Vorbeugung in "Normaljahren" ohne Massenvermehrung und ohne Großschadereignis

Wirkungsvollste Methode zur Einschränkung von Borkenkäferschäden bei Nadelbäumen, v.a. Buchdrucker (Ips typographus) und Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) ist eine saubere Waldwirtschaft. Saubere Waldwirtschaft heißt: umfassende Beseitigung bruttauglichen Materials aus dem Wald.

  • Aushieb befallener, kranker oder absterbender Bäume
  • Aufarbeitung von Sturm- und Schneebruchschäden
  • Holzabfuhr vor Beginn des Frühjahrschwärmfluges in der kalten Jahreszeit (Oktober bis März)
  • Rasche Abfuhr von anfallendem Holz aus dem Wald oder
  • unverzügliches Entrinden des Holzes oder
  • notfalls vorbeugende Behandlung mit einem zugelassenen Pflanzenschutzmittel in der warmen Jahreszeit (April bis September) außerhalb des Bestandes

Vorbeugung vor Massenvermehrungen nach Kalamitätsfällen

Die Erfahrungen aus der Bewältigung vorangegangener Kalamitäten haben gezeigt, dass die Prophylaxe gegen holz- und rindenbrütende Käferarten bereits bei der Aufarbeitung des Sturmholzes ansetzen muss.
Auf Grund des hohen Anteils am Sturmholz und hohen Gefährdungspotenzials durch den Buchdrucker liegt der Schwerpunkt der vorbeugenden Maßnahmen auf der Baumart Fichte.
Nach einem Schadereignis muss – nach sorgfältiger Prüfung der Gegebenheiten vor Ort – eine Priorisierung der Schadflächen erfolgen, bei der entschieden wird, welche Flächen sofort zur Aufarbeitung anstehenden und welche auf Grund ihres geringeren Risikopotenzials noch einige Zeit unaufgearbeitet liegen bleiben können (siehe auch Merkblatt "Lebendlagerung").

Reihenfolge der Aufarbeitung

  • Baumart Fichte vor anderen Nadelbaumarten aufarbeiten.
  • Sturmflächen geringer Größe (bis 2 ha) vor großen Sturmflächen aufarbeiten, da das Risikopotenzial kleiner Sturmflächen in Relation zur geworfenen Holzmasse größer ist und die Besiedlung des Sturmholzes schneller abläuft, was die Gefahr des Übergreifens auf den stehenden Bestand stark erhöht.
  • Sturmflächen mit hohem Bruchanteil vor überwiegend geworfenen Sturmflächen aufarbeiten.
  • Einzelwürfe oder -brüche bei konzentriertem Anfall (ca. 40 Efm/ha) vor großen Sturmflächen aufarbeiten.
  • Sturmflächen mit stärkeren Dimensionen (> 20 cm BHD) vor Sturmflächen mit schwächeren Dimensionen aufarbeiten.
  • Hanglagen (insbesondere Sommerhänge) vor Plateaulagen aufarbeiten.

Weitere Maßnahmen:

  • Zügige Aufarbeitung gefährdeter Bestände (Aufarbeitungsfortschritte müssen sich jedoch an Kapazitätsengpässen orientieren z.B. Rücke-, Transport- oder Lagerkapazitäten)
  • Schnellstmögliche Abfuhr der aufgearbeiteten Hölzer (Verkauf oder Konservierung im Nasslager). Lange Zwischenlagerungszeiten an der Waldstraße bedingen massive Wald- und Holzschutzprobleme.
  • Entrindung des Holzes (kein Schutz gegen Nutzholzborkenkäfer!)
  • Zwischenlagerung außerhalb des Waldes (500 (-1.000) m Mindestentfernung von gefährdeten Beständen.
  • Laufende Kontrolle gefährdeter Bestände auf Käferbefall, ggfs. sofortige Aufarbeitung. Die Beseitigung des Schlagabraums durch Verbrennen, Häckseln oder Mulchen wird nur auf Kleinflächen mit hohem Gefährdungsrisiko für Nachbarbestände bei ausreichenden Kapazitäten empfohlen. Auf bodenschonende Verfahren und die Vermeidung von Waldbrandgefahren ist zu achten.
  • Auf Flächen mit hohem Bruchanteil sollten Stümpfe (> 20 cm BHD, > 3m Höhe), die nicht zersplittert sind, aufgearbeitet werden, damit diese nicht für längere Zeit als Reservoir für Rinden- und Holzbrüter dienen.

