Die natürliche Verbreitung von Stiel- und Traubeneichen reicht in Europa bis in submediterrane Gebiete. Deshalb wird der Eiche im Klimawandel in der zukünftigen Baumartenzusammensetzung gemeinhin eine bedeutende Rolle zugewiesen. Gleichwohl bestehen bei dieser Baumart in Verbindung mit Schaderregern schon heute viele Risiken, die unter dem Stichwort "Eichensterben" intensiv analysiert und diskutiert werden. Dabei wird die zunehmende Bedeutung dieser Schaderreger auch dem Einfluss veränderter klimatischer Bedingungen zugeschrieben.

Raupenfraß als Auslöser des Schadgeschehens

Für die Gesundheit der Eichen spielen in Mitteleuropa Schmetterlingsarten eine bedeutende Rolle, deren blattfressende Raupen erhebliche Fraßschäden verursachen. Hierzu gehören insbesondere folgende Arten:

  • Schwammspinner
  • Eichenfraßgesellschaft, vor allem mit Spanner- und Wicklerarten
  • Eichenprozessionsspinner

Der Schwammspinner ist in den Jahren 1993 und 1994 in den südwestdeutschen Laubwäldern in einer bis dahin nicht gekannten Dimension aufgetreten (Abb. 1). Mehrere Tausend Hektar wurden von Raupen nahezu oder völlig kahlgefressen. Das im Vergleich zu vorhergehenden Massenvermehrungen erheblich größere Ausmaß kann auf besonders günstige Entwicklungsbedingungen zurückgeführt werden. So wiesen die der Massenvermehrung vorausgegangenen Jahre von 1988 bis 1992 eine in der Oberrheinebene in den letzten 135 Jahren einmalige Kombination von Jahren mit überdurchschnittlichen Temperaturen und Niederschlagsdefiziten in der Vegetationszeit auf. Dies hat sich auf den offenbar gerade im Anstieg befindlichen, endogen regulierten Gradationszyklus des Schwammspinners besonders günstig ausgewirkt.

Dass die aus dem Bienwald in der südpfälzischen Oberrheinebene bekannten Massenvermehrungen in den Jahren 1887/88 und 1929 in Verbindung mit eher ausgeglichenen Witterungsverhältnissen bei weitem nicht das Ausmaß der 1990er Jahre erreichten, unterstreicht diesen Zusammenhang. So ist 1887/1888 eine Kahlfraßfläche von etwa 80 ha und 1929 von lediglich 3 ha Laubwald dokumentiert, die in den Jahren 1993/94 einer potenziellen Kahlfraßfläche von rund 3.000 ha gegenübersteht. Letztere wurde 1994 zur Hälfte mit Pflanzenschutzmitteln erfolgreich behandelt, während die andere Hälfte auf etwa 1.500 ha kahl gefressen wurde. Dort sind in den Folgejahren seit 1995 auf 550 ha beträchtliche Schäden bis hin zum Absterben ganzer Eichenbestände entstanden.

Gemessen am Wärmeangebot werden sich die Entwicklungsbedingungen für Insekten und somit auch für den Schwammspinner im Rahmen der bekannten Klimaszenarien grundsätzlich verbessern, so dass weitere ausgedehnte Massenvermehrungen in Zukunft nicht ausgeschlossen werden können.

Unter der Eichenfraßgesellschaft werden mehrere Schmetterlingsarten zusammengefasst, die in Südwestdeutschland gemeinsam auftreten können. Daran sind besonders Spanner-, Wickler- und Eulenarten beteiligt. Mit wechselnden Anteilen spielen der Kleine und Große Frostspanner sowie der Eichenwickler eine maßgebliche Rolle. Auf europäischer Ebene werden Massenvermehrungen des Kleinen Frostspanners in Zyklen von 9 bis 10 Jahren festgestellt. In Südwestdeutschland waren bisher, gemessen am landesweiten Flächenumfang, in Abständen von 7 bis 10 Jahren Gradationen festzustellen (1980, 1987/88, 1995/96 und 2005; s. Abb. 1). Die Regelmäßigkeit dieser Ereignisse lässt hier bislang keine deutliche Reaktion auf einen Klimawandel erkennen.

