Die österreichischen Indikatoren für nachhaltige Waldbewirtschaftung dienen zur Überprüfung, wie sich der Zustand der nachhaltigen Waldbewirtschaftung im Verhältnis zu den gewünschten Zielen verändert, und ermöglichen auch eine Bewertung, inwieweit gesetzte Maßnahmen zur Erreichung der jeweiligen Ziele beitragen. Als integraler Bestandteil des Walddialog-Arbeitsprogramms werden die Indikatoren regelmäßig überarbeitet und angepasst.

Der österreichische Indikatorenprozess wurde im Rahmen des Walddialogs im Jahr 2004 initiiert und basiert derzeit auf acht Entwicklungsstufen (Tabelle 1).

Tabelle 1: Der österreichische Indikatorenprozess von 2004 bis 2016
JahrAnzahl der IndikatorenIst-GrößenSoll-Größen
2004345--
20059242-
2006976547
2009724954
2011706767
2014747171
2015626058
2016645560

Bei einer Walddialog-Veranstaltung im November 2004 wurden unter breiter Beteiligung verschiedenster Interessenvertreter und basierend auf den pan-europäischen Kriterien und Indikatoren für Nachhaltige Waldbewirtschaftung Vorschläge für 231 Indikatoren gesammelt. In den folgenden Wochen wurden schriftlichen Stellungnahmen für 114 weitere Indikatoren übermittelt.

Bei weiteren Veranstaltung im März und Mai 2005 sowie bei einem Indikatoren-Workshop im Oktober 2005 wurde daraus ein erstes Indikatorenset mit 92 Indikatoren für nachhaltige Waldbewirtschaftung in Österreich extrahiert. Diese Indikatoren konkretisieren die im österreichischen Walddialog vereinbarten Ziele und wurden sechs Handlungsfeldern zugeordnet. Diese Handlungsfelder entsprechen den sechs pan-europäischen Kriterien für nachhaltige Waldbewirtschaftung. Ist-Größen lagen für fast die Hälfte der Indikatoren vor.

Das Indikatorenset wurde im Rahmen des Arbeitsprogramms weiterentwickelt und um fehlende Indikatoren ergänzt. Im Oktober 2006 lagen 97 Indikatoren vor. Für rund zwei Drittel waren Ist-Größen verfügbar. Auf Basis dieser Ist-Größen erfolgte eine Diskussion über geforderte Ziel- oder Soll-Größen. Zu 47 Indikatoren wurden Soll-Größen-Vorschläge einzelner Walddialog-TeilnehmerInnen während Modulsitzungen gesammelt und andererseits schriftlichen eingebracht.

Verdichtungsprozess auf weniger Indikatoren

Bereits 2008 bis 2009 wurde das Indikatorenset erstmalig von einer dafür eingerichteten Expertengruppe überarbeitet und auf 72 Indikatoren reduziert. Im Oktober 2009 gab es zu 49 Indikatoren vorliegende Ist-Größen und zu 54 Indikatoren ausdefinierte und im Waldforum beschlossene Soll-Größen.

In einer zweiten Überarbeitungsrunde im Jahr 2011 wurde das Set auf tatsächlich erhebbare Indikatoren reduziert und um das Handlungsfeld 7 (Österreichs internationale Verantwortung für nachhaltige Waldbewirtschaftung) ergänzt, welches das besondere Engagement Österreichs in internationaler Waldpolitik widerspiegelt.

Vier entsprechende Indikatoren wurden von der Indikatoren-Arbeitsgruppe erarbeitet. Diese Indikatoren bildeten z.B. 2015 die Grundlage für den österreichischen Bericht zur ETFAG-Konferenz 2015 (European Tropical Forestry Advisors Group). In Summe ergaben sich 70 Indikatoren. Dabei einigte man sich auch auf 67 Soll- oder Grenzwerte sowie auf die Einführung eines Bewertungssystems. Eine fast vollständige Datenerhebung für 67 Indikatoren konnte ebenfalls durchgeführt werden. Das Set wurde im Herbst 2011 vom Waldforum angenommen.

Da sowohl der partizipative Prozess zur Er- und Überarbeitung der Indikatoren als auch das Set an sich reges internationales Interesse erzeugte (z.B. im Rahmen der WSs zur EFI C&I Studie, European Forest Institute, 2013), wurde das Set im Jahr 2013 um eine englische Version der Indikatoren, Soll-Größen und der Bewertungsübersicht ergänzt.