Monitoring und Befallskontrolle

Versäumnisse bei der Frühjahreskontrolle können während des gesamten Jahres nicht mehr aufgeholt werden, da kontinuierlich Kapazitäten durch die Aufarbeitung des fortgeschrittenen Befalls gebunden werden und somit die Aufarbeitung des frischen Befalls zurückgestellt werden muss.
Das erste Jahr nach dem Sturmereignis bietet grundsätzlich die günstigsten Bedingungen für die Befallskontrolle im Mai/Juni, da die räumlichen Befallsschwerpunkte noch enger an die Sturmflächen gebunden und damit zu nennenswerten Anteilen vorhersehbar sind. Dieser Zusammenhang verliert sich in den Folgejahren zunehmend.

Bei Rindenbrütern mit der Fähigkeit zum Primärbefall hat die Bekämpfung, d. h. Reduktion der Populationsdichte des Schädlings, den höchsten Stellenwert, da die Käfer bei ausreichender Populationsdichte Bäume unabhängig von deren Vitalität befallen und abtöten können.
Das Fallen-Monitoring und die Befallskontrolle sind die Grundlage einer effektiven Bekämpfung mit einer den lokalen Verhältnissen angepassten Strategie.

  • Beobachtung des Schwärmverlaufes des Buchdruckers mit wenigen Lockstoff-Fallenreihen je Forstbezirk. Jedes fichtenreiche Forstrevier sollte über den lokalen Schwärmverlauf in Abhängigkeit von der Höhenlage informiert sein. Zur Abbildung räumlicher Gefährdungsschwerpunkte innerhalb eines Reviers oder Forstbezirks ist das Verfahren jedoch ungeeignet!
  • Kontrolle der Befallsaktivitäten des Schädlings in den Beständen als Grundlage für die Planung und Durchführung von Gegenmaßnahmen.
  • Auf der Basis einer Kartierung sollten die als gefährdet eingestuften und markierten Bestände systematisch und regelmäßig abgegangen werden. Die Ergebnisse der Kontrollen sollten in Karten dokumentiert und der Befall im Wald sichtbar markiert werden.


Insbesondere der systematischen Stehendbefallskontrolle sollte in den Folgejahren nach dem Sturm eine hohe Priorität eingeräumt werden, um den Zeitraum zwischen Befall und Abfuhr bzw. Entseuchung der befallenen Bäume auf ein Minimum zu reduzieren.
Vorteile einer frühzeitigen Aufarbeitung von noch grün benadelten Bäumen gegenüber der Aufarbeitung von Bäumen im "roten Stadium"(6-8 Wochen nach Befall, verfärbte und entnadelte Krone, mindestens Jungkäferstadium):

  • Das Zeitfenster für kurzfristige Dispositionen ist größer (Umsetzung und Ergänzung von Aufarbeitungs-, Bringungs- und Entrindungskapazitäten).
  • Der Insektizideinsatz lässt sich dadurch minimieren und in den Hochlagen des Hauptschadensgebietes kann schneller reagiert werden. Hier schreitet der Befall im Vergleich zu den Tieflagen schneller voran, als es die Verfärbung der Fichten anzeigt.
  • Die Aufarbeitung im Jungkäferstadium führt zu erheblichen Rindenverlusten. Nennenswerte Anteile der Brut verbleiben somit auf den Flächen. Dieser Effekt ist im Larvenstadium weniger ausgeprägt, weil die Rinde noch fester anhaftet.
  • Das Holz der frühzeitig entdeckten und aufgearbeiteten Käferbäume ist von hoher Qualität, was die Absatzmärkte erhält bzw. erweitert und als Verhandlungsargument für die rechtzeitige und zuverlässige Holzabfuhr angeführt werden kann.
  • Das anfallende Holz kann innerhalb eines längeren Zeitraumes vermarktet und abgefahren werden, was die Überlastung der Holzmarktkapazitäten im Juli / August mindert.

