Aus den Erfahrungen mit der Sturmschadensbewältigung der Stürme "Wiebke“ und "Vivian“ 1990 und "Lothar“ 1999 hat sich die Transportkapazität als bedeutender Engpass herausgestellt. Obwohl nach "Lothar“ nur Baden-Württemberg betroffen war, band insbesondere der zeitgleiche Abtransport des aufgearbeiteten Holzes zum Kunden (Fern- und Nahtransport), in die Nasslager oder als Vorfracht zu Verladebahnhöfen und -häfen ein hohes Maß der verfügbaren Transportkapazität.

Es hat sich gezeigt, dass der Holztransport (zu Katastrophenzeiten) ein inhomogenes und komplexes Geflecht mit vielen ineinander greifenden Schnittstellen bzw. Prozessen ist, der von einer Vielzahl von Akteuren (Waldbesitzer und Förster, Fuhrunternehmen, Holzkäufer und Händler, Bahnunternehmen etc.) beeinflusst wird. Dementsprechend ist es schwierig, die einzelnen Transportschritte zu optimieren und zu einer Prozesskette zu vereinen.

Die im Folgenden vorgestellten Strategien und Maßnahmen im Bereich des Holztransports zielen vor allem auf die Erhöhung der Transportkapazität ab. Da dies jedoch nicht einfach durch die Erhöhung der Anzahl der Transportmedien zu bewerkstelligen ist, muss der Grundstein für einen reibungslosen Holztransport schon im Vorfeld mithilfe einer angepassten Aufarbeitungsgeschwindigkeit bei den Forstbetrieben gelegt werden.

An den Holzabfluss angepasste Aufarbeitungsstrategie

Die einzige Möglichkeit der Forstbetriebe, einem drohenden Engpass hinsichtlich der Transportkapazität schon im Vorfeld zu begegnen, liegt in der Entwicklung einer an den Holzabfluss angepassten Aufarbeitungsstrategie. Eingangsgrößen dazu sind

  • die aktuellen Gegebenheiten des Holzmarktes nach dem Sturmereignis,
  • die Waldschutzsituation,
  • die Arbeitskapazität und
  • die verfügbare Transportkapazität.

Um eine qualitative Entwertung des Holzes zu vermeiden, sollten Bestände generell nur dann aufgearbeitet werden, wenn entsprechende Transportkapazitäten zum Abtransport des Holzes aus dem Wald (zum Kunden oder zur längerfristigen Lagerung/Konservierung) zur Verfügung stehen oder die Waldschutzsituation zum sofortigen Handeln zwingt.

Aufgearbeitetes, im Wald lagerndes Holz ist insbesondere im Sommer vor Qualitäts- und damit Wertverlust praktisch nicht zu schützen und muss deshalb bald möglichst abtransportiert werden.

Bei ungeklärter Transportsituation sollte der Lebendlagerung (geeignete Bedingungen vorausgesetzt) immer der Vorzug vor der Aufarbeitung des Bestandes gegeben werden. Der Trennschnitt von der Wurzel bedeutet in jedem Fall den Beginn der Entwertung, dieser kann mit der Lebendlagerung noch einige Zeit hinausgezögert werden.

Ausnahmegenehmigungen von der StVO für den LKW-Verkehr

Um bei drohendem Transportengpass die vorhandene LKW-Kapazität optimal ausnutzen zu können, besteht die Möglichkeit, Ausnahmegenehmigungen von verschiedenen Fahrverboten bzw. Tonnagebegrenzungen der StVO zu erhalten (siehe Download LKW-Transport – rechtliche Rahmenbedingungen, unten). Die Ausnahmegenehmigungen sind jeweils an die unteren Verwaltungsbehörden der Länder (für Baden-Württemberg sind dies die Verkehrsbehörden der Kreise; in Rheinland-Pfalz ist allein der Landesbetrieb für Mobilität (LBM) zuständig) zu stellen. Nach Großschadereignissen mit überregionaler Betroffenheit empfiehlt es sich, bereits in den ersten Tagen Gespräche auf höchster Verwaltungsebene (Forstverwaltungen mit Verkehrsministerien) aufzunehmen. Sind mehrere Bundesländer betroffen oder länderübergreifende Regelungen nötig, ist das BM für Verkehr, Bau und Wohnungswesen zuständig.

Bei den Ausnahmegenehmigungen handelt es sich im Einzelnen um:

  • die Erhöhung der Transportgewichtsbegrenzung bei Langholzfahrzeugen von 40 t auf 46 t gem. § 70 StVZO und § 29 StVO,
  • die Aufhebung des Fahrverbots an Sonn- und Feiertagen gem. § 30 Abs. 3 StVO und
  • die Ausnahmen gem. § 4 Abs. 1 und 3 der Ferienreiseverordnung.

Diese Regelungen erleichtern vor allem die Beschickung der Nasslager und den Ferntransport. Es kann sich jedoch als problematisch erweisen, wenn verschiedene Bundesländer – trotz eines Aufrufs zur Solidarität – nicht ebenfalls entsprechende Regelungen erlassen.

Anwerbung inländischer und ausländischer Fuhrkapazität

Die Anwerbung zusätzlicher Fuhrkapazität hat sich in der Vergangenheit als sehr schwierig dargestellt.

Selbst bei "Lothar" stand trotz der regional begrenzten Schäden die bundesweite Kapazität an Holztransportfahrzeugen nur eingeschränkt zur Verfügung. Häufig muss in anderen Bundesländern erst die Holzabfuhr des Jahreseinschlags abgeschlossen werden, bevor Transportkapazitäten frei werden. Zudem sind viele Transportunternehmen vertraglich an Sägewerke oder andere Auftraggeber gebunden und können deshalb nicht flexibel auf die erhöhte Nachfrage reagieren. Bei einem nationalen Schadereignis wird nicht auf Fuhrkapazität aus anderen Regionen gezählt werden können. Anfragen können an die entsprechenden Verbände der Transportunternehmen gerichtet werden. Die Akquisition ausländischer Fuhrkapazität kann neben formalen Gründen (Ausnahmegenehmigungen für Transporteure aus Nicht-EU-Staaten, "Kabotageverbot", siehe Infokasten) auch an mangelnder technischer Ausrüstung scheitern.

Für Informationen zum Kabotageverbot sind ggf. aktuelle und örtliche Reglungen zu beachten. Seit 2010 ist dies in der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 geregelt.

Als problematisch stellte sich bisher der alleinige Transport des Holzes mit entsprechenden Spezial-LKWs dar. Das Merkblatt „Alternative LKW-Holztransportsysteme“ (siehe Links unten) zeigt entsprechende Holztransportmöglichkeiten auf, von denen allerdings noch kein System eine breite Verwendung beim Holztransport erlangt hat.

Aus den Ergebnissen einer Befragung unter den Bediensteten der ehemaligen Landesforstverwaltung Baden-Württemberg zur Sturmschadenbewältigung nach "Lothar" stammen folgende Ver­besserungsvorschläge:

  • Forstämter haben gute Erfahrungen damit gemacht, ihre angestammten Transportunternehmer nach weiteren (ihnen bekannten) Unternehmen zu fragen.
  • Beim Fernabsatz sollte angestrebt werden, Transportkapazität am Bestimmungsort zu akquirieren, anstatt in der Sturmregion weitere Transportkapazität zu binden.
  • Forstämter berichten über die Möglichkeit der vertraglichen Bindung von Fuhrunternehmern über bestimmte Mengen innerhalb definierter Zeiträume an das Forstamt. Aber: Forstämter/-Betriebe machen sich untereinander Konkurrenz und treiben den Preis in die Höhe ohne eine Erhöhung der Gesamttransportkapazität zu erreichen (Windhundprinzip).
  • Von den Forstdirektionen/Zentralstelle der Forstverwaltung wird überregionales Engagement gefordert, um zusätzliche Transportkapazität zu akquirieren.
  • Als ein Mittel gegen die Überladung der Holztransporter hat sich die Abrechnung des Holzes nach Fuhren anstatt nach Festmetern herausgestellt. So konnte der Überladung der Fahrzeuge und der Überlastung der Wege Einhalt geboten werden. Eine chronische Unterladung der Fahrzeuge (um mehr Fuhren abrechnen zu können) konnte nicht festgestellt werden.

Verstärkte Verlagerung von Ferntransporten auf die Bahn

Ein wesentlicher Faktor der Transportstrategie ist die Verlagerung von Ferntransporten von der Straße auf die Schiene. Dieser Weg ist vor allem deshalb sinnvoll, um die zum Nahtransport ins Nasslager benötigten Kapazitäten nicht unnötig im Ferntransport zu binden. Zudem stellt der Transport mit der Bahn ab ca. 250 bis 350 km Entfernung eine günstige und umweltfreundliche Transportalternative dar, sofern sowohl die Waldbesitzer als auch die Kunden über einen einigermaßen zugänglichen Bahnanschluss verfügen.

Die Beschickung von Nasslagern, die Belieferung von örtlichen Sägewerken und das Vorliefern zu Bahnhöfen und Häfen lassen sich dagegen nur per LKW bewerkstelligen. Als unkalkulierbare Größe für die Zukunft des Holztransports, stellt sich der verstärkte Rückzug der Deutschen Bahn aus der Fläche dar. Zunehmend werden unrentable Güterbahnhöfe im ländlichen Raum geschlossen. Darunter fallen häufig solche mit Holzverladestationen. Durch die zentrale Koordinierung der Waggonbereitstellung und Transportabwicklung durch die auf den Transport von Holz spezialisierte DB Schenker Nieten GmbH (Speditionstochter der Deutschen Bahn AG) wird es möglicherweise zu einer Erleichterung der Organisation im Bahntransport kommen.

Entsprechende Hinweise zur Organisation/Abrechnung/Beladung finden sich im Merkblatt zum Bahntransport (siehe Links unten).

Verstärkte Nutzung der Binnenschifffahrt

Ein weiteres, in Zeiten mit normalem Jahreseinschlag wenig genutztes Transportmittel, ist das Binnenschiff. Durch Orkan „Lothar“ und den Zwang zum Ferntransport der Hölzer wurde in Baden-Württemberg damit begonnen, nennenswerte Mengen Sturmholz zu verschiffen. Der Transport des Holzes per Schiff an sich ist im Vergleich relativ günstig. Die mehrfachen Unterbrechungen sorgen jedoch dafür, dass der Schiffstransport insgesamt erst ab ca. 500 km Entfernung rentabel wird (Transport inkl. Vorfracht und Umschlag ca. 19 €/Fm). Deshalb wurde diese (organisatorisch aufwändige) Möglichkeit nur für Ferntransporte genutzt. Entsprechende Hinweise zur Organisation/Abrechnung/Beladung finden sich im Merkblatt zum Schiffstransport (siehe unten).

Ratgeber Forstliches Krisenmanagement

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