In den meisten Schweizer Kantonen gibt es Pilzsammelvorschriften. So dürfen an vielen Orten maximal zwei Kilogramm Pilze gepflückt werden, und ausserdem gibt es häufig genau definierte Schonzeiten, in denen das Sammeln verboten ist. Diese Einschränkungen stossen zum Teil auf Widerstand – nicht zuletzt weil es bisher an "Beweisen" für deren Nützlichkeit fehlte.

Aus diesem Grund hat die Forschungsanstalt WSL 1975 einen Langzeitversuch gestartet. In den beiden freiburgischen Pilzreservaten La Chanéaz sowie Moosboden untersuchten Wissenschafterinnen und Wissenschafter der WSL, wie die Pilzflora auf verschiedene Umwelteinflüsse reagiert und wie sich das Pilzsammeln langfristig auf Zahl und Artenvielfalt der Pilze auswirkt. Dabei wurde untersucht, ob es einen Unterschied macht, ob Pilze ausgedreht oder mit dem Messer abgeschnitten werden. Gleichzeitig gingen die Wissenschafter auch der Frage nach, ob das mit dem Sammeln verbundene Betreten von unberührten Waldböden den Pilzen schadet.

Zahl der Pilze blieb gleich gross

Das erstaunliche Ergebnis: Obwohl die Forscher auf den Probeflächen jeweils alle Pilze pflückten, blieb deren Zahl auf den "geernteten" Flächen im Verlauf des 30jährigen Versuchs gleich gross wie auf den nicht geernteten Vergleichsflächen. Auch bezüglich Artenvielfalt zeigte sich kein Unterschied. Die Pflückmethode (ausdrehen oder abschneiden) hatte ebenfalls keinen Einfluss auf Pilzmenge und Artenvielfalt.

Hingegen zeigten die durchs Sammeln entstandenen Bodenbelastungen eine Wirkung: Auf den betretenen Flächen wurden rund ein Viertel weniger Fruchtkörper gezählt als auf den unberührten. Allerdings war dieser Effekt nur kurzfristig sichtbar: Sobald ein Gebiet nicht mehr betreten wird, wachsen die Pilze wieder in früherer Zahl; ein langfristig negativer Effekt scheint nicht vorhanden zu sein. Zusammengefasst lässt sich also sagen: Pilze werden durch andere Faktoren viel stärker beeinflusst, beispielsweise durch gestiegene Stickstoffeinträge oder Standortsveränderungen. Und ob es ein gutes oder schlechtes Pilzjahr gibt, bestimmt hauptsächlich das Wetter.

Diese Forschungsergebnisse haben die Diskussion rund um die Massnahmen zum Schutz der Pilze belebt. Dabei darf nicht vergessen gehen, dass Pilze in der Natur sehr wichtige Funktionen erfüllen (siehe Kasten). Es bleibt deshalb unbestritten, dass man zu den Waldpilzen Sorge tragen muss.
 

Pilze sind für den Wald lebenswichtig

Wer im Wald einen Steinpilz sichtet, sieht nur die Spitze eines Eisbergs. Der wichtigere Teil, nämlich das Pilzmycel (ein watteartiges Geflecht), lebt für unsere Augen verborgen im Boden. Nur wenn die Bedingungen günstig sind, wachsen aus diesem Pilzmycel oberirdische Fruchtkörper.

In der Schweiz hat man bisher rund 5000 Grosspilze nachgewiesen, davon sind etwa 500 Arten essbar. Pilze sind wichtige Waldbewohner, denn sie bauen Streu und Holz ab und führen deren Bestandteile wieder in den Nährstoffkreislauf zurück. Viele Pilzarten leben zudem mit den Waldbäumen in einer Symbiose, so auch die beliebten Steinpilze, Eierschwämme und Trüffel. Sie verbessern die Nährstoffversorgung der Bäume und erhöhen deren Resistenz gegenüber Umweltstress. Würden die Pilze fehlen, hätte das für die Gesundheit unserer Wälder weitgehende Konsequenzen.

(TR)