Überwachung des Befalls/Befallsdiagnose

Tab. 1: Überwachung des Befalls/Befallsdiagnose.
BefallskennzeichenMerkmaleBemerkungen
SpechtspiegelHelle Flecken am befallenen Baum und an gesunden Nachbarbäumen durch die Tätigkeit des Spechts, Abfallen größerer Rindenstücke (flächig, unauffällig)Frühes Befallsmerkmal
BohrmehlBraune Bohrmehlhäufchen auf der Rinde, Bohrmehl an Spinnweben und am Stammfuß sowie auf der BodenvegetationSicherstes Befallsmerkmal in den ersten 3 Wochen. In diesem Stadium ist die Bekämpfung am erfolgreichsten. Achtung: Das Bohrmehl kann durch Windeinfluss und Regen fehlen.
Einbohrlöcher und Nadeln, evtl. Harztröpfchen und Harzfluss am Stamm (Kronenansatz)Wenn das Bohrmehl verschwunden ist, bleiben 3-4 Wochen meist nur Einbohrlöcher und geringe Nadelverluste als Befallsmerkmal.Der Befall ist nur schwer erkennbar.
Rötung und Abfall der NadelnCharakteristische Fraßbilder unter der RindeFür ein schnelles Handeln ist es bereits zu spät. Aus einem weithin sichtbaren Käferbaum ist die Brut bereits ausgeflogen. 
Befall der Geschwisterbrut:
Mitte bis Ende Juni, erste Verfärbungen Mitte August erkennbar, deutliche Verfärbung Ende August.
  

Die einzige Möglichkeit, Stehendbefall vor dem Ausflug der Käfer zu erkennen, stellt die Suche nach Bohrmehl dar

Wann?

  • Beginn der Suche im Frühjahr nach dem ersten Schwärmflug, danach
  • je nach Gefahrenlage im ein- bis zweiwöchigen Turnus.
  • Achtung: Das Bohrmehl kann durch vorherigen starken Wind oder Regen weggeweht bzw. abgewaschen sein.

Wo?

  • besonders im Bereich vorflächendeckend jähriger Befallsorte sowie südexponierter Lagen und aufgerissener Waldränder
  • Besonders gefährdete Bereiche bilden auch die Ränder von Windwurf- und Schneebruchnestern
  • Bei entsprechender Gefahrenlage sind alle buchdruckertauglichen Fichtenbestände (ab ca. 40 Jahre) einzubeziehen.

Wie?

  • Die Kontrolle erfolgt einzeln, Baum für Baum. Für die Dokumentation und weitere Kontrolle in Folgejahren ist insbesondere bei größeren Betrieben die Anlage einer Befallskarte hilfreich. Befallene Bäume sind zu markieren.

Aktive Bekämpfung

  • Für Befall "im weißen Stadium" (Larven bzw. Puppen): schnellstmögliche Aufarbeitung sowie Abfuhr oder Entrindung der befallen Stämme.
  • Entsorgung von mit Käfern besetzter Rinde (Entrindungsmaschine mit Prallblech, Rinde verbrennen bzw. in Säcke abpacken, Rindenhaufen außerhalb des Bestandes oberflächlich mit Insektizid behandeln etc.).
  • Abtransport des Holzes an ungefährdete Orte z.B. in Sägewerke, Orte außerhalb des Waldes, mind. 500m vom Nadelbaumbeständen entfernt.
  • Bei bestandesbedrohenden Situationen sollte nach Ausschöpfung aller Alternativen die Insektizidbehandlung von befallenem Stammholz vorgesehen werden (Achtung bei zertifizierter Waldfläche!, siehe Merkblatt), wobei aus Gründen des Schutzes des Naturhaushaltes das Stammholzes an der Waldstraße oder zumindest an Rückewegen konzentriert werden sollte. Ein konsequenter und angemessener Insektizideinsatz in der Anfangsphase einer Gradation bewirkt mittelfristig gesehen einen geringeren Insektizidbedarf für die gesamte Gradationsdauer.
  • Der lokale Einsatz von Lockstoff-Fallen zur Senkung des Befallsdruckes durch den Buchdrucker im Bereich von gefährdeten Bestandesrändern (Objektschutz) wird nur für kleine Befallsherde außerhalb der Hauptschadensgebiete empfohlen, da der Nutzen bei großen Schadflächen bei hoher Populationsdichte zu gering ist und