Headline-Indikatoren

Auf Grund der hohen Anzahl von Indikatoren fokussierte die Indikatoren-Arbeitsgruppe im Jahr 2014 auf die Identifizierung von 15 sogenannten Headline-Indikatoren. Diese werden anschaulich in einem doppelseitigen Faltblatt präsentiert (Abbildung 1), welches dem Waldbericht 2015 (BMLFUW, 2015) beigelegt wurde. Die Information zu den Headline-Indikatoren gibt es auch in Englisch.

Die dritte Überarbeitungsrunde in 2015 erfolgte im Anschluss an die Überarbeitung der pan-europäischen Indikatoren für nachhaltige Waldbewirtschaftung und berücksichtigt diese, unter anderem in der Ergänzung bestehender Indikatoren und in der Aufnahme eines neuen Indikators. Auch wurden die Ist-Größen aktualisiert, sofern aktuelle Daten und Informationen verfügbar waren. Neue Soll-Größen, basierend auf den aktuellen Ist-Größen, wurden festgelegt.

In drei Handlungsfeldern wurden insgesamt neun Indikatoren gelöscht, da diese nicht mehr relevant sind oder die Datenverfügbarkeit noch nie gegeben war und weiter nicht in Aussicht gestellt werden konnte. Alle 58 Soll-Größen wurden überarbeitet und an die aktualisierten Daten angepasst (Stand 11/2015).

In 2016 wurde das Set an die Ziele der neuen Waldstrategie 2020+ angepasst. Das Set besteht derzeit aus 64 Indikatoren. Für 55 Indikatoren stehen aktuelle Ist-Größen, zum Großteil in Zeitreihen, zur Verfügung.

Indikatoren-Arbeitsgruppe

Die Federführung der Erarbeitung und Weiterentwicklung des Indikatorensets liegt seit 2008 bei einer zu diesem Zweck eingerichteten Indikatoren-Arbeitsgruppe unter der Leitung von DI Johannes Prem (BMLFUW) und Dr. Stefanie Linser (EFICEEC/BOKU). Die Mitglieder der Arbeitsgruppe sind u.a. Expertinnen und Experten der Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ), der Land&Forst Betriebe Österreich, der Grünen, des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW), des Wiener Regionalbüros des Europäischen Forstinstitutes (EFICEEC), der Universität für Bodenkultur, der Österreichischen Bundesforste, des Ministeriums für ein lebenswertes Österreich (BMLFUW), dem Internationalen Verband Forstlicher Forschungsanstalten (IUFRO), vom WWF und der Österreichischen Agentur für Waldentwicklung, Waldbewirtschaftung und internationale Kooperation (ANRICA). Die Arbeitsgruppe steht weiteren interessierten Expertinnen und Experten offen.

Indikatorenbericht

Zu jedem Indikator gibt es im Indikatorenbericht ein ausführliches Datenblatt (Factsheet), in dem der Bezug zu den im Leitbild des Waldprogramms des österreichischen Walddialogs vereinbarten Handlungsfeldern und Zielen sowie auch zu den Zielen der neuen 2020+Waldstrategie, aufgezeigt werden. Präsentiert werden die Ist-Größen, soweit vorhanden, im Zeitreihenverlauf. Die indikative Bewertung der Zielerreichung bezieht sich auf die von der Indikatoren-Arbeitsgruppe vorgeschlagenen und im Waldforum angenommenen Soll-Größen. Der Indikatorenbericht dient auch als Grundlage für den Waldbericht.

Indikatoren für die Berichterstattung über den Forstsektor

Für die Berichterstattung über den Zustand und die Trends innerhalb des Forstsektors sind die Indikatoren sieben Handlungsfeldern zugeordnet (Abbildung 2). Die Handlungsfelder 1 bis 6 entsprechen den pan-europäischen Kriterien nachhaltiger Waldbewirtschaftung des FOREST EUROPE Prozesses . Das Handlungsfeld 7 ist von zusätzlicher Relevanz für Österreich.

