Der Kronenzustand der Tanne wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Waldbauliche Eingriffe (zum Beispiel plötzliche und zu starke Auflichtung), Witterungseinflüsse (wie Hagel), aber auch Insektenbefall (beispielsweise Tannentriebwickler - Zeiraphera rufitrana, Befall durch Triebläuse - Dreyfusia- und Mindarus-Arten, Borkenkäfer - Pityokteines sp.) sowie Mikropilze können zu einer Verlichtung der Krone und Totäste führen.

Beim "Tannensterben" ist die Kronenauflichtung mit der Bildung von Wasserreisern am Stamm, einer pathologischen Seneszenz (Storchennestkrone) sowie einem pathologischem Nasskern im Stamm und anderen Merkmalen (zum Beispiel Risse im unteren Stammteil) zu einem Syndrom verknüpft.

Will man die Bedeutung von Nadelpilzen im Konnex der verschiedenen Faktoren beurteilen, ist meistens eine Untersuchung von Astproben zusätzlich zu einer makroskopischen Kronenansprache aus der Froschperspektive am stehenden Baum unerlässlich.

Im nachfolgenden Bestimmungsschlüsssel wird auf die häufigsten, im Kronenraum von Alt- und Jungtannen (Abies alba) vorkommenden Nadelpilze eingegangen, die ohne mikroskopische Untersuchungen von Fruktifikationsmerkmalen angesprochen werden können. Es muss allerdings betont werden, dass ein hundertprozentiger Identitätsnachweis auf Artniveau meist nur mittels Durchlichtmikroskop möglich sein wird.

Schließlich darf nicht vergessen werden, dass die Entwicklung von Fruktifikationen zeitlichen Rhythmen unterworfen ist, das heißt, es kann nicht zu jeder Zeit mit dem Vorhandensein von Fruchtkörpern gerechnet werden. Auf diese Problematik wird bei der Besprechung einzelner Arten noch hingewiesen.

Schlüssel zur Bestimmung der wichtigsten Pilzarten an Tannennadeln
1 ... Nadeln des jüngsten Jahrganges verkrümmt, verkürzt, chlorotisch, im Frühjahr und im Frühsommer mit gelben Sporenlagern; nur an Hexenbesen; ab Sommer werden die Nadeln abgeworfen
-> Tannenkrebs - Melampsorella caryophyllacearum (Schroet.)
... Nadeln des jüngsten Jahrganges von normaler Länge, im Juni mit gelben Zonen, in denen orange Sporenlager entstehen, die von einer weißen, häutigen und säulchenförmigen Hülle umgeben sind
-> Tannennadelrost - Pucciniastrum spp.
1´´ ... Nadeln während des Austreibens verkrümmt, fahlgrün, von grau-braunen Fäden umsponnen, innerhalb derer weiße Sporenköpfchen erkennbar sind (Lupe)
-> Grauschimmel - Botrytis cinerea (Pers.)
1´´´ ... Nicht mit diesen Merkmalen: Nadeln gelb oder rotbraun oder dunkelbraun ->2
2 ... Verbräunung und Vergilbung einzelner bis zahlreicher Nadeln aller Jahrgänge. Meist unregelmäßiger Befall (manche Zweige unbefallen): an der Nadelunterseite erkennt man mit der Lupe einen cremefarbigen, fädigen Überzug sowie manchmal kugelförmige Fruchtkörper mit dunklen Borsten
-> Herpotrichia-Nadelbräune der Tanne - Herpotrichia parasitica (Hartig) Rostrup
... Vergilbung zwei- bis mehrjähriger Nadeln: an der Nadeloberseite erscheinen im Spätsommer und Herbst zwei bis etwa einen Zentimeter lange, schwarze, glänzende Längswülste, die Nebenfruchtform des Pilzes; später (im Frühjahr) werden an der Nadelunterseite geschlechtliche Fruchtkörper (Apothezien) in Form eines schwarzen Längswulstes auf der Mittelrippe gebildet. Langsames Schütterwerden des Nadelbesatzes, kein Schütten. Bei mehrjährigem Befall fehlen mehrere Nadeljahrgänge
-> Tannennadelritzenschorf - Lirula nervisequia (DC.ex Fr.) Darker
2´´ ... Nadeln grau mit schwarzen Fruchtkörpern, die pustelartig aus der Nadeloberfläche hervortreten und die Nadel schlitzförmig aufreißen. An der Spitze sind die Fruchtkörper scheibenförmig abgeflacht (Lupe)
-> Cytospora spp.
2´´´... Nadeln auf der gesamten Länge oder abschnittsweise rotbraun, später grau, Nadelunterseite übersät von winzigen schwarzen Kügelchen: Mit der Lupe erkennt man, dass die Kugeln in den Spaltöffnungen fußen und oft an der Spitze einen weißen Punkt (den Wachspropfen der Spaltöffnung) aufweisen
-> Rhizosphaera-Nadelbräune - Rhizosphaera spp.