In Südwestdeutschland führt der Eichenprozessionsspinner (EPS) aufgrund der Brennhaare der älteren Raupen seit etwa zwanzig Jahren bei Waldbesuchern und Forstpersonal zu teils erheblichen gesundheitlichen Problemen. Diese Brennhaare enthalten das Nesselgift Thaumetopein, das Haut- und Augenreizungen bis hin zu schweren Allergien auslösen kann. In den letzten Jahren kommt es immer häufiger aber auch zu Kahlfraß des Blattwerks der Eichen durch den EPS. Der gravierende Anstieg der Abundanz dieses wärmeliebenden Nachtfalters ist vermutlich auf für die Entwicklung dieser Art in den letzten Jahren günstigere Witterungsverhältnisse zurückzuführen.

Mehltau befällt die Regenerationstriebe nach Kahlfraß

Der Kahlfraß durch Schmetterlingsraupen im Frühjahr wird in den überwiegenden Fällen durch Regenerationstriebe aus schlafenden Knospen gleich anschließend wieder kompensiert. Doch sind die jungen Blätter im Frühsommer bei einer ungünstigen Witterungskonstellation, das heißt mit niedriger Luftfeuchtigkeit und intensiver Sonneneinstrahlung, gegenüber einem Befall durch den Eichenmehltau (EMT) besonders disponiert. Von diesem Pilz befallene Blätter werden durch einen weißen Belag gekennzeichnet und welken oft auch ab. Deshalb sorgt der EMT nach Kahlfraß dafür, dass die Eichen weiter nahezu über die gesamte Vegetationsperiode kaum assimilieren können.

Ringporigkeit des Holzes als Grundproblem der Eiche

In Zusammenhang mit den beschriebenen Schäden an den Assimilationsorganen stellen die besonderen anatomisch-funktionalen Merkmale der Ringporigkeit der Eichen und die daraus entstehenden physiologischen Konsequenzen für die Wasserleitung ein besonderes Risiko dar. Die für die Wasserversorgung der Eichen wichtigen Frühholzgefäße werden zu einem großen Teil aus Reservestoffen gebildet, die in den Vorjahren gespeichert werden müssen. Diese Gefäße entstehen im Frühjahr noch vor Abschluss der Laubentfaltung. Falls die Frühholzgefäße ausfallen oder nur eingeschränkt ausgebildet werden, können auch Spätholzgefäße der Vorjahre die Wasserleitung ersatzweise übernehmen. Doch durch den Verlust an funktionsfähigen Assimilationsorganen aufgrund des Raupenfraßes und des nachfolgenden Mehltaubefalls wird sowohl die Bildung von Frühholzgefäßen in den Folgejahren als auch die Ausbildung von Spätholzgefäßen deutlich eingeschränkt. Dadurch kann selbst bei ausreichendem Wasserangebot im Boden ein „physiologischer Wassermangel“ entstehen. In den Kahlfraßjahren werden nicht nur deutlich weniger Reservestoffe produziert, sondern bei der Bildung der Regenerationstriebe im größeren Umfang auch verbraucht.

Eichenprachtkäfer als "das Zünglein an der Waage"

Der in der Rinde brütende Eichenprachtkäfer (EPK) profitiert nach Kahlfraß und Mehltaubefall als Folgeschädling wesentlich von der akuten physiologischen Schwächung und verminderten Vitalität der betroffenen Eichen. So sind die Abwehrreaktionen in Form von Schleimfluss oder gesteigertem Kambialwachstum unmittelbar nach Kahlfraßereignissen an den Eichen nur noch in reduziertem Umfang festzustellen. Durch die ungehinderte Fraßtätigkeit der Larven des EPK bleibt die Regeneration an diesen Bäumen aus.