34 Indikatoren sind ident mit den pan-europäischen Indikatoren für nachhaltige Waldbewirtschaftung. Die entsprechenden Daten werden somit auch für den europäischen Waldbericht gesammelt. 28 Indikatoren fokussieren auf nationale Besonderheiten und Schwerpunktbereiche. Nur für einen dieser Indikatoren (Zufriedenheit mit der Qualität der Ausbildung) liegen bislang keine Daten vor.

Die drei fehlenden Soll-Größen begründen sich darin, dass es sich bei den Indikatoren um sogenannte Kontextindikatoren handelt, die sich nicht für eine Bewertung eignen (z.B. Anzahl und Größe der Forstbetriebe). Das komplette Indikatorenset wird die Grundlage des nächsten österreichischen Waldberichtes (voraussichtlich 2018) bilden.

Bewertung von Fortschritt in Richtung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung und Identifizierung neuer Problembereiche

Das österreichische Indikatorenset ist eines der wenigen nationalen Indikatorensets, das für fast alle Indikatoren auch Soll-Größen, das heißt Ziele und Grenzwerte, zur Verifizierung nachhaltiger Waldbewirtschaftung beinhaltet.
In 2016 wurde für jeden Indikator eine deskriptive Bewertung der Zeitreihenverläufe bzw. der Erreichung der Soll-Größen erstellt, basierend auf den aktualisierten Ist-Größen.
Es wurde dabei unterschieden zwischen

  • ausreichendem Fortschritt, so dass die Sollvorgabe erreicht werden konnte;
  • Fortschritt, der aber noch nicht ausreicht, um die angestrebte Sollvorgabe zu erreichen, und
  • kein Fortschritt in Bezug auf die angestrebte Sollvorgabe.

Bereitstellung von Daten und Informationen für andere Indikatorensets und Berichte

Nationale waldrelevante Daten fließen in eine Vielzahl von Berichten ein:

Nationale BerichteInternationale Berichte
Waldbericht, 2015, 2008, 2004FOREST EUROPE/UNECE State of Europe’s Forests Report, 2015, 2011, 2007, 2003
Grüner Bericht – jährlicher Bericht über die Situation der österreichischen Land- und ForstwirtschaftFAO Global Forest Resources Assessment, 2015, 2010, 2000, 1990
Österreichischer Nachhaltigkeitsindikatorenbericht MONE, 2013, 2011, 2008EUROSTAT IEEAF (Annual Integrated Environmental and Economic Accounting for Forests)
Umweltkontrollbericht, 2013, 2010, 2007, 2004EEA Umweltindikatoren und div. Berichte
National Inventory Report (NIR) für die UNFCCCverschiedene OECD-Berichte
Österreichischer Bericht gemäß Artikel 17 FFH-Richtlinie, 2013, 2007ETFAG Bericht, 2015

 Berichte der Statistik Austria (z.B. Österreich.Zahlen.Daten.Fakten) (jährlich)

Internationale Aktivitäten zur Erarbeitung waldrelevanter Indikatoren

Die Erfahrungen aus der Er- und Überarbeitung des österreichischen Indikatorensets sind in die vom Europäischen Forstinstitut koordinierte Studie zur Umsetzung der Kriterien und Indikatoren für nachhaltige Waldbewirtschaftung in Europa (http://ci-sfm.org/) als eines der Vorzeigebeispiele eingeflossen.

Angesichts verschiedener globaler, waldrelevanter Probleme, wie z.B. Klimawandelvermeidung und –anpassung, Fortschreitung von Verödung von Land und Wüstenbildung, Bereitstellung von erneuerbarer Energie oder der Verlust von biologischer Vielfalt und Ausbreitung invasiver Arten, die einheimische forstliche Ökosysteme bedrohen, wird die Verdeutlichung dieser Probleme und die einhergehende Bewertung von Lösungsansätzen durch Indikatoren immer wichtiger.

Darauf Bezug nehmend wurden 2014-2015 die pan-europäischen Indikatoren für nachhaltige Waldbewirtschaftung im FOREST EUROPE-Prozess überarbeitet. Außerdem wurden die 2011 im FOREST EUROPE-Prozess vereinbarten 2020-Ziele für Wälder sowie die Ziele für europäische Wälder durch Indikatoren operationalisierbar gemacht und ihre Umsetzung in einem Bericht (Linser & Wolfslehner, 2015) bewertet.

