf. Die Krankheitssymptome sind in allen Altersstufen sowohl in naturverjüngten Beständen als auch in Anpflanzungen zu beobachten.

Warum dieser bislang unauffällig lebende Pilz jetzt eine pathogene Lebensweise angenommen hat, ist noch ungeklärt. Der Befall führt zu einer Schwächung der Esche, so dass sekundäre Rindenpilze, Holzfäuleerreger und Schadinsekten wie der Eschenbastkäfer die Esche zusätzlich schädigen können.

Situation in Bayern

Die beschriebenen Schäden wurden zunächst seit Mitte der 1990er Jahre vor allem in den baltischen Staaten und in Polen an der Esche beobachtet. In Deutschland sind die ersten Schäden ab dem Jahr 2002 in Nordostdeutschland festgestellt worden, zuerst in Mecklenburg-Vorpommern, danach in Brandenburg und Niedersachsen. Erste Hinweise auf das mögliche Auftreten des Eschentriebsterbens in Bayern erhielten wir an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) im Spätsommer/Herbst 2008 durch Meldungen aufmerksamer Privatwaldbesitzer.

Wegen des Verdachtes auf den neuen Erreger informierten wir in unserem newsletter "Blickpunkt Waldschutz" über das Krankheitsphänomen mit der Bitte, mögliche Befallsorte zu melden. Die gemeldeten Schadflächen werden aufgesucht und auf Symptome des Eschentriebsterbens untersucht. Bis zum April 2009 konnten zahlreiche Nachweise von C. fraxinea erbracht werden, die Schäden treten vor allem im Flachland des südöstlichen Ober- und Niederbayern auf (Abb. 2).

Als Sofortmaßnahme wurden in den Befallsschwerpunkten und für Baumschulen erste Informationsveranstaltungen zum Eschentriebsterben durchgeführt. Für dieses Frühjahr bietet die LWF für die Forstreviere Schulungen und Beratungen verstärkt an. Ständig aktualisierte Informationen zum Eschentriebsterben gibt es auf der neuen Internetplattform der LWF www.eschentriebsterben.org . Über diese Infoplattform werden für Bayern derzeit weitere Schadflächen bekannt, die auf den Erreger hin untersucht werden.

Die Esche spielt beim Waldumbau als wichtige Mischbaumart eine große Rolle. Schnelle Erkenntnisse zu offenen Fragen wie möglichen Verbreitungsvektoren, Zusammenhängen im Befallsgeschehen, Strategien im Zusammenhang mit C. fraxinea für Handlungsempfehlungen oder Bekämpfung sind gefragt. In einer Forschungsinitiative des Bayer. Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sollen diese Fragen von der LWF in Abstimmung mit anderen Waldschutz - Kollegialstellen geklärt werden. Für den Frühsommer bereiten wir einen Expertenworkshop für die Diskussion von offenen Fragen und zum weiteren Vorgehen bei den Handlungsempfehlungen vor.

Empfehlungen

Da die Infektionswege derzeit noch nicht bekannt sind, wird empfohlen, bis auf weiteres neue Kulturen nicht in die unmittelbare Nähe befallener Bestände zu pflanzen. Eschen sollten vor allem auf Flächen gepflanzt werden, die ihren Standortsansprüchen optimal entsprechen. Zur Beobachtung der Krankheitsausbreitung sollten Eschenbestände regelmäßig kontrolliert und Befall den zuständigen Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gemeldet werden. Von dort aus werden die notwendigen Schritte zum Nachweis des Erregers an der LWF eingeleitet.