Der EPK spielt seit Mitte der 1990er Jahre für den Gesundheitszustand der südwestdeutschen Eichenwälder in Zusammenhang mit dem Massenauftreten blattfressender Schmetterlingsraupen eine zentrale Rolle (s. Abb. 1). Er ist nach Kahlfraßereignissen auch früher nachweislich immer wieder aufgetreten. Doch das in den neunziger Jahren erreichte Ausmaß eines ausgeprägten Folgebefalls durch diesen wärmeliebenden Käfer wurde nach bisherigem Wissensstand in Südwestdeutschland wie auch in ganz Deutschland noch nie zuvor beobachtet. Deshalb liegt ein Zusammenhang mit den im Rahmen des Klimawandels in den letzten Jahrzehnten gemessenen wärmeren Witterungsverhältnissen nahe.

Erfahrungsgemäß nehmen die durch den EPK verursachten Schäden mit zunehmendem zeitlichen Abstand zur letzten Gradation der genannten Schmetterlingsarten ab, insbesondere wenn in diesen Jahren für das Baumwachstum günstige Witterungsbedingungen herrschen. So war 2009 ein seit 1994 in Südwestdeutschland nicht mehr erreichter Tiefstand der gemeldeten Schadfläche zu verzeichnen (Abb. 1).

Aktuelle Situation

In Südwestdeutschland ist seit dem Sommer 2011 nach Kahlfraß durch Schmetterlingsraupen und Mehltaubefall der Regenerationstriebe in den Vorjahren lokal wieder ein beträchtliches Eichensterben mit Beteiligung des EPK festzustellen (Abb. 2a, b). Betroffen sind in Baden-Württemberg insbesondere die Landkreise Main-Tauber, Hohenlohe, Schwäbisch-Hall und Ortenau sowie in Rheinland-Pfalz die Forstämter Simmern und Birkenfeld im Hunsrück. Dabei wurden die Fraßschäden von Raupen des Frostspanners, des Eichenwicklers oder des Schwammspinners (Abb. 3a, b) verursacht. Im Landkreis Schwäbisch-Hall hat der Raupenfraß durch EPS in Südwestdeutschland erstmals zu einem ausgedehnten Eichensterben geführt. In den Jahren zuvor sind die vom Raupenfraß des EPS betroffenen Eichen zum Bespiel im Landkreis Heilbronn nur im geringen Umfang und lediglich einzelbaumweise abgestorben. Spätestens mit diesem Befund ist dieser Nachtfalter jetzt auch in Südwestdeutschland als potenzieller Waldschädling mit hohem Gefährdungspotenzial für die Eichen anzusehen.

Insbesondere auf Grundlage der bisher festgestellten Gesetzmäßigkeit zyklisch auftretender Massenvermehrungen des Frostspanners ist in den Jahren 2012 bis 2015 wieder mit einem mehr oder weniger über ganz Südwestdeutschland weit verbreiteten Massenvorkommen zu rechnen. Erste Indizien hierfür waren die steigenden Zahlen der Falter, die im Rahmen des Monitorings im Winter 2011/12 mit Leimringen gefangen wurden (Abb. 4).

Dementsprechend werden im Frühjahr 2012 aktuell zum Beispiel in der südlichen Oberrheinebene auch Fraßschäden festgestellt (Abb. 5). In den von Kahlfraß betroffenen Beständen ist in den Folgejahren davon auszugehen, dass die Abwehrkräfte der Eichen abermals deutlich herabgesetzt sein werden. Deshalb besteht die Gefahr, dass sich der EPK wieder etablieren und zahlreiche Eichen zum Absterben bringen wird.

Handlungsoptionen

Der Kahlfraß durch Schmetterlingsraupen stellt den Ausgangspunkt der zuvor beschriebenen Ursachen-Wirkungskette beim Eichensterben dar. Erst infolge der Schwächung der Eichen kommt der Eichenprachtkäfer als maßgeblich den Schaden verstärkender Faktor zum tragen. Demnach stehen nacheinander grundsätzlich zwei praktikable Handlungsoptionen zur Abwendung oder Minderung der Gefahren für die Eichen zur Verfügung:

  • Vermeidung des Raupenfraßes
  • Eindämmung des Eichenprachtkäfers

Vermeidung des Raupenfraßes

Die präventive Abwehr des Raupenfraßes kann über den Einsatz von möglichst selektiven Pflanzenschutzmitteln erfolgen. Dabei müssen die gefährdeten Bestände in der Regel mit Hilfe von Luftfahrzeugen behandelt werden. Jedoch sind nicht alle Eichenbestände durch Kahlfraß gleichermaßen gefährdet. Auf Grundlage eingehender Risikoanalysen haben folgende Kriterien für eine abgewogene Einschätzung des Risikos eine besondere Bedeutung:

  • Fraßprognose
  • Standort
  • Vorbefall durch Eichenprachtkäfer
  • Vorschädigung und Vitalität der Eichen
  • Baumartenmischung und Alter

Damit kann der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf die besonders gefährdeten Bereiche beschränkt und somit auf ein unbedingt notwendiges Maß reduziert werden.

Seit dem Beschluss zum "Gesetz zur Neuordnung des Pflanzenschutzrechtes" vom 6. Februar 2012 sind diese Maßnahmen jedoch strengeren Regelungen unterworfen. Die Bekämpfung von Schadorganismen im "Kronenbereich von Wäldern" aus der Luft ist auf Antrag nur noch mit einer Genehmigung der zuständigen Behörde möglich. Eine entsprechende Rechtsverordnung zur genauen Regelung des Verfahrens steht noch aus. Außerdem müssen die in Frage kommenden Pflanzenschutzmittel ausdrücklich für die Anwendung mit Luftfahrzeugen vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zugelassen oder genehmigt sein.

Eindämmung des Eichenprachtkäfers

Falls Kahlfraß stattgefunden hat und der Befall durch Eichenprachtkäfer (EPK) bereits vorhanden ist oder sich einzustellen droht, können in den betroffenen Beständen über gezielte Sanitärhiebe kurative Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung des EPK getroffen werden. Im Artikel Bestandesbehandlung bei Zweipunkt-Eichenprachtkäferbefall sind hierzu eingehende Empfehlungen gegeben. Die dort dargestellten Gegenmaßnahmen sehen vor, in allen gefährdeten Eichenbeständen je nach Witterung vom Spätsommer bis Frühherbst Kontrollgänge durchzuführen, kritische Bäume entsprechend ausführlich beschriebener Entscheidungskriterien auszuzeichnen und im Folgewinter einzuschlagen. Diese gezielten Sanitärhiebe dienen der Eindämmung des EPK nur dann, wenn die eingeschlagenen, vom Käfer befallenen Stämme einschließlich des aufgearbeiteten Brennholzes bis zum Beginn des Frühjahres rechtzeitig aus dem gefährdeten Eichenwald entfernt werden.

Fazit

Die Eiche ist bis nach Südeuropa verbreitet und an die klimatischen Bedingungen angepasst. Sie reagiert flexibel auf Trockenheit und Wärme. Im Wirtschaftwald muss sie zur Erzielung hoher Wertleistungen im Vergleich zu anderen Baumarten besonders alt werden. Mit zunehmender Seneszenz steigen allerdings die Empfindlichkeit und das Risiko des Absterbens infolge eines Befalls durch Schaderreger deutlich an. Die Eiche leidet in Mitteleuropa in Abständen von 7 bis 10 Jahren regelmäßig unter mehr oder weniger starkem Blattfraß durch Frostspanner-Arten, oft mit anschließendem Mehltaubefall der Regenerationstriebe. Zudem finden die besonders wärmeliebenden Eichenschädlinge Schwammspinner, Eichenprozessionsspinner und Eichenprachtkäfer seit etwa zwanzig Jahren im Zusammenhang mit klimatischen Veränderungen deutlich günstigere Entwicklungsbedingungen als in der Vergangenheit vor. Deshalb sind zur Sicherung der Eichenwälder im Rahmen einer integrierten Waldschutzstrategie von Zeit zu Zeit differenzierte und ausgewogene Maßnahmen gegen diese Schaderreger durchaus in Erwägung zu ziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die vielfältigen Ansprüche des Naturschutzes an ältere Eichenbestände mit ihrer hohen Biodiversität ein Konfliktpotenzial für die Durchsetzung dieser Strategie darstellt.