Weitere Hinweise

  • Käferbäume, die ausschließlich Käferbruten im weißen Stadien aufweisen, sind nur in den ersten 6 - 8 Wochen nach der Hauptbefallsperiode im Frühjahr zu entdecken. Im weiteren Jahresverlauf wird man sehr häufig am selben Baum weiße Stadien und adulte Käferstadien vorfinden. Aus diesem Grund wird empfohlen, in dieser Zeit im Zuge der Entrindung die Rinde zusätzlich zu beseitigen oder mit Insektiziden zu entseuchen. Wenn dem Forstbetrieb nur die Alternative einer oberflächlichen Insektizidbehandlung der Rindenhaufen bleibt, kann auf diese Weise jedoch der Insektizidbedarf im Vergleich zur Polterbehandlung von Holz in Rinde drastisch reduziert werden.
  • Eine Rändelung von Befallsflächen durch vorweg genommene Entnahme unbefallener "Kandidaten" ist in Kalamitätsjahren auf keinen Fall zielführend und wird daher nicht empfohlen. Die Befallsflächen sollten stattdessen auch nach der Entnahme der Käferbäume über längere Zeit regelmäßig auf Neubefall kontrolliert werden. In unmittelbarer Umgebung einer Befallsfläche kann z. B. mit Hilfe eines Fernglases der Befall an Bäumen (Harztropfen, Bohrmehl, Entnadelung) eingehender untersucht werden.
Tab. 2: Kurzübersicht Integrierter Waldschutz gegen den Rindenbrüter (v.a. Buchdrucker).
 ZieleGrundsätzliches
Saubere WaldwirtschaftVorbeugen durch Entzug von Brutraum
  • Planung des Holzabsatzes und der Arbeits-, Maschinen und Lagerkapazitäten
BefallskontrollePlanungsgrundlage für Maßnahmen
  • Personalplanung, Urlaubsplanung (Anfang Mai-Mitte August) abstimmen
  • Sturmflächenkartierung· Bestandeskartierung nach Befallsrisiko
  • Dokumentation (Karte, Revierbuch)
Beseitigung befallenen MaterialsReduktion der Käferdichte und/ oderSchutz unmittelbar gefährdeter Bestandesränder (Objektschutz)
  • Höchste Priorität nach Sturm
  • Planung des Holzabsatzes und der Arbeits-, Maschinen und Lagerkapazitäten
  • Je früher die Maßnahmen beginnen, desto effektiver ist die Wirkung
  • Dokumentation (Karte, Revierbuch)

Pheromonfallen
Monitoring oder Schutz unmittelbar gefährdeter Bestandesränder (Objektschutz)
  • In den Hauptschadensgebieten nur Monitoring
  • Objektschutz außerhalb der Hauptschadensgebiete· Personal- und Materialplanung
InsektizideSchutz des unmittelbar angrenzenden Bestandes (Objektschutz)
  • Anwendung erst nach Ausschöpfung aller Alternativen
  • Nur bei unmittelbar drohender Gefahr
  • Keine Behandlung in der Fläche· Rechtliche Grundlagen (z.B. Sachkundenachweis, Schutzgebietsverordnungen, Zertifizierungsrichtlinien nach PEFC und FSC beachten)
  • Arbeitsschutz beachten
  • Dokumentation in den Holzlisten und Markierung des Holzes/ der Polter mit dem Hinweis auf Schutzspritzung und Datum

Ratgeber Forstliches Krisenmanagement

Zurück zur Hauptseite des Ratgebers Forstliches Krisenmanagement: Übersicht der verschiedenen Themensammlungen

Zurück zur Artikelübersicht in der: Themensammlung Sturm – Eine Arbeitshilfe für die Sturmschadensbewältigung