Parallel hierzu wurden für die neue Waldstrategie der Europäischen Union (2013) ebenfalls Indikatoren erarbeitet. Auch die Welternährungsagentur der Vereinten Nationen (FAO) untersucht in einem Projekt zur Entwicklung globaler Indikatoren, wie und wo Indikatoren für die nachhaltige Waldbewirtschaftung eingesetzt und verbessert werden können. Auf UN-Ebene werden derzeit Indikatoren für die Bewertung der "Sustainable Development Goals (SDG)" erarbeitet. SDG 15.2 fokussiert auf nachhaltige Waldbewirtschaftung.

Aufbauend auf den Erkenntnissen aus diesen internationalen Aktivitäten werden die österreichischen Indikatoren regelmäßig weiter überarbeitet und aktualisiert.

Ausblick anhand der neuen Thematik "Bioökonomie"

Die Bioökonomie ist die Leitidee einer neuen EU-Politik. Gleichwohl der Begriff "Bioökonomie" einen ökologischen Fokus nahelegt, beinhaltet sie auch (Bio-)Technologie, Ankurbelung des Wirtschaftswachstums und intensivierte Nutzung von natürlichen Ressourcen. Die Schwerpunkte der EU-Bioökonomie-Strategie sind folgende:

  1. Ernährungssicherheit
  2. Nachhaltiges Management natürlicher Ressourcen
  3. Reduzierung der Abhängigkeit von nicht-erneuerbaren Ressourcen
  4. Klimawandel - Vorbeugung und Anpassung
  5. Arbeitsplätze und europäische Wettbewerbsfähigkeit.

Nicht überraschend fühlt sich der Forstsektor bei den meisten Aspekten angesprochen und in der Themenführerschaft (EFICEEC, 2015). In Abbildung 3 sieht man die Verteilung der österreichischen Waldindikatoren in der Wald-Holz-Wertschöpfungskette. Hierbei ist auffallend, dass nur die ersten Bereiche der Wertschöpfungskette, wie z.B. die Waldbewirtschaftung und Primärgüterbereitstellung, ausreichend durch Indikatoren abgedeckt sind.

Die Weiterverarbeitung, Sekundärprodukte, Konsum oder Recycling sind nicht ausreichend oder gar nicht durch Indikatoren vertreten. Hier sollte der Schwerpunkt zukünftiger Überarbeitungsaktivitäten liegen. Mögliche Ansätze und Indikatoren werden in einer aktuellen Studie von Wolfslehner et al. (2016) vorgeschlagen.

Quellen:

BMLFUW (2015): Österreichischer Waldbericht 2015. Nachhaltige Waldwirtschaft in Österreich. 158 S.
BMLFUW (2016): ÖWAD-Indikatoren-Set mit Ist- und Soll-Größen und einer englischen Kurzfassung. Erarbeitet im Rahmen des Österreichischen Walddialogs.
EFICEEC (2015): Bioökonomie und Waldpolitik. EFICEEC Policy Brief No. 3. Europäisches Forstinstitut Regionalbüro EFICEEC, Wien
European Forest Institute (2013). Implementing Criteria and Indicators for Sustainable Forest Management in Europe. 132 S.
Linser, S. (2015): Indikatoren für nachhaltige Waldbewirtschaftung. Forstzeitung 4/2015, S. 30-31.
Linser, S.; Wolfslehner, B. (2015): Meeting the Goals for European Forests and the European 2020 Targets for Forests. Report on the Mid-term Evaluation of the Goals for European Forests and the European 2020 Targets for Forests. Ministerial Conference on the Protection of Forests in Europe. Forest Europe Liaison Unit Madrid.
Wolfslehner B., Linser S., Pülzl H., Bastrup-Birk A., Camia A., Marchetti M. (2016): Forest bioeconomy - a new role for sustainability indicators. From Science to Policy 4, 32, European Forest Institute. ISBN: 978-952-5980-29-5 http://www.efi.int/files/attachments/publications/efi_fstp_4_2016.pdf

Autorin:
Dr. Stefanie Linser
European Forest Institute – Central-East and South-East European Regional Office EFICEEC-EFISEE
c/o Universität für Bodenkultur Wien (BOKU)
Feistmantelstraße 4, 1180 Vienna, Österreich
Tel. +43 (1) 47654